Moin, "schwarzer Verbieger"
Zu deiner ersten Frage:
Ich habe mit Messmikrofon (am Hörplatz) und einem hochauflösenden Hardware-Spektrumanalyser mehrere Vorher-/Nachhermessungen gemacht. Hab nicht mitgezählt, aber 40 - 50 mal bin ich bestimmt immer wieder den für mich relevantesten Bereich von 27 - ca. 300 Hz durchgegangen und habe mir die Ergebnisse als Diagramm auf Endlospapier eingezeichnet. Somit hatte ich eine absolut objektive Übersicht jeder einzelnen Veränderung der Dämpfung und ihre jeweiligen akustischen Auswirkungen. Nach und nach konnte ich mich somit einer immer flacheren Kurve (oder eher Berg-und Talbahn) annähern. Natürlich habe ich keinen völlig linearen Frequenzgang hinbekommen, aber die gröbsten Ausschläge in der Kurve wurden gebändigt.
Diese ganze Prozedur hat mich mit Unterbrechungen ca. 12 Wochen mühselige Schwerstarbeit und nervenaufreibende Frickelei gekostet. Dennoch bin ich froh, dass ich es angegangen bin, denn das Ergebnis hört sich definitiv erstklassig an.
Zum zweiten Punkt:
Die obige Beschreibung meines Projektes ist wohl etwas lückenhaft.... So denn:
Während annähernd die gesamte Decke zwischen 60 und 300 mm stark mit den besagten Dämmplatten abgehängt und mit einer Schicht dunner Folie sowie Baumwollstoff bespannt wurde, habe ich mich bei den Wänden auf die vordere und die seitlichen Wände konzentriert. Auch hier wurde nicht mit Dämmplatten gespart. Die Dämmschicht variiert zwischen 60 und 250mm und wurde in eigens angefertigten raumhohen Holzrahmen eingepasst. Auch hier wurde anschließend alles bespannt, jedoch diesmal mit Filz. Anschließend wurden die vordere Wand, sowie die vordere Hälfte der seitlichen Wände mit Holzbrettern 19mm stark, 120 mm breit verkleidet, wobei zwischen jedem Brett ein bestimmter Abstand im Bereich zwischen 8 und 11 mm eingehalten wurde. Somit wurden die Wände zu Schlitzabsorbern, die im Mittenbereich wirken und durch ihre Holzoberfläche genug Schallanteil in den Raum zurückreflektieren. Da diese Schlitzabsorber aber so angelegt wurden, dass sich keine parallel gegenüberstehen, habe ich vermieden, dass reflektierte Schallwellen einfach oszilierend hin und hergeworfen werden.
Die oben erwähnten Plattenschwinger (abgestimmt auf 67 Hz) habe ich an die vordere Wand ecknahe links und rechts positioniert. zu sehen sind sie nicht, da sie sich hinter der Bretterwand plus Dämmplatten verstecken. Das ist auch überhaupt kein Problem für die Wirksamkeit der Plattenabsorber, denn die zu dämpfenden tiefen Frequenzen durchdringen die vorgelagerte Schlitzabsorberkonstruktion nahezu ungehindert und regen die Membran zum Schwingen an. -> Frequenz bedämpft!
In den hinteren Raumecken stehen die schon erwähnten Glaswollrollen, weil dort der Pegel meiner niedrigsten Raummode (Auslöschung bei 48 Hz) am höchsten war. Des weiteren wurden diese dann nochmal hinter einer Lage Dämmplatten in einer raumhohen Holzkonstruktion versteckt die wiederum mit Stoff bespannt wurde. Dies brachte mir eine Korrektur der Mode um sage und schreibe 8 dB!
Die hintere Wand wurde mit "Benno"-CD-Regalen von Ikea ausstaffiert. Dort lagert mein ganzer Krimskrams wie Manuals, CDs, Bücher, Schnickschnack usw. Ein ziemlich brauchbarer Diffusor.
Wenn ich den Raum mit Freunden betrete und wir sind gerade im Gespräch bemerken wir radikal, wie sich die Akustik vom vorgelagerten Büroraum zum Studioraum verändert. Man hat zuerst wirklich den Eindruck, dass etwas die Ohren belegt und man nur noch gedämft hört. Dabei wurden eigentlich bloß störende Raumeinflüsse wie übermäßiger Hall, Flatterechos, Moden eliminiert bzw reduziert. Tot ist der Raum aber keineswegs. Das sind ja nicht mal die berühmten "schalltoten Räume" der Akustikforscher und die fahren einen exorbitant höheren Aufwand als ich es tat.
Eine Nachhallzeit von 0,2 oder 0,3 sek sollte aber für einen Studio-/Regieraum vollkommen in Ordnung sein. Gerade, wenn er sich, wie bei mir auf gerade mal 16 qm erstreckt. Letztlich möchte ich soviel Direktschall aus meinen Monitoren hören, wie möglich.
Anders sieht´s bei den RT60-Werten bei z.B. Hör-, oder Konzertsälen aus. Dort sind Werte von 1 sek und mehr nicht unüblich und auch erwünscht. Natürlich abhängig von der Raumgröße.
Boah, was´n Aufsatz. Ich hoff, ich konnte einen interessanten Einblick in mein Verständnis für brauchbare Raumakustikmaßnahmen schaffen.