Songwriting früher und Heute

[CharlyBeck]

Hört sich jetzt vl doof an aber ich hatte einen Aha Effekt beim Anschauen von irgendnem alten Miss Marble schinken oder sowas: Da wurde eine Frau gezeigt, die ein Stück komponiert hat. Am klavier. Mit Notenblatt. Und sie hat mit Radiergummi und Bleistift Noten korrigiert.

Ziemlich mühselig - wenn ich da dagegen halte was heute möglich ist - angefangen von noten rumschubsen bis es passt und audio to midi - da lässt es sich schon nachvollziehen weshalb die """""""Qualität""""""""" von Musikstücken so rasant zunimmt. Zumindest mal was Klang als solches angeht. Früher wurde da denke ich viel mehr wert auf die Komposition gelegt.

Aber mir geht es immer noch so: Wenn ich neue Musik höre denke ich mir oft "Wie geil das gemacht ist" und wenn dann 2, 3 Jahre verstrichen sind, höre ich auf einmal Mix "fehler" die ich vorher nicht gehört habe und finde Tracks mit noch schillernderem Klangbild.

Das ist auf allen Bereichen so. Schau sich mal einer Plattencover aus den 90ern an - also von richtig populären "industrieführern": In Sachen Ästhetik waren die vom Mittelalter Kupferstich weniger entfernt als von den Plattencovern aus der heutigen Zeit.

Frei nach Sam Harris: Früher zb. bei Jules Verne's U-Booten dauerte es noch etwa 100 Jahre bis aus Science Fiction Reailität wurde. Und wer denkt, dass die Entwicklung heute rasant geht,, der soll mal abwarten, was in 20 Jahren so geht.

Bin mal gespannt, was sich da musiktechnisch noch so tut, den rest blende ich unter einiger kognitiver dissonanz mal aus

 

[CharlyBeck]

Ich denke in der Art, dass es heute mehr im Grunde schlechte Sänger / Musiker in dieser Branche gibt denn je. Und sich potentiell gute Leute die große Mühe der letzten 10 Prozent beim Songwriting heute eher sparen (mit den Möglichkeiten der Produktion im Hinterkopf).
Wäre einmal eine These von mir....

Liegt wohl einfach daran, dass heute jeder Hinz und Kunz Musik machen und sie einer breiten Masse verfügbar machen kann. Ohne mehrere Braune für einen ein-instanz-irl-Channelstrip hinlegen zu müssen und ohne den Intendanten zu kennen...

 

[mathiasbx]

Schade ist eigentlich, dass der Mensch nur so eine kurze Lebenszeit hat, um die weitere Entwicklung mit zu erleben

Aber genial, mit welchen Gedanken Ihr kommt, an die ich überhaupt nicht gedacht hätte

 

[Dodo_I]

 

[Sascha Franck]

Wenn wir nur von Airplay ausgehen, kann man vermutlich ziemlich viele Belege dafür finden, dass Musik heutzutage "einfacher" gestrickt ist, zumindest dann, wenn man da ausschließlich nach klassischeren Kriterien a la harmonischer Komplexizität (und womöglich auch technischer Ausführung) schaut.
Wenn man sich hinsetzt und eine typische - sagen wir mal - Cro-Nummer auf die reine Songwriting-Essenz runterbricht und mit einer akustischen Gitarre die Akkorde schrabbelt und die Melodie mitsummt, dann ist da nicht viel bzw. meistens sogar vermutlich gar nichts Wiedererkennbares. Da geben Beatles-Nummern im Vergleich natürlich bedeutend mehr her. Oder auch, um zumindest nicht ganz so weit zurückzuschweifen, irgendwas von bspw. Queen.

Mehr oder minder umgekehrt könnte man natürlich auch sagen, dass ein Song von Vicky Leandros einen klanglich deutlich langweiligeren Verlauf nimmt als bspw. ein Werk von Helene Fischer (obwohl ersterer mit Sicherheit deutlich aufwändiger zu produzieren war).

Beides zusammen genommen schlägt für mich aber dann doch in eine Kerbe (wurde ja hier auch schon mehrfach erwähnt): Alles wird deutlich schnelllebiger. Songs a la Cro oder auch Helene Fischer kann man eben in ein paar Stunden fertigmachen, die Produktion wird also effizienter (für die erwähnte Vicky Leandros Nummer musste sich eben erst noch ein Arrangeur hinsetzen, Noten schreiben, das Orchester bestellen und einen Aufnahmetermin dafür klarmachen, schnippeln konnte man auch nur in einem deutlich engeren Rahmen).
Und um dann etwaige (bzw. vermeintliche, denn absolute Werte gibt es da ja eher nicht...) übervereinfachte Strukturen zu kaschieren und die Geduld der Hörer nicht zu strapazieren, wird dann eben viel mit Sounds gearbeitet, was vor allem insofern einfach ist, als es eben von Einzelpersonen zu jeder Tages- und Nachtzeit an quasi jedem beliebigen Rechner erledigt werden kann.

Unterm Strich steht für mich da eigentlich, dass "Mainstream" Musik (um die ging es hier ja) eben schnelllebiger und vermutlich auch beliebiger geworden ist. Musik gibt's halt überall, man muss an sich kein Geld mehr dafür bezahlen, und wenn dann doch mal finanzieller Nutzen rausspringen soll, muss man es eben schaffen, innerhalb all dessen an die Spitze zu kommen und vor allem auch möglichst schnell nachzulegen.

Ich frage mich persönlich angesichts all dessen, ob das jetzt so schlimm ist. Denn selbst als jemand, der eher traditionell geprägt (und auch geschult) ist, finde ich immer wieder Sachen (auch im Radio), die ich eigentlich ziemlich geil finde, auch wenn die, nach klassischen Songwriter-Kriterien beurteilt, sicherlich nicht viel zu bieten haben. Auch empfinde ich die Tatsache, dass viele Nummern nur aufgrund der Produktion funktionieren, überhaupt nicht schlimm. Ich stehe bspw. auf alte Disco/Funk-Sachen, da muss es auch loshämmern. So etwas a la "Slave To The Rhythm" (mMn ein Meilenstein der Pop-Produktionen), was ja durchaus schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat, haut als Lagerfeuerschrabbelnummer auch nicht sonderlich gut hin. Und selbst bei vielen Beatles-Nummern steht ja, obwohl die oft auch als reine Akustikversionen funktionieren, die Produktion ganz klar im Vordergrund (man denke nur an "Sgt. Peppers").

Abgesehen davon findet man heutzutage vermutlich immer noch genauso "gutes" Songwriting wie früher, genauso viel Liebe zum Detail, etc. Das Finden ist vielleicht etwas schwieriger geworden, was bei dem Riesenangebot ja aber auch kein Wunder ist.

 

[moon-dog]

Abgesehen davon findet man heutzutage vermutlich immer noch genauso "gutes" Songwriting wie früher, genauso viel Liebe zum Detail, etc. Das Finden ist vielleicht etwas schwieriger geworden, was bei dem Riesenangebot ja aber auch kein Wunder ist.

Ich weiß nicht Sascha, ich lese diese Vorstellung schon etwas häufiger. Aber wo / was ist denn das dann konkret? Irgendwie habe ich mit der Vorstellung, dass da (Massen) von irre guten Songs durch die Gegend schwirren und kaum einer bekommt das mit so meine Probleme.

Und Zeitgeist und Massengeschmack hin oder her... nur einmal so als Beispiel eine Sequenz aus dem Film "Yesterday". Gäbe es das Lied tatsächlich noch nicht, ich glaube schon es würde auch heute funktionieren. Vielleicht sogar fast in dieser Art der Ausführung. Und es wäre dann auch tatsächlich ein bekanntes Lied (ab Minute 2:18) und nicht etwas, wonach man groß aktiv suchen müsste als Hörer...

 

[Sascha Franck]

Ich weiß nicht Sascha, ich lese diese Vorstellung schon etwas häufiger. Aber wo / was ist denn das dann konkret? Irgendwie habe ich mit der Vorstellung, dass da (Massen) von irre guten Songs durch die Gegend schwirren und kaum einer bekommt das mit so meine Probleme.

Ich finde durchaus, dass die Jungs von Radiohead gutes Songwriting betreiben, die Foo Fighters ebenso, und wenn es eher traditionell daherkommen soll, gibt es schon auch von Ed Sheeran ein paar gute Sachen. Muss man nicht mögen, ist aber, was das reine Songwriting angeht, auch nicht weniger komplex als zumindest die frühen Werke der Beatles (wobei die für mich in der Tat eine absolute Sonderstellung einnehmen). Und das sind jetzt eben nur bekannte Namen.

 

[moon-dog]

Ich weiß nicht Sascha, ich lese diese Vorstellung schon etwas häufiger. Aber wo / was ist denn das dann konkret? Irgendwie habe ich mit der Vorstellung, dass da (Massen) von irre guten Songs durch die Gegend schwirren und kaum einer bekommt das mit so meine Probleme.

Ich finde durchaus, dass die Jungs von Radiohead gutes Songwriting betreiben, die Foo Fighters ebenso, und wenn es eher traditionell daherkommen soll, gibt es schon auch von Ed Sheeran ein paar gute Sachen. Muss man nicht mögen, ist aber, was das reine Songwriting angeht, auch nicht weniger komplex als zumindest die frühen Werke der Beatles (wobei die für mich in der Tat eine absolute Sonderstellung einnehmen). Und das sind jetzt eben nur bekannte Namen.

Stimme ich dir voll zu. Aber zumindest Radiohead und die Foo Fighters sind zwar noch aktiv, kommen ja aber aus den (guten alten) 1990ern. Mir geht es da mehr um das, was ´nach kommt´. Also aktuell 20 - 25 Jährige... .

 

[Sascha Franck]

Stimme ich dir voll zu. Aber zumindest Radiohead und die Foo Fighters sind zwar noch aktiv, kommen ja aber aus den (guten alten) 1990ern. Mir geht es da mehr um das, was ´nach kommt´. Also aktuell 20 - 25 Jährige... .

Du hast natürlich insofern recht, dass es in den Charts da nix gibt. Hab' eben mal in die Billboard Top 100 reingeschaut, grauenhaft. Ich glaube, da ist nicht eine Nummer ohne Autotune am Start.
Ansonsten gibt's aber vermutlich schon 'ne Menge Sachen, ab und an stolpert man auch über etwas - ich bookmarke mir das allerdings selten, deshalb kann ich jetzt auch nicht mit Links protzen. Desungeachtet ist es ja an sich schon allein statistisch nicht unwahrscheinlich, dass es noch etliche gute Komponisten gibt.

 

[moon-dog]

Desungeachtet ist es ja an sich schon allein statistisch nicht unwahrscheinlich, dass es noch etliche gute Komponisten gibt.

Ja klar. Statistisch betrachtet müsste es auch irgendwo noch einen Mozart oder Beethoven geben.
Da gehören dann eben auch die gesellschaftlichen Umstände noch dazu. Und die sind bei westlicher Popmusik gerade nicht so gut. (Und bei klassischen Komponisten eben schon länger nicht mehr passend...)

 

[Erwin]

Also ich finde die heutige Musik und Musikproduktionssituation eigentlich ziemlich klasse. Ich komm an fast jedes Stück über Streaming ran, die anderen kann ich sicher auch über deren Vertrieb finden, wenn ich weiß, wie sie heißen. Seit zig Jahren bin ich immer auf der Suche nach guter Musik zum Nachspielen, früher in der Band und jetzt, weil ich den Lärm nicht mehr ertrage, für Trio oder leider nun Du (2 Gitarren) zum Covern. Ich finde nach wie vor Perlen des klassischen SingerSongwritergeschäfts, die ich ohne die heutigen Kanäle nie kennengelernt hätte. Da ich das Ganze runter auf 2 Gitarren plus Gesang breche ist mir die Melodie samt interessanter Harmonisierung sehr wichtig. Findet sich immer was Neues. Wenn ich seh, dass viele Acoustic Coverer bei Cat Stevens usw. stehen bleiben, empfinde ich das als eine Beschränkung, die schade ist. Oft hilft mir auch die Spotify-WerDasHörtDer…-Funktion. Da lande ich dann bei einem mir vollkommen unbekannten Sänger und freu mich. Spotify ist der Untergang des Abendlandes aber oft auch einfach super!
Es gibt noch gutes Songwriting. Die Musik, die mich nicht interessiert, hör ich vielleicht kurz aber belastet mich danach nicht mehr. Sollen Capital Bra und Bushido sich doch mit Dönerspießen bedrohen. Hauptsache unter sich und ich kann mich raushalten.
Auch die Produktionsmittel sind doch super! Jeder kann so vieles theoretisch, das Meiste ist Murks aber doch noch kreativ und sinnstiftend für den Songwriter oder Prodjusa.
Find das toll, jetzt mit zu erleben. Es lebe der Breitensport und in der Qualität da oben, da ist meiner Meinung nach genug für jeden dabei.Jede Zeit hat Vor- und Nachteile. Bei der Musik gelingt es mir die Vorteile zu genießen.
Möchte nicht mehr zurück zu den alten Schulhof-Fraktionen der Genesis oder Deep Purple Gläubigen und links und rechts nix mehr. So, jetzt mach ich mir ein Schlitz ins Kleid und bau mir mit MusicMaker einen SmashHit

 

[moon-dog]

Also ich finde die heutige Musik und Musikproduktionssituation eigentlich ziemlich klasse. Ich komm an fast jedes Stück über Streaming ran, die anderen kann ich sicher auch über deren Vertrieb finden, wenn ich weiß, wie sie heißen. Seit zig Jahren bin ich immer auf der Suche nach guter Musik zum Nachspielen, früher in der Band und jetzt, weil ich den Lärm nicht mehr ertrage, für Trio oder leider nun Du (2 Gitarren) zum Covern. Ich finde nach wie vor Perlen des klassischen SingerSongwritergeschäfts, die ich ohne die heutigen Kanäle nie kennengelernt hätte. Da ich das Ganze runter auf 2 Gitarren plus Gesang breche ist mir die Melodie samt interessanter Harmonisierung sehr wichtig. Findet sich immer was Neues. Wenn ich seh, dass viele Acoustic Coverer bei Cat Stevens usw. stehen bleiben, empfinde ich das als eine Beschränkung, die schade ist. Oft hilft mir auch die Spotify-WerDasHörtDer…-Funktion. Da lande ich dann bei einem mir vollkommen unbekannten Sänger und freu mich. Spotify ist der Untergang des Abendlandes aber oft auch einfach super!
Es gibt noch gutes Songwriting. Die Musik, die mich nicht interessiert, hör ich vielleicht kurz aber belastet mich danach nicht mehr. Sollen Capital Bra und Bushido sich doch mit Dönerspießen bedrohen. Hauptsache unter sich und ich kann mich raushalten.
Auch die Produktionsmittel sind doch super! Jeder kann so vieles theoretisch, das Meiste ist Murks aber doch noch kreativ und sinnstiftend für den Songwriter oder Prodjusa.
Find das toll, jetzt mit zu erleben. Es lebe der Breitensport und in der Qualität da oben, da ist meiner Meinung nach genug für jeden dabei.Jede Zeit hat Vor- und Nachteile. Bei der Musik gelingt es mir die Vorteile zu genießen.
Möchte nicht mehr zurück zu den alten Schulhof-Fraktionen der Genesis oder Deep Purple Gläubigen und links und rechts nix mehr. So, jetzt mach ich mir ein Schlitz ins Kleid und bau mir mit MusicMaker einen SmashHit

Liest sich immer schön... nur ... wo sind denn dann die neuen hervorstechenden Lieder?

 

[Erwin]

Im Auge des Betrachters

 

[Kassette]

wo sind denn dann die neuen hervorstechenden Lieder?

Bist du interessiert, findest du viel mehr als du konsumieren kannst.
Uninteressierte sind sowieso mit gar nichts zufrieden zu stellen (gilt nicht speziell für dich, passt aber als Antwort auf viele Befindlichkeiten auch hier im Forum, nicht nur Musikkonsum betreffend )

 

[SoulFrontier]

Mir geht es da mehr um das, was ´nach kommt´. Also aktuell 20 - 25 Jährige... .

Hier werden Sie geholfen https://www.nbthieves.com/

 

[Hyp]

wo sind denn dann die neuen hervorstechenden Lieder?

 

[Turquoise]

Und ohne das Video? So aus rein songwriterischer Sicht? Da bleibt bei mir nicht viel mehr hängen, als dass es eine Soundcollage ist, zu der jemand immer wieder "accellerate inside" sagt.

 

[moon-dog]

Und ohne das Video? So aus rein songwriterischer Sicht? Da bleibt bei mir nicht viel mehr hängen, als dass es eine Soundcollage ist, zu der jemand immer wieder "accellerate inside" sagt.

Ich schreib´hier nichts mehr... . bekommt man offenbar ja Schimpfe...

 

[Erwin]

Gibt halt noch keinen Öchslegradmesser für gelungenes Songwriting. Genesis z. B. fand ich immer fad. Das Tolle ist ja dass wir es mit unseren 5 Plugins in der DAW ab morgen besser machen können. Unvorstellbar:In Amerika soll es Leute geben, die mehr als 5Plugins haben. Voll dekadent, der Nordamerikaner...

 

[mathiasbx]

Gibt halt noch keinen Öchslegradmesser für gelungenes Songwriting. Genesis z. B. fand ich immer fad. Das Tolle ist ja dass wir es mit unseren 5 Plugins in der DAW ab morgen besser machen können. Unvorstellbar:In Amerika soll es Leute geben, die mehr als 5Plugins haben. Voll dekadent, der Nordamerikaner...

hahaha... vermutlich würden dann mindestens 1/4 der Songs weltweit nicht länger existieren.