@artname
Da will ich doch mal kurz aus meiner Versenkung auftauchen.
Bosse ist der Künstler, der mich in den letzten zwei Jahren wohl am meisten beschäftigt hat.
Textlich, musikalisch und auch menschlich.
Und du hast da das gleiche entdeckt wie ich: Bosse reimt echt hintergründig raffiniert und
benutzt dabei sehr viel und gekonnt Alltagssprache und erzählt eben auch Alltagsgeschichten. Und das „ neopoetisch“.
Dabei wirkt es dann auch noch locker und leicht „ hingerotzt“. Ich bin mir aber ziemlich sicher, das es das nicht ist.
Und rhytmisch und tanzbar ist es oft auch.
Mich hat das textlich sehr inspiriert und einige meiner neueren Texte sind deutlich Bossig.
@altessockenfach hat mich alten Sack übrigens auf Bosse gebracht und auch bei diesem Text etwas mitgeschrieben.
Nur mal ein Auszug um das zu illustrieren.... Ich hatte beim Schreiben immer einen klaren treibenden Rhythmus im Ohr. Und hab das dann genauso vertont.
Wieviel Zeit da drin steckt, sag ich mal nicht
Soll ja lässig nachlässig rüberkommen. Nur so viel: Vom Anfang des Textens bis zur Fertigstellung ist über ein Jahr vergangen. Immer wieder mal kurze, aber auch manchmal längere Arbeitseinheiten.
Sommer in meiner Döneria
Dosenbier, Dönerbox,
schöne Frau im Minirock.
Sie trinkt Bier, neben mir,
frag sie, bist du auch von hier?
Sie nickt leicht, lächelt breit,
noch ein Bier, bin flirtbereit.
Smalltalk light, Schwerstarbeit,
Bier zum Mund zur gleichen Zeit.
Hand berührt und gespürt
wohin das vielleicht noch führt.
Noch ein Bier, Appetit,
ihr Smartphone spielt mein Lieblingslied.
Und zwei Penner trinken Raki an der Theke
und die Pommes saufen ab im Ketchupsee.
Ich tue cool, dabei bin ich sehr verlegen,
draußen Regen, hier drin stinkt’s nach Schweiß und Tee.
Es ist Sommer in meiner Döneria,
und zwei Becher tanzen in ner Pfütze hin und her.
Es ist Sommer in meiner Döneria,
und der Dönerspieß dreht sich heut fast so schnell...
wie ein Karussell.
Pommes schlecht, viel zu fett,
ich riech ihr Eu de Toilette.
Schweigeloch, ziemlich tief,
aber mega intensiv.
Fleisch zu hart, sie so zart,
fühle mich leicht desolat.
Noch ein Bier, Wortsalat,
kriege keinen Satz an Start.
Noch ein Bier, ich bin blau,
ihre Augen sind es auch.
Magen flau, Stimme rauh,
Explosion in meinem Bauch.
Und dann steh ich auf und geh mich übergeben,
und die Plastikstühle kippen dabei um.
Hoffentlich will sie nicht gleich darüber reden,
hoffentlich stink ich nicht zu sehr aus dem Mund.
Es ist Sommer in meiner Döneria,
im Urinal vor mir tanzt ein Fußball hin und her.
Es ist Sommer in meiner Döneria,
und mein Magen dreht sich heute fast so schnell
wie ein Karussell.
Wieder da, fragt sie nur,
na, jetzt einen Raki pur?
Ich find sie wunderbar
und lall mühsam ja,na klar.
Sie trinkt aus, ich will raus,
will mit ihr zu mir nach Haus.
Ich frag sie: Noch zu mir?
Plötzlich Angst sie zu verlier‘n .
Sie sagt ja, lass uns geh‘n,
ich lass meinen Raki steh‘n
Stolpre dann vor die Wand
und sie nimmt mich an die Hand.
Es ist Sommer in meiner Döneria,
und wir schwanken auf der Straße hin und her.
Es ist Sommer in meiner Döneria,
unsre Herzen schlagen dabei fast so schnell
wie im Karussell.
Interessant ist es auch, das ich schon einige Gespräche hatte mit Leuten, die steif und fest behaupteten, Bosse würde fast überhaupt nicht reimen.
Dann aber doch merkten, das das so nicht stimmt.
