Werden sus2 und sus4 Akkorde aus Moll oder Dur gebildet ?

[SDAA]

Wenn ich nun z.B.: C-Dur Tonleiter habe, könnte ich einfach aus einem C-Dur Akkord den Csus2 machen ?
Können wahrscheinlich schon, aber wurde das noch im Erlaubten der Harmonielehre sein ?

Danke !

 

[clemenserwe]

Alles war irgendwann in der Musik-/Harmonielehre nicht erlaubt ... (sogar mehrstimmiger Gesang)
Aber nur von den "Papierfressern" - Musiker haben die "Regeln" geändert.


Ob ein sus zu einem Dur- oder Mollkontext passt, hängt von mehr ab, als von einer Regel.
Wenn Dein Gehör "ja" sagt, bist Du auf einem guten Weg.

 

[Kosaken-Kaffee]

Also erst mal zum Titel Deines Beitrags: sus2 und sus4 haben nichts mit Dur oder Moll zu tun. Es sind eigenständige Akkorde. Die Terz fehlt ja, und damit ist der Bezug zu Dur oder Moll ja nicht mehr gegeben.

Wenn ich nun z.B.: C-Dur Tonleiter habe, könnte ich einfach aus einem C-Dur Akkord den Csus2 machen ?

Richtig. sus2 ist C-D-G, sus4 ist C-F-G. Sowohl D und F sind Töne von C-Dur.

Können wahrscheinlich schon, aber wurde das noch im Erlaubten der Harmonielehre sein ?

Das ist erlaubt.

 

[Martin_Alexander]

Hi !

Sus2 und Sus4 Akkorde sind, wie schon von clemensvill richtig gesagt, nicht davon abhängig, ob es Moll oder Dur ist, sondern eben einfach eine Bezeichnung für ein bestimmtes Intervallverhältnis.

Sus2 und Sus4 Akkorde kannst einfach auf die Skala "legen".

Um bei deinem Beispiel in C-Dur zu bleiben.

1. Stufe: C zu Csus2 -> Geht, weil D in C Dur ist.
1. Stufe: C zu Csus4 -> Geht, weil F in C Dur ist.

2. Stufe: Dm zu Dsus2 -> Geht, weil E in C Dur ist.
2. Stufe: Dm zu Dsus4 -> Geht, weil G in C Dur ist.

3. Stufe: Em zu Esus2 -> Geht NICHT, weil F# NICHT in C Dur ist, ABER ist natürlich künstlerisch völlig okay. Du hast dann einen lydischen Charakter wegen dem F#.
3. Stufe: Em zu Esus4 -> Geht, weil A in C Dur ist.

4. Stufe, 5. Stufe etc. kannst Du Dir damit hoffe ich selber herleiten.


Übrigens sind Sus2 und Sus4 Akkorde enharmonisch verwechselbar.
Bspw. ist C F G -> Csus4 als auch Fsus2


So schlecht, weltfremd und trocken wie Musiktheorie und Harmonielehre im allg. unterrichtet wird, ist es mMn auch absolut nachvollziehbar, dass man als angehender Komponist / Produzent von Musiktheorie eher abgeschreckt ist.

Viel Erfolg !


Martin Alexander

 

[SDAA]

kann ich dann einen z.B. einen Csus2 Akkord neben einem C-Dur Akkord spielen ? Oder vertritt das Csus2 das C im Kontext ?

 

[slowhand73]

Jo, wie bei C-Moll und C-Dur werden bei sus2 und sus4 - die Terzen verändert.

 

[oschfreak]

ja, es ergibt sich harmonisch dann imsgesamt ein C9 (ohne septime)

 

[oschfreak]

und überhhaupt, gerade solcherlei "Mischungen" sind das "Salz in der Suppe"

 

[Can]

Oder noch einfacher gesagt:

sus2 und sus4 können Dur oder auch moll sein. Wie du magst. Erlaubt ist, was gefällt.

Gängig ist allerdings, diese beiden nach C-Dur aufzulösen. Also z.B. erst Csus4, dann C-Dur. Der Ton F löst sich eben wunderbar zur Dur-Terz (E) auf:

Nach moll geht auch - die Auflösung ist nur nicht ganz so deutlich, weil der Weg weiter ist:

In der Klassik wurde der sus4 früher fast ausschließlich so verwendet. Erst sus4 (Quartvorhalt), dann Dur-Akkord. Heutzutage ist sus4 (und auch sus2) genauso auch ein total eigenständiger Sound.

ja, es ergibt sich harmonisch dann imsgesamt ein C9 (ohne septime)

Also ein Cadd9, denn das ist ja genau das: Dur-Akkord mit None, aber ohne Septime.

 

[Froschkapitaen]

Wird auch gerne (im Jazz) mit b7 gespielt.

Um den schnell zu drücken (on the fly):

Links den Grundton und rechts den Durdreiklang einen Ganzton unterhalb:

Beispiel:

C im Bass und Bb-D-F (=Bb Dur) in der rechten Hand.

Entspricht dann b7, 9 und 4.

 

[Martin_Alexander]

ja, es ergibt sich harmonisch dann imsgesamt ein C9 (ohne septime)

Wenn man den Kontext nicht kennt, würde ich generell die Bezeichnung wählen bei der die Quinte weggelassen wird (wie bei der Klassik (V7 ohne 5) eben auch) und das wäre ein D9sus4 ohne Quinte.

SDAA weiß jetzt genauestens bescheid.

 

[Nagelabrieb]

Können wahrscheinlich schon, aber wurde das noch im Erlaubten der Harmonielehre sein ?

Mal allgemein. Harmonielehre beschreiben was zu einer bestimmten Zeit oder in einem bestimmten Genre gemacht worden ist. In einer Harmonielehre wird dir letztendlich erklärt, wie der Sound einer bestimmten Zeit, Genres funktioniert.

Harmonielehre ist vergleichbar mit Ethnologie. Es wird beschrieben, wie Dinge in bestimmten Gegenden laufen. Ab und zu wird was neues entdeckt und dann werden dazu neue(!) Harmonielehren geschrieben oder die bestehenden erweitert.

Also Harmonielehren beschreiben nur, sie regeln nichts.

 

[Violinist]

Können wahrscheinlich schon, aber wurde das noch im Erlaubten der Harmonielehre sein ?

Also Harmonielehren beschreiben nur, sie regeln nichts.

So ganz einverstanden bin ich mit deiner Aussage nicht.

In der tonalen (oder besser gesagt in der tonikabezogenen) Musik gibt es schon Regeln, die man beachten sollte, um nicht den Rahmen zu verlassen. Die Regeln befolgt man oft automatisch. Natürlich, wenn man das mag, die Rahmen zu brechen, dann kann das jeder tun, es gibt keine Musikpolizei. Wenn man das macht, dann hat das aber nicht mehr viel mit der Ausgangssituation zu tun. Wenn man sämtliche Regeln brechen würde, was ja unlängst schon gemacht wurde, dann braucht man auch gar nicht mehr den Begriff der Harmonie, dann braucht man auch gar nicht mehr nachdenken, ob ich den Akkord als Sus4 oder als "Schneeflocke" beschreibe.

 

[Nagelabrieb]

Das war die Antwort für den, der sich durch das Wort "Regeln" in irgendeiner Weise einschüchtern lässt. Mir persönlich gefällt das Wort Heuristik besser.

Ich habe vor längerem in Sikoras Jazzharmonielehre gestöbert und versucht die Beispiele wie in meinem klassischen Studium auszusetzen. Lustigerweise bin ich mit den Stimmführungs"regeln" aus meinem Tonsatzunterricht dort nicht weitergekommen. Also habe ich gegen sie "verstoßen".

Also man hat einen musikalsichen Kontext und der funktioniert nach bestimmten Maßgaben. Dass man das auf gewisse elementare Prinzipien runterbechen kann, die naturgegeben sind, ist mir bekannt. Aber durch unterschiedliche Gewichtung der Prinzipien im Laufe der Geschichte entstehen nach Epoche und Gattung wiederkehrende Phänomene, die als Regel beschrieben werden, aber im Widerspruch zur Regel einer anderen Epoche und/oder Gattung stehen. Siehe Oktav und Quintparallelen.

 

[Martin_Alexander]

Ich persönlich finde die Vergleiche von Nagelabrieb sehr treffend.

Sowohl die Analogie epochal / ethnologisch als auch die betreffend harmonielehre / heuristik.

Im Grunde einer der besten Vergleiche die ich jemals gelesen habe - Chapeau !