Seit du fort bist - Chanson

[Teestunde]

Seit du fort bist
.
Seit du fort bist, schneit es Flocken,
die sind ziemlich sonderbar:
Eine gleicht exakt der andern
wie ein Zwilling bis aufs Haar.
Fort sind alle Unterschiede,
gleich, wie scharf das Auge misst.
Das Vergleichen macht mich müde,
weil es völlig sinnlos ist.
.
Die Schneeflocken fallen und fallen.
Ob außer mir andere Leute
bemerken, was mit ihnen allen
geschehn ist von gestern zu heute?
Die Schneeflocken, sonst so verschieden,
sie sind nicht mehr zu unterscheiden.
So bringst du mich um meinen Frieden
als Klügere von uns beiden.
.
Was wird erst im Frühjahr werden,
wenn die Krokusse erblühn?
Haben die dann keine Farben,
sind sie grau, statt blau und grün?
Werden alle Blumen gleich sein
oder gibt es keine mehr?
Wird die Welt statt bunt nur bleich sein?
Der Gedanke quält mich sehr.
.
Die Schneeflocken fallen und fallen.
Ob außer mir andere Leute
bemerken, was mit ihnen allen
geschehn ist von gestern zu heute?
Die Schneeflocken, sonst so verschieden,
sie sind nicht mehr zu unterscheiden.
So bringst du mich um meinen Frieden
als Klügere von uns beiden.
.
Komm zurück – will ich fast schreien –
schaff die Vielfalt wieder her!
Kannst du mir denn nicht verzeihen?
Oh, ich wünsche es mir sehr!
Wie viel Dummes ich auch sagte,
bitte, mach dir nichts daraus!
Nur, weil mich der Teufel plagte,
ist es doch noch längst nicht aus.
.
Die Schneeflocken fallen und fallen.
Ob außer mir andere Leute
bemerken, was mit ihnen allen
geschehn ist von gestern zu heute?
Die Schneeflocken, sonst so verschieden,
sie sind nicht mehr zu unterscheiden.
So bringst du mich um meinen Frieden
als Klügere von uns beiden.
.

(neue Version vom 27.02.2015)

Seit du Adieu zu mir sagtest

Seit du Adieu zu mir sagtest,
fallen die Schneeflocken schwer
und jede sieht wie die andere aus,
als ob die Welt verwunschen wär…

Was wird im Frühling erst werden,
blühen die Blumen dann grau
und jede sieht wie die andere aus,
dass ich mich kaum nach draußen trau?

Im Sommer wird es keine Schwalben geben
und keine weißen Dampfer auf dem Fluss,
im Herbst hat es nur Weinlaub statt der Reben,
damit man durstig bleiben muss…

Suchst du schon in deinen Schränken
nach dem besonderen Kleid
und jedes sieht wie das andere aus,
weil’s auch für dich verwunschen schneit?

Und jedes sieht wie das andere aus,
weil’s auch für dich verwunschen schneit?

 

[MamaMuuht]

@Teestunde

Ein sehr, sehr schöner Text liebe Susanne! Und ein sehr schönes Bild das du da gewählt hast.
Für diesen Text ist deine poetische Sprache sehr treffend.
Wußtest du, das sich tatsächlich unter Milliarden Schneeflocken tatsächlich keine zwei gleiche finden?
Dieses Bild der Vielfalt beschäftigt mich schon sehr lange und ich habe es bisher noch nicht vertextet bekommen. Für mich bisher dein schönster Text.
Einzig die Zeile mit dem Schreien will mir nicht gaaanz so gut gefallen. ICH wäre an der Stelle wahrscheinlich bei dem naheliegenden Reimwort " Schneien" gelandet. Weil es so schön ins Bild passt....

 

[house12]

Schliesse mich Jörg an, sehr sehr schön! Mein Lieblingstext von dir ist noch immer "Hab Mut" aber dieser käme direkt danach. Ich könnte ihn in der von dir gewählten Sprache nicht glaubhaft singen denke ich, aber das soll dich nicht jucken. Es würde mich dennoch reizen, ihn leicht adaptiert zu singen, das meine ich als Kompliment und nicht um eine Diskussion zu beginnen. Ok?

 

[artname]

Hallo Teestunde,

Dieser Text gefällt mir gut. Er ist formal wie inhaltlich sauber durchgezogen. Ich will ihn mal klassisch kommentieren nach Form und Inhalt.

Form:
A) Metrik
Auffallend ist der metrische Unterschied zwischen Strophe und Refrain. Die Strophe hat sehr sauber das Schema "LLLL /LLLI" (senkrechten Striche ='betonte Silben, waagerechte=unbetonte Silben)
Der Refrain hat die Form "-FFL".

Auffallend: drei Stropfhen sind also 4-hebig trochäisch (LLLL) ; der Refrain 3-hebig daktylisch (FFL). Als Komponist höre ich dementsprechend zunächst (!) spontan die Strophe im 4/4-Takt, ABER den Refrain im 3/4-Takt! Das wäre ein Taktwechsel, der in den meisten Pop-Genres ungewöhnlich, oder gar unbeliebt ist. Ausser im Chanson. Dafür ist die Metrik eher anregend! -
Ein erfahrener Komponist allerdings findet leicht Wege, den Taktwechsel zu vermeiden. Wenn er nicht davor zurück schreckt, dass beim Lesen deutlich die Metrik wechselt.

B Reime

In den Strophe herrscht unsauberer Kreuzreim (-a-a, -b-b) im Refrain sauberer Kreuzreim (abab). Du hast mehr weibliche Endreime (L) als männliche(I). Auch das bremst etwas die Erwartungen von Pop-Komponisten. Männliche Reime (I) sind beliebter. Sie gelten als "knackiger".

C Gedankengliederung

In den Strophen bilden meistens 2,Zeilen einen Gedanken. Man kann aber auch viele Zeile "stand alone" verstehen. sehr schön!
Problematischer der erste Teil des Refrains. Da braucht man 4 Zeilen, um einen Sinn zu verstehen. Für einen Musiktext (noch dazu für einen Refrain) nicht gut! Auch die Reimform des ersten Teils des Refrains (abab) unterstützt das Gefühl, dass man ganze 4 Zeilen braucht...für einen zusammenhängenden Gedanken.

INHALT

Es wird sehr anschaulich eine depressive bzw melancholische Stimmung geschildert. Ich erkenne eigene Stimmungslagen oder gar - phasen. Das ist schon sehr genau beobachtet. Wer melancholische Texte mag: dieser Text wirkt ehrlich, sensitiv, unverbraucht!

Lg

 

[Teestunde]

@Mama:

Einzig die Zeile mit dem Schreien will mir nicht gaaanz so gut gefallen. ICH wäre an der Stelle wahrscheinlich bei dem naheliegenden Reimwort " Schneien" gelandet. Weil es so schön ins Bild passt....

Werde ich mir noch mal durch den Kopf gehen lassen. Danke erst mal für den Hinweis.

@house12:

Es würde mich dennoch reizen, ihn leicht adaptiert zu singen, das meine ich als Kompliment und nicht um eine Diskussion zu beginnen. Ok?

Nun, wenn ich an deine letzte Adaption denke, wäre ich neugierig. Falls du also Lust hast...


@artname: (erste spontane Idee, die Blöcke einfach zu tauschen, um eher auf den Punkt zu kommen)

Die Schneeflocken, sonst so verschieden,
sie sind nicht mehr zu unterscheiden.
So bringst du mich um meinen Frieden
als Klügerer von uns beiden.

Die Schneeflocken fallen und fallen.
Ob außer mir andere Leute
bemerken, was mit ihnen allen
geschehn ist von gestern zu heute?

Das mit den männlichen und weiblichen Silben muss ich mir noch mal extra zu Gemüte führen. Mir wurde schon öfter gesagt, dass ich das mehr beachten soll, weil männl. Reimendungen beliebter sind. Also als Hausaufgabe.

Danke für eure Bemerkungen, ich freu mich! LG T.

 

[NinaEins]

@Teestunde: wunderschön. du sprichst mir aus dem Herzen. Danke.

@MamaMuuht:

Komm zurück – will ich fast schreien –

ich finde es genau passend. aber "ich will fast schneien" wäre sicher auch schön

@artname: mal wieder Danke für deine Ausführungen. und ja,

dieser Text wirkt ehrlich, sensitiv, unverbraucht!

das sehe ich genau SO.

Liebe Grüße Euch

Nina

Ps: kleine Randbemerkung: Es gibt keine grünen Krokusse, zumindest normalerweise. Hat mich kurz irritiert aber das Blumen-Bild ist sooooo schön.

 

[Saurus]

...Es gibt keine grünen Krokusse...

Ich dachte, der Plural von Krokus wäre Krokant

Sorry, bin schon wieder leise...

 

[Teestunde]

Ps: kleine Randbemerkung: Es gibt keine grünen Krokusse, zumindest normalerweise. Hat mich kurz irritiert aber das Blumen-Bild ist sooooo schön.

Also die vor unserem Haus sind lila/blau, weiß und gelb (Blüte) und GRÜN (Stängel und Blätter). LG T.

 

[NinaEins]

ich verstehe
sorry, na klar grün. alles stabil.

 

[Teestunde]

Kein Problem. Ich freu mich, dass du mal bei mir reingeschaut hast. LG T.

 

[Trebel]

Es ist schön, ja.
Aber für mich sind diese "Art der Texte" Futter für unerfüllte Sehnsüchte.
Sowas "ständig" zu lesen ist wie als wenn man immer wieder
das Pflaster abzieht, um auf die Wunde zu schauen.
Ja, es kann ja faszinieren, geb ich zu.
Dennoch mein Appell:
Pure Vernunft darf auch mal siegen.

 

[Locis]

Ich auch mal wieder. Schöner Text. "Hab Mut" gefällt mir aber auch mehr, weil er ehrlicher ist. Hier ist - ich kann gar nicht genau beschreiben, warum - eine leichte Konstruktion zu spüren. Ich versuch mal noch zu ergründen, warum ich das Gefühl habe.

Das Tauschen der beiden Blöcke im Refrain würde mir gefallen.

 

[Dodo_I]

Es ist schön, ja.
Aber für mich sind diese "Art der Texte" Futter für unerfüllte Sehnsüchte.
Sowas "ständig" zu lesen ist wie als wenn man immer wieder
das Pflaster abzieht, um auf die Wunde zu schauen.
Ja, es kann ja faszinieren, geb ich zu.
Dennoch mein Appell:
Pure Vernunft darf auch mal siegen.

Alter, das ist doch mal 'ne Metapher

Sehr cool !

 

[house12]

Nun, wenn ich an deine letzte Adaption denke, wäre ich neugierig. Falls du also Lust hast...

Cool! Ja ich hab Lust, ich versuche mich mal daran. Spannend....

 

[Norro]

Das ist ein echt schöner Text. Sprachlich interessant umgesetzt. Ich mag das!!!

 

[speedtom]

Na, da so viele sich einig sind, darf ich anmerken, dass mir der Text nicht so gut gefällt.

Erstens ist das Thema "Alles doof ohne dich" schon reichlich bedient worden, von vielen Sängern, in den verschiedensten Sprachen. Hier bietet sich wenig Neues.

Zweitens ist das von dir bediente Bild "Alle Schneeflocken sind auf einmal für mich alle gleich" etwas unrund. Denn: Schneeflocken sind tatsächlich für das blosse Auge alle gleich. Die von Jörg angesprochene Unterschiedlichkeit ist doch nur unter dem Mikrokop zu erkennen, wenn man die kristalline Struktur untersucht. Oder man lebt in Grönland, wo man 47 Arten von Schnee unterscheiden kann (oder verwechsele ich das gerade mit 47 Arten von Kopfschmerzen, die mit Thomapyrin bekämpft werden können? )

Drittens muss ich immer bei diesem Thema an einen Text denken, der mich einfach unerreicht ist:



Vielleicht etwas unfair, sich mit dem Besten zu messen, aber nur so wird man tatsächlich besser...

 

[NinaEins]

@Speedtom:
mich erreicht die Melancholie in Teestundes Text gerade deswegen so tief, weil sie subtiler ist, als in deinem "Vorbild". Das ist mir etwas zu plakativ.

Liebe Grüße

Nina

 

[Marc1610]

Ich habe mir den Text jetzt mehrmals durchgelesen, bei mir kommt da nix an.
Die Auflösung (Refrain) ist schlecht, die sagt nix über das eigentliche Thema aus, der Inhalt bleibt
für mich leer.
Was mir auch wieder sauer aufstößt ist der letzte Spruch (als Klügerer von uns beiden)
Das macht Alles zu Nichte.

@speedtom
Ist schon ein fieser Vergleich

Die Passage ich bin so ooohooohoooohne Dich, ist cool, da überlässt er dem Hörer das Denken, find ich richtig gut, da kann jeder einsetzen was er / sie will.
Auch sonst ist es viel Bildlicher und nachvollziehbar auch ohne das man gerade Akut mit Liebeskummer zu tun hat.

 

[cherry50]

Das ist jetzt nicht gegen Dich und den Text gemünzt liebe Teestunde.

Ich meine aber, daß in einem Musikforum viel mehr Lebensbejahende Texte mit kürzerem Verlauf eine Chance hätten.
Diese Balladen Ähnlichen Kurzgeschichten, die meistens immer einen düsteren oder sehnsüchtigen Verlauf haben, werden sich hinter einer Vertonung nicht aussagekräftig durchsetzen, und sind in einem Gedicht Band besser aufgehoben.
Kein Mensch achtet beim Hören nachher auf solche Sitzfindigkeiten. Der Text eilt mit der Musik am Ohr vorbei, und je kürzer aber Präziser, desto mehr bleibt im Gedächtnis haften.

Hier habe ich manchmal das Gefühl, das die Texter sich in Ihrer eigenen Gefühlswelt bewegen, die beim Leser nicht so schnell verstanden werden kann, Deswegen bedarf es auch so vieler Erklärungen.

Es gibt so viele schöne Episoden aus dem Alltag, die das tägliche Leben beschreiben, und durchaus auch mal einen lustigen Touch haben können.

Ich hoffe Ihr nehmt es mir nicht übel, aber das Leben ist so kurz, und ich würde mir viel mehr Lebens bejahende Texte wünschen.

Kurz, knapp, präzise und doch einfühlsam ohne komplizierte Wortverflechtungen.

LG Cherry50

 

[speedtom]

@Speedtom:
mich erreicht die Melancholie in Teestundes Text gerade deswegen so tief, weil sie subtiler ist, als in deinem "Vorbild". Das ist mir etwas zu plakativ.

Liebe Grüße

Nina

Vermutlich ist mir die etwas 'männlichere' Sichtweise von Selig einfach näher als Teestunde's Sichtweise. Vielleicht wirklich nur ein Mann/Frau-Ding.

Aber die Passage 'nur weil der Teufel mich plagte' klingt trotzdem zu gestelzt...so redet doch kein Mensch!