Mein Opa

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Eigentlich bin ich - was Songtexte angeht - immer ein einsamer Wolf und mag es nicht, wenn mir einer reinredet. Jetzt habe ich aber gerade eine sehr positive Erfahrung gemacht: https://recording.de/threads/rock-punkrock-idee.250194/

Ich laboriere seit einigen Wochen an einem Text, zu dem ich mich nicht richtig durchringen kann. Das hat zwei Gründe:
1. Das ist irgendwie als Rap-Text konzipiert und ich habe noch nie Rap gemacht. Ich kann das gar nicht und weiß auch nicht so recht, wie ich sowas anfangen sollte. Die Tools hätte ich wohl, aber nicht das Know-How.
2. Ich finde den Text in Teilen recht derb und traue mich irgendwie gar nicht, das in den Mund zu nehmen. Andererseits gibt gerade dieses Derbe dem Text seine besondere Note.

Bitte keine Diskussionen über Politik und gesellschaftliche Themen. Es interessiert mich nicht, wie ihr über das Thema des Textes denkt. Wenn ihr anderer Meinung seid als ich und das nicht beiseite schieben könnt, schreibt einfach, dass ihr den Text doof findet oder einfach gar nichts.


Mein Opa


Du weißt schon lange nicht mehr, was du sagen kannst.
Schwarzer is vielleicht okay, Neger nicht so ganz.
Auf der Straße in der Stadt läuft jemand vor dir her.
Ist's ne sie oder es oder ähm... oder er?
Mit nem Sternchen in der Mitte, ohne Danke oder Bitte.
Bitte hier, bitte da, das ist alles neue Sitte.
Von der Sprache überfordert, in die Ecke abgeordert,
Bin ich rechts oder links oder oben oder unten?
Pandemie oder Fake? Lieber Platte oder Tape?
Ist sie single oder einsam oder einfach ungebunden?
Bin ich linksliberal oder rechtsgrünversifft?
Ist mir alles egal, weil es mich nicht betrifft.
Die Gedanken sind frei, die Sprache ist es nicht.
Wenn ich in der Kneipe bagger, seh' ich sie vor Gericht.

Mein Opa durfte reden wie er wollte,
ich kann nicht sprechen wie ich es halt sollte.
Die Gesellschaft ist schuld, sie hat keine Geduld.
Deshalb ruf ich auf zu einer Revolte.

Mein Opa hatte eine andre Sprache,
heut liegt er im Altenheim in einer Lache.
Doch vor gut 80 Jahr'n gab es keine Gefahr'n
Jetzt ist es Zeit für meine eig'ne Rache.

Ich verteidige den Sprachgebrauch mit meinem eig'nen Leben.
Politisch korrekt kann ich mich nicht mehr geben.
Nein, du darfst nicht, du musst sogar, immer mit der Zeit.
Dieses Gendergetue bin ich langsam leid.
Leide mit, halte Schritt, immer gegen den Strom.
Uns're Sprache ein Symptom, ich bin Anti-Ökonom.
Sag mir, was ich sagen darf, frag nicht, was ich fragen darf.
Jeden Abend ne Tablette, die ich in den Magen warf.
Alles Neue ist beschissen, ich heul' einfach in mein Kissen,
was du als richtig empfindest, will ich gar nicht wissen.
Bin ein einsamer Rebell, die Gedanken viel zu schnell.
Weil ich unflexibel bin, wächst mir ein dickes Fell.
Die Gedanken sind frei, eure Sprache ist es nicht.
Wenn ich den rechten Arm hebe, steh' ich vor Gericht.

Mein Opa durfte reden wie er wollte,
ich kann nicht sprechen wie ich es halt sollte.
Die Gesellschaft ist schuld, sie hat keine Geduld.
Deshalb ruf ich auf zu einer Revolte.

Mein Opa hatte eine andre Sprache,
heut liegt er im Altenheim in einer Lache.
Doch vor gut 80 Jahr'n gab es keine Gefahr'n
Jetzt ist es Zeit für meine eig'ne Rache.

Jetzt komm' mal wieder runter, werd mal wach, werd mal munter,
schalt die Hirnzellen ein, ich erwarte keine Wunder.
Stell dir nur einmal vor, wärst nicht hier sondern dort,
hättest eine and're Farbe, wärst an einem ander'n Ort.
Müsstest jeden Tag kämpfen unter Schmerzen und Krämpfen,
wärst nicht er oder sie, ohne Ideologie.
Sag mal ehrlich: Keine Empathie?
Sei mal ehrlich: Verstehste nie?
Sag mal ehrlich: Ist das echt so schwer,
dein Verhalten zu ändern, ein paar Worte hinterher?

Dein Opa durft' nie reden wie er wollte,
weil sein Kopf sonst ziemlich schnell rollte.
Uns're Sprache ist heut frei, also sei mit dabei
sie zu ändern, hör auf mit der Heuchelei.

Dein Opa hatte andere Probleme,
im Gegensatz zu uns sehr unbequeme.
Denn vor gut 80 Jahr'n gab es echte Gefahr'n,
im Gegensatz zu heute sehr extreme.
 
Ich habe es jetzt nur einmal durchgelesen. Gefällt mir erstmal ziemlich gut auch wenn ich es nochmal konzentrierter lesen müsste, um alles richtig zu erfassen. Man erkennt aber gleich das da ein paar wirklich coole Stellen drin stecken.

Was suchst du eigentlich genau? Feedback oder Vorschläge zum Text?
Beim Rap kann man dir wahrscheinlich eher weniger helfen. Das lernt man wohl nur durch Übung. Mich würde ja mal interessieren wie du das rappst und wie das Instrumental dazu klingt? Gibt es überhaupt schon eins?
Ansonsten finde ich es gar nicht so derb, da gibts wesentlich derberes im Rap... :smil451c7211b9e19:
 
Da musste ich laut lachen.
Schön :-D

Ich habe es jetzt nur einmal durchgelesen. Gefällt mir erstmal ziemlich gut auch wenn ich es nochmal konzentrierter lesen müsste, um alles richtig zu erfassen. Man erkennt aber gleich das da ein paar wirklich coole Stellen drin stecken.
Das freut mich.

Was suchst du eigentlich genau? Feedback oder Vorschläge zum Text?
Beides. Ich bin mit der Idee grundsätzlich zufrieden, finde aber, dass da ein paar Stellen drin sind, die nicht so richtig passen.
z.B.
Bin ich rechts oder links oder oben oder unten?
Pandemie oder Fake? Lieber Platte oder Tape?
Ist sie single oder einsam oder einfach ungebunden?
Bin ich linksliberal oder rechtsgrünversifft?
Ich hole da zu einem ziemlichen Rundumschlag aus. Das ist ziemlich verworren und hat mit dem eigentlichen Thema ja nicht wirklich was zu tun. Aber irgendwie dann wieder doch, weil es natürlich auch um die allgemeine Ziellosigkeit des LI geht. Ich weiß halt nicht, passt das oder nicht?

Beim Rap kann man dir wahrscheinlich eher weniger helfen. Das lernt man wohl nur durch Übung. Mich würde ja mal interessieren wie du das rappst und wie das Instrumental dazu klingt? Gibt es überhaupt schon eins?
Ich glaube, dass ich das schon hinkriege. Ich kann recht schnell und auch akzentuiert singen, wenn ich will. Da ich im Rap eher weniger zuhause bin, hatte ich mir was rockiges mit nem groovigen Bass vorgestellt, vielleicht in Richtung Rage Against The Machine oder so.

Aber egal, was ich mache, die Musik wird irgendwie eher zweitrangig. Ich habe schon ein bißchen gejammt und ein paar nette Riffs gefunden, aber die waren dann irgendwie alle zu Nichtssagend. Und da bin ich mir dann nicht sicher, ob der Text spannend genug ist, wenn's die Musik nicht ist.

Ihr seht, ich weiß selbst nicht so genau, was ich will.
 
Was ich erzählerisch anmerken würde, ist:

Auch dein Opa durfte nach dem zweiten Weltkrieg nicht reden wie er wollte. Da waren ganz viele Worte negativst konnotiert und sind das ja heute noch.
 
Unter Vermeidung jeglicher Bewertung/Meinung dazu, vor gut 80 Jahren war es sehr gefährlich, zu sagen, was man dachte.
Oh, okay. Du hast wohl den Text nicht bis zum Ende gelesen.

Der letzte Refrain geht wie folgt:
Dein Opa durft' nie reden wie er wollte,
weil sein Kopf sonst ziemlich schnell rollte.
Uns're Sprache ist heut frei, also sei mit dabei
sie zu ändern, hör auf mit der Heuchelei.

Dein Opa hatte andere Probleme,
im Gegensatz zu uns sehr unbequeme.
Denn vor gut 80 Jahr'n gab es echte Gefahr'n,
im Gegensatz zu heute sehr extreme.

Die beiden ersten Refrains und Strophen sind aus der Sicht eines anderen LI geschrieben, das die Jugend des Opas verklärt. Ich dachte, das sei verständlich.
 
Auch dein Opa durfte nach dem zweiten Weltkrieg nicht reden wie er wollte. Da waren ganz viele Worte negativst konnotiert und sind das ja heute noch.
F***, offensichtlich ist der Text doch nicht so eindeutig, wie ich dachte. Vor "gut 80 Jahren" war der zweite Weltkrieg noch nicht vorbei und die Aussage "Mein Opa durfte reden wie er wollte" ist eine absichtliche Verklärung und "Früher war alles besser"-Attitüde, die aus unserer Sicht absichtlich absolut falsch ist und im "vor gut 80 Jahr'n gab es keine Gefahr'n" gipfelt, das eigentlich von mir dazu gedacht war, um wirklich jedem klar zu machen, dass dort jemand Unsinn redet.
 
"Mein Opa durfte reden wie er wollte" ist eine absichtliche Verklärung und "Früher war alles besser"-Attitüde (..)

Damals konnte eine Frau noch nachts auf die Strasse gehen. Tagsüber aber lieber nicht. 🙃
 
Das es zwei Charaktere gibt dachte ich mir schon, war aber nach dem ersten Mal drüber lesen unsicher ob ich's richtig verstanden habe.
Das dürfte dann in der Umsetzung nicht so einfach werden. Wenn alles von ein und dem selben wiedergegeben wird könnte es noch schwerer werden das als Hörer zu erfassen.

Ansonsten kann ich gerade nicht viel mehr dazu schreiben, bin auf Arbeit...
 
Ach, ich bin auch selten dämlich.
Okay.

Genauer gelesen ( :-D ) wäre mein spontanes Feedback, dass man sich die Frage stellen kann, ob die ersten beiden Strophen + deren Refrains von der Argumentation und Gewichtung (Menge an Zeilen) nicht die Gegenseite in der letzten Strophe und Refrain etwas überrollen und die eigentliche Message dann nicht verpufft.

Was mMn machen könnte ist, die beiden Seiten (dafür, dagegen) auch musikalisch erkennbar zu machen, also anderes Instrumental bzw. etwas Variation.

Ansonsten ist der nachfolgende Track für mich ein ziemlicher Höhepunkt, was einen "Konflikt zwischen zwei Strophen" angeht.
Da zeigt die erste Zeile dem Hörer schon auch ohne das Video, welcher Standpunkt jeweils vertritt wird und wer da mit wem spricht, sog. Establishing Lines. Und obwohl der Beat stets das gleiche Thema hat, findet man in der zweiten Str. mehr Drums, mehr Bass-Line glaub ich sogar auch. Lohnt sich, mal anzuhören, was da passiert.

 
Oh, okay. Du hast wohl den Text nicht bis zum Ende gelesen.
Dieses Problem hatte ich beim Lesen anfangs auch: Nach einigen Zeilen gab ich kopfschüttelnd auf uns dachte nur noch: Hä??? - Gerade im 3. Reich konnten unerwünschte Worte den Sprechern bekanntlich den Kopf kosten.

Heute las ich nun den kompletten Text und erinnerte mich wieder an meine schlechten Erfahrungen mit Perspektivwechseln. Dein LI wechselt unterwegs die Pferde, den Kutscher und die Richtung! Derartige krasse dramaturgische Einschnitte kann man wohl nur einem Publikum zumuten, das an Theatersessel gefesselt ist.

Überhaupt scheint alles in der Natur (auch die Gedanken der Autoren) viel lieber ruhig fließen zu wollen, statt unvorbereitet springen oder gar die Richtung ändern zu müssen. Das kostet wohl einfach zu viel Energie!

Wenn der Titel jedoch nicht „mein Großvater“ lauten würde, sondern „Die Legende(n) der Großväter“ - was würde das ändern? Nun, ich wäre von Anfang an auf mehr Schicksale und Sichtweisen vorbereitet!

Oder nimm mal die Erzähl-Perspektive. Bereits die erste Zeile verwirrt: Monologisiert hier ein LI oder spricht es ein fremdes Gegenüber an?
Du weißt schon lange nicht mehr, was du sagen kannst.
Schwarzer is vielleicht okay, Neger nicht so ganz.
Auf der Straße in der Stadt läuft jemand vor dir her.
Ist's ne sie oder es oder ähm... oder er?
Mit nem Sternchen in der Mitte, ohne Danke oder Bitte.
Bitte hier, bitte da, das ist alles neue Sitte.
Von der Sprache überfordert, in die Ecke abgeordert,
Nun dann wird es noch unübersichtlicher:
Bin ich rechts oder links oder oben oder unten?
Pandemie oder Fake? Lieber Platte oder Tape?
Ist sie single oder einsam oder einfach ungebunden?
Bin ich linksliberal oder rechtsgrünversifft?
Spricht hier endlich das LI - oder monologisiert nun das Gegenüber?

Erst nach gefühlt 100 Zeilen meldet sich ( aus meiner Sicht) das LI zu Wort:

Jetzt komm' mal wieder runter, werd mal wach, werd mal munter,
schalt die Hirnzellen ein, ich erwarte keine Wunder.
Stell dir nur einmal vor, wärst nicht hier sondern dort,
hättest eine and're Farbe, wärst an einem ander'n Ort.
Das ist für mich viiiiiel zu spät!
 
Zuletzt bearbeitet:
Doppelposting
 
Zuletzt bearbeitet:
Mit zwei verschieden Stimmen sollte das aber hinhauen. :schulterzuck:
 

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