Why Is Modern Pop Music So Terrible?

[SidV]

Konsumverhalten wird gesteuert sonst würd es kein Marketing geben. Wenn wie in dem Video erwähnt in der Regel 500.000-3.000.000$ investiert wird um einen Hit zu platzieren dann kannst du davon ausgehen das die Rechung aufgeht. Von subtil platzierter Hintergrundmusik in deiner Lieblingsoup am Nachmittag über Social Media Marketing bis hin zu indischen Clickfarmen werden alle Register gezogen um einen künstlichen Hype zu erzeugen. Nur weil du alter Sack meinst immun gegen solche Methoden zu sein und alles zu durchschauen gilt das noch lange nicht für alle Smart Phone Zombies.

 

[Hyp]

Mir sagt der 2016er-Hit-Sound jedenfalls mehr zu als der damalige. Hat für mich besseren Groove, und elektronische Sounds waren für mich sowieso die Erlösung (ja, Erlösung ist das richtige Wort) von generischem E-Gitarren-Sound, der das Frequenzspektrum notorisch undifferenziert zudröhnt.

Was es heute auch nicht mehr gibt, ist der horrende Erfolg von Blödel-Songs in den Charts. Stefan Raabs "Maschendrahtzaun" hat 1999 über eine Million CD-Singles verkauft und war volle zwei Monate Nummer 1 der Charts. Sowas wäre heute unvorstellbar - auch in an heutigen geringeren Tonträgerabsatz angepassten Zahlen. Heute würde sowas eher ein virales Netzphänomen bleiben und den Musikmarkt in Ruhe lassen.

 

[Hyp]

Wenn wie in dem Video erwähnt in der Regel 500.000-3.000.000$ investiert wird um einen Hit zu platzieren

Das erscheint wenig in Relation zu den Werbe-Etats in den '60ern und '70ern. In meinem '74er Spiegel-Artikel wird für allein zwei Firmen die Zahl 30 Mio. D-Mark genannt, die diese allein nur in England in einem Jahr in TV-Werbung für Musik investierten. In heutigen Zahlen wären das wohl 50 - 100 Millionen Euro. Und das nur für England, und nur zwei Firmen des ganzen Markts exemplarisch betrachtet. Und damals musste man im Vergleich zu heute mit nur einem Bruchteil an sonstiger Werbung konkurrieren...

"Marketing- und Vertriebsunternehmen wie die 1962 in Kanada gegründete, inzwischen international aktive "K-Tel"-Company oder die englischen "Arcade Records" gaben 1973 nur auf der britischen Insel rund 30 Millionen Mark für Schallplatten-TV-Spots aus."

 

[wye]

Der Groove kleistert heute alles zu, klingt mir auch viel zu ähnlich, ne große Entwicklung sehe und höre ich da nicht, in den 90er war das alles feinsinniger und unterschiedlicher...
aber die Charts waren schon immer in der Hand von oberflächlichen Tanz Hanseln, beschwere ich mich auch nicht.....

Eigentlich dominiert heute so ne Art Hybrid aus Coldplay mit stumpfen Dancefloor....

Ich kann das blöde Gehype von so Wegwerfzeugs und computergestützten Stimmen aber echt nicht ab, wenn es einfach nur völlig gesichtslos bleibt und von einer Handvoll gleicher Produzenten zusammen geschustert wird.

Gehypt von Hipstern ohne Musikkenntnis/Horizont, das finde ich richtig schlimm!

Die 90er hatten Beats der Hip Hop Leute, Britpop, Grunge, Electro von Björk......das im Groove auch völlig unterschiedlich.....welcher Depp will denn zu allen Sachen Tanzen?
Was ist denn das für ne Forderung?
Warum muss man zu ner Ballade unbedingt Kopfnicken?

 

[Chronique]

Hat für mich besseren Groove, und elektronische Sounds waren für mich sowieso die Erlösung (ja, Erlösung ist das richtige Wort) von generischem E-Gitarren-Sound

Für viele Gitarristen klingen elektronische Sounds genauso eintönig wie umgekehrt der Gitarrensound für Elektroniker. Der Sound ist beim Gitarrenspielen auch nicht unbedingt das wichtigste. Gitarrespielen macht mir einfach Spaß, weil sich dieses Instrument sehr emotional spielen lässt. Das ist für mich was ganz anderes als am Computer Samples zu schubsen oder Sounds zu schrauben. Nicht umsonst finden sich bis heute unglaublich viele Leute zusammen, um in Bands Rockmusik zu machen und damit live auf die Bühne zu gehen. In den Charts findet sich diese Musik inzwischen leider kaum noch wieder, deshalb sind die Single-Charts für mich seit ca. zwei Jahrzehnten nahezu uninteressant.

 

[SidV]

Erlösung

Das mein ich mit Restobjektivität, ganz kann man sich nicht davon befreien aber du solltest doch in der Lage sein deinen persöhnlichen Geschmack mal für 10 min auszuklammern und die Songs nüchtern reduziert auf Chord Progression, Komposition, Arrangement oder einfach nur versuchen die Idee hinter dem jeweiligen Song zu verstehen.

Ich hab das Jahr 1969 nicht ausgewählt weil das meine musikalische Lieblingsära war sondern weil das Jahr 68, 69 oft als Höhepunkt zeitgenössischer Popmusik hervorgehoben wird(Zeit des Aufbruchs, Flower Power, Studentrevolten, Friedensbewegungen, neue Denkweisen ect.). Das waren auch nur die No.1 Hits und repräsentieren nicht annhähernd was es zu dieser Zeit an musikalischer Diversität gab.

Wahrscheinlich waren die "Mid Seventies" in der Hinsicht sogar noch extremer. Bands aus den verschiedensten Genres wie Led Zeppelin (Bluesrock), Chiq (Disco), Kraftwerk (Elektro), Sex Pistols (Punk), Bob Marley(Reggae), Roxy Music(New Wave), T-Rex(Glamrock), Sly and the Family Stone(Funk), Marvin Gaye(Soul) die es alle in die Billboard Charts schafften.

Was es heute auch nicht mehr gibt, ist der horrende Erfolg von Blödel-Songs in den Charts

Gottseidank

 

[synthpark]

Hat für mich besseren Groove, und elektronische Sounds waren für mich sowieso die Erlösung (ja, Erlösung ist das richtige Wort) von generischem E-Gitarren-Sound

Für viele Gitarristen klingen elektronische Sounds genauso eintönig wie umgekehrt der Gitarrensound für Elektroniker. Der Sound ist beim Gitarrenspielen auch nicht unbedingt das wichtigste. Gitarrespielen macht mir einfach Spaß, weil sich dieses Instrument sehr emotional spielen lässt. Das ist für mich was ganz anderes als am Computer Samples zu schubsen oder Sounds zu schrauben. Nicht umsonst finden sich bis heute unglaublich viele Leute zusammen, um in Bands Rockmusik zu machen und damit live auf die Bühne zu gehen. In den Charts findet sich diese Musik inzwischen leider kaum noch wieder, deshalb sind die Single-Charts für mich seit ca. zwei Jahrzehnten nahezu uninteressant.

Ich bin schlau genug, um beides geil zu finden . Synth Sounds sind auch nicht gleich Synth Sounds ... ein cooler Gitarrensound und die damit verbundene Energie sind auch sofort als solche zu identifizieren. Marilyn Mansion setzt beides ein ...

 

[SidV]

"Marketing- und Vertriebsunternehmen wie die 1962 in Kanada gegründete, inzwischen international aktive "K-Tel"-Company oder die englischen "Arcade Records" gaben 1973 nur auf der britischen Insel rund 30 Millionen Mark für Schallplatten-TV-Spots aus

Die genannte Zahl beschreibt die Werbekosten für ein ganzes Jahr. die 500.000-3.000.000 beziehen sich auf einen einzigen Song.

 

[Turquoise]

Hm, nochmal, es geht in dem Video doch nicht um Geschmack. Ich werde mich hüten hier einen Disput über Geschmack zu führen. Deswegen find ich einzelne Beispiele und Aufschlüsselungsversuche was einen guten Popsong ausmacht eher hinderlich da das erfahrungsgemäß ins Nichts führt.

Hallo SidV,
natürlich spielte Geschmack bei meinen Beispielen eine Rolle. Aber ich habe schon versucht, die Sache an mehr festzumachen, als nur am Geschmack. Nenne es den Versuch, etwas Subjektives irgendwie doch ein bisschen zu objektivieren. Besonders deutlich wird das mMn an so nüchternen Fakten, wie der Dauer eines Songs. Es ist nun einmal so, dass sehr viele der Chartsongs in den 1980ern über 4:30 min lang waren und das ganz normal war. Und diese Spieldauer hatten sie, weil musikalisch sehr viel in dieser Zeit passierte - was, das habe ich versucht darzustellen. Die Songs ließen sich Zeit, Spannungsbögen zu entwickeln. Hör Dir mal Tanita Tikaram an. Zwei Strophe bevor der erste Refrain kommt. In der zweiten Strophe kommen Streicher hinzu - hat mehr Tiefe, als die erste Strophe, Steigerung, Spannung wird aufgebaut. Oft kam noch ein Intro, so dass der Gesang erst bei 20 Sekunden einsetzte. Das heißt, der erste Refrain kam oft erst bei 1:00 min oder noch später. Das ist Freiheit und die Möglichkeit, künstlerisch etwas zum Ausdruck zu bringen. Das Intro von The Sun always shines in TV dauert ewig. Ich glaube, da setzt erst bei weit über einer Minute die Strophe ein. Da würden heute allein schon von den Parametern her alle Klappen zufallen. Damals war das möglich.
Und deshalb bin ich der Meinung, der Popsong hatte - durch stete Evolution seit den Beatles, in den 1980ern eine künstlerische Größe, eine Art Idealform erreicht, von der man heute meilenweit entfernt ist.

 

[mfx]

Was der Chorus von heute ist die Bridge von gestern...

...so dachte ich mir desöfteren beim Genuss zeitgenössischer Radiomusik

 

[SidV]

@Turquoise
Die Radio Version von Hotel California von den Eagles war sogar 7.50 min lang. Wie war das möglich? Weil die Eagles zu diesem Zeitpunkt ihrer Karriere mehr Platten verkauften als die Beatles (US) und sich trotz Proteste bekannter Radio DJ's sich durchsetzen konnten (Keine Radiostation konnte sich leisten die Eagles nicht zu spielen).

 

[Hyp]

die Songs nüchtern reduziert auf Chord Progression, Komposition, Arrangement

Turquoise hatte ja auf der letzten Seite erwähnt, dass komplexere Harmonik und heutige, komplexere Arrangement-Standards mit Bridge und Variationen in den Strophen erst zunehmend nach den '60ern aufkamen.
Trotzdem gehe ich nicht gezielt in den '70ern auf Musiksuche, weil es schon so viel zeitgenössische Musik gibt, bei der alle Parameter für mich stimmen, inkl. heutiger technischer Standards.
Als Aufreger taugen halt nur die Charts, wenn man eben seinen Blick darauf verengt. Sie sind gerade nicht Symptom für die Musik insgesamt, weil schon durch all die hinzugekommenen Stile samt Fusionen die Basis kontinuierlich in die Breite geht.

Die genannte Zahl beschreibt die Werbekosten für ein ganzes Jahr. die 500.000-3.000.000 beziehen sich auf einen einzigen Song.

Das habe ich schon einbezogen in die Einschätzung. Es geht ja um Singles und nicht jeden einzelnen Song jedes Albums. Wenn man die damalige England-Zahl der zwei Firmen hochrechnet auf den ganzen westlichen Markt, ist man natürlich im Hunderte-Millionen-Bereich, das entspricht der Werbung für Hunderte von Singles im Jahr mit heutigem Budget, und dabei wären dann nur zwei größere Player des Markts betrachtet.

 

[wye]

So die Richtung SidV, ich finde es auch oft nett, wenn die Melodien (deren Entwicklung) über Takte hinaus gehen, das muss jetzt nicht immer gut sein (Britney, Hit me Baby one more Time), ist aber oft gut, das interessiert mich schon am Pop, bietet son Alleinstellungsmerkmal, und das ist bei aktuelle Sachen echt mau....Gotye war ganz nett und nein ich will nicht die 90er, 80er oder sonst etwas zurück.....ich will Unterschiede/Abwechselung...

 

[Hyp]

Für viele Gitarristen klingen elektronische Sounds genauso eintönig wie umgekehrt der Gitarrensound für Elektroniker.

Das ist so, als wenn der Blockflötenspieler sagt: "Für viele Blockflötenspieler klingt ein Orchester genauso eintönig wie umgekehrt der Blockflötensound für Orchesterfreunde."
Es mag ja Leute geben, die das so empfinden - absurd ist es trotzdem.
Elektronische Synthese kann unbeschränkt viele neue Instrumente definieren und diese mit den verschiedensten Controllern live spielbar machen, während die Gitarre für immer nur die Eigenschaften eines Saiteninstruments hat (mit ein bisschen perkussiver Erweiterung, wenn man den Resonanzkörper mit einbezieht, schon klar).

 

[wye]

Hör doch mal auf, das alles nur als Sound oder Groove zu sehen, ultra prollig!
Deshalb ist das doch jetzt so doof!
My Bloody Valentine, Meshugga, Bowie mit Adrian Belew, Hendrix, Arto Linday, Nile Rodgers hat doch gar nichts miteinander zu tun!

Am Ende ist das alles Sound, außerdem relevant ist, was gespielt wird, also wo auf dem Raster und was, also Harmonie und Melodie.

Du kommst mir vor, wie ein Videospielkid, das mit seiner Konsole das Weltall beherrschen will....lächerlich.....

 

[Hyp]

Du kommst mir vor, wie ein Videospielkid, das mit seiner Konsole das Weltall beherrschen will....lächerlich.....

Deshalb sind meine Alben auch elektroakustisch - die Fusion beider Welten.

 

[wye]

Ist doch alles nur nen Interface, letztens habe ich im Musikhandel son rel. Keyboard mit Gummifeldern probiert, das ist das erste Keyboard was wirklich so ne coole Art von Vibrato (typisch Gitarre und Violine) ermöglicht, fand ich super (für den Zweck), e-Drums spiele ich witzigerweise meist mit klassischen Sounds, aber auch nur deshalb weil die dynamische Umsetzung von coolen Elektrosounds mir bislang nicht gefallen hat, müsste man mal richtig checken, ich finde das Interface wirklich wichtig. Muss Bock bringen (nicht meine Musik) und sinnlich sein.

 

[Turquoise]

Die Radio Version von Hotel California von den Eagles war sogar 7.50 min lang. Wie war das möglich?

Eagles ist aber kein Pop.
Hey Jude war auch über 7 min. Child in Time über 10 min. Purple Rain ist knapp 9 min . . .
Es ging mir bei meinen 4:30 min darum, wie lange nicht selten ganz normale Popsongs gewesen sind. Und das waren in den 1980ern eben 2 min mehr als in den 1960ern. Weil auch mehr passiert ist.

Pop der 1960er wirkt gegen den der 1980er immer skizzenhaft, wie bessere Demos. Das hat selbstverständlich etwas mit den Produktionsmöglichkeiten zu tun. Und gerade die Beatles haben ja ein ums andere Mal den Rahmen gesprengt und die Claims zu gunsten der Weiterentwicklung neu abgesteckt. Das ändert aber nichts daran, dass 1980er Pop im besten Falle die allerstrengste Olympianorm erfüllt, während der 20 Jahre davor vom Leistungsvermögen her - also dem, was mit diesem Song theoretisch möglich gewesen wäre, wenn man alle Register gezogen hätte - eher dem Breitensport zugeordnet werden muss.
Es geht mir hier nicht um die Komposition ansich, sondern um das auf maximale Glückshormonausschüttung abzielende Hörerlebnis.

 

[Turquoise]

Noch ein Punkt:

keine Musik ist mehr "Jugend" als Pop. Die ganze Frühlingshaftigkeit, die Frische, das Unverbrauchte, Himmelhochjauchzendzutodebetrübte, das ganze Naive, die Realität Missachtende, Kraftstrotzende, Ewigeliebeversprechende der Jugend lässt sich in keiner Musik besser bündeln, als im Pop. Deshalb muss Pop - besonders Pop! - frisch und unverbraucht klingen. Er darf sich nicht wiederholen. Es muss ständig etwas Neues, noch nie Gehörtes - ja oft auch Unerhörtes - veröffentlicht werden. In den 1980ern war das der Fall. Jede Woche in den Neuerscheinungen war irgendein Song dabei, der eine Idee, einen Sound, einen verrückten Einfall, ein Arrangement, eine Melodie oder eine Struktur hatte, die man so noch nie gehört hatte, die überraschend und oft mit den Erwartungen spielend war.

Das hat sich heute in sein völliges Gegenteil verkehrt. Nie war Pop weniger überraschend, weniger "neu", als heute. Deshalb sind heutiger Pop (für mich) fast nur noch thrashige, lästige Geräusche.

Aus den letzten 15 Jahren fallen mir spontan nur zwei Pop-Songs ein, die mich irgendwie überraschten oder packten, mitrissen, aufwühlten, die für mich dieses Neue, Frische hatten. Sexyback (2006) von Justin Timberlake. Und Take me to church von Hozier. Ansonsten ist fast nichts hängen geblieben. Nichts, was mir sofort einfallen würde. Wenn man mich 1989 gefragt hätte, wäre ich aus dem Aufzählen gar nicht mehr heraus gekommen.

Vielleicht werde ich auch langsam alt...

 

[wye]

Ich muss Turquoise auch Recht geben, ich empfinde die späten 70er und 80er auch am stärksten bezüglich Unterschiede und starken Melodien

Costello hat oft super schöne lange Melodielinien mit tollen Entwicklungen, auch prägnant!