Fremde Frau

[SoulFrontier]

Inwiefern?

Dein gesamter Refrain ist sehr weinerlich. Da strotzt es für meinen Geschmack nur so vor Gefühlsduselei

 

[SoulFrontier]

Als Alzheimerpatient hätte ich diesen Durchblick aber nicht mehr. Oder meinst du, dass das künstlerisch nachvollziehbar bleibt?

Wobei das jetzt nicht uninteressant ist, was du da gemacht hast. Danke.

Woher weißt Du das denn? Das Betroffene nun völlig hinüber sind und ohne jegliche Erinnerung, ja das ist das Ende.
Aber davon ist in Deinem Text ja nun nicht die Rede.
Ich bin kein Arzt, soweit ich weiß erleben die Patienten ständig auf und ab. Gute Tage, schlechte Tage. Erinnerung kommt und geht.

So stellst du es doch auch dar in Deinem Text. Also kein Widerspruch!

 

[Teestunde]

Zu Befehl!

Gefühlsduselei

Ich würde es als "Gefühl" bezeichnen, nicht als "Gefühlsduselei". Dann man bei dem harten Job, sich um einen Alzheimerkranken kümmern zu müssen, mal erschöpft in Tränen ausbricht, ist doch nicht gleich Selbstmitleid.

 

[SoulFrontier]

Weggetreten!

 

[Teestunde]

Hab es mal durchprobiert, es lässt sich ohne Weiteres in die Ich-Version umschreiben. Aber dann braucht es eine hochkünstlerische Interpretation, die Du-Version ist da kompatibler.

 

[SoulFrontier]

Hab es mal durchprobiert, es lässt sich ohne Weiteres in die Ich-Version umschreiben.

Jaaa, das schon, das hatte ich ja geschrieben.
Nur wäre mir das noch zu wenig, da würd ich generell schauen ob es nicht anders erzählt werden kann.

 

[artname]

Lieber @SoulFrontier , in diesem Punkt hat Teestunde einfach Recht!

 

[Teestunde]

Nur wäre mir das noch zu wenig, da würd ich generell schauen ob es nicht anders erzählt werden kann.

Also sooo schlecht finde ich den Text jetzt nicht, dass ich ihn verwerfe. Man kann alles auch noch anders erzählen. Alles!

Also gut, genauer gefragt: Wann ergäbe sich denn die Gelegenheit für den Interpreten, sich selbst in die Schuhe des Alzheimerkranken zu stellen ohne zunächst Irritationen auszulösen? Nenne mir doch bitte wenigstens EINE Möglichkeit.
Aus der Perspektive des betroffenen Angehörigen gibt es da mehr Chancen.

 

[Turquoise]

Nur wäre mir das noch zu wenig, da würd ich generell schauen ob es nicht anders erzählt werden kann.

Vielleicht kann ja die Alzheimer-Patientin in ihren lichten Momenten ein paar komplizierte Formeln aus der höheren Mathematik rezitieren?

Nee, im Ernst - was Du vorschlägst, bringt den Text nicht voran. Dich regt nur etwas auf, was Du "weinerlich" nennst. (Und ich weiß glaube ich auch, was es ist )

Dass ich zunächst einmal Verdichtung für einen Weg halten würde, hatte ich schon einmal erwähnt, oder?
Entschlackung, Raum schaffen, wo nötig. Ansonsten hat Teestunde eben eine Diana aus dem Marmor gemeißelt, und es wird nie ein David werden.

 

[Teestunde]

Manche Schiffe können halt nicht so viel Fracht aufnehmen. Ich hatte früher schon mal erwähnt, dass ich z. B. mit Metaphern nur schwer etwas anfangen kann. Verdichtung lebt davon. Da muss ich passen.

 

[artname]

Manche Schiffe können halt nicht so viel Fracht aufnehmen. Ich hatte früher schon mal erwähnt, dass ich z. B. mit Metaphern nur schwer etwas anfangen kann. Verdichtung lebt davon. Da muss ich passen.

Kannst du das etwas näher erklären?

 

[Turquoise]

dass ich z. B. mit Metaphern nur schwer etwas anfangen kann. Verdichtung lebt davon.

Kann, muss aber nicht. Wichtig ist auch:

Substantivierungen vermeiden, wenige Adjektive, Verben bringen Lebendigkeit. Keine Schachtel- oder zusammengesetzten Sätze. Füll- und Bindeworte vermeiden. Lieber Aktiv als Passiv usw.

 

[Teestunde]

Substantivierungen vermeiden, wenige Adjektive, Verben bringen Lebendigkeit. Keine Schachtel- oder zusammengesetzten Sätze. Füll- und Bindeworte vermeiden. Lieber Aktiv als Passiv usw.

Ist notiert. Danke.

Kannst du das etwas näher erklären?

Den Satz hab ich eben aus dem Fernsehn. Nee, mal im Ernst, da wo Andere immer noch was aus dem Hut zaubern können, sitze ich schon da und bin am Ende meiner Möglichkeiten. (Besser?)

 

[SoulFrontier]

Dass ich zunächst einmal Verdichtung für einen Weg halten würde, hatte ich schon einmal erwähnt, oder?

+1
auf jeden

 

[artname]

Nö, nicht besser! Ohne Metapher fehlt dir einfach eine wichtige Ebene, wo man sein Publikum mal indirekt ansprechen bzw. einfach einmal anspruchsvoller herausfordern kannst.

 

[Teestunde]

Nö, nicht besser! Ohne Metapher fehlt dir einfach eine wichtige Ebene, wo man sein Publikum mal indirekt ansprechen bzw. einfach einmal anspruchsvoller herausfordern kannst.

Das stimmt. Nur leider muss ich passen. Ich kann Metaphern zwar genießen, aber nicht produzieren. Es mag eine Frage der Übung sein, aber wer würde denn mal mit mir üben?
Kennst du ein gutes Buch zu diesem Thema?

 

[SoulFrontier]

Wann ergäbe sich denn die Gelegenheit für den Interpreten, sich selbst in die Schuhe des Alzheimerkranken zu stellen ohne zunächst Irritationen auszulösen? Nenne mir doch bitte wenigstens EINE Möglichkeit.

Jetzt verstehe ich Dich mal nicht.

Ich schrieb auch, meine Sicht ist evtl. verstellt. Ist kein zurück rudern, sondern so ist das.

Irritationen, warum? Hm. Ich fühlte mich recht wohl in den Schuhen des Patienten als interpret. War aber auch ein anderer Text.

Das es generell geht in der “Ich-Form“ wurde schon bewiesen. Ob das Thema auf Deine Art auch funktioniert wird man sehen. Ich bin da im Zweifel, aber was weiß ich schon.

 

[artname]

Unbedingt! Hab ich schon mal empfohlen: Georg Lakoff / Mark Johnson: Leben in Metaphern

 

[Teestunde]

@SoulFrontier Tolles Teil! Aber Jörg ist ja auch ein völlig anderes Kaliber. Ich probier mal was aus. Ich werde die Du- und die Ich-Form nebeneinander stellen und mal eine Chansonette fragen, was sie davon hält. Aber zu einer Verdichtung bringe ich es (heute) nicht (mehr).
@artname Danke. Ich hab mich in der Bibliothek dafür vormerken lassen.

 

[Teestunde]

Also gut, ich lass mich ja gern auf Vorschläge ein, hier mal die Ich-Version.

Fremde Frau

Der Spiegel zeigt mir eine fremde Frau,
die mich erschreckt, wenn ich vorübergeh.
Die Worte sprech‘ und schreib ich ungenau,
auf eine Weise, die nur ich versteh.

Und hab ich einen Gegenstand verlegt,
dann kann ich weinen, wie ein kleines Kind,
denn mein Gedächtnis ist wie leergefegt;
ich bin ganz sicher, dass es Diebe sind.

Nur selten schau ich dich wie früher an,
doch bist du voller Trost, wenn das geschieht,
weil sich dein Herz viel Hoffnung daraus zieht,
dass mein Verstand dich noch erkennen kann.
Nur selten dringt dein Lächeln durch zu mir,
doch der Moment, wo das zuweilen glückt,
macht dich vor weher Liebe fast verrückt,
weil dann mein Leben aufersteht in dir.

Seit Neuestem finde ich nicht mehr nach Haus
und meine Armbanduhr zeigt keine Zeit.
Auch drinnen kenne ich mich nicht mehr aus –
ein Labyrinth der Ausweglosigkeit.

Ich weiß nicht, wer mir gegenübersitzt,
und nichts von vierzig Jahren Eheglück.
Und wenn es im Gehirn doch noch mal blitzt,
dann kommt der Lichtschein nur sehr schwach zurück.

Nur selten schau ich dich wie früher an,
doch bist du voller Trost, wenn das geschieht,
weil sich dein Herz viel Hoffnung daraus zieht,
dass mein Verstand dich noch erkennen kann.
Nur selten dringt dein Lächeln durch zu mir,
doch der Moment, wo das zuweilen glückt,
macht dich vor weher Liebe fast verrückt,
weil dann mein Leben aufersteht in dir.