NT1-A vs. AT4040 vs. TLM102 - Darf ich enttäuscht sein?

[BigBernd]

Hallo zusammen,

ich lese schon zeit einiger Zeit still mit und möchte mich erst einmal für viele gute Ideen und wertvolle Hinweise bedanken, die ich hier schon bekommen habe. Auch wie respektvoll und hilfsbereit Ihr miteinander umgeht, finde ich erwähnenswert! Ist nicht überall so...

Möglicherweise hat der ein oder andere auch einen Tip für mich?!

Ich nehme hobbymäßig Musik auf – vor allem Vocals (a cappella). Gestartet bin ich mit einem Rode NT1-A. Ein guter Einstieg. Aber: Wenn es an das Bearbeiten (EQ, Comp.) ging, hatte ich immer den Eindruck, dass die Einzelsignale in sich „zusammenfallen“ - laienhaft ausgedrückt. Keine Ahnung wie ich es beschreiben soll, aber das ist halt mein Eindruck.

Mein nächstes Mikro war ein AT4040, welches beim Mischen gutmütiger ist und vor allem bei weichen Frauenstimmen immer gut gepasst hat. (Ich oute mich hiermit: Ich stehe auf diesen gepushten „Zisselsound“.) Für meine Stimme war es aber ziemlich schnell zu „knatschig“ und scharf.

Vor kurzem bin ich den vielen positiven Bewertungen erlegen und habe ein TLM102 erstanden. Nicht nur, dass ich mich auf die schönen Höhen gefreut habe. Den ansonsten eher neutralen Klangcharakter, wollte ich nutzen, um möglichst viele verschiedene Stimmen gut aufzunehmen.

Und tatsächlich klingt das TLM102 in meinen Ohren am Besten. Aber ist es das, was ich erwartet habe? Leider, nein. Insbesondere bei der Detailtreue und Auflösung ist es aus meiner Sicht kein so großer Unterschied zum AT4040. Mir ist bewusst, dass ich kein U87 gekauft habe aber ein wenig mehr hatte ich mir schon versprochen.

Nun gut, offensichtlich muss ich wohl mehr Geld in die Hand nehmen. Und da kommt Ihr ins Spiel:

Habt Ihr eine Idee, welches Mikrofon meinen Ansprüchen genügen könnte?

Anwendung: Vocals - verschiedene Stimmen (Meine ist eher eine der „Schwierigen“)

Klangcharakter: Grundfrequenzen eher neutral, gerne mit Höhenboost

Auflösung/Detailtreue: ein Klasse über TLM102

Preisbereich: bis 1.200 €

Oder ist das Mikrofon eigentlich ok und die Preamps des RME UCX sind hier das „Nadelöhr“? Könnte ich das Ganze mit einem vernünftigen Preamp erreichen? Wenn ja, würde ich einen gesonderten Thread zu diesem Thema aufmachen.

Mein aktuelles Setup: akustisch behandelter Raum + Gesangskabine, RME Fireface UCX

Unten hört Ihr die drei verschiedenen Mikrofone. Abstand zum Mikro jeweils 10 cm, direkt ins Fireface UCX, kein EQ (außer Low Cut), keine Dynamics, manuelle Pegelbearbeitung (Ich hoffe, es reicht zum Bewerten...)

Schonmal vielen Dank für die Hilfe im Voraus!

 

[whitealbum]

Du beschreibst etwas das vielen so geht, die nur ein oder zweihundert Euro drauflegen.
Die Unterschiede sind zwar da, aber es reißt einem nicht vom Hocker.

Ich habe gerade wieder einen Song gemixt, mit TLM102 und RME Preamp.
Das TLM102 ist für seine Preisklasse gut, hat aber wie viele in dieser Preisklasse, das Problem in den Hochmitten zu aufdringlich zu sein.
Sprich bei Bass und Bariton passts, aber alles was höher ist Tenor, Alt usw. fängt es an zu "nerven". Das hört man vor allem, wenn man einen Vergleich in der oberen Liga hat.
Außerdem muss man bei Tenören aufwärts ständig an den Hochmitten was anpassen, da klingen gute Stimmen schnell leicht "angestrengt".

Ein Mikro was extrem universell ist, ist das Gefell MT71s, egal ob Gesang, alle Lagen oder Sprache, es macht einfach alles richtig, und wichtig, der KLang lässt sich super formen.
Liegt an der M7-Kapsel.
Für mich ist es sogar angenehmer und natürlicher als ein U87.

Wenn man nun das Gefell MT71s mit einem richtig guten Preamp alà Great River ME-1NV oder BAE 1073 MP zusammenbringt, dann kann man das nur noch toppen mit einem U47, U67 oder preiswerter Gefell UM92.1s oder Gefell UM900.

Alle genannten Gefells klingen sehr natürlich und mit bester Auflösung, da gibts nix zu deuteln.
Sicher es gibt noch ein paar andere Boutique-Mikro-Hersteller, die interesannte Mikros haben wie bspw. Beesneez oder preiswerter Mojave, uvm. aber diese sind nicht so universell, und problemlos zu den unterschiedlichsten Stimmen.

Mein Rat: Gefell MT71s und einen Preamp alà Great River oder BAE 1073.
Da hat man Ruhe und freut sich über die gelungenen Aufnahmen!


Gefell-Mikros kann man kostenfrei (nur den Rücktransport muss man zahlen) direkt bei microtechgefell.de ausleihen (14 Tage gegen Leihvertrag).
Bei der Gelegenheit kannst Du gleich ein Gefell M930 ausprobieren, das ist nicht ganz so universell, klingt aber direkter, moderner etwas fetter, ist dafür aber nicht ganz so universell einsetzbar.

 

[AndiPaulo]

Erst mal

und herzlichen Glückwunsch zun ersten Fettnäpchen namens

Gesangskabine

Vielleicht hängt´s da mit dem Sound.
Wie groß ist die, und was ist an den Wänden?

 

[Karlson-F]

Das TLM102 ist für seine Preisklasse gut, hat aber wie viele in dieser Preisklasse, das Problem in den Hochmitten zu aufdringlich zu sein.

kenne ich so auch, aber gerade bei den hier vorgestellten Soundbeispielen macht das TLM in den (Hoch-) Mitten eine gute Figur im Vergleich zum AT4040.

Ich empfinde den Unterschied der beiden Mikros als sehr deutlich.
Würde dir auch die oben genannten Gefell-Mics ans Herz legen.

 

[RefinedRough]

Ein Mikro was extrem universell ist, ist das Gefell MT71s, egal ob Gesang, alle Lagen oder Sprache, es macht einfach alles richtig, und wichtig, der KLang lässt sich super formen.
Liegt an der M7-Kapsel.
Für mich ist es sogar angenehmer und natürlicher als ein U87.

+1

 

[Astronautenkost]

What you pay is what you get ... für roundabout 500 Euro kann man keine Wunder erwarten. Das TLM 102 ist ordentlich, aber nicht der Endpunkt der Mikroentwicklung. Ich kann Dir nur empfehlen, das von Whitealbum empfohlene MT71S von Microtech Gefell wirklich auszuleihen. An Deiner Kabine liegt es nicht. Ich habe für die umschaltbare Version (UMT70S) sogar mein geliebtes U 87 verkauft!!!

 

[Entone]

Andere Frage: Wie sieht denn die Abhörsituation aus? Du beschreibst, dass Du bei der Bearbeitung Probleme hast.

("Aber: Wenn es an das Bearbeiten (EQ, Comp.) ging, hatte ich immer den Eindruck, dass die Einzelsignale in sich „zusammenfallen“ - laienhaft ausgedrückt.").

Die Frage ist zumindest auch, ob die Abhörsituation den Aufnahmen gerecht wird, bzw. die Aufnahmesituation optimal ist (auf die Problematik der Gesangskabine wurde bereits hingewiesen).

Es wäre blöd, wenn Du Dir jetzt noch ein sehr teures aber zweifellos gutes Mikro kaufst, das Problem aber woanders liegt.

 

[RefinedRough]

Das mit dem "zusammenfallen" ist typisch für das Nt1-a... kann ich nur zu gut bestätigen!

 

[whitealbum]

Wenn ich mir die Files anhöre, liegt das m.M. nach nicht an der Aufnahmesitutation.
Das klingt trocken, nicht umwerfend wie in den Abbey Road Studios aber in Ordnung.
Das kann dann auch an der Abhörsituation liegen, aber nicht nur.
Ich habe mittlerweile soviel Erfahrung in Sachen AT2035, Mk4, TLM102, NT-1A und Co. Abmischens, da tauchen immer die gleichen Probleme auf. Einmal mehr, einmal weniger!
Ich verwende da schon Presets


Das TLM102 ist oben bei den S-Lauten typisch leicht erhöht aber irgendwie klingt es klinisch, da fehlen MItten, und die Höhen sind schwierig, da möchte man ggf. Air dazugeben, hat aber das PRoblem das die S-Laute noch stärker werden, also muss ein Deesser ran usw.
Das AT4040 gefällt mir da sogar einen Ticken besser. Das N1-A geht gar nicht, ich höre schon wie das mit Comp klingt
Spätestens bei EQ und Comp-Bearbeitung hat man den Salat, die Kapsel taugt nix.

Bleibe dabei ein gescheites Mikro wie von mir erwähnt und später einen gescheiten Preamp, auch wie oben erwähnt, und Ruhe ist im Karton.

Ach ja, du bist ein hoher Bariton, da passt das Mt71s sehr gut, getoppt wird das MT71s nur von einem Gefell UM92.1 oder UM900, gleiche M7-Kapsel, aber durch die Röhrentechnik kommt noch mehr Mittenfleisch dazu, das dafür sorgt, dass sich der Gesang von alleine in den Mix setzt, und vorne bleibt, wo er hingehört
Das Mt71s macht das aber auch, Lautstärkeautomation, einfach Comp drauf, wenn man Airt haebn will, einen schönen passiven EQ oben in den Höhen und es passt!

 

[MountainLime]

Die selbe Marke TLM 193, dezente Schimmer, wenn man so will; aber doch unaufgeregter.

HaunMBNM 608, qualitativ durchaus mit Neumann auf einer Augenhöhe in ungewohnter Form oder -etwas neutraler-der Klassiker, AKG C414-tolle "Kompatibilität" mit RME Preamps.Wenn möglich die alten Modelle kaufen.Diese benötigen keinerlei Speisung zur Änderung der Charakteristik.

Wobei all dies nur als Tipp dienen soll und im Grunde genommen wenig Aussagekraft hat.

Mikrofone müssen getestet werden; genauso wie Abhören gehört werden müssen und es sich genauso bei Kopfhörern verhält.

Zum Kauf:
Auch wenn ich von Werbung wenig halte, kann ich nur Thomann oder einen ähnliche Handel empfehlen.
Eine Auswahl bestellen, testen und den Favoriten behalten; der Rest wird kostenfrei innerhalb von 30 Tagen ab Empfang retourniert.
Support scheint auch sowohl telefonisch als auch via Chat toll zu sein.VortOrt auch möglich.

Lg Ml

 

[Astronautenkost]

Das TLM 193 mit der neutraleren K89-Kapsel ist zwar ein gutes Mikro, aber nicht für den Zweck des TE. Haun ist o.K. Da würde ich aber Microtech Gefell nach wie vor vorziehen. Das MT71S ist (nicht nur) für seinen Preis unschlagbar. 414er sind nicht so universell und die Originalen mit der CK12-Kapsel bekommt man kaum noch.

 

[whitealbum]

Ja, das TLM193 ist ein sehr feines Mikro, vor allem alles betreffend was im Backing sein sollte, Backing Vocals,akust. GItarre die nicht nach vorne kommen soll usw.
Gute Auflösung etc, aber, da bin ich bei Astronautenkost, das TLM193 finde ich nicht so geeignet wie die genannten Gefells. Die sind griffiger, körperlicher und mehr vorne bei den Aufnahmen.

Bei den meisten Händlern hat ma ndas Problem, das man die Mikros erstmal kaufen muss, da nutzen auch 30 Tage Moneyback nicht, wenn ich erstmal 3000€ hinblättern muss.
Da sind Händler wie digitalaudioservice.de besser, da die auch eine Leihe für 14 Tage anbieten, und bei Kauf die Leihe verrechnen. Das nenne ich dann auch Service.

 

[MountainLime]

Was ich beim 414 sehr angenehm finde; es beschönigt in keinster Weise-betont weder noch fehlt es an Linearität.
Tolles Allrounder für Jazz; im Allgemeinen.

Das genannte Gefell kenne ich nicht.
Haben im Studio mehrmals mit einer Gefell Röhre gearbeitet, entsinne mich jedoch nicht mehr des Models.Toll klang es allemal; fein auflösend, keine spitzen Höhen und doch ein feiner Glanz.

digitalaudioservice.de verleiht Neugeräte, welche man sich bei Gefallen im Zuge eines Kaufentscheids einbehalten kann?
Das würde tatsächlich i;teressant kli;gen

Lg ML

 

[whitealbum]

Du beschreibst das Röhren-Gefell sehr gut, das klingt nach einem UM92 (ältere Version) oder eben der Nachfolgevarante UM92.1s (gilt natürlich auch fürs UM900 und Co.)

Zu Digitalaudioservice:
Ich habe dort schon relativ viel gekauft aber auch viel geliehen.
Darunter waren sehr oft Neugeräte oder Geräte, die zwar mal ausgeliehen waren (aber dennoch Neuzustand waren).
Bei "echter" Kaufabsicht, kann man das vorher auch betonen, das man Neuware möchte.
Das klappt zumindestens bei mir bisher sehr gut!
Wichtig allerdings ist auch, das man mit den Geräten pfeglich umgeht, das ist bei mir selbstverständlich.
Bspw. hatte ich Preamps im Wert von über 10.000€ hier, das hätte ich mit Moneyback nur sehr ungern vorgestreckt, so war das ne tolle Sache und kam dann letztlich zu meinem BAE 1073
(hätte ich das Budget hierfür vorgesehen, hätte ich 4 weitere Preamps behalten

 

[MountainLime]

Der 1073 klingt wirklich sehr fein ?
Was den Umgang mit Audioequipment im speziellen und den generellen Umgand jedweden Equipments betrifft-Sorgfalt ist hier immer Voraussetzung;
wobei ich hier natürlich nur von mir sprechen kann und meinem vorhandenen und getauften "Monk-Syndrom" ????

Lg Ml

 

[whitealbum]

Yepp, vom 1073 gibt es unterschiedliche Varianten.
Die günstigen 1073 mp und mpf (mit Low Cut) um die 1200-1300€ haben keine Equaliser-Section und einen etwas anderen Aufbau als der Original-1073 (etwas andere Übertrager und andere Gain-Section).
Klanglich sind sie aber sehr ähnlich --> wohliges Tiefmitten/Mittenfleisch und smoothes Top-End.
Macht sich im Pop/Rock/Indie-Umfeld sehr gut (Vocals, Gitarre und Co.).

Etwas weniger Tiefmittenfleisch aber auch sehr smooth ist der Great River ME-1NV.
Dann gehts mit einem A-Designs P1 ab zum klaren API-Format.

Alle drei Preamps sind auf sehr hohem Niveau und ergänzen sich toll wenn man das Kleingeld hat (Nicht den Shadow Hills Monogama vergessen, auch klasse!)

 

[BigBernd]

Vielen Dank an alle für die Tipps. Schön, dass ich mit meiner Einschätzung nicht völlig daneben liege. Obwohl ich sagen muss, dass offenbar meine Ansprüche stetig steigen:

a) Erst nachdem mich meinen Raum akustisch behandelt habe - auch Dank vieler Ratschläge hier im Forum - war ich überhaupt erst imstande, einen Mix in seiner Gesamtheit zu begreifen. Bis auf eine blöde Raummode bei 43 Hz ist mein Zimmer jetzt sauber.
Die "Gesangskabine" sind portable Stellwände, mit denen ich je nach Bedarf eine mehr oder weniger trockene Aufnahmesituation schaffen kann. Insofern würde ich die Aufnahmesituation eher ausschließen.

b) Nach dem Raum kamen dann ein paar neue Monitore dran. Die KH120a sind jetzt meine Wegbegleiter und ich freue mich heute noch jedes Mal, wenn ich die Boxen höre. Trotzdem meine Ohren jetzt auf Dinge gelenkt werden, die ich vorher nicht gehört habe.

Entone und AndiPaulo haben wichtige Punkte angesprochen, doch die Probleme sind m.E. überschaubar.

Ich habe Gefell eine Email geschrieben und werde mein Glück dort versuchen. Nach Euren Lobeshymnen bin ich jetzt schon aufgeregt.

Offensichtlich hat Astronautenkost Recht - Es ist Zeit für ein Klassenupgrade!

@whitealbum Vielen Dank für Deinen Rat. Mir scheint, Du hast mein "Problem" sehr gut erkannt und sprichst mir mit Deinen soundtechnischen Einschätzungen aus der Seele.

Wenn die Gefell Mikros hier sind, stelle ich auch noch mal Files zum Vergleich ein. Ich bin gespannt.

Das Thema Preamp werde ich mnglw. nochmal in einem gesonderte Thread bemühen.

Dank an alle, bis hier her!

Btw. Das BuJazzO ist vor Kurzem komplett auf Gefell umgestiegen. Ein gutes Omen.

 

[AndiPaulo]

Die "Gesangskabine" sind portable Stellwände, mit denen ich je nach Bedarf eine mehr oder weniger trockene Aufnahmesituation schaffen kann. Insofern würde ich die Aufnahmesituation eher ausschließen.

Ok, also keine Telefonzelle mit Noppenschaum...

Na dann:
Viel Spaß dem Neuen...

 

[whitealbum]

Gern geschehen!
Ja, dann sind wir gespannt wie Deine Erfahrungen sind bzw. wie die Audiofiles klingen

btw, welche Gefell-Mikros neben dem MT71s wirst Du ausleihen?

 

[BigBernd]

Ich würde neben dem MT 71s gern noch die Modelle M930, M940 und M1030 ausprobieren.