Jo also inhaltlich empfinde ich das Thema auch mehr als abgegrast, und wie erwartet haben sich eh beide Lager nur 30 Seiten lang ihre Position gegenseitig dargelegt und nieman hat sich auch nur einen Millimeter bewegt in seiner Überzeugung. Von daher wirklich sinnlos das weiterzuführen.
wie schon vor gefühlten 20 lustigen threadseiten gesagt: in so eine diskussion sollte man nie mit der erwartungshaltung gehen, seinen direkten gegenüber zu "überzeugen".
trotzdem bleibt der spass am gepflegten gedankenaustausch, am gegenseitigen nachvollziehen, und wie gesagt, wenn dann haben solche debatten eher auf unbeteiligte dritte eine wirkung, denn die können im stillen, ohne ein eigenes pferd auf der debattenrennbahn zu haben, ohne jeglichen narzisskonflikt bequem ihre meinung ändern, wenn sie etwas überzeugend finden. das ist für direkt beteiligte diskutanten (und das beziehe ich ausdrücklich auf beide seiten) natürlich nicht ganz so einfach, da spielt dann doch auch gerne der recht-haben-wollen-narziss eine zu grosse rolle (und auch da meine ich beide seiten und würde mich auch selbst nicht ausklammern).
Eine Frage die mich persönlich aber interessieren würde ist: wie ist diese extreme, über ein vernünftiges Maß absolut hinausgehende Wissenschafts-Gläubigkeit zustandegekommen?
ze redundance brothers are back, ich frage also wie popnapp, was ist denn aus deiner sicht "über ein vernünftiges mass hinausgehend"? übrigens: nix da mit dem einschmuggeln des begriffes "gläubigkeit". die aussagen der wissenschaft, die mich direkt tangieren, sind nachprüfbar, da muss ich nichts glauben. und aus meinen erfahrungen mit diesen dingen, die mich direkt betreffen (zum beispiel: der computer funktioniert tatsächlich, und besonders toll, die autobremse auch!) kann ich dann extrapolieren dass mit erhöhter wahrscheinlichkeit wohl auch die aussagen in disziplinen, die mich nicht direkt betreffen, meine aufmerksamkeit verdienen. wie etwa die geburt des universums, welche mich abzüglich einer grundsätzlichen neugier nicht unbedingt jucken muss, weil sie bereits vorbei ist.
insofern finde ich diese aussagen deutlich interessanter und gebe ihnen ein höheres, äh, "wahrscheinlichkeits-rating" als irgendwelchen religiösen ansätzen, die nach meiner erfahrung bisher überhaupt nix erklärt oder gar bewiesen haben, sondern stattdessen schon vielfach so grotesk falsch lagen, dass ihre aussagen im nachhinein zu metaphern umerklärt werden mussten.
mehr isses aber auch nicht, in dem fall gehöre ja dann ich zu denen, die kein pferd im rennen haben. und zusätzlich leicht fällt es, weil die wissenschaft selber mehr als eindeutig zwischen hypothese (nicht zu verwechseln mit theorie) und hinreichend gesicherter erkenntnis differenziert. religion ist da weit entfernt davon, solcherlei standards von transparenz einzuhalten.
das kannst du dann unter dem strich gerne als blinde, "extreme und über vernünftiges mass hinausgehende wissenschafts-gläubigkeit" betiteln, aber das empfinde ich an der stelle dann als wenig mehr als ne packung rhetorischer aggression von der ich mich nicht angesprochen fühle.
Wieso lassen sich Menschen, die eigentlich 16h am Tag oder mehr ihren freien Willen erleben, ohne mit der Wimper zu zucken mit einem Fachartikel ihren freien Willen ausreden, und nehmen das noch bereitwillig als Tatsache an? Wieso nehmen Menschen an, ihr durch sie selbst und durch das Schicksal gesteuerte Leben sei nichts als die Summe von physikalischen Gesetzen und Zufall? Wieso lassen sich Menschen einreden, die Liebe, etwas ganz großes und persönliches und zentrales im Leben jedes Menschen sei nichts als chemisches Gewusel, im Prinzip "tote" Materie die da herumschwimmt? Ich meine, das entwertet einen als Menschen eigentlich komplett, und weder macht das jemandem etwas aus, noch findet das jemand unglaubwürdig. DAS verstehe ich wirklich nicht!
das finde ich einen sehr interessanten punkt und ich möchte dir da von ganzem herzen folgende aufrichtig gemeinte antwort ans herz legen, nicht um irgendwie "recht zu behalten" sondern damit du besser nachvollziehen kannst, wie es sich mit so einer einstellung lebt.
das ist nämlich so: ich erlebe liebe, das leben, meinen freien willen (oder wegen mir "freien" willen) exakt so wie du. wie hitchens schon so schön gesagt hat, man kann ja auch gar nicht anders
mein wissen um ausgesprochen schlüssige theorien zur biologischen funktionsweise von liebe mindert meine erfahrung von liebe in keinster weise. sich trotzdem für die mechanismen dahinter zu interessieren ist im prinzip nichts weiter als lustiger selbsthinterfragungssport. genauso wie beim freien willen. natürlich erlebe ich mich in meinem bewusstseinsfenster als person mit vollkommen freien willen. und eine wissenschaftliche infragestellung desselben mindert auch das nicht im geringsten. ABER: ich finde es spannend, sich da mal selber unter die lupe zu nehmen. ich liebe solche kleinen experimente bei denen man ganz plastisch sich selber dabei beobachten kann, wie einem dinge "im bewusstsein aufploppen", die einem vom unterbewusstsein dargereicht wurden.
bedeutet das, dass ich vielleicht nur ein slave meines unterbewusstseins bin? kann sein. vielleicht auch nicht. ich finds spannend. und das wars auch schon. bis auf weiteres ändert sich deswegen ja trotzdem nix für mich. gesellschaftlich ist die diskussion aber trotzdem wichtig - immerhin führt sie zum beispiel zu potentiell angemessenerem strafvollzug. früher hat man mit der gesellschaft inkompatible geisteskranke menschen schlicht auf dem scheiterhaufen verbrannt. heutzutage sind wir zumindest grundsätzlich in der lage, eine solche störung und die damit einhergehende fehlende schuldfähigkeit als solche zu erkennen, und dann landen diese menschen in behandlung, vielleicht auch in der geschlossenen, aber immerhin mal nicht mehr automatisch auf dem scheiterhaufen.
insofern kann ich nichts schlechtes an solcherlei hinterfragung und näherer beleuchtung unserer "funktionsweise" finden. und auch da ist die wissenschaft ja weiterhin durchaus weit entfernt davon, dieses thema abzuschliessen. mit dem thema abgeschlossen haben nur leute die sagen "freier wille ist nicht in frage zu stellen weil das wäre ja schrecklich, basta."
das finde ich mindestens mal die langweiligere variante. und das kann ich widerum nicht wirklich nachvollziehen. ist doch total spannend, zu beobachten an welchen stellen wir zu automatismen neigen, zu prüfen inwieweit wir (wir = unser wahrgenommenes bewusstsein) oder nicht wir (unser unterbewusstsein, welches ja übrigens dann immer noch wir sind) entscheidungen fällen. da fällt einem doch kein zacken aus der krone
Ich denke die Wissenschaft verkauft sich einfach selbst sehr gut,
sie verkauft sich vor allem insofern gut weil sie tatsächlich in der praxis so gut funktioniert. i present exhibit A: dieses internetforum. die restlichen 7649832746983274693246732474 beispiele liste ich jetzt mal nicht auf.
und als Mensch ist man irgendwie der Versuchung leicht erlegen zu denken, weil sie vieles erklären kann, könne sie alles erklären.
siehe oben. das ist eine karikaturistische überzeichnung einer einstellung, die letztlich einfach nur alltäglicher pragmatismus ist.
Aber dass man bei genauerem Nachdenken diese Meinung dann auch noch felsenfest bis aufs letzte verteidigt und akrobatisch argumentiert und extreme Lücken in diesem Weltbild nicht mehr in der Lage ist realistisch einzuschätzen, das verstehe ich nicht.
nun ja, zum x-ten mal: dieser thread ist doch ein paradebeispiel dafür, dass niemand, den du hier meinst, tatsächlich ein problem damit hat, die lücken in der wissenschaftlichen erkenntnis anzuerkennen oder gleich selbst zu benennen (und die wissenschaft selbst schon gleich gar nicht).
aaaaber: es ändert halt nix daran, dass eine erklärungslücke in der wissenschaft nicht automatisch bedeutet, die religion würde hier irgendwas erklären. die religion erklärt nicht, die erzählt, und das muss man dann glauben.
dann bleib ich lieber bei "weiss ich nicht". spüre schlicht keinen anlass, da so einen extraschritt zu gehen und über das übernatürliche fachzusimpeln, wenn doch bisher die menschheit nicht ein einziges beispiel dafür hat, dass es sowas wie dieses übernatürliche überhaupt gibt.
Die können nicht 30 Seiten diskutieren und dann beleidigt auseinander gehen. Ich zollen den Politikern echt Respekt dafür!
naja, ich weiss nicht - wenn alle grossen politischen richtungsdebatten sich mit jeweils einem 30 seitigen forenthread lösen liessen, dann wäre die welt glaube ich bedeutend einfacher
ist aber nur ne vermutung
