Echte" Schüttelreime haben für mich immer so'ne Samstag-Nacht-Show-Haftigkeit, das geht mal, aber dann sehr schnell auch nicht mehr. Und in Zeiten des Internets ist ja auch nicht mal mehr die "Jagd" auf Schüttelreime besonders spannend, einmal gegoogelt und man hat den Schüttelreimbedarf für mehrere Leben gedeckt.
Da finde ich den Ansatz von @Ennui, die Phonetik beizubehalten (was dann eben die Schüttelreim-Anleihe ist), sich aber ansonsten recht frei auszuleben, viel interessanter.
Damit könnte man unverzüglich das lustigste Video aller Zeiten drehen, während...
"Hörst du, wie die Katzen motzen?
Das ist so, weil sie Matzen kotzen!"
eben auf RTL-Niveau bleibt (und ja, ich weiß übrigens, dass Mazzen meistens mit doppeltem Z geschrieben wird).
Wobei obiger Schüttelreim im Vergleich zu RTL vermutlich noch als hohe Kunst eingeschätzt werden muss.
Hallo
@Sascha Franck . Ich schätze deine intelligenten und flexiblen Beiträge zum Thema Musiktheorie besonders! Nun bitte ich dich, mal meinen theoretischen Abwägungen im Sprachbereich abzuwägen.
So, wie die Musik über interessante Akkordfolgen oder Tonarten oder Rhythmen Aufmerksamkeit bei Zuschauern zu wecken versucht, versuchen die Texter mit formalen Tricks das Gleiche.
Unsere Möglichkeiten sind die sprachlichen Klangfarben und die Konstruktion überraschende Gegensätze. Diese zwingen, gerade bei SRen oder Doppelreimen, den begabten Dichter zur sorgfältiger, hoch konzentrierter Arbeit .
Jeder der schon einmal getextet hat, weiß, wie schnell die ständige Wahl unter dem gleichzeitigen Angebot von 15 oder 20 Reimen pro Wort ermüdet. Wenn man aber ermüdet, benutzt man überraschender Weise meistens die Reime, die sich als Klischee aufdrängen!
Das ist meine höchst persönliche Erfahrung In meinem Beruf, aber auch in diesem Forum!
Die meisten Hobby-Texter übersehen, dass jeder Reim im Grunde ein Zwangsreim ist. Logisch betrachtet, sehe ich keine Kohärenz zwischen Baum und Traum oder Liebe und Triebe oder Kleid und Leid. Und dennoch sind es viel genutzte Reime. Aber sie werden nicht Zwangsreime genannt - sondern höchstens nur Klischees! Als ob sie zwar durchaus sinnvoll, aber leider überstrapazieret wären.
Ich bin der Meinung, dass gute Kunst von der Überraschung lebt. Und wer einmal Schüttel-Reimen geschrieben hat, der weiß, dass man für einen Schüttel-Reim viel Zeit aufwenden muss. Das betrifft sowohl die streng definierte Form, als auch das möglichst sinnvolle Verbinden der wenigen infrage kommenden Worte mit einem witzigen Sinn. Ich behaupte, bereits dieser überhöhte Zeit-Aufwand zwingt der Dichter, immer tiefer in den Film, der während des Dichtens entsteht, einzudringen.
Ich habe den Eindruck, dass in Texter Forum eine auffälliger Blindheit für die Klischees vieler Texte besteht. Der eine… will es sich mit dem anderen … nicht verderben. Nun gut, dass ist menschlich.
Aber ich sehe keinen Grund, beispielsweise über RTL genüsslich zu spotten, aber hiesige Klischees gönnerhaft zu übersehen.
Diese Diskrepanz macht es sehr schwer, so sachlich über das Texten zu reden, wie ich das vielfach, unterhaltsam und hilfreich in den Musikerforen erleben darf!
Lieber
@sascha Frank, hast du selber schon Texte geschrieben? Und welche hohen Ansprüche hast du an Texte, dass du so desinteressiert über SR schreibst? Du erwähnst zurecht, dass der SR schnell zu Grotesken ausarten kann. Ja und? Ich lese hier manche groteske Textversuche, wo ich eben leider gute Reimkonstrukte vermisse…
Allen einen guten Rutsch!
