Ich weiß, ich soll nicht danach fragen

[Turquoise]

Was alles verbindet, ist das nicht vorhandene Geld.

Das stimmt so meiner Meinung nach nicht. Weder braucht man auf Gespräche mit Fatima zu verzichten, noch verbieten sich deswegen Nachfragen zu einer abgebrannten Asylunterkunft. Und warum die Mutter ihren Job verliert, obwohl Arbeitskräfte (wie sie?) gesucht werden, erschließt sich auch nicht. Jedenfalls nicht über "Geldnot".

 

[Teestunde]

Aber jeder, wie ihm gefällt. Ich habe meinen Teil dazu gesagt.

Jetzt haben sich unsere Posts überschnitten.
Ja, seit mir das aufgefallen ist, stört mich ja gerade das. Dass diese ganze Auflistung nur als Kulisse herhalten muss. Aber glaub mir, das war so nicht beabsichtigt. Ich bin nur noch nicht weiter.

 

[Turquoise]

Mein erster Gedanke zum Text war:

wieder mal mit heißer Nadel gestrickt.

 

[Teestunde]

wieder mal mit heißer Nadel gestrickt.

Okay, Text weglegen und später wieder rangehen. Im Moment komme ich sowieso nicht weiter.

Im Moment bin ich bei:

Ihr braucht es mir doch nur zu sagen,
denn ich fand es längst schon selbst heraus.

Aber ich glaube, das "rettet" auch nichts.

 

[Gel Mitglieder 84964]

Was möchtest du denn jetzt "retten"?

 

[Turquoise]

Aber ich glaube, das "rettet" auch nichts.

Ich glaube, die Lösung liegt darin, die letzten beiden Zeilen zu lassen und andere Ereignisse zu suchen - 6 Ereignisse, die nach dem Wissen von Erwachsenen wirklich etwas verbindet, das Erwachsene immer wieder tabuisieren und das Kinder nicht wissen können. Und sei es nur "das Tabu", das allen grundsätzlich anhaftet.

In Deinem Text ist einfach die Bandbreite zu groß und zwischen zu vielen Ereignissen bestehen keine wirklichen Verbindungen. Und darum wird es . . . sozialkitschig.

Hau den Sozialkitsch raus!

 

[Teestunde]

Zu Befehl!

Wird nur eine Weile dauern.

 

[Gel Mitglieder 84964]

Kann es sein, dass du ein wenig Angst vor Inhalt hast? Vielleicht musst du deine Texte doch etwas besser reflektieren und ergründen, bevor du sie postest!

 

[Teestunde]

@BobFleur Was genau meinst du mit "Angst vor Inhalt"? Mir wird eher vorgeworfen, dass ich oft zuviel Inhalt in meine Texte packe.

Vielleicht musst du deine Texte doch etwas besser reflektieren und ergründen, bevor du sie postest!

Nun, das hier ist ein Songtexteforum, keine Text-Börse. Hier können also auch unfertige Texte zur Diskussion gestellt werden.

 

[mWermut]

Hi @Teestunde,

schön, dass du dich der Diskussion hier stellst

ch bin mit der Zeile "Ich weiß, ich soll nicht danach fragen" noch nicht richtig glücklich

Ich glaube, die Lösung liegt darin, die letzten beiden Zeilen zu lassen und andere Ereignisse zu suchen - 6 Ereignisse, die nach dem Wissen von Erwachsenen wirklich etwas verbindet, das Erwachsene immer wieder tabuisieren und das Kinder nicht wissen können.

Ich bin hier bei @Turquoise. Lass die letzten beiden Zeilen. Die sind toll und bieten Raum für viele Themen. Von deinen Strophen gefällt mir die mit dem Job der Mutter sehr gut. Die ist mMn auch am nähesten an der Erfahrung eines Kindes. Die anderen Themen hören sich für mich an wie aus Fernsehen/Zeitung übernommen.

Tabu-Themen aus der Familie gibt es zur Genüge. Krankheiten verschweigen, was vom Eltern-Sex oder auch -Streit mitbekommen, abgebrochene Schwangerschaft...

..da wird sicher jeder bei einem Brain-Storming jede Menge persönliche Erinnerungen rauskramen können..

Wie oben schon geschrieben, ich bin hier bei @Turquoise...aber es ist natürlich dein Text.

Viele Grüße, m

 

[Burkie]

Hallo,

ich finde auch,

hier wird zuviel zusammen gekippt, was dann doch nicht zusammen passt.
Onkel Tom ist doch die Titelfigur aus dem Roman, Onkel Toms Hütte, Onkel Tom ist ein Sklave in Kentucky.
Wenn Omi ihr Sommerhaus verkauft, also ein Sommerhaus hatte, ist sie ja doch recht wohlhabend, oder?
Was soll Mamas verlorener Job im Krankenhaus uns sagen?
"Warum darf ich mit Fatima nicht sprechen / warum flippt Papa jedes Mal so aus?"
"Fatima" als Name steht wohl für alles mögliche "Fremde", "Islamische"? Ein Klischee dafür?
"Wo werden jetzt die vielen Fremden wohnen / das Flüchtlingsheim, das brannte völlig aus?"
Die "vielen Fremden" als Bedrohung, oder was? Als "Flüchtlingsschwemme", oder wie gemeint?

Worum geht es denn in dem Text?

Was willst du damit aussagen?

Und, wieso soll ein Kind nicht danach fragen dürfen?

Mir kommt es so vor, als seien in dem Text ein paar aktuelle Schlüsselwörter bloß willkürlich zusammengemixt worden.

Als sozialkritischer Text taugt er nicht, es fehlt eine Haltung.
Als Parodie taugt er aber auch nicht, da fehlt die ironische Überzeichnung.
Als rein kindlich fragender Text taugt er aber auch wieder nicht, dazu ist schon wieder zuviel unterschwellige Wertung ("Warum hat Mama ihren Job verloren / obwohl man Pfleger braucht im Krankenhaus?") im Text.

Für mich funktioniert dieser Text so einfach nicht.

Gruss

Ich weiß, ich soll nicht danach fragen

Warum kann ich nicht mit ins Landheim fahren,
die ganze Klasse lacht mich deshalb aus?
Ich weiß, ich soll nicht danach fragen,
doch ich finde es schon noch heraus.

Warum dreht Onkel Tom die Heizung runter,
auch wenn ein kalter Wind fegt um das Haus?
Ich weiß, ich soll nicht danach fragen,
doch ich finde es schon noch heraus.

Warum fliegt Oma nicht mehr in den Urlaub,
warum verkaufte sie ihr Sommerhaus?
Ich weiß, ich soll nicht danach fragen,
doch ich finde es schon noch heraus.

Warum hat Mama ihren Job verloren,
obwohl man Pfleger braucht im Krankenhaus?
Ich weiß, ich soll nicht danach fragen,
doch ich finde es schon noch heraus.

Warum darf ich mit Fatima nicht sprechen,
warum flippt Papa jedes Mal so aus?
Ich weiß, ich soll nicht danach fragen,
doch ich finde es schon noch heraus.

Wo werden jetzt die vielen Fremden wohnen,
das Flüchtlingsheim, das brannte völlig aus?
Ich weiß, ich soll nicht danach fragen,
doch ich finde es schon noch heraus.

 

[Gel Mitglied 86343]

Was alles verbindet, ist das nicht vorhandene Geld. Die Erwachsenen schweigen aber nicht aus Rücksicht auf das Kind, sondern aus Rücksicht auf sich selber. Aber wie drückt man das in einer Zeile aus?

Ich weiß, euch nerven meine Fragen,
doch ich will aus diesem Zustand raus... (nee, so redet kein Kind)

Jede ernsthafte Antwort würde der Kindermund als Wahrheit kund tun: Es ist die Armut und die damit verbundene Ausgrenzung für die sich die Erwachsenen schämen. Und daraus erwächst auch die Fremdenfeindlichkeit. Der Stoff ist hoch politisch und aktuell.

Armut und Ausgrenzung führt zu dem Gefühl, am Rand der Gesellschaft zu stehen. Daraus kann wiederum die Flucht in z.B. den Alkoholmissbrauch resultieren, der wiederum fatale Folgen für den sozialen Zusammenhalt in der Familie hat und naturgemäß von allen Trinkern tabuisiert wird. Ed.: Auch der Arbeitsplatz-Verlust kann daraus folgen.

Wenn das Kind die Wahrheiten begreifen und aussprechen würde, führte dies bestimmt zu einer massiven Gegenwehr durch die Erwachsenen. 'Die Antwort macht mir Angst, obwohl ich sie nicht kenne' wäre deshalb eine treffende Aussage.

 

[Gel Mitglieder 84964]

@BobFleur Was genau meinst du mit "Angst vor Inhalt"? Mir wird eher vorgeworfen, dass ich oft zuviel Inhalt in meine Texte packe.

Vielleicht musst du deine Texte doch etwas besser reflektieren und ergründen, bevor du sie postest!

Nun, das hier ist ein Songtexteforum, keine Text-Börse. Hier können also auch unfertige Texte zur Diskussion gestellt werden.

Das habe ich auch nicht behauptet. Ich denke nur, du hast diese zweite Ebene und die Wirkung der Wiederholungen eben doch nicht ganz überschaut und möchtest jetzt den Text "retten", was für mich eher eine Verschlimmbesserung wäre. Aber ist ja auch nicht mein Text... alles gut

 

[Teestunde]

@BobFleur Ich schreibe noch einen zweiten Text zu dem Thema, wobei dieser hier Pate stehen wird. Mir sind gestern Nacht schon ein paar Ideen gekommen.

 

[Gel Mitglieder 84964]

Aber darum geht es in Wirklichkeit gar nicht!

Es geht um irgendwelche psychischen Besonderheiten innerhalb der Familie, die anscheinend dazu neigt, alles mögliche zu tabuisieren, anstatt offen anzusprechen.

Das ist nicht schlüssig, denn es geht offenkundig um beides, du widersprichst dir da irgendwie selbst. @malles stellt in #52 diese Spirale dar und hier liegt die Beziehung der beiden Ebenen auch begründet.

 

[artname]

Hm... also ich mache einen Unterschied zwischen gereimten Journalismus und einem künstlerischen Text. Letzterer darf alle Züge von Widersprüchlichkeit tragen... solange er mein Chaos zwischen Denken und Fühlen abbildet.

 

[Turquoise]

@malles stellt in #52 diese Spirale dar und hier liegt die Beziehung der beiden Ebenen auch begründet.

Er hat nicht die Spirale dargelegt, sondern eine in den Text hineinkonstruiert. Teils mit weit jenseits des Textes angesiedelten Unterstellungen (Alkoholismus). Was letztlich eine Ansammlung bekannter, sehr unschöner Klischees über Arme* ist. Durch solche Deutungen wird dem Armen auch die letzte Würde genommen, zwar arm, aber dennoch ehrbar leben zu können. Nein, der Arme ist auch immer der Alki. (So wie der Flüchtling immer der Vergewaltiger ist, nicht wahr?)

Zumal in die Armut, wie Burkie geschrieben hat, das Sommerhaus und dessen Verkauf nicht wirklich reinpasst.

*Was übrigens auch ein ärgerlicher Punkt an diesem Text ist: anstatt die Mittel der Kunst zu nehmen um die Wirklichkeit von einer Seite zu beleuchten, die neu und überraschend ist, spielt er lediglich mit Klischees, die er noch nicht einmal offen ausspricht, sondern in der Hoffnung auf bereits konditionierte Denkweisen nur ganz subtil anbietet. Und das nicht einmal als Satire, sondern als ernst gemeinte soziale Anklage.

 

[Teestunde]

Und das nicht einmal als Satire

Ginge das nicht ein bisschen weit über das Kind hinaus?

 

[Turquoise]

Und das nicht einmal als Satire

Ginge das nicht ein bisschen weit über das Kind hinaus?

Natürlich. Ich meine ja auch nicht, dass der Text satirisch sein sollte.

Andererseits könnte man fragen, wieso das Kind die Verhaltensweisen der eigenen Familie in Frage stellt, obwohl Kinder meist das, was daheim passiert als normal empfinden und eher die Verhaltensweisen der anderen Leute / Familien in Frage stellen.

All dies bringt mich wieder zu dem Punkt, dass das Kind nur dann ins Fragen kommen kann, wenn hier ein gewaltiges, alles verbindendes Tabu im Spiel ist, so dass selbst ein Kind nachdenklich wird. Jobverlusst und Armut ziehen das mMn nicht automatisch nach sich.

 

[Gel Mitglieder 84964]

@Turquoise
Malles konstruiert da nichts rein, sondern beschreibt beispielhaft eine Verbindung zwischen Armut und bestimmten Folgen, die auftreten können. Lies es dir doch nochmal genau durch.

Die psychische Belastung aufgrund des sozialen Abstiegs führt dazu, dass die Fragen des Kindes schroff abgewiesen werden. Der Text verkörpert diese Verbindung doch recht gelungen und auf einfache Weise. Ich weiß auch nicht, wieso du jetzt diese konkretere soziale Anklage im Text brauchst, die etwas einfachere Perspektive des Kindes wurde bewusst eingesetzt. Muss es eigentlich konkret ein Kind sein, oder können es nicht auch verschiedene Kinder mit verschiedenen Schicksalen sein? So frei ist der Text schon denke ich. Ich halte die Beispiele des Textes auch durchaus für etwas klischeebeladen, allerdings sind sie doch irgendwie real und damit legitim. Ok, mit Onkel Tom habe ich die gleiche Assoziation wie Burkie, aber ansonsten?

Ich denke, der Text ist sehr wohl stimmig, so wie er ist und es wird auch nicht zu viel verwurstet.