Vielleicht kann ich da auch noch meinen Senf dazu abgeben, speziell, was den HEDDphone angeht:
Ich habe in der letzten Zeit viele Kopfhörer ausprobiert, um einen "Endgegner" zu erhalten. Den viel gelobten BD 1990 pro habe ich verkauft, da ich mit der Signatur nicht zurecht kam.
Als Ersatz hatte ich dann einen Neumann NDH30, der mir wirklich die Ohren geöffnet hat!
Nachdem ich einen Phonitor 2 als Antrieb davorgehängt hatte, wusste ich aber, da geht noch was, und so habe ich erst den Audeze LCD-X, dann den AKG 812 und schließlich den HEDDphone ausprobiert.
Der Audeze LCD-X klingt sehr weit und "teuer", die Hallräume sind wirklich phantastisch! In einer Rezension habe ich geschrieben, die Synth-Sequenzen würden sich in dem Raum so anhören, als würden sie direkt durch den Orbit vom Todesstern auf einen zu gefeuert werden. Augen schließen und ab geht die Post. Das war wirklich beeindruckend! ABER... Die Kopfhörer haben für meine Begriffe zwei Nachteile (das Gewicht sehe ich nicht als Solches an): Vom Empfinden auf den Ohren wirken sie eher wie geschlossene Kopfhörer. Das kann schon mal sein, dass es auf den Ohren unangenehm wird, wenn die Bässe pumpen.
Das ist aber sicher individuelles Empfinden.
Und die Bässe selbst sind mir zu undefiniert! Ja, das ist irgendwo druck, aber selbst im Vergleich mit dem Neumann NDH30 hat der LCD-X in diesem Bereich keine Chance! Und der NDH30 kostet knapp über 600,- Euro.
Den AKG812 lasse ich mal außen vor, denn der hat es meiner Meinung nach langsam hinter sich. Die Höhen sind schlecht aufgelöst und wirken "grieselig", und der Klang insgesamt zu distanziert.
Dann habe ich mir bei HEDD den HEDDphone bestellt.
Ein wirklich imposanter Kopfhörer und beim Auspacken kommt man sich vor wie ein kleiner Junge zu Weihnachten. Dann habe ich ihn angehört, und nach einer Stunde ist er wieder im Karton gelandet und sollte retoure gehen.
Nun war es aber rein dem Zufall geschuldet, dass ich mir in freudiger Erwartung auf den neuen Kopfhörer den Abend freigenommen hatte, und so holte ich ihn zu später Stunde nochmal wieder hervor. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, was an dem langweiligen Klang nun so toll sein sollte. Und so höre ich wieder und wieder, verglich wieder und wieder mit dem NDH30, und irgendwann war ich dann so weit und dachte: ok, das war eine Vermarktungs-Falle. Reingetappt.
Ganz zum Schluss habe ich dann nochmal alte Tracks von mir durchgehört, in denen die früher so von mir geliebten 16tel closed Hihits der 909 zu hören waren. Und plötzlich erstarrte mein Kopf in der Bewegung und die Kinnlade öffnete sich langsam. So hatte ich die HiHats seit gefühlten 20 Jahren, damals hatte ich immer auf den MACKIE HR824 abgemischt, nicht mehr gehört!
Ich dachte dann, ok, hast du ja lange nicht mehr gehört, hören wir das nochmal auf dem NDH30.
Und da war sie dann wieder: die Phase, der scheinbar stehende Flanger, der gefühlt immer über allen meinen Hihats hängt und den Ton versaut, so dass ich nie weiß, was klingt nun und was nicht.
Die Neumann KH310 aktiviert: gleiches Phänomen (aber gut, mein Raum hat eh Defizite). Dann der Wechsel zurück auf den HEDDphone: klare Hihats und knallharte Attacks.....!!! Kein Vergleich zu allem Anderen, was ich an Kopfhörern ausprobiert habe!
Ich habe mir dann aus den typischen 808-Samples schnell ein Pattern zusammengebaut, ein wenig im Low-End am EQ geschraubt, und dann ging die Kinnlade mal RICHTIG auf Talfahrt....
Was für ein direkter, sauberer und räumlich definierter Bass!!!!!!
Dann wurde die Planung für das angedachte Insbettgehen nochmal überdacht, und was folgte, war eine Nacht mit virtuell analogen Synthesizern, die plötzlich alle "richtig" klangen, so, wie ich es seit dem Verkauf meiner ganzen Hardware vor 18 Jahren nicht mehr gehört hatte: "greifbar", "in der Welle etwas nervös", "angezerrt", "warm", "weich", "räumlich",....
Jean-Michel Jarre kam mir beim Hören der LFO-Modulationen gleich in den Sinn...
Vielleicht kann man es am Besten wie eine etwas diffuse Hülle umschreiben, die speziell bei Einzeltönen den Klang umgibt, und die durch den HEDDphone aufgebrochen wird. Sehr fein im Unterschied, aber plötzlich fühlt man den Klang und die Essenz kommt mehr zum Vorschein.
Glaubt mir, ich bekomme kein Geld oder sonstige Gratifikationen für diese Aussagen, aber ich hatte nach 18 Jahren DAW plötzlich das Gefühl, es fügt sich nach so vielen Jahren doch noch zum Großen Ganzen, der langweilige DAW-Klang schwindet, und die analogen Zeiten ziehen digital wieder ein.
Wenn so etwas passiert, dann gibt man den Kopfhörer, der dafür verantwortlich zeichnet, keinesfalls wieder her, und man fängt an, wieder mehr über die Schonung des Gehörs nachzudenken - denn es lohnt sich!
Ich habe dann am darauffolgenden Montag meinen schon geschriebenen Widerruf widerrufen, weil ich an dem Wochenende gelernt habe, das ein scheinbar ausladend klingender Kopfhörer nicht immer das Maß aller Dinge sein muss, sondern weniger manchmal definitiv mehr ist, besonders dann, wenn keine "Übersetzungsfehler" mehr vorliegen.
Vordergründig wirkt der HEDDphone platt und langweilig, tatsächlich ist er aber eine Waffe (!!!), wenn es um die Beurteilung von Tönen geht! Und ich habe seit dem wieder Spaß am Programmieren von Tönen, weil ich plötzlich wieder die ganzen feinen Details und Interaktionen höre.
Ich hatte bei Thomann eine wirklich überschwängliche Rezension zum NHD30 geschrieben und dachte auch wirklich, den würde ich nicht wieder hergeben. Aber für den HEDDphone habe ich sogar den fetten Preisaufschlag hingenommen.
Ich werde jetzt nochmal den Lehmann Linear II als Antrieb ausprobieren, mich dann entscheiden, und dann habe ich mein finales Setup.
Eine bittere Erkenntnis bleibt aber:
Qualität (letztendlich auch im Mixresultat) kostet, und man bekommt immer so viel Leistung, wie man zu zahlen bereit ist.
Dafür habe ich 30 Jahre gebraucht.
Und es mag jetzt theatralisch klingen, aber der Knoten, der bei mir in den letzten Wochen durch Anschaffung der Avantone CAL10A als Ergänzung zu meinen Neumann KH310/750 und meinen Auratone 5C, sowie der Anschaffung der Kombination Phonitor 2 / HEDDphone geplatzt ist, hat mich wirklich traurig gemacht. Ganz ehrlich! Ich mache jetzt seit 30 Jahren Musik, zu 95% autodidaktisch, so fehlt sicherlich auch manchmal der notwendige Arschtritt, und immer und immer wieder kam bei mir das leidige Thema "Klang" auf den Tisch. Und immer und immer wieder habe ich die Jahre mit Rumbastelei verschwendet, weil die Tracks am Folgetag immer besch***** klangen. Jahr für Jahr! 30 Jahre! Und plötzlich, nach Einwurf von weiteren 5000,- Euro an der richtigen Stelle, da lauft es plötzlich und alles klingt auf allen Systemen.
Es wäre im Nachhinein richtiger gewesen, althergebrachte Studioweisheiten zu beachten. NS10 oder deren Nachfolger sind nun mal nach wie vor noch DIE Werkzeuge, wenn es um "Translation" geht. Aber anscheinend wusste ich immer alles besser. Und auch in Rezensionen oder Foren lese ich immer wieder, die NS10-Ära sei technisch überholt und vorbei. Dann denke ich mir inzwischen: "Die Armen, die haben noch einen weiten und frustrierenden Weg vor sich..."
Darum nochmal: Weniger ist oftmals mehr, gerade dann, wenn das "weniger" auch "richtig" ist.
Um zum Schluss noch kurz das so gerne verwendete Stichwort "Bühne" aufzugreifen:
Von allen Kopfhörern, die ich in den letzten Monaten auf dem Kopf hatte (BD880, BD990, BD1990, AKG812, Neumann NHD30,Audeze LCD-X und eben der HEDDphone) hat der HEDDphone die kleinste Bühne, ist also am nähesten am Kopf.
Während andere Kopfhörer mehr oder weniger auf die Phonitor-Matrix angewiesen waren, um nicht völlig übertrieben im Stereobild umherzuwabern, kommt der HEDDphone nahezu ohne die Matrix aus.
Also auch hier wieder keine Effekthascherei, um einen imposanten Klang zu erzielen.
WENN ihr euch den HEDDphone nun einmal anhören solltet, vergleich nicht auf Basic von Synonymen wie "breit"," punchy" oder "chrisp", sondern guckt mit frischen Ohren (!), wie der euch berührt!
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