Fremde Frau

[Turquoise]

Mein Onkel hat sich aufgehängt, weil er das Leben mit seiner alzheimerkranken Frau nicht mehr ertrug. Da wirkt dieser Text natürlich doppelt und dreifach.

Naja... Dein Onkel hat das Leben nicht mehr ertragen. In "Ellworth" wird das Unerträgliche nicht wirklich dargestellt, sondern alles erscheint wie ein kunterbunter Schabernack einer etwas verwirrten älteren Dame, wie ein seufzendes Herumblättern im Fotoalbum.

Ich finde, beide Ansätze stehen für sich. Der eine ist die derb-realistische Darstellung, die sich eher am Schmerz abarbeitet. Die andere ist die künstlerisch-kindliche Sicht auf solche Veränderungsprozesse, die zwar das Äußere brilliant sieht, sich dafür aber der Tiefe des Schmerzes verweigert. Beides kann sich nur ergänzen. Aber es funktioniert mMn nicht, den Ellworth Text als "so-macht-man-es-besser-Vorbild" hinzustellen. Wie ich schon schrieb: er ist etwas völlig anderes.

 

[Teestunde]

Aber es funktioniert mMn nicht, den Ellworth Text als "so-macht-man-es-besser-Vorbild" hinzustellen. Wie ich schon schrieb: er ist etwas völlig anderes.

So hab ich das eigentlich nicht empfunden. Es war eher wie in-den-fremden-Kochtopf-schauen, um das eigene Repertoire zu bereichern.
Ich mag es, egal, wie es gemeint war.

 

[Turquoise]

So hab ich das eigentlich nicht empfunden.

Ich schon, weil Dir @artname in #4 und #6 mMn zu verstehen gab, dass man solch einen Text seiner Ansicht nach anders aufziehen müsste. Und dann brachte er sein Beispiel.

Aber egal, ich weiß wo das hinführt und halte mich jetzt hier heraus.

 

[RockIngenieur]

Ah.. jetzt versteh ich: Einen Text schreiben, der hinten raus immer verwirrter wirkt... Und damit bereits formal ein Abbild der Krankheit darstellt? - Ja, ein wirklich tolle Idee. Das werde ich demnächst Mal angehen!!

Ja genau, das meine ich !! Aber das wird sicher schwierig, wenn es nicht unverhofft komisch wirken soll... hätte da Respekt vor

 

[Teestunde]

Aber egal, ich weiß wo das hinführt und halte mich jetzt hier heraus.

Musst du nicht. Aber ihr habt es schon öfter fertiggekriegt, euch in einem meiner Threads zu streiten. Dem wollte ich vorbeugen.
(Und das ist prompt nach hinten losgegangen, wie ich merke.)
Wenn ich mich auf deine Sicht einlasse, dann nehme ich mit, dass du mich im Grunde in Schutz nehmen wolltest. Oder? - Das ist nett, aber gar nicht notwendig. Ich habe einen Spruch für solche Fälle im Hinterkopf: "Und so zieht (das Volk) aus seiner überlieferten Kost an Nahrung heraus, was es an Wegzehrung brauchen kann." (Anna Seghers)

 

[RockIngenieur]

Ah.. jetzt versteh ich: Einen Text schreiben, der hinten raus immer verwirrter wirkt... Und damit bereits formal ein Abbild der Krankheit darstellt? - Ja, ein wirklich tolle Idee. Das werde ich demnächst Mal angehen!!

Eine Collage! Oder ein Puzzlespiel. Wie man will. Lass mich teilhaben, wenn es vorzeigbar ist.

Das wird eher eine Aufgabe für die text-erfahrenen Profis hier würd ich sagen...

 

[Teestunde]

Das wird eher eine Aufgabe für die text-erfahrenen Profis hier würd ich sagen...

Also ich bin raus. Ich trau mir das nicht zu. Das ist keine übertriebene Bescheidenheit, echt nicht.

 

[RockIngenieur]

Ah.. jetzt versteh ich: Einen Text schreiben, der hinten raus immer verwirrter wirkt... Und damit bereits formal ein Abbild der Krankheit darstellt? - Ja, ein wirklich tolle Idee. Das werde ich demnächst Mal angehen!!

Ah - Du meinst sowas? Oder sowas?

Gute Idee, in der Tat!

Ja, aber weniger Wortspiel... einfache zusammenhangslose Aneinanderreihung von Gesehenem und Gedachtem im letzten Abschnitt ohne tiefen Sinn; davon aber zum Schluß wenig. Dafür das immer öftere Abgleiten in präzise längst vergangene Erinnerungen...

 

[RockIngenieur]

Ich finde, beide Ansätze stehen für sich. Der eine ist die derb-realistische Darstellung, die sich eher am Schmerz abarbeitet. Die andere ist die künstlerisch-kindliche Sicht auf solche Veränderungsprozesse, die zwar das Äußere brilliant sieht, sich dafür aber der Tiefe des Schmerzes verweigert. Beides kann sich nur ergänzen.

Das würde ich auch so unterschreiben...

 

[Teestunde]

zusammenhangslose

Das ist ein Trugschluss. Der Zusammenhang ergibt sich auf einer höheren Ebene. Filigrane Puzzlearbeit.

 

[Turquoise]

Ja, aber weniger Wortspiel... einfache zusammenhangslose Aneinanderreihung von Gesehenem und Gedachtem im letzten Abschnitt ohne tiefen Sinn; davon aber zum Schluß wenig. Dafür das immer öftere Abgleiten in präzise längst vergangene Erinnerungen...

Klingt zunächst schwierig, dürfte aber machbar sein.

 

[Teestunde]

Klingt zunächst schwierig, dürfte aber machbar sein.

Heißt das, du gehst es an?

 

[Turquoise]

Heißt das, du gehst es an?

Das heißt, ich wüsste, wie ich es machen müsste, wenn ich es machen müsste.

 

[Teestunde]

Nur mal neugierig gefragt: Bräuchtest du dazu Handlung aus eigenem Erleben oder könntest du das auch mit einem vorgegebenen Thema?

 

[Turquoise]

Wenn das Thema vorgegeben wäre, würde ich es trotzdem immer mit eigenen Erfahrungen abgleichen. Zur Not reicht aber auch die Phantasie, Gelesenes, im TV oder Kino Gesehenes, das man verändert und anpasst.

 

[Teestunde]

Danke. Ich hab mal einen ganzen Hefter mit sorgsam gesammelten Zeitungsausschnitten weggeworfen, weil es mir nicht gelang, daraus etwas zu machen. Ich hatte das Gefühl, die Themen fressen mich auf. Deswegen war ich neugierig.

 

[SoulFrontier]

Hm, mich überzeugt oder “kriegt“ dieser Text so nicht. Soll das ein Liedermacher singen? Da würde es imo passen.

Ich bin hier jedoch auch vorbelastet, da ich vor einigen Jahren einen imo hervorragenden Text zum Thema vertonen durfte vom @MamaMuuht (“nach Hause“). Das war eine Herausforderung, die ich sehr gerne angenommen habe und auf's Ergebnis bin ich nach wie vor stolz.

Also, evtl. liegt es ja daran

Es würde imo schon viel bringen die Perspektive zu wechseln. Statt “Du“ schreib “Ich“ und der Text wirkt gleich anders.

Die Perspektive des Angehörigen, ja mei, da tapst Du, glaub ich zumindest, ein wenig in die Falle des kitschigen Selbstmitleids, oder?

Es ist ja eine allgegenwärtige Situation, von der jederzeit Millionen Menschen betroffen sind.

Um das massentauglich zu verwursten, dies Thema, da braucht es schon eine interessante Sicht und die lieferst Du gerade nicht.

 

[Teestunde]

Statt “Du“ schreib “Ich“ und der Text wirkt gleich anders.

Wie soll das funktionieren? Ein paar Beispielsätze wären hilfreich.
"massentauglich" und "interessante Sicht" - bist du da sicher?

da tapst Du, glaub ich zumindest, ein wenig in die Falle des kitschigen Selbstmitleids

Inwiefern?

 

[SoulFrontier]

Der Spiegel zeigt mir eine fremde Frau,
die mich erschreckt, wenn ich sie seh.
Die Worte sprech und schreib ich ungenau
auf eine Weise, die nur ich versteh.

Und hab ich einen Gegenstand verlegt,
dann möcht ich weinen wie ein kleines Kind,
Ist mein Gedächtnis dann wie leergefegt
Bin ich doch sicher, dass es Diebe sind.

Nur damit Du weißt wie ich es meinte.

 

[Teestunde]

Als Alzheimerpatient hätte ich diesen Durchblick aber nicht mehr. Oder meinst du, dass das künstlerisch nachvollziehbar bleibt?

Wobei das jetzt nicht uninteressant ist, was du da gemacht hast. Danke.