Anatol

  • Ersteller Turquoise
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Also setzte ich hier lediglich einen Rahmen, der verschiedene Deutungsmöglichkeiten zulässt
Und durch die Reaktion darauf, offenbart eben der eine mehr als der andere, wes Geistes Kind er ist:

Der eine sieht überall nur Judenverfolgung und -ermordung, der andere fühlt sich berufen, eine möglichst beleidigende Interpretation zu erfinden, der dritte begnügt sich mit einem lol-Smiley unter dieser Beleidigung.

Andere wiederum haben tatsächlich die erfrischende Offenheit, nicht nur im Text das zu erkennen, was ziemlich deutlich damit gemeint ist, sondern das auch noch ganz ohne Beleidigung so zu schreiben.

Darüber freue ich mich dann auch.

Nun, wenn du eine Erklärung zur Herkunft des Namens abgibst, ist dir doch aber sicherlich daran gelegen, dass man dir das abnimmt, oder?
Es wäre freilich schön, wenn man zur Abwechslung mal etwas glauben würde von dem, was ich schreibe. Aber wenn es nicht so ist, geht für mich die Welt auch nicht unter.
 
Man kann dem Kollegen ja durchaus vorwerfen, in der Vergangenheit provoziert zu haben.
Es mag ein paar Texte gegeben haben, die ein bisschen wider den Stachel löcken sollten.

Aber soll ich Dir sagen, was mMn der eigentliche Grund für die empfundenen Provokationen durch meine Texte ist?

Der Umstand, dass ich so gut wie der einzige in der Runde bin, der sich traut, sich zur Zeit zu äußern und sog. "heiße Eisen" anzugreifen.

In den letzten Jahren sind so viele Erschütterungen durch die Gesellschaft gegangen - aber wo sind die Dichter, die das aufgreifen, was einen Impact auf alle hatte, ganz gleich aus welcher Perspektive man diese Veränderungen nun angehen würde?

Wir haben hier Dichter, denen nichts heiliger zu sein scheint, als ihre heile Welt. Man begnügt sich damit, das eigene Seelchen zu ergründen oder verflossene Liebelei-Geschichten am Fließband zu produzieren. Ganz so, als ob da draußen nichts vor sich ginge, was einer Erwähnung wert wäre.

Ich nehme die Herausforderung an und schreibe über die Veränderungen. Ich schreibe über das, was die Gesellschaft umtreibt. Die versammelte Autorenschaft hingegen meidet diese Themen, weil sie fürchtet, sich daran zu verbrennen.

Und ja - das kann man (sich daran verbrennen) - weil da nämlich auf der anderen Seite eine versammelte "Kritikerschaft" ist, die bestimmen will, was gesagt werden sollte und wenn es gesagt werden darf, dann will sie bestimmen, wie es gesagt werden darf.

Gegen diese intellektuelle Seuche stelle ich mich und schreibe weiter Texte, über die es dann heißt, sie würden "provozieren". Das ist nämlich viel einfacher, als sich damit auseinander zu setzen.

Aber gut: dann "provozieren" sie eben. So muss das auch sein. Alles andere ist der Tod, ist ein künstlerischer Zombie-Zustand, in dem man sich vorgaukelt, man würde leben, wenn man Verse drechselt, die sich reimen.

Macht doch mal wieder was Relevantes, Leute!

Keiner hat sich bislang zum Krieg geäußert. Die Schere im Kopf schnappt offenbar schon beim ersten Gedanken daran zu. Dabei lässt sich das Thema durchaus künstlerisch angreifen - wie mein Text gezeigt hat.

Wer hat sich mal getraut, einen Text über das zu machen, was uns zwischen März 2020 und April 2022 um die Ohren geflogen ist? Da sind so viele Perspektiven möglich, so viele Geschichten. Die Kunst hat hier nahezu zwei Jahre komplett den Kopf in den Sand gesteckt. Das ist doch einfach nur ein Armutszeugnis.

Und dann herumheulen, wenn die Kids sich nicht mehr für Musik interessieren. Da kann ich nur sagen: macht mal wieder was wirklich Relevantes, das die Gefühle, Sorgen und Hoffnungen der Menschen in Buchstaben gießt.
 
Ich habe vor einigen Jahren meine Großmutter interviewt und das Interview für die Verwandtschaft geschnitten.
(Fällt ja auch unter recording).

Hier ein Ausschnitt aus dem einstündigen Zusammenschnitt über die Jahre 1930 bis 1948.

Anhang anzeigen 113354
..teils eher ahnen als wissen, über bekannt gewordene Details erschrecken, mitfühlen und sich doch als hilflos empfinden..ich glaub so haben es viele der Generation erlebt..
 
..nimm dich nich so groß..
Es braucht sicher auch Dichter, die sich dem Schön-Geistigen verschreiben.

Die brauchen aber als Ergänzung diejenigen, die mit ihrem Tun versuchen, ihren Zeitgenossen prägnante Worte für Geschehnisse und Entwicklungen zu geben, die diese selbst nicht finden. Statt darin etwas Positives zu sehen, rückt man solche Dichter aber oft lieber "in eine Ecke".

Am Ende hat davon niemand etwas, weil die Vielfalt der Gedanken und Sichtweisen immer stärker verarmt und ausgedünnt wird.

Die Konsequenz davon sagen wir jetzt mal nicht. Damit nicht wieder aus versehen etwas getan wird, was nicht getan werden darf. Aus den bekannten Gründen der Gründe, die nicht sein sollen.
 
Was ist denn am Vornamen Anatol rassistisch?
An dem Namen für sich allein genommen erstmal noch nichts. Ich lese erstmal etwas von einem Zug, der anders aussieht als sonst. Dann lese ich, dass der Zug Angst und Schrecken verbreitet und da schießt mir halt erstmal ein Judentransport in den Kopf. Dafür kann ich ja nichts, dieses Bild entsteht einfach. Ab diesem Zeitpunkt wird der Name, der an Anatolien erinnert, prekärer. Warum ausgerechnet dieser Name, der an ein Land erinnert, dessen Staatsangehörige den größten Anteil an Ausländern in Deutschland stellen? Wenn wir eine Liste russischer/ukrainischer Namen durchgehen würden, würden wir sicher einen finden der ebenso gut passt. Nein, es muss dieser Name sein. Aber okay, es könnte ja zufällig ein Junge mit diesem Namen den Zug sehen. Wäre auch noch vertretbar. Mein Urteil bilde ich mir aber auch aus vorangegangenen Texten. Da fügt sich dann das Puzzle für mich mehr und mehr zusammen.

Sollte es so sein dass mir ein Spiegel vorgehalten werden soll, weiß ich nicht welche Schlüsse ich daraus ziehen sollte. Wie ist die Moral von der Geschichte? Bei mir bleibt einfach nur der Eindruck, dass ein Rassismusgedanke dahinter stehen könnte und mit diesem Eindruck lässt mich der Autor stehen. Tja.
 
Ich lese erstmal etwas von einem Zug, der anders aussieht als sonst. Dann lese ich, dass der Zug Angst und Schrecken verbreitet und da schießt mir halt erstmal ein Judentransport in den Kopf. Dafür kann ich ja nichts, dieses Bild entsteht einfach.
Dieses Bild hatte ich zunächst auch.
Ab diesem Zeitpunkt wird der Name, der an Anatolien erinnert, prekärer. Warum ausgerechnet dieser Name, der an ein Land erinnert, dessen Staatsangehörige den größten Anteil an Ausländern in Deutschland stellen? Wenn wir eine Liste russischer/ukrainischer Namen durchgehen würden, würden wir sicher einen finden der ebenso gut passt. Nein, es muss dieser Name sein.
Soweit habe ich nun nicht gedacht. Anatol ist für mich kein Name, den ich typischerweise mit der Türkei assoziiere. Ich finde es daher schon etwas weit hergeholt, wenn es um Türken gehen soll, die in ein KZ deportiert werden. Aber selbst wenn es so wäre: Kann es nicht etwa ein Text über einen türkischen Jungen sein, der KZ-Deportationen beobachtet? Auch das finde ich nicht verwerflich. Einen Nazibezug hätte man doch nur dann, wenn man unterstellt, dass der Autor offenbar so etwas gerne in der Gegenwart sehen würde. Und das kann ich nun beim besten Willen nicht herauslesen.
 
Sollte es so sein dass mir ein Spiegel vorgehalten werden soll, weiß ich nicht welche Schlüsse ich daraus ziehen sollte. Wie ist die Moral von der Geschichte?
Endlich eine Frage, mit der man arbeiten kann.

Der Schlüssel ist doch das hier:
da schießt mir halt erstmal ein Judentransport in den Kopf. Dafür kann ich ja nichts, dieses Bild entsteht einfach.
Das Bild entsteht automatisch - ganz von allein, ohne dass Du etwas dafür kannst.

Der Thread-Verlauf und die unterschiedlichen Antworten haben gezeigt: dieses Bild entsteht aber nicht automatisch bei allen. Andere denken an etwas anderes zuerst. Manche sogar an das, was ich damit beabsichtigte, ohne dass ich es ausgesprochen hätte.

Die Frage ist also:

warum ist das bei Dir anders, als bei anderen?

Diese Frage kann nur beantworten, wer Dich gut kennt. Es wird etwas mit der Summe Deiner gesammelten Erfahrungen, Deines Wissens und Deiner Individualität zu tun haben.

Die Antwort lautet aber nicht: weil Turquoise den Text so und so geschrieben hat, dass ich gar nicht anders kann.

Deswegen sage ich immer (und das ist eben - auch wenn es für Dich so klingen mag - nicht abwertend gemeint): versuche herauszufinden, was in Deinem Kopf passiert und warum diese Dinge in Deinem Kopf passieren. Was hat Dein Weltbild geprägt? Wie reagierst Du auf Disharmonie zum Weltbild? Mit Verunsicherung? Mit Angriff-ist-die-beste-Verteidigung? Mit Schuld beim anderen suchen?

Ich würde mich auch fragen: Warum ist gerade Rassismus für Dich so eine wichtige Kategorie? Denn objektiv finde ich z.B. Kindesmissbrauch "schlimmer". Weil dort ein idR ein vollkommen wehrloses Wesen aktiv und vorsätzlich zerstört wird.

Von "einem Menschen nach seinem Äußeren geografisch irgendwo einordnen" - was heute schon oft als Rassismus gewertet wird - und "einen Menschen für eine bestimmte ethnische oder sonstige Zugehörigkeit als etwas Wertgemindertes zu betrachten" ist die Spanne sehr weit.

Beim letzten würde ich vehement für den Verachteten Partei ergreifen; beim ersteren zucke ich nur mit den Schultern: das ist doch ganz normal und kein Mensch auf der Welt hat damit ein Problem, außer die Bewohner:innen von Wokistan.
 
Das Bild entsteht automatisch - ganz von allein, ohne dass Du etwas dafür kannst.

Der Thread-Verlauf und die unterschiedlichen Antworten haben gezeigt: dieses Bild entsteht aber nicht automatisch bei allen. Andere denken an etwas anderes zuerst. Manche sogar an das, was ich damit beabsichtigte, ohne dass ich es ausgesprochen hatte.

Die Frage ist also:

warum ist das bei Dir anders, als bei anderen?
Naja, also bei mir ist dieses Bild zunächst auch entstanden. Ganz abwegig ist es sicher nicht. Jemand beobachtet einen Zug und ist davon zutiefst schockiert und erschüttert. Wer bei diesem Bild in Deutschland nicht u.a. an die KZ-Deportationen denken oder sie zumindest in Betracht ziehen muss, hat im Geschichtsunterricht geschlafen. Ich finde diese Assoziation völlig normal.
 
Endlich eine Frage, mit der man arbeiten kann.

Der Schlüssel ist doch das hier:

Das Bild entsteht automatisch - ganz von allein, ohne dass Du etwas dafür kannst.

Der Thread-Verlauf und die unterschiedlichen Antworten haben gezeigt: dieses Bild entsteht aber nicht automatisch bei allen. Andere denken an etwas anderes zuerst. Manche sogar an das, was ich damit beabsichtigte, ohne dass ich es ausgesprochen hätte.

Die Frage ist also:

warum ist das bei Dir anders, als bei anderen?

Diese Frage kann nur beantworten, wer Dich gut kennt. Es wird etwas mit der Summe Deiner gesammelten Erfahrungen, Deines Wissens und Deiner Individualität zu tun haben.

Die Antwort lautet aber nicht: weil Turquoise den Text so und so geschrieben hat, dass ich gar nicht anders kann.

Deswegen sage ich immer (und das ist eben - auch wenn es für Dich so klingen mag - nicht abwertend gemeint): versuche herauszufinden, was in Deinem Kopf passiert und warum diese Dinge in Deinem Kopf passieren. Was hat Dein Weltbild geprägt? Wie reagierst Du auf Disharmonie zum Weltbild? Mit Verunsicherung? Mit Angriff-ist-die-beste-Verteidigung? Mit Schuld beim anderen suchen?

Ich würde mich auch fragen: Warum ist gerade Rassismus für Dich so eine wichtige Kategorie? Denn objektiv finde ich z.B. Kindesmissbrauch "schlimmer". Weil dort ein idR ein vollkommen wehrloses Wesen aktiv und vorsätzlich zerstört wird.

Von "einem Menschen nach seinem Äußeren geografisch irgendwo einordnen" - was heute schon oft als Rassismus gewertet wird - und "einen Menschen für eine bestimmte ethnische oder sonstige Zugehörigkeit als etwas Wertgemindertes zu betrachten" ist die Spanne sehr weit.

Beim letzten würde ich vehement für den Verachteten Partei ergreifen; beim ersteren zucke ich nur mit den Schultern: das ist doch ganz normal und kein Mensch auf der Welt hat damit ein Problem, außer die Bewohner:innen von Wokistan.
Ich hätte gleich dazu schreiben sollen, dass wenn ich dabei an so etwas denke, es mich nicht automatisch zu einem Rassisten macht. Es hört sich ein wenig danach an als wärst du der Meinung, jemand der dann daran denkt ist ein Rassist. Das ist ja Quatsch. Es sagt doch nichts darüber aus wie ich darüber denke. Es sind einfach Informationen die ich gesammelt habe, die dann bei mir hervorgerufen werden. Deswegen funktioniert das mit dem Spiegel nicht.
 
Es ist eigentlich ganz einfach:
Wär aus dem Text ersichtlich, dass da Panzer vertransportiert werden ("Was sind das für Blechelefanten mit steifem Rüssel?"), hätte der Text einen intelligenten Kniff. So liest sich's halt, als wär was zusammengekniffen.
 
Man kann dem Kollegen ja durchaus vorwerfen, in der Vergangenheit provoziert zu haben. Aber hier kann ich keinen irgendwie gearteten Rassismus im Text erkennen.
+1 der Autor trägt halt eine Last mit sich aber dieser Text hier ist imo gut und triggert mal nix. Das mit dem Anatol ist auch mir strange aber wen juckt das.
 
Ich finde diese Assoziation völlig normal.
Okay, nehmen wir das mal. Warum ist diese Assoziation "normal"? Tatsächlich wegen der damaligen Züge?

Ich bezweifle das, weil man solchen vorbeifahrenden Zügen - das schrieb ich schon - von außen nichts angesehen hat. Schon gar nicht als Kind. Denn es handelte sich um von allen Seiten geschlossene Stückgutwaggons. Da hat auch draußen keiner mit Weißer Farbe "Achtung Judentransport" drauf geschrieben.

Die Bilder kommen aus Bildern, die uns seitdem gegeben wurden - aus Filmen, Dokus usw.: Abfahrt am Bahnhof, Ankunft in Auschwitz, Türen auf, alles raus...

In meinem Text geht es um einen kleinen Jungen, vielleicht sogar noch im Vorschulalter. Der hat keine Dokus gesehen, der war nie bei Schindlers Liste im Cineplex. Und der Zug fährt nur vorbei.

Was ich mir wünsche ist, dass man den Text so nimmt, wie ich ihn geschrieben habe. Und das würde bedeuten: man müsste die Perspektive des Jungen einnehmen. Als Hörer weiß man nur das, was der Junge weiß: so gut wie nichts.

Von den zwei Möglichkeiten, die Story aus der Sicht des Jungen zu deuten oder sie so zu deuten, als wärt Ihr mit Euren heutigen Wissen und all den Euch bekannten Bildern dieser Junge, habt Ihr Euch für das zweite entschieden.

Und jetzt funktioniert das nicht - und ich soll dafür verantwortlich sein. Hmm... Kommt mir bekannt vor


Ich hätte gleich dazu schreiben sollen, dass wenn ich dabei an so etwas denke, es mich nicht automatisch zu einem Rassisten macht. Es hört sich ein wenig danach an als wärst du der Meinung, jemand der dann daran denkt ist ein Rassist.
Quatsch. Das denke ich nicht und das war auch nicht gemeint.
 
("Was sind das für Blechelefanten mit steifem Rüssel?")
In einer früheren Fassung sagte der Junge genau so etwas in der Art zu seinem Vater.

Ich fands zu offensichtlich: das ist als. steckst Du eine Nadel in einen Luftballon und - bang, alles verpufft.
 
Es ist eigentlich ganz einfach:
Wär aus dem Text ersichtlich, dass da Panzer vertransportiert werden ("Was sind das für Blechelefanten mit steifem Rüssel?"), hätte der Text einen intelligenten Kniff. So liest sich's halt, als wär was zusammengekniffen.

Das ist m.M. in der Tat bereits die Stelle, an der der Text "bricht". Da die Familie an einer Bahnstrecke wohnt, sollten Züge in allen möglichen Ausprägungen zum Alltag gehören. Der Junge wäre total im Stande gewesenn, das auszudrücken was er gesehen hat. Bei der Variante, dass es ein Menschentransport gewesen sein könnte, hätte er gefragt - warum sind da so viele Menschen in den Waggons. Wären es Panzer gewesen, hätte er gefragt - warum sind da Panzer auf dem Wagen bzw. was sind das für komische Raupen / Bagger ohne Schaufel etc. Kinder verbinden Bekanntes bzw. schaffen Assoziationen. Vielleicht nicht der flache Elefant.^^

So wirkt das "ja, aber was ist denn das" enorm unbeholfen. Und mit dieser scheinbaren Überwältigung durch den Anblick wird eine Erwatungshaltung geschaffen, die dann entweder nicht eingelöst wird (waren halt Panzer, deshalb geht aber keiner in den Schuppen heulen) oder die Interpretation, die die Betroffenheit verständlich (und realistisch) hätte erscheinen lassen, wird ja als untauglich zurückgewiesen. Man könnte also sagen, viel Lärm um nichts.

Das Ende mit Lot - wohlgemerkt der Lot, der seine Töchter einer Menge zum Mißbrauch angeboten hat und es dann mangels Interesse selbt tat, das soll die Nervchen des Kindes wieder ins - wait for it - Lot bringen? Krude.
 
Okay, nehmen wir das mal. Warum ist diese Assoziation "normal"? Tatsächlich wegen der damaligen Züge?

Ich bezweifle das, weil man solchen vorbeifahrenden Zügen - das schrieb ich schon - von außen nichts angesehen hat. Schon gar nicht als Kind. Denn es handelte sich um von allen Seiten geschlossene Stückgutwaggons. Da hat auch draußen keiner mit Weißer Farbe "Achtung Judentransport" drauf geschrieben.
Das ist doch viel zu technisch. Kein Mensch denkt so in Details, wenn er nicht gerade Historiker ist. Außerdem sind Deine Details jedenfalls nicht vollständig richtig, wenn ich mir sowas hier ansehe:

220px-Preuss_Abteilwagen_C3_P9030010.JPG



Die Bilder kommen aus Bildern, die uns seitdem gegeben wurden - aus Filmen, Dokus usw.: Abfahrt am Bahnhof, Ankunft in Auschwitz, Türen auf, alles raus...

In meinem Text geht es um einen kleinen Jungen, vielleicht sogar noch im Vorschulalter. Der hat keine Dokus gesehen, der war nie bei Schindlers Liste im Cineplex. Und der Zug fährt nur vorbei.

Was ich mir wünsche ist, dass man den Text so nimmt, wie ich ihn geschrieben habe. Und das würde bedeuten: man müsste die Perspektive des Jungen einnehmen. Als Hörer weiß man nur das, was der Junge weiß: so gut wie nichts.

Von den zwei Möglichkeiten, die Story aus der Sicht des Jungen zu deuten oder sie so zu deuten, als wärt Ihr mit Euren heutigen Wissen und all den Euch bekannten Bildern dieser Junge, habt Ihr Euch für das zweite entschieden.
Niemand kann seine Erfahrungen und Erlebnisse ausblenden. Wenn Assoziationen geschaffen werden, ist das eben so. Ich verstehe Dein Problem nicht. An solchen Assoziationen ist doch nichts Schlimmes. Dafür muss man sich nicht rechtfertigen. Das tust Du jetzt auch nur, weil man Dir daraus Vorwürfe zu konstruieren versucht. Bei Texten entsteht die Story doch oft erst im Kopf des Rezipienten. Ich sehe überhaupt keinen Rechtfertigungszwang Deinerseits. Wenn Du das so nicht gemeint hast, dann ist es eben so.
Was ich mir wünsche ist, dass man den Text so nimmt, wie ich ihn geschrieben habe. Und das würde bedeuten: man müsste die Perspektive des Jungen einnehmen. Als Hörer weiß man nur das, was der Junge weiß: so gut wie nichts.
Als Hörer weiß man aber auch, dass es den Vater schockiert und betrübt hat. Ohne weitere Details kann man in den Text hineinfantasieren, was man will. Ich finde das nicht schlecht, denn nichts ist öder, als Texte, die nichts der Fantasie überlassen.
 
Es braucht sicher auch Dichter, die sich dem Schön-Geistigen verschreiben.

Die brauchen aber als Ergänzung diejenigen, die mit ihrem Tun versuchen, ihren Zeitgenossen prägnante Worte für Geschehnisse und Entwicklungen zu geben, die diese selbst nicht finden. Statt darin etwas Positives zu sehen, rückt man solche Dichter aber oft lieber "in eine Ecke".

Am Ende hat davon niemand etwas, weil die Vielfalt der Gedanken und Sichtweisen immer stärker verarmt und ausgedünnt wird.

Die Konsequenz davon sagen wir jetzt mal nicht. Damit nicht wieder aus versehen etwas getan wird, was nicht getan werden darf. Aus den bekannten Gründen der Gründe, die nicht sein sollen.
..da stimme ich vielem zu, jedoch nicht dem Halbsatz, dass man "solche Dichter" lieber oft in eine Ecke rückt..damit meinst du (auch/vor allem) dich, nicht?

..man kann es doch auch so sehen, dass der Text selbst falsche Fährten legt bzw Wesentliches unterschlägt und so Leser und Hörer von der eigentlichen Botschaft ablenkt..hier könnte man ansetzen..

..der Verlauf einiger deiner Text-Threads ist davon geprägt, dass du das Thema auf deine Person ziehst bzw anderen etwas vorwirfst, was zu einem Infight führt..um es schnippisch zu formulieren: Dir steht im Wege, das es dir an fehlenden Selbstzweifeln nicht mangelt;-)

..und der Vater setzte sich auf den Bettrand des wegschlummernden Anatols, murmelte "Schlaf schön, Anatol, sammle Kraft, die Welt wird dich brauchen", dann hob er die Hand ging zum Bretterzaun, hinter dem die heißen Eisen lagen und sinnierte über's Schweigen..

..so genug anatolysiert..ich pfeif mir noch ein paar Anatolika ein und geh zum Tagesgeschäft über..

Gruß, m
 
Zuletzt bearbeitet:
..man kann es doch auch so sehen, dass der Text selbst falsche Fährten legt
Entone (das ist damit gleichzeitig die Antwort auf seinen Beitrag) schrieb
Niemand kann seine Erfahrungen und Erlebnisse ausblenden. Wenn Assoziationen geschaffen werden, ist das eben so. Ich verstehe Dein Problem nicht. An solchen Assoziationen ist doch nichts Schlimmes. Dafür muss man sich nicht rechtfertigen. Das tust Du jetzt auch nur, weil man Dir daraus Vorwürfe zu konstruieren versucht.
Da hat er recht: sobald es vorwurfsvoll wird, wird es müßig. Es darf auch jeder, bei dem "das eben so ist" in dem Zug einen Judentransport sehen. Ich habe das übrigens auch im Anatol-Thread im Textforum so stehen gelassen.

Die Behauptung, der Texter würde bewusst falsche Fährten legen ist aber, wie John Lennon Backward-Masking zu unterstellen.

Ich wette, Lennon ging es wie mir: er hatte alle Hände voll damit zu tun, eine gescheite Vorwärts-Botschaft im Text unter zu bringen. ;-)
 
Die Behauptung, der Texter würde bewusst falsche Fährten legen ist, wie John Lennon Backward-Masking zu unterstellen.

Ich wette, Lennon ging es wie mir: er hatte alle Hände damit zu tun, eine gescheite Vorwärts-Botschaft im Text unter zu bringen.
..du möchtest dich gern mit John Lennon vergleichen..oh beim nochmaligem Lesen erkenn ich du vergleichst Lennon mit dir;-) Wenn schon, denn schon..

..wenn du dich bei den "falschen Fährten" auf mein Post beziehst!? Das "bewusst" (siehe Zitat) ist nicht von mir..und übrigens ist es das, was ich mit "Du ziehst das Thema auf dich" meine..du verdrehst eine Bemerkung zum Text so, als würde sie sich auf dich beziehen..

..ist aber nicht so gemeint, es geht um den Text, du als Künstler bist mir in dem Moment egal..

Gruß, m
 

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