Kompressor - welchen Sinn / welche Anwendungen?

[ModulationMatrix]

Hey Leute,

ich merke dass ich irgendwie doch wenig systematisches Verständnis von einem Kompressor habe, so vom Gesamt-Mix her gesehen. Ich verstehe wie er arbeitet, aber ich fühl mich immer total ahnungslos wann und wie ich ihn *gezielt* einsetze.

Folgende Fälle kenne ich, wobei ich immer nicht vom Mix her denke sondern vom Kompressor her:

- Comp mit extrem kurzem Attack -> killt Transienten, verdichtet das Signal -> nach Makeup also lauter, gleichmäßiger, dichter

- Comp mit mittlerem Attack -> betont Transienten, kann somit für Punch sorgen z.Bsp. für eine knallige Snare oder Gitarren-Attack, dafür aber weniger Dichte insgesamt.

In dieser Denkrichtung habe ich das verstanden, aber sozusagen in der umgekehrten Richtung nicht.

Wenn ich jetzt einen Rohmix höre könnte ich nicht sagen "ah, da fehlt hier und da noch ein Kompressor mit den und den Einstellungen auf der Spur, da noch einer auf dem Bus und hier noch einer auf der Summe."

Wie komm ich dahin dass ich einen Comp gezielter einsetzen kann und nicht "weil man das halt macht"? Wie lerne ich zu hören, was nötig ist? Beim EQ fällt mir das mittlerweile schon recht leicht, beim Kompressor bin ich immer noch ziemlich ahnungslos.

 

[BendedSkies]

Hallo MM,


geht mir zum Teil auch so.
Kompressoren gezielt einsetzen fällt mir auch oft schwer.

Ich benutze ihn gezielt, wenn mir ein Signal zu dynamisch ist; also einzelne Töne / Anschläge als zu laut hervorstechen. Den E-Bass komprimiere ich z.T. sehr stark, damit er gleichmäßig "stark" wirkt.
Aber auch a-Gitarre und Gesang haben bei mir immer einen Kompressor drauf.

Natürlich könnte man da auch viel automatisieren. Das ist mir aber zu aufwändig.

Ihn gezielt zur Klanggestaltung einzusetzen, bekomme ich leider auch nur bedingt hin.

 

[ModulationMatrix]

Ich benutze ihn gezielt, wenn mir ein Signal zu dynamisch ist; also einzelne Töne / Anschläge als zu laut hervorstechen.

Ja, das ist mehr oder weniger auch der einzige Fall den ich hören kann und wo ich weiß dass ein Compressor nötig ist.

 

[jet2]

Ich benutze ihn gezielt, wenn mir ein Signal zu dynamisch ist; also einzelne Töne / Anschläge als zu laut hervorstechen.

Ja, das ist mehr oder weniger auch der einzige Fall den ich hören kann und wo ich weiß dass ein Compressor nötig ist.

wieso? da gibt es doch tausend möglichkeiten, einen kompressor einzusetzen, zb. beim gesang, wenn manche silben zu laut und andere zu leise sind, oder bei den drums, wenn einzelne schläge nicht so unterschiedlich sein sollen, oder bei der gitarre, um einen gleichmäßigeren anschlag zu erzielen, oder halt beim master, wo die lauten anteile leiser und die leisen etwas lauter werden sollen...
vielleicht braucht man auch mal kompressoren, die bestimmte frequenzen herausheben sollen...
ein kompressor an sich macht auch noch nicht unbedingt lauter... das geht dann durch das makeup...

 

[Kuno]

Ganz dumme Erklärung:
Ohne Kompression klingt's einfach nicht "professionell".

Ich meine dieses angenehm warme, präsente (aber nicht mal einem in's Gesicht springende), was man bei den meisten kommerziellen Pop/HipHop/etc. Songs hat.
Der Mix klingt einfach "gesetzt" .. so als ob er einen festen Stand hat.
Das kommt zu großen Teilen von der Kompression.
Zumindest die tragenden Elemente eines Mixes würde ich meist komprimieren.
Generell würde ich auch (fast) alles komprimieren, was mit einem Mikrofon aufgenommen wurde.

Ist irgendwie total schwer, das vernünftig zu beschreiben.
Hat auch ewig gedauert, bis ich Kompression "verstanden" habe.
Allgemein würde ich daher empfehlen, sie im Zweifel erstmal überall anzuwenden und dann hinterher mal probeweise wieder abzuschalten. Ist eventuell leichter, dann zu verstehen, was fehlt (oder eben nicht), wenn man sie weglässt.

 

[LM18]

ModulationMatrix schrieb in #1:


...
Wie komm ich dahin dass ich einen Comp gezielter einsetzen kann und nicht "weil man das halt macht"? Wie lerne ich zu hören, was nötig ist? Beim EQ fällt mir das mittlerweile schon recht leicht, beim Kompressor bin ich immer noch ziemlich ahnungslos.

In meinem Fürhalten klingt es zu 80% der Fälle mit einem Kompressor, vor allem wenn er hörbar wird, nicht besser.

Um das festzustellen, kopiert man sich am einfachsten die Spur und vergleicht bei gleicher Lautheit.
Ich finde das die meisten Kompressionen das Signal kleiner machen.

Ausser man will den hörbaren Smash.
Das ist dann eben gewollt.

Meistens wünscht man sich jedoch, dass das Signal einfach nur mächtiger wird - Einfach irgendwie besser...

Dies ist jedoch sehr oft nicht der Fall.

Also ich rede jetzt von Mixsituationen...

Da geht es doch sehr oft nach hinten los

 

[Kuno]

wieso? da gibt es doch tausend möglichkeiten, einen kompressor einzusetzen, zb. beim gesang, wenn manche silben zu laut und andere zu leise sind, ...

Stimme ist so eines dieser Signale, die grundsätzlich (stark) komprimiert gehören.
Das verbessert die Sprachverständlichkeit, klingt "besser" und irgendwie verliert selbst eine total plattgewalzte Gesangs-Spur nicht wirklich an Ausdruckskraft.

 

[andy_g]

Ich verwende Kompressoren auch gerne zum färben.
Komprimiere ansonsten eher wenig ausser vielleicht Lead Vocals.

 

[jet2]

wieso? da gibt es doch tausend möglichkeiten, einen kompressor einzusetzen, zb. beim gesang, wenn manche silben zu laut und andere zu leise sind, ...

Stimme ist so eines dieser Signale, die grundsätzlich (stark) komprimiert gehören.
Das verbessert die Sprachverständlichkeit, klingt "besser" und irgendwie verliert selbst eine total plattgewalzte Gesangs-Spur nicht wirklich an Ausdruckskraft.

na, ich würde das nicht grundsätzlich machen, sondern nur nach bedarf.
da gibts auch genre-unterschiede...

 

[Kuno]

Hmm .. na ich weiß nicht.
Bei welchem Genre würdest du die Stimme denn nicht komprimieren?

Oder was mir grad noch einfällt:
Wenn man bei einem Element die Lautstärke einstellt, und es aber entweder untergeht oder dann plötzlich schon wieder zu laut ist, und es irgendwie total schwer ist, das richtige Level zu finden, kann Kompression helfen.

 

[bloomooroom]

Ich nehm die Vocals gern parallel stark komprimiert dazu... Schiebt sie ungemein nach vorne.

 

[LM18]

Hier ein Beispiel, was ich meine.

Die Strecken hängen an einander...

Strecke 1 = natural - Der Kompressor ist insertiert, aber ohne Ansprechen - GR = 0
Strecke 2 = Kompressor - Na ja - irgendwo "richtig" so man will...
Strecke 3 = Kompressor overkompressed - wird kleiner

Die Settings (Attack-Release" sind gleich.
Es ist der "vintage Kompressor" von C8

Die Lautheiten (RMS-Zahl aus der Cubase Analyse) sind gleichgestellt.

 

[jet2]

Hmm .. na ich weiß nicht.
Bei welchem Genre würdest du die Stimme denn nicht komprimieren?
.

naja, zb. beim Chorgesang...

 

[Entone]

- Comp mit mittlerem Attack -> betont Transienten, kann somit für Punch sorgen z.Bsp. für eine knallige Snare oder Gitarren-Attack, dafür aber weniger Dichte insgesamt.

Er lässt Transienten durch und verdichtet das, was danach kommt.

Wie komm ich dahin dass ich einen Comp gezielter einsetzen kann und nicht "weil man das halt macht"? Wie lerne ich zu hören, was nötig ist?

Benutze Extremeinstellungen! Einfach mal extrem kurze Attacks und Releases, dann extrem lange, hohe Ratio usw. Und zwar auf den Signalen im Mix, nicht unbedingt bei solo abgehörten Einzelsignalen. Da merkst du dann, wie etwas nach vorne oder hinten rückt, anfängt zu pumpen usw.

 

[ModulationMatrix]

Ganz dumme Erklärung:
Ohne Kompression klingt's einfach nicht "professionell".

Ich meine dieses angenehm warme, präsente (aber nicht mal einem in's Gesicht springende), was man bei den meisten kommerziellen Pop/HipHop/etc. Songs hat.
Der Mix klingt einfach "gesetzt" .. so als ob er einen festen Stand hat.
Das kommt zu großen Teilen von der Kompression.

Ja da stimme ich zu, allerdings finde ich dass dadurch auch immer so'n bisschen künstlicher Charakter zustandekommt. Es klingt dann so typisch glattgebügelt Radio-mäßig, das Gegenteil von ner rotzigen Proberaumaufnahme. Ich mag das nicht immer, gerade auf Drums nicht, da macht es am schnellsten den natürlichen Eindruck kaputt und erzeugt einen "processed" Eindruck.

Naja. Der Tenor scheint ja doch dahin zu gehen dass man einfach (kurz- bis mittelfristige) Lautstärkeschwankungen unter Kontrolle kriegen will. Diese Nutzung des Kompressors leuchtet mir auch ein. Das andere - wo man praktisch bewusst Transienten (also ultrakurze Lautstärkeschwankungen) hervorhebt oder plattmacht ist mir nicht so einleuchtend, will sagen, ich wüsste nicht wann was angebracht ist.

Färbung wüsste ich auch nicht was das sein soll. Ein Beispiel wäre toll.

@LM18: dein Beispiel wäre ja das klassische Transienten boosten um die Snare mehr knallen zu lassen. Wichtig ist da natürlich auch eher der Pegel als die Lautheit. Denn meist muss man ja aus Headroom-Gründen die Pegel beschneiden anstatt sie zu boosten. Oder?

 

[EC2]

[ref=[media=youtube]AKS7EdK0dPY[/media]

 

[LM18]

[ref=[URL]https://recording.de/Community/Forum/Recording_und_Studiotechnik/Mixing/201534/Post_2305025.html#15]ModulationMatrix[/URL] schrieb in #15:

...
@LM18: dein Beispiel wäre ja das klassische Transienten boosten um die Snare mehr knallen zu lassen. Wichtig ist da natürlich auch eher der Pegel als die Lautheit. Denn meist muss man ja aus Headroom-Gründen die Pegel beschneiden anstatt sie zu boosten. Oder?

Das was letztlich knallt ist nicht der Transientenbereich, sondern der hochgezogene Raumanteil.

Denk mal an 60er Western wenn sich zwei boxen.
Dieser Smack ist Raum-Kompressorsound.

Der Transientenklang ist in wirklichkeit: "Pick pack" als wenn man mit der flachen Hand auf eine Speckschwarte pitscht.

Der übernatürliche Anteil ist der folgende: "Päääcch"

Und das ist die 1176er Standard Folklore...

 

[AWF]

Das andere - wo man praktisch bewusst Transienten (also ultrakurze Lautstärkeschwankungen) hervorhebt oder plattmacht ist mir nicht so einleuchtend, will sagen, ich wüsste nicht wann was angebracht ist.

Schau, nimm mal eine Vox Spur und eine Gitarre (Clean oder Akustik).

Mache beide fast gleich laut, also Vox schon etwas lauter.

Jetzt kann es sein, dass die Transienten der Gitarre zu sehr nach vorne kommen:

Nun gehst du hin, machst mit kurzer Attack die Anschläge etwas platt und kannst die Gitarre genau so laut wie vorher machen, ohne das sie zu sehr gegen die Vox kämpft:

 

[ModulationMatrix]

[ref=[URL]https://recording.de/Community/Forum/Recording_und_Studiotechnik/Mixing/201534/Post_2305025.html#15]ModulationMatrix[/URL] schrieb in #15:

...
@LM18: dein Beispiel wäre ja das klassische Transienten boosten um die Snare mehr knallen zu lassen. Wichtig ist da natürlich auch eher der Pegel als die Lautheit. Denn meist muss man ja aus Headroom-Gründen die Pegel beschneiden anstatt sie zu boosten. Oder?

Das was letztlich knallt ist nicht der Transientenbereich, sondern der hochgezogene Raumanteil.

Neeeeeeeeeee, bzw das ist jetzt Definitionssache. Ich meine mit kallen die Transienten. Der 1176 Sound halt. Den hochgezogenen Rest würde ich als Volumen, Körper, Fatness usw. bezeichnen.

 

[LM18]

ModulationMatrix schrieb in #19:

...
Neeeeeeeeeee, bzw das ist jetzt Definitionssache. Ich meine mit kallen die Transienten. Der 1176 Sound halt. Den hochgezogenen Rest würde ich als Volumen, Körper, Fatness usw. bezeichnen.

Dann leb' mit den Transienten, was den Attackbereich berührt (der "unangetastete" Zeitbereich) und für dich die Kompressorendefinition anlangt.

Die Laufzeit, die der Kompressor unangetastet lässt.

Pick-Pack...