Grundsätzliche Frage zum Halleinsatz

[Sebasco]

Tach zusammen,

die folgende Problematik trage ich ich schon ewig mit mir zum,nun frag ich einfach mal bei Euch nach:

Wie verhält sich grundsätzlich das mit (Faltungs)Hall-Effekten im Mix. Ich wähle dabei ja erst einmal einen "Raum"-Preset aus, auf dem basierend ich dann die weiteren Parameter bearbeiten kann. Sollte ich diesen einen Raum ("Kathedrale","Kleiner Saal ")dann für ALLE Spuren,die Raumklang bekommen sollen, nutzen und nur noch jeweils an den anderen Parametern schrauben?
Was passiert, wenn ich zig verschiedene Räume im Mix zusammen schmeiße, also zB Streicher aus der "Kathedrale" und Piano aus dem "Studio"?

Ich finde zwar eigentlich immer eine (für mich) passende Reverb-Einstellung für das jeweilige Instrument, aber befürchte , dass ich dabei für ziemlichen räumlichen Chaos im Mix sorge, es soll ja ein homogenes Ganzes entstehen.

Oder mache ich mir da zuviel Gedanken...?

 

[AWF]

Es kommt nicht zu sehr auf den Raum an sich an, sondern wie man den weiter bearbeitet.

Berühmtes Beispiel:

Man wählt für eine Snaredrum einen schönen Plattenhall. Für sich alleine klingt es gut, dann aber im Mix hört man nichts vom Hall. Ist schon vielen passiert.

Wenn man nun per Send den Hall von der Snare futtern lässt, dann kann man z.B. einen Transienten Designer vor dem Hall legen und eben die Transienten betonen, man kann zusätzlich mit einem Highshelf die Höhen vor dem Hall anheben...

Durch diese Bearbeitung hat sich der Raum nicht geändert, aber setzt sich mehr durch im Mix.

Und genau daher rührt die ganze Hallsuppe, viele Räume klingen gleichzeitig, aber alle irgendwie "gleich" von den Frequenzen und die Art wie sie angesprochen werden.

 

[adrachin]

Oder mache ich mir da zuviel Gedanken...?

Ja.

Unter 3 - 5 verschiedenen Hallgeräten gibt es kaum einen Mix von mir. Drum Hall, Vocal Hall, einer für Kick und Bass, ein Schmutz Hall, dann noch ein bis zwei FX Hall dazu und wenn es was ist was wirklich nach Hall verlangt einen General-Hall, der den gemeinsamen Raum macht. Manchmal als Insert direkt in der Summe.

Keine der Hall Instanzen macht wirklich hörbaren Hall. Den hört man, wenn man ihn wegnimmt, aber im Gesamtmix nicht als einzelnes Element auszumachen. Hall ist einfach prima für Farbe im Mix. Breit, dick, dünn, aggressiv, mächtig, verhalten, was immer das Herz begehrt.

Wohl kaum erwähnenswert dass ich eine ziemlich grosse Hall Sammlung habe, oder? (;

 

[SOS]

die mischung macht's, so kommt sich nix in die quere... jedes tierchen macht ein plaisierchen, oder so... heisst zb.: sehr kurze ambience < 0.5s mittleres predelay (hörbares slapback feeling), plate 1.5 - 2s langes predelay, hall 3s+ kein predelay, mono delay kurz 1/8, stereo delay zb. 1/4 + 1/2... nach belieben kombinieren.

ich persönlich bin beim thema hall extrem faul und bequem, habe schon länger obengenanntes, über die zeit gewachsenes und bewährtes setup... plus noch 'ne snareplate... das verwende ich meistens unangetastet für jeden mix. nicht mehr und nicht weniger.

 

[Sebasco]

Vielen Dank Euch! Hat mir auf jeden Fall schonmal sehr weitergeholfen. Noch eine Frage : Angenommen ich möchte mehrere Instrumente aus ein und demselben Raum erklingen lassen. Wie kann ich die einzelnen Instrumente dann innerhalb dieses Raumes staffeln, welcher Parameter ist da entscheidend?

 

[TonyPizza]

Ich bin bei SOS, ziemlich genau auch mein Setup. Diese ganzen Diskussionen über pre-delay und bla ist völlig irre. Suche dir 4-5 presets und jut.

Interessant fand ich, ein Bekannter Mischer von Soundtracks (name und vid finde ich jetzt nicht) der nimmt einfach IRs aus dem Altiverb, irgendeine church oder so, weil im der Sound gefällt. Nix mit bricasti etc.

Und genau das meine ich damit, nehm das was dir gefällt. Ist ja auch nicht verboten sich die reverbs malbsolo 100% wet anzuhören und zu vergleichen etc. EQing sowieso

 

[TonyPizza]

Du brauchst nichts staffeln im Raum. Die Staffelung ergibt sich von alleine im Mix. Drums bekommen mehr Room und zusätzlich was künstliches auf die snareund toms. Vocals bekommen langes pre bzw. ein preset mit langem anstieg und zusätzlich delay, dadurch stehen die weiter vorne... das nur mal so grob als anfang, kommt ja auch auf drin Genre an

 

[AWF]

Diese ganzen Diskussionen über pre-delay und bla ist völlig irre. Suche dir 4-5 presets und jut.

Ich stimme dir da gewissermaßen zu, aber:

Das Predelay hat nichts mit abbilden einer realen Situation zu tun. Jeder war schon mal in einer Kirche oder in einer leeren Wohung. Sobald man spricht, ist alles verhallt, da gibt es quasi kein Predelay.

Wozu also Predelay? Es geht nur um Transparenz im Mix, mehr nicht. Bei einem Predelay von 100-150ms bleiben Vocals z.B. einfach sauber und klingen trotzdem räumlich. Man kann damit halt den Mix so gestalten, dass es nicht verwaschen klingt.

Mit Predelay sollte man schon arbeiten, nur mit der Realität hat es einfach nichts mehr zu tun.

Schön kann man das beim Flux Ircam Verb sehen, da wird ein Predelay nach Raumgröße errechnet, aber es ist so gut wie nie wirklich als Predelay zu hören.

 

[TonyPizza]

Ja ich meinte damit so Sachen wie ein predelay von 40ms einstellen und sich dann wie der Chef fühlen, das ist quatsch, weil man in dem Bereich gerade über der Hörschwelle liegt was delay anbelangt.

 

[cyberman2]

Ja ich meinte damit so Sachen wie ein predelay von 40ms einstellen und sich dann wie der Chef fühlen, das ist quatsch, weil man in dem Bereich gerade über der Hörschwelle liegt was delay anbelangt.

Das ist eine Behauptung, der ich nicht zustimme.
Dann würde es auch keinen Unterschied machen, ob die Hihatspur 20ms verzögert wird.

In meiner Praxis ist Hall eines der wichtigsten Tools. Um Atmosphäre zu schaffen, um die klanglichen Objekte in einer passenden Klangwelt/Räumlichkeit zu inszenieren, um Sterilität und Langeweile zu verhindern, um den Rhythmus/Groove zu unterstützen.
Das passende Predelay hilft dabei, vor allem beim letzten Punkt und es gibt immer einen Sweetspot, der dem Track gerecht wird.

Die gängigen Hallparameter (Damping, Crossovers, Diffusion) selbst sind für mich weniger relevant, da kann man später mit groberer Formung (EQ vor allem) die gewünschte Relevanz und Auswirkung des Halls auf den Track formen. Vorher steht sowieso eine längere Suche nach dem geeigneten Hallpreset, das von alleine schon zum Track passt.

An den Threadersteller: Ich empfehle Dir zwei Methoden, um Hall kennenzulernen und zu verstehen.
1. Du nimmst einen kurzen Impuls weisses Rauschen und schickst den in Deine Presets,
alle zwei Takte auf der "1" einen Impuls. Dabei lernst Du, was den Hall im Kern ausmacht.

2. Du schickst den kompletten Mix in die Presets. Dabei lernst Du, was der Hall mit Deinem Track ausmacht und welche Elemente darauf gut oder schlecht reagieren. Vergleiche Plate-IR mit Room-Algorithmen, Chambers mit Echo-Reverbs usw.

Ich benutze im Regelfall (ausser als Spezialeffekt) zwei/drei Hall-Presets (meist zwei) und es geht mir eher um eine schlüssige Räumlichkeit als darum, die Instrumenten separat zu verhallen.

Staffelung hat auch viel mit Frequenzen zu tun. (Dumpf = weiter weg usw.)

Viel Spass.

 

[TonyPizza]

Vorher steht sowieso eine längere Suche nach dem geeigneten Hallpreset, das von alleine schon zum Track passt.

Das ist die Antwort, hab ich ja weiter oben schon beschrieben. Warum soll ich div. Parameter verstellen wenn es passende Presets gibt.

Das Beispiel mit der HiHat ist völlig aus dem Kontext gerissen, in dem Moment geht es um den Groove und bei akustischen Drums kommt noch die Phase hinzu.

Ich gehe hier von typischen Pop/Rock/Metal Situationen aus. Klar kann auf einem TrashHall ein 20ms PreDelay schon was bewirken (wenn die Fahne sofort da ist z.b.). Das tut es aber nur bei harten Impulsen, perkussiven Sachen wie Drums. Auf z.b. Vocals wird man wohl kaum einen Effekt bemerken, dort sind dann wohl eher 150ms angesagt.

Ist ja auch nicht wichtig, wichtig ist zu verstehen das das PreDelay nur einer von einer ganzen Reihe von Parametern ist, viel mehr wollte ich damit nicht andeuten.

bringt ja auch nix ewig drum herum zu reden. Der CLA nimmt eine Plate ein SlapDelay und ein langes Delay auf seinen Vocals, wobei die 'Plate 150ms PreDelay hat. Also die Fahne macht da nur larger than life feel, der räumliche Eindruck kommt vom Slap Delay (man kann hier auch einfach EarlyRefs nehmen, wirkt sehr ähnlich). Auf den Drums sind dann Room Samples und auch eine Plate drauf, hier hat die Plate dann kein Delay. In dem Fall hat man ein klar hörbar gestaffeltes Ergebnis. In einem dichten Rock Arrangement hat man auch kaum eine andere Wahl.

Das mit dem Slap sieht man sehr sehr oft, genauso wie die Plate mit gewöhnungsbedürftigem PreDelay, aber es funtzt nunmal.

Bei einem Hörspiel oder der gleichen sieht das natürlich wieder ganz anders aus, da kann ich nicht mit der Brechstange einen EffektHall dazu schieben

 

[m_tree]

Einfach ein bisschen experimentieren und neue Sachen ausprobieren, bis du deine bevorzugte Methode gefunden hast.

Es gibt keine Regeln. Man kann auch komplett ohne Hall mischen, wenn die Aufnahmen z.B. viel natürlichen Raumanteil haben.
Manchmal tut es auch einfach ein Delay (v.a. auf Gesang).

Die erste Frage ist, was du mit dem Hall erreichen willst. Ein natürlicher Raumeindruck, Tiefenstaffelung, Größe, Atmosphäre, Dinge zusammenschweißen, Dinge voneinander trennen, etc. ...

Ich bin mittlerweile bei 2 verschiedenen Hallsorten hängen geblieben, die ich im Mix benutze. Einen realistisch klingenden Faltungshall und einen Plate Reverb.
Die Einstellungen lass ich da auch immer sehr ähnlich. Die Hallzeit des Plates passe ich manchmal an und stelle bei einer langsamen Ballade z.B. eine viel längere Hallzeit ein.

Für Tiefenstaffelung hab ich ne ganze Zeit auch mit unterschiedlichen Pre-Delays und unterschiedlicher Höhen/Bass Dämpfung auf dem Hall gearbeitet.
Mittlerweile beschränke ich mich dafür aber fast ausschließlich auf die Lautstärke des Halls. Wie verhallt etwas ist hat immer noch am meisten Einfluss darauf, ob es vorne oder hinten erscheint.
Wenn die Pre-Delays und der Sound des Halls gleich bleiben, wirkt der Mix etwas homogener, trotz sachter Tiefenstaffelung. Pre-Delay würde ich aber immer mindestens 10ms einstellen, 100ms könnens schon auch mal sein (z.B. auf Gesang). Mein "Sweetspot" fürs Pre-Delay sind beim Plate Hall meistens 50ms.
Den Drums Hall komprimiere ich meistens noch mit schneller Attack und langsamer Release Zeit, um den Effekt zu verstärken, den Hall in sich zusammen zu schweißen und ihn von den Drums selbst etwas zu entkoppeln.
Ich bette Hall und Delays hauptsächlich über die Mitten ein. Am einfachsten geht das mit einem breiten Bandpass z.B. bei 1kHz. So wirkt der Hall oder das Delay hintergründiger und vom Direktsignal entkoppelt.

Aber trotzdem vorsichtig mit Hall umgehen. Total verhallte Mixe klingen einfach unprofessionell.
Hall würd ich auch immer nur als Send Effekte integrieren, nie als Insert. Bei Delays das selbe.

Ja ich meinte damit so Sachen wie ein predelay von 40ms einstellen und sich dann wie der Chef fühlen, das ist quatsch, weil man in dem Bereich gerade über der Hörschwelle liegt was delay anbelangt.

Man muss das Pre-Delay aber nicht raushören können, damit es wirkt. Bei ER reichen Räumen zeigen 10 oder 20ms schon Wirkung.
Ein deutlich hörbares Pre-Delay klingt sogar ziemlich sch..., find ich.

 

[Kuno]

Oh ja ... mal wieder über Reverb fachsimpeln!
Ganz ehrlich, ich liebe das. ^^

Leider muss ich jetzt pennen ...
Oh ... hatte ich schon erwähnt, daß nichts über True Stereo geht, und vernünftige Tiefenstaffelung nur mit hinreichend dichten Early Reflections möglich ist, die man leider bislang fast nur aus Echtwelt-IRs bekommt.

Und ja ... PreDelay ist zum Entkoppeln da und nicht für Tiefenstaffelung.

 

[schnuffke2]

PreDelay ist zum Entkoppeln da

Und das heißt was bzw. dient wozu?

EDIT: AWF hat´s weiter oben ja schon geschrieben.

 

[thephantom]

PreDelay ist zum Entkoppeln da

Und das heißt was bzw. dient wozu?

Das Pre-Delay schiebt die aus einem Reverb-Prozessor generierten Anteile, sprich die Early Reflections und/oder das Reverb (Hallfahne) um den eingestellten Anteil nach "hinten" auf der Zeitschiene. Sprich: Wenn du 10ms PreDelay einstellst, wird das Wet-Signal des Prozessors nicht direkt wiedergegeben, sondern eben um 10ms verzögert.
Damit kann u.U. erreicht werden, dass der Mix ein wenig "aufgeräumter" ist und/oder man das Reverb deutlicher wahrnimmt. Das hängt aber wohl vom Mix, dem Material etc. und natürlich auch den eingestellten Werten ab.

Je nach Algorithmus kann auch ein unterschiedlicher Wert für PreDelay der Early Reflections und Hallfahne eingestellt werden.

Ich hoffe, dass ich das so einigermaßen erklärt habe schnuffke !

 

[schnuffke2]

Joa.

 

[wolfgang_5dot1]

Je nach Algorithmus kann auch ein unterschiedlicher Wert für PreDelay der Early Reflections und Hallfahne eingestellt werden.

Wenn das nicht geht ist es ein denkbar schlechter Algorithmus denn dann entspricht er nicht dem real life.

 

[schnuffke2]

Je nach Algorithmus kann auch ein unterschiedlicher Wert für PreDelay der Early Reflections und Hallfahne eingestellt werden.

Wenn das nicht geht ist es ein denkbar schlechter Algorithmus denn dann entspricht er nicht dem real life.

Solange Du "denkbar schlechter Algorithmus" nicht mit "denkbar schlechter Sound" in Verbindung bringst, sei dir diese Aussage genehmigt. Standard ist das durchaus nicht.

 

[wolfgang_5dot1]

Standard ist das durchaus nicht.

Aber ein Hauptgrund warum mit manchen Reverbs es schlecht moeglich ist Tiefenstaffelung zu machen.
Wobei Reverb ja nur ein Mittel von vielen ist.

 

[Witboy]

Welchen Vorteil bringt es einen Hall als Send einzubinden? Ich habe bis jetzt nur mit InsertFX gearbeitet. Vielleicht kann mir jemand das ein wenig erklären?