hab jetzt den thread nicht gelesen, also sorry wenn die handvoll anmerkungen jetzt redundant sein sollten:
- eine schwelle, die simulationen nicht überwinden können, ist natürlich der ungerechte vergleich. die emotionale wahrnehmung eines amps ist geprägt davon, dass man vor ihm steht und den output vom speaker hört. die emotionale einordnung von sims lernt man hingegen in recording-situationen, wo der speaker dann eben kein 4x10er sondern vielleicht auch nur ne ns10 ist, und die abhörlautstärke in 99 von 100 fällen sehr viel nüchterner ist. UND man nicht eine reale schallquelle hört, sondern eine phantommitte. das macht schon alles so einiges aus.
der faire vergleich wäre also natürlich eigentlich, dass man den *abgenommenen* amp über die studioabhöre mit der simulation vergleicht. oder, deutlich seltener eine option, eines dieser seltenen exemplare vollständiger sim-amps inklusive gitarrenspeaker neben den amp stellt.
aber so wie es meistens läuft hat man dann halt eine voreingenommene haltung, bei der die sim über studioabhöre natürlich längst nicht so romantisch verinnerlicht wird wie ein leben vor einem gitarrenamp mit speaker. am ende gar beginnend in teeniezeiten im jugendhaus proberaum, während deine erste freundin aufm sofa sitzt und sich aus solidarität den krach deiner schülerband reinzieht - das sind emotionale vorsprünge, die niemals wieder aufgeholt werden können
der vergleich eines abgenommenen amps über studioabhöre mit ner sim ohne diese ganzen externen vorteile ist auf jeden fall schon deutlich weniger eindeutig
- ich mag kempers. der kemper war für mich der erste simulator, dem im kontext selbst eines sehr vollen mixes nicht die, nun ja, "körperlichkeit" abhandenkommt. das war davor für mich immer ein problem. dass sim-spuren gerne ein bisschen im mix versinken. son bisschen zu weissem rauschen werden. das habe ich mit dem kemper nicht mehr
- gleichzeitig isses natürlich so: wenn man sowieso schon gute abnahmen stehen hat (und ich hab eine schöne 3fach split abnahme in vollständig von meiner regie abgetrennten schallisolation, mit der es sich super arbeiten lässt), dann macht es natürlich keinen sinn, auf die zu verzichten. egal wo da jetzt die grenze zwischen suggestion und realität genau liegen mag, es fühlt sich einfach sehr richtig an, wenn man echte amps benutzt, wenn man sie doch sowieso da hat. persönlich habe ich einfach nen kemper als viertes splitsignal hinzugefügt (und ne DI als fünftes und noch eine sechste um bei bedarf was kauziges reinzuhängen wie nen alten sansamp wenn jemand mal industrial-sägezähne haben will oder so
ich finde das verheiratet sich ganz toll. und bei meiner philosophie, bei der ich immer gerne mindestens 2 amps habe von denen einer cleaner und der andere mehr gezerrt ist (etwa um einem gezerrten signal etwas klarere attacks beigeben zu können), würde sowieso eine einzelne simulation gar nicht reichen.
- und live widerum ist das thema für mich durch. da stehen 3 kempers und der total recall ist endlich richtig vollständig. keine ac30s mit tagesform mehr, kein gitarrist der pi mal daumen den regler auf 3 stellt und dann sagt "der regler steht wie immer auf 3!" und tatsächlich steht er aber auf 3,1, was je nach amp gerne auch mal 6db unterschied machen kann (aber nur mittwochs). oder ein techniker gegen ein mikro gestossen ist und auf einmal sind die höhen für den rest des abends bisschen weird. der ganze mist ist damit vorbei, und was auch immer dem kemper als letztes fitzelchen magisches mojo abgehen möge, ich finde das wird mit der zuverlässigkeit seiner "in-your-face-ness" mehr aus aufgewogen. analoge feingeistigkeiten verlieren sich sowieso sehr schnell in so einem liveszenario mit suboptimaler hallenakustik und PA, aber diese in-your-face-ness, die zahlt da genau auf die richtigen konten ein in diesen situationen.
insofern: gerne einfach bitte beides