Für und Wider von Schüttelreimen aus Komponisten- Sicht

  • Ersteller artname
  • Erstellt am
Hey, das macht voll Bock!

Spielen viele Schwule Schach?
Sind sie in der Schule schwach?
So fragt mich manche Fragensau,
sie denken Bitch, und sagen Frau.
Sie sind im Herzen Schweine.
Uups. Bitte Schweine schwärzen.

Heine
 
So fragt mich manche Fragensau,
sie denken Bitch, und sagen Frau.
das Verb in Z1 steht in der Einzahl und in Zeile 2 in der Mehrzahl. Das irritiert mich noch etwas. Ist natürlich Geschmacksache!

Vielleicht auch so:

Vorm Scheidungsrichter,,,
„Eines muss ich noch sagen: „Die Frau
macht dich im Bett nur mit Fragen zur Sau“
Sie sind im Herzen Schweine.
Uups. Bitte Schweine schwärzen.
Das musst du noch zum Reim umbauen

Schw- eine und H-erzen wird zu H-eine und Schw-ärzen („Schw“ und „H“ getauscht). Bei mir geht’s da in eine andere Richtung…

deutsche Rapper.,,
Peinliche Rapper mit Schweineherzen,
Heinis die sich gern auf Heine schwärzen

@DerLalaLars , du hast das Prinzip schon recht gut gecheckt! Hm … eigentlich schon sehr gut!

Einige Wochen muss man allerdings sehr genau hinschauen, ob man korrekt tauscht. Mit den Wochen automatisiert sich das Ganze.

Ich empfehle, mit Überschriften zu arbeiten (Überschrift.,,) so findet man leichter zu provokativen SR.
 
Zuletzt bearbeitet:
Echte" Schüttelreime haben für mich immer so'ne Samstag-Nacht-Show-Haftigkeit, das geht mal, aber dann sehr schnell auch nicht mehr. Und in Zeiten des Internets ist ja auch nicht mal mehr die "Jagd" auf Schüttelreime besonders spannend, einmal gegoogelt und man hat den Schüttelreimbedarf für mehrere Leben gedeckt.
Da finde ich den Ansatz von @Ennui, die Phonetik beizubehalten (was dann eben die Schüttelreim-Anleihe ist), sich aber ansonsten recht frei auszuleben, viel interessanter.


Damit könnte man unverzüglich das lustigste Video aller Zeiten drehen, während...

"Hörst du, wie die Katzen motzen?
Das ist so, weil sie Matzen kotzen!"

eben auf RTL-Niveau bleibt (und ja, ich weiß übrigens, dass Mazzen meistens mit doppeltem Z geschrieben wird).
Wobei obiger Schüttelreim im Vergleich zu RTL vermutlich noch als hohe Kunst eingeschätzt werden muss.

Hallo @Sascha Franck . Ich schätze deine intelligenten und flexiblen Beiträge zum Thema Musiktheorie besonders! Nun bitte ich dich, mal meinen theoretischen Abwägungen im Sprachbereich abzuwägen.

So, wie die Musik über interessante Akkordfolgen oder Tonarten oder Rhythmen Aufmerksamkeit bei Zuschauern zu wecken versucht, versuchen die Texter mit formalen Tricks das Gleiche.

Unsere Möglichkeiten sind die sprachlichen Klangfarben und die Konstruktion überraschende Gegensätze. Diese zwingen, gerade bei SRen oder Doppelreimen, den begabten Dichter zur sorgfältiger, hoch konzentrierter Arbeit .

Jeder der schon einmal getextet hat, weiß, wie schnell die ständige Wahl unter dem gleichzeitigen Angebot von 15 oder 20 Reimen pro Wort ermüdet. Wenn man aber ermüdet, benutzt man überraschender Weise meistens die Reime, die sich als Klischee aufdrängen!
Das ist meine höchst persönliche Erfahrung In meinem Beruf, aber auch in diesem Forum!

Die meisten Hobby-Texter übersehen, dass jeder Reim im Grunde ein Zwangsreim ist. Logisch betrachtet, sehe ich keine Kohärenz zwischen Baum und Traum oder Liebe und Triebe oder Kleid und Leid. Und dennoch sind es viel genutzte Reime. Aber sie werden nicht Zwangsreime genannt - sondern höchstens nur Klischees! Als ob sie zwar durchaus sinnvoll, aber leider überstrapazieret wären.

Ich bin der Meinung, dass gute Kunst von der Überraschung lebt. Und wer einmal Schüttel-Reimen geschrieben hat, der weiß, dass man für einen Schüttel-Reim viel Zeit aufwenden muss. Das betrifft sowohl die streng definierte Form, als auch das möglichst sinnvolle Verbinden der wenigen infrage kommenden Worte mit einem witzigen Sinn. Ich behaupte, bereits dieser überhöhte Zeit-Aufwand zwingt der Dichter, immer tiefer in den Film, der während des Dichtens entsteht, einzudringen.

Ich habe den Eindruck, dass in Texter Forum eine auffälliger Blindheit für die Klischees vieler Texte besteht. Der eine… will es sich mit dem anderen … nicht verderben. Nun gut, dass ist menschlich.

Aber ich sehe keinen Grund, beispielsweise über RTL genüsslich zu spotten, aber hiesige Klischees gönnerhaft zu übersehen.

Diese Diskrepanz macht es sehr schwer, so sachlich über das Texten zu reden, wie ich das vielfach, unterhaltsam und hilfreich in den Musikerforen erleben darf!

Lieber @sascha Frank, hast du selber schon Texte geschrieben? Und welche hohen Ansprüche hast du an Texte, dass du so desinteressiert über SR schreibst? Du erwähnst zurecht, dass der SR schnell zu Grotesken ausarten kann. Ja und? Ich lese hier manche groteske Textversuche, wo ich eben leider gute Reimkonstrukte vermisse…

Allen einen guten Rutsch!
 
Zuletzt bearbeitet:
@artname Wegen solcher Überlegungen liebe ich dieses Forum. Sie erleichtern es mir, über meinen sonst überwiegend musikalisch geprägten Tellerrand zu schauen.
 
Das für mich Bemerkenswerte an Schüttelreimen ist der besondere "Aufmerk-Effekt" ( gibt's das Wort?).
Zumindest meine Synapsen glühen beim Detektieren von solchen Wortspielen recht stark und regen zu weiteren Gedanken an. Bei "normalen" Reimen ist das bei mir weniger der Fall.
Danke, @akStudio! Wozu all die Finessen in der Musik, wenn
nicht als Aufmerksamkeitsfänger und Anregung zum Nachdenken?!

Texte sollten nach meinem Willen keiner Verbreitung von Wahrheiten dienen , sondern eher einer besinnlichen Unterhaltung darüber. Ich möchte am liebsten wie ein Kind staunend mit den Märchen der Erwachsenen beschäftigt sein. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin der Meinung, dass gute Kunst von der Überraschung lebt. Und wer einmal Schüttel-Reimen geschrieben hat, der weiß, dass man für einen Schüttel-Reim viel Zeit aufwenden muss. Das betrifft sowohl die streng definierte Form, als auch das möglichst sinnvolle Verbinden der wenigen infrage kommenden Worte mit einem witzigen Sinn. Ich behaupte, bereits dieser überhöhte Zeit-Aufwand zwingt der Dichter, immer tiefer in den Film, der während des Dichtens entsteht, einzudringen.

Das kann ich mittlerweile bestätigen und ich habe noch keinen brauchbaren SR hinbekommen.
 
Das kann ich mittlerweile bestätigen und ich habe noch keinen brauchbaren SR hinbekommen.
Lass uns mal ein Beispiel wählen.

1. nehmen wir „W*inter“ als Ausgang. Darauf reimt sich gut „Kinder“ und schon haben wir fast alle Informationen.

Erste Zeile: W*inter-K**
zweite. Zeile: K**inder…. W*

2. Nun überlege ich ein Wort mit K**. Ich nehme mal K**ahn

erste Zeile: W*inter K**ahn
zweite Zeile: K**inder W*ahn

3. Schon sind die Reime komplett!! Nun kommen wir zur Gedanken-Verbindung

So / trieb ich ab im Winter/ Kahn
und / trieb dahin im Kinder/wahn
im wunderbaren Winterkinder/ land

So nun hat mich der SR etwa 2 Stunden beschäftigt. Ganz automatisch ist ein wohlklingender Chorus entstanden! Ich notierte übrigens pausenlos all die Winterbilder meiner Kindheit , die während der Suche nach dem SR immer wieder aufblitzten.

Vermutlich wäre nach weiteren 2 Stunden ein kompletter Songentwurf fertig!

Auch die Text-Melodie für die Hook hat sich durch das Schüttelreimen automatisch eingestellt.

x / Xx Xx Xx X
x/ Xx Xx Xx X
x / Xx Xx Xx Xx
X..,,

Vermutlich würde ich Schlittenglocken probieren und anfangs mit einer hintergründigen Begleitung im dorischen Modus experimentieren.

Den „Kinderwahn“ habe nicht zufällig gewählt. Ich bin im Gebirge aufgewachsen. Da kann ein Winterabend leicht gespenstige Züge annehmen… genauso wie ein Winterabend des Lebens….

Guten Rutsch

—————

P.S. Der Prozess der Schüttelreim-Suche ist für mich immer zeitgleich mit Rhythmen, Melodien und Harmonien gekoppelt. Ich bin zufrieden mit dem 4-hebigen Vers Fuß.

Aber es kam jederzeit ein anderer Versfuss mit meinem Beispiel verbunden werden.

So /trieb ich ab in einem Wunder / kahn
Und trieb dahin in meinem Kinder / wahn
Im Wunderland

oder

Winterkahn
Kinderwahn
Wunderland

Oder (unreiner SR)

Winterbahn
B(l)inder Wahn
Wunderland

usw

Fazit: Ich nehme nebenbei zur Kenntnis, das zwar das Thema SR kritische Beiträge auslöste, aber wenige Beiträge über eigene Erfahrungen berichteten.

Das nährt meine Vermutung, dass viele Komponisten gern „wortlos“ komponieren, wenn sie gerade nicht einen fremden Text vertonen (oder nachvertonen)!

Vielleicht ist dies auch eine Erklärung dafür, warum sich einzelne Komponisten regelrecht verlieben in ihre Kompositionen und später kaum Lust haben, eine fertige Komposition an einem neuen Text anzupassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber @sascha Frank, hast du selber schon Texte geschrieben? Und welche hohen Ansprüche hast du an Texte, dass du so desinteressiert über SR schreibst?

A) Nein, nicht wirklich (ich habe gelegentlich mitgewirkt, aber das zählt eher nicht).
B) Von "Desinteresse" kann doch gar keine Rede sein. Ich habe lediglich angemerkt, dass ich der Meinung bin, Schüttelreime könnten quasi ausnahmslos nur in humoristischem Kontext bestehen. Der Meinung bin ich noch immer und ich habe auch in diesem Thread kein Beispiel gelesen, welches mich vom Gegenteil überzeugen würde.
 
Da
Ich habe lediglich angemerkt, dass ich der Meinung bin, Schüttelreime könnten quasi ausnahmslos nur in humoristischem Kontext bestehen.
Mich würde auch interessieren, ob es ernsthaft gemeinte gegenteilige Beispiele gibt,
Habe eben mal versucht, einen düsteren SR zu formulieren - aber auch der entpuppt sich dann eher als Klamauk:
Kein Reiter an das Grab sich traut
und selbst das Pferd im Trab sich graut
 
Kein Reiter an das Grab sich traut
und selbst das Pferd im Trab sich graut

Den könnte man sicherlich auch in einen dunkleren Kontext setzen, aber ohne Schüttelreim wäre das sicherlich einfacher. Und mit Schüttelreim bleibt vermutlich selbst dann zumindest für mich ein Anteil Rest-Klamauk.
(Der Reim per se ist übrigens super, muss man ja auch erstmal finden...)
 
1. nehmen wir „W*inter“ als Ausgang. Darauf reimt sich gut „Kinder“ und schon haben wir fast alle Informationen.

Von der Seite aus, habe ich das noch nie aufgerollt. Ich komme immer intuitiv irgendwann an ein bereits zusammengehängtes Wort, von denen es ja viele im deutschen gibt.
Und an der Stelle komme ich aktuell immer ins Stocken, weil ich dann eben versuche zu schütteln.
Oft will es mir gar nicht gelingen.
Ein Wort ist gerade "Wunschkonzert".

Wunschkonzert
Wunderwerk
Vorgemerkt
Kunstkommerz
Kunstwerk
Punsch..
Wunsch...
Uns gewährt

Ich komme auf keinen Schüttelreim, was mich auch nicht weiter stört, weil ich bei dem Versuch auf rythmische Variationen stoße, die mir gut gefallen und das ist mir wichtiger als Reime.
Dennoch frage ich mich ob ein SR zu "Wunschkonzert" möglich ist.

Ich werde mal versuchen einen SR so aufzurollen wie von dir erklärt @artname

Ich bin mir 100% sicher, dass der SR im NICHT humoristischen Berreich Anwendung findet und sobald ich fit darin bin, werde ich ehrenvoll das Musterbeispiel darbieten.
 
Habe eben mal versucht, einen düsteren SR zu formulieren - aber auch der entpuppt sich dann eher als Klamauk:
Kein Reiter an das Grab sich traut
und selbst das Pferd im Trab sich graut

Lieber @akStudio, ein waschechter und dazu noch SR! Gratuliere!

Ich ich empfinde deinen Schüttel Reim absolut nicht als Klamauk! Ich muss bei diesen beiden Zeilen unter anderem an die grotesken Gedichte von Edgar Allan Poe denken! Oder eine ebenfalls groteske Geschichte des Amerikanischen Dichters Ambrose Bierce. In beiden Fällen endet die berittene Suche eines Liebenden grausig am Grab der Geliebten.

Es kommt darauf an, ob man Sagen als Spinnerei oder treffende Geschichte menschlichen Wirkens betrachtet! Auf mich trifft letzteres zu! :cool:

Hier, erst hier setzt der Job eines guten Textes ein. Reimen ist noch nicht die große Kunst (obwohl dein SR toll ist) . Aber in dir verbarg dich garantiert mehr, das du zu diesem SR gefunden hast. Alte Sagen oder Filme?

Wie auch immer. Du hast mE mit dem SR eine Hook gesetzt. Mehr SR braucht ein Text nicht. Schreib eine, nein besser 2 Strophen. macht möglichst keinen Klamauk daraus. Wenn du das geschafft hast und es willst, kann ich dir dann helfen. im PF oder hier!
 
Zuletzt bearbeitet:
aber ohne Schüttelreim wäre das sicherlich einfacher. Und
Da widerspreche ich absolut! Es ist der besondere Klang dieses SRs, der eine eigene, etwas groteske Hook-Stimmung schafft. Mit samt seinem angenehm ergrauten Satzbau!

Die Strophe kam man einfacher schreiben… könnte aber auch in diesem sprachlichen Modus bleiben. Aber keine weiteren Schüttelreime mehr, weil die wirklich viel Kraft verbrauchen. Und ein Text, an dem man sich müde schreibt, bleibt meistens unvollendet…
 
Mach doch mal einfach ein Beispiel eines Schüttelreims, der mehr oder minder aus sich selbst heraus nichts humorisches an sich hat.
 
Habe eben mal versucht, einen düsteren SR zu formulieren - aber auch der entpuppt sich dann eher als Klamauk:
Kein Reiter an das Grab sich traut
und selbst das Pferd im Trab sich grau
..der Klamauk kommt vielleicht von dem oft ungewöhnlichen Satzbau..

..deinen Schüttelreim kann man aber durchaus in normaleres Deutsch umformulieren..

Kein Reiter traut sich an das Grab
und selbst das Pferd graut sich im Trab
 
..schüttelt es dich etwa nicht, wenn du die Zeilen liest? ;-)
 

Oft gelesene Themen

Zurück
Oben