@helge
Ahja...Ich erinnere mich
Ein Autor hat ja (meist) sein eigenes Bild der Dinge, also, was er erzählen wollte, doch warum sollte die Interpretation anderer falsch sein? Sie kann genauso richtig sein und genau DAS vermisse ich in so vielen Texten der letzten Zeit.
Du vermisst in diesen Texten die vielschichtige Interpretation ihrer Leser?..
- Keine Angst. ich schreibe den ganzen Psalm hier gerade, weil ich ich ahne, wir beide verstehen uns ganz gut. Deshalb: im Grunde volle Zustimmung
Das war bei vielen Sachen von R.E.M so ("How the West Was Won and Where It Got Us", "Drive") und den oft depressiv-düsteren Texten von Tori Amos.
Ich könnte Bob Dylan hinzufügen. Klar reizen mich die Texte, die surreal wirken mehr, als Texte, die kein Geheimnis zu haben scheinen.
Ich habe Texte von Tori Amos und R.E.M mit Genehmigung der Autoren nachgetextet und veröffentlicht. Diese Arbeiten waren extrem aufregend, denn ich brauchte teilweise Wochen, um eine eigene, irgendwie schlüssige Fassung zu texten.
Und darum geht es mir:
irgendwie schlüssig. Fast alle dieser Songschreiber benutzen wenigstens eine Initialisierungszeile, um die herum sie scheinbar wirren Bilder und Gedanken plazieren. So gern wie ein kreativer Künstler seine eingebläuten Regeln zu Staub zertreten möchte: Eine Hintertür zur Verständlichkeit lassen sich alle meine Surrealisten. Vielleicht weil sie fühlen, wie langweilig sich die völlig regellosen Texte der untalentierten Konkurrenz lesen
Nimm Bob Dylan. So wirr wie in seinem Gedichtband "Tarantula" textete er als Musiktexter mMn nie. Offensichtlich schien ihm auch in seinen abgefahrensten Texten ein Minimum an Orientierungshilfe notwendig. Und als derartige Geländer scheinen eben die Refrains zu dienen, wo mandramäßig irgendein Detail, ein Fingerzeig wiederholt wird.
Der Vorteil solcher scheinbar sinnlosen Anreihungen von Wörtern und Sätzen ist die hohe Interpretationsfreiheit.
Ich meinte mit dem sinnlosen Wortscherbenhaufen vor allem Texte in diesem Forum. In 80% aller Texte vermisse ich einen wirklichen Gedanken. Ein wirkliches Gefühl. Etwas, was die Autoren bewusst entdeckt haben und nun - innerlich erregt - wiedergeben wollen.
Die meisten Texte wirken auf mich, als würden die Autoren Kreuzworträtsel lösen. Am Anfang stand eine harmlose Zeile und der Rest fügt sich wie bei einem Kreuzworträtsel automatisch. Zentrale Rolle spielen dabei die Reime und das genremäßige Klischee, welches sie sich nicht getrauen, zu überschreiten.
DIESE Texte sind es, die ich nicht verstehe. Weil solche Autoren keinen Unterschied machen zwischen dem, was sie ihren Freunden oder dem Tagebuch vor jammern und dem, was sie als Musiktext verstehen. - Harte Worte von mir, ich weiß. Aber bei diesen Texten gibt es für mich ,keinen Interpretationsspielraum - einfach, weil ich keine Lust habe, aus Banalitäten etwas Interessantes heraus lesen zu wollen.
Und denen - nicht den großen Songschreibern - möchte ich zurufen: Sucht euch einen originellen Gedanken, nehmt ihn von mir aus als Titel und dann spielt nach allen Regeln der Kunst mit diesem Gedanken - nehmt Euch nicht so wichtig. Seht euch als Helden und Versager gleichzeitig. Stellt Euch mal in die Schuhe Eurer Feinde. Lacht auch mal über Eure Fehler! ...Ähm...Artname, alter Schwede..nimm Dich selber mal nich so wichtig...dieser Beitrag ist definitiv zu lang
Der Vorteil solcher scheinbar sinnlosen Anreihungen von Wörtern und Sätzen ist die hohe Interpretationsfreiheit.
Und es gibt für mich einen entscheidenden Unterschied, warum Texte großer Songschreiber meine Phantasie beflügeln: Das ist das Ungewöhnliche der Bilder und Tonfälle. Viele von ihnen entführen mich an ungewöhnliche Orte. Da steigt Tom Patty auf dem Highway aus dem Auto, vielleicht um zu pinkeln, und verfällt plötzlich stundenlang der Natur, die ihn außerhalb seiner Karre plötzlich auffrisst.... Da setzt bei randy Newman ein Vater seinen geliebten 8-jährigen Sohn im Morgengrauen auf einem einsamen Highway aus... Da lässt Bob Dylan die halbe Menschheitsgeschichte auf dem Highway 66 abspielen... oder ein Dieb und ein Narr erklären eben jene mit wenigen Sätzen auf einem zugigen Wachturm... und so weiter.
Ich könnte eine Woche über tausende Songtexte schreiben, die ich liebe ohne sie zu verstehen. Aber meine Seele versteht die Bilder, Gedanken, Brüche, Plots - obwohl oder gerade weil sie einfach und irre sind - einfach irre sind !
Ich denke, Du verstehst mich. Aber ich denke auch, wir beide wissen, wie schwierig es ist, so etwas zu schreiben... noch dazu unter Termindruck und den Augen eines Lektors bzw. Produzenten. Wir wissen, wie schwer es ist, eine gemeinsame Sprache zu darüber zu finden, was eine ein Gedanke, ein Bild, eine Idee ist.
Es reicht nicht aus, nur auf große Texte zu verweisen. Es lohnt sich mMn auch, über das damit verbundene Handwerk gemeinsam zu mutmaßen.
So blieb dann meine Interpretation der Geschichte die einzige richtige!! Zwinker
Lachen
Du hast es noch immer nicht begriffen. Meine war's
Bis denne
Großes geleistet.
. Wenn Dir das reicht...
