phasen-neutrales eqing und akkustische spuren

[CharlyBeck]

Habe letztens hier einen Beitrag über phasenneutrale eqs gelesen, wo es einige leute gab, die das gar nicht verwenden wollen ausser wenn sie spuren doppeln...

jetzt hab ich gerade meinen ersten pop mix gemacht und stelle fest - natürlich - gibt es besonders im drum bereich viele spuren mit denselben signalen (weil die abnahmemikros natürlich immer den hintergrund mitaufnehmen)

wenn man solche spuren eqed sollte man ja schon einen phasenneutralen eq verwenden, oder sind die laufzeitunterschiede der verschiedenen mikros hoch genug, dass es nicht phased? Oder phased es gerade deswegen?

Wie handhabt man das (Ein Gate ist ja nicht immer angebracht).

 

[TonyPizza]

Drums gut und druckvoll zu mischen ist schon irgendwie königsklasse. Aber kein Engineer der Welt verwendet irgendwelche ominösen EQs. Es geht darum die Spuren zu alignen. D.h. die Phase der Spuren optimal einander anzugleichen, das bringt in der Regel drück in die Bude. Das funtzt in der DAW sehr gut, weil man sehr schön in die wellenform zoomen kann, also alle Wellenberge schön übereinander schieben kann, samplegenau theoretisch. Was aber eigentlich noch wichtiger ist, jeder Bearbeitungsschritt und jedes Plugin kann die phasenlage ändern. D.h. wiederum, man muss die Phase auf allen Spuren im verlauf des Mischens immer wieder prüfen. Die channelstrips und generell gut durchdachte Mixer und Plugins haben nicht ohne Grund einen phaseflip button

 

[leary]

bei all den diskussionen rund um eqs und phasenhomöopathie etc. frage ich mich, wieso so viele engineers in analogen zeiten so geile punchy drums hinbekommen haben.

merkste selbst, ne!?

 

[Gel Mitglieder 16064]

bei all den diskussionen rund um eqs und phasenhomöopathie etc. frage ich mich, wieso so viele engineers in analogen zeiten so geile punchy drums hinbekommen haben.

merkste selbst, ne!?

ja die hatten einfach nur analoge Compressoren und EQs - mehr nicht^^ Aber wir haben da ja heutzutage noch Trans Designer... mehrere Comps... Consolen Emulationen usw. usw. und irgendwann klingt es dann im Ansatz... vl. so ähnlich. ;D ...un dazu kommt noch, dass die Engineers damals vermutlich ihr Handwerkszeug besser beherrschten als heute... bzgl. Mic Positionen etc. Heute ist das ja eher so.... hmm ich stelle mal da hin. Falls es nicht passt, korrigier ich mit nem Plugin

 

[LM18]

bei all den diskussionen rund um eqs und phasenhomöopathie etc. frage ich mich, wieso so viele engineers in analogen zeiten so geile punchy drums hinbekommen haben.

merkste selbst, ne!?

Es gab auch tonnenweise nicht so gut klingende Produktionen.
Man hat das einfach akzeptiert und damit abgeschlossen weil der Song absolute Priorität hatte.

Und man ging dorthin, wo der Sound gut war.
Von daher gab es eben legendäre (weil funktionierende) Studios.

 

[m_tree]

Habe letztens hier einen Beitrag über phasenneutrale eqs gelesen, wo es einige leute gab, die das gar nicht verwenden wollen ausser wenn sie spuren doppeln...

jetzt hab ich gerade meinen ersten pop mix gemacht und stelle fest - natürlich - gibt es besonders im drum bereich viele spuren mit denselben signalen (weil die abnahmemikros natürlich immer den hintergrund mitaufnehmen)

wenn man solche spuren eqed sollte man ja schon einen phasenneutralen eq verwenden, oder sind die laufzeitunterschiede der verschiedenen mikros hoch genug, dass es nicht phased? Oder phased es gerade deswegen?

Wie handhabt man das (Ein Gate ist ja nicht immer angebracht).

Bei Drums ist es einfach wichtig aufzuräumen, sinnvoll und beherzt zu EQen und die Dynamik in den Griff zu kriegen.

Bei normal mikrofonierten Drums mit Close Miking und Stützmikros ist mein Rezept seit langem, die "Aufgaben" der Einzelspuren mit EQs und Dynamikbearbeitung sowie Lautstärke Automation sorgfältig rauszuarbeiten.

Ich aligne gar nichts und benutze ausschließlich minimal phase EQs, wie in den "alten Zeiten", von denen leary sprach.

Außerdem sehe ich zu, im Bassbereich nichts anzuheben. Dadurch vermeidet man schon mal die schlimmsten Phasenschweinereien und "Färbung" von EQs.

Trommel Spuren wie Bassdrum, Snare und Toms räume ich erstmal auf. Tomspuren schneide ich, die Bassdrum gate ich meistens hart und der Snare mische ich meistens etwas Gate dazu, um der Kompression entgegen zu wirken. Meistens drehe ich im Mittenbereich was raus und hebe Höhen an. Und die Trommeln komprimiere ich meistens einmal mit langer Attack Zeit.
Overheads automatisiere ich bei Crashbecken Anschlägen ein paar dB rauf und drehe, genauso wie auf Hi-Hat und Ride spuren beherzt Bässe und Tiefmitten mit Low Cut und Shelf raus.
Die OHs geben das Set sowieso nicht natürlich wieder, das können Raum Mikros besser. Beckenspuren komprimiere ich meistens gar nicht, höchstens nur etwas Limiting.
Summen- oder Parallel Kompression benutze ich bei Drums mittlerweile auch nicht mehr. Nur noch Summenkompression auf dem gesamten Mix.

Ich hab das jetzt mal geschrieben um einfach mal darzustellen, dass es auch anders geht. Meine Herangehensweise war und ist durchaus auch gängige Praxis, zumindest im Rock- und Metalbereich.

Aber wie immer führen viele Wege nach Rom ...

Aligning und zum Teil auch linear Phase EQing ist IMO überbewertet und einfach ein Nebenprodukt der Digitaltechnik, das eine nette Spielerei ist.

Linear Phase EQs klingen z.B. auch nicht neutral. Im Gegensatz zu minimal Phase schwingen sie nicht nur nach, sondern auch vor und verwaschen somit Transienten und klingen "süßlich".

 

[andy_g]

Es gibt nicht den Weg! Immer die Ohren benutzen! Ned zu viel Analyzer und Wellenformen gucken. Viel ist auch Geschmacksache. Das Preringing bei linearphase EQs und das damit verbundenen Transienten verschmieren wurde ja schon angesprochen. Nochmal, das muss man sich halt anhören und geschmäcklerisch entscheiden. Oft sind aber die einfachsten Lösungen die besten.

 

[andy_g]

Ringring

 

[synthpark]

Außerdem sehe ich zu, im Bassbereich nichts anzuheben. Dadurch vermeidet man schon mal die schlimmsten Phasenschweinereien und "Färbung" von EQs.

naja, und wenn die Kick aus unerklärlichen Gründen keinen Boden hat? Dafür sind EQs eigentlich da (Pulteq etc.).

Ich geh da ganz unwissenschaftlich ran. Der Drummix muss klanglich stimmen, d.h. so wie sich die Phasen addieren, so reagiere ich halt auch, Hauptsache beste Phasendrehkombination. Wenn die OHs nicht gut mit der Snare verschmelzen oder bei zuviel Bleed wird in den OHs halt einfach limited, alter HOFA Trick.

Linear Phase EQs verwende ich grundsätzlich nicht.

Akustische Drums digital gut aufgenommen haben in der Regel eher zuviel Attack, nicht zu wenig (Tape, schrottiges Pult). Da bekommt man so gut wie immer Punch hin.

 

[m_tree]

naja, und wenn die Kick aus unerklärlichen Gründen keinen Boden hat? Dafür sind EQs eigentlich da (Pulteq etc.).

Dann senke ich ab.
Oder nehm ne andere Spur ... oder nehm die Aufnahmen wie sie sind. Muss ja nicht immer alles nach Einheitsbrei klingen.

Ich geh da ganz unwissenschaftlich ran. Der Drummix muss klanglich stimmen, d.h. so wie sich die Phasen addieren, so reagiere ich halt auch, Hauptsache beste Phasendrehkombination. Wenn die OHs nicht gut mit der Snare verschmelzen oder bei zuviel Bleed wird in den OHs halt einfach limited, alter HOFA Trick.

Linear Phase EQs verwende ich grundsätzlich nicht.

Akustische Drums digital gut aufgenommen haben in der Regel eher zuviel Attack, nicht zu wenig (Tape, schrottiges Pult). Da bekommt man so gut wie immer Punch hin.

Man kann mit viel Limiting und "Verschmelzung" von Spuren aber auch ganz schnell viel Attack verlieren ...

 

[Rolleum]

Drums gut und druckvoll zu mischen ist schon irgendwie königsklasse. Aber kein Engineer der Welt verwendet irgendwelche ominösen EQs. Es geht darum die Spuren zu alignen. D.h. die Phase der Spuren optimal einander anzugleichen, das bringt in der Regel drück in die Bude. Das funtzt in der DAW sehr gut, weil man sehr schön in die wellenform zoomen kann, also alle Wellenberge schön übereinander schieben kann, samplegenau theoretisch. Was aber eigentlich noch wichtiger ist, jeder Bearbeitungsschritt und jedes Plugin kann die phasenlage ändern. D.h. wiederum, man muss die Phase auf allen Spuren im verlauf des Mischens immer wieder prüfen. Die channelstrips und generell gut durchdachte Mixer und Plugins haben nicht ohne Grund einen phaseflip button

Gerade bei Drum-Bussen sind einige Leute von den AutoAlign Sachen insofern enttäuscht, da man gerade die Überlagerung der Phasen aus zig Produktionen kennt, und der Mix dann zu sauber klingt. Von daher sollte man Phasenangleichung diesbezüglich mit Vorsicht genießen. Absolut Sinn macht es, wenn man Instrumente und Gesang z.B. aufnimmt, da ist diese Klarheit ein absoluter Zugewinn.

 

[synthpark]

Man kann mit viel Limiting und "Verschmelzung" von Spuren aber auch ganz schnell viel Attack verlieren ...

du hast das nicht so aufgefasst, wie ich das geschrieben habe. Wenn du den eventuell störenden Attack der Snare in den OHs wegbügelst, bleibt der volle Attack in der Snarespur übrig. Ich hab wirklich nie ein Problem mit zu weichgespültem Drumsound. Liegt aber auch an der Auswahl der Kompressionsmittel (The Glue bzw. PSP Oldtimer oder Ars Acoustic CL1). Was solln da überhaupt zuviel verschmelzen? Es gibt eigentlich überhaupt kein schwerwiegendes Problem mit irgendwas, worauf man besonders zu achten hat und wo sich Leute "die Zähne ausbeißen".

 

[m_tree]

Es gibt eigentlich überhaupt kein schwerwiegendes Problem mit irgendwas, worauf man besonders zu achten hat und wo sich Leute "die Zähne ausbeißen".

Scheinbar schon, wenn solche Fragen gestellt werden und es beinahe "wissenschaftliche" Abhandlungen über Aligning und EQing von mehrfach mikrofonierten Dingen gibt.

Wenn ich mir den Lyndsey Ollard Song anhöre, fällt mir auf, dass meine Drums sich sehr vom Rest abheben. Snare und Kick haben bei mir wesentlich mehr Attack.
Am Ende ist das dann halt einfach Geschmackssache.

Besser oder schlechter ist immer relativ ...

Manchmal hat ein Rough Mix mit viel Bleed auch einen besonderen Charme ...

 

[synthpark]

Wenn ich mir den Lyndsey Ollard Song anhöre, fällt mir auf, dass meine Drums sich sehr vom Rest abheben. Snare und Kick haben bei mir wesentlich mehr Attack.
Am Ende ist das dann halt einfach Geschmackssache.

Ok, hier ist dein Mix

hier ist meiner

Ab 2:20 wirds interessant. Kann sich jeder selbst ein Bild davon machen. Du hast halt die Drums insgesamt lauter gemischt, die Snare steht schon fast über dem Gesang.

 

[CharlyBeck]

Die Frage entstand tatsächlich aus der rein theoretischen überlegung heraus, was mit den "inhaltlich identischen" Teilen der einzelnen Spuren passiert, die sich nur durch ort der mikro-abnahme und ggf. durch nicht phasenlineare plugins/plugins mit verzögerung unterscheiden.

*Theoretisch* müsste man ja ruck zuck einen Phasenbrei erhalten. Wahrscheinlich hält sich das aber durch die verschiedenen Mikropositionen und Pegel in Grenzen und erzeugt auch vl einen analogen Charme.

 

[Ran]

Naja, so in Phase sind die dann ja auch nicht. Du platzierst die Mikros unterschiedlich, es werden nicht (nur) identische Mikros verwendet, diese sind nicht direkt nebeneinander und die einzelnen Elemente spielen auch nicht die ganze Zeit durch.
Es vermengt sich eher zu einem runden Brei der real aufgenommene Drums halt so geil klingen lassen, wenn man das gescheit mikrofoniert und gemixt hat.

Allerdings klingt das jetzt auch leichter als es ist. Richtige Mikros wählen, vernünftig Pegeln, gucken was der Drummer macht, evtl neu platzieren der Miks, ander Miks nehmen, Schlagzeugerfähigkeit einschätzen, neu Pegeln, Drums stimmen, Drums umstellen usw. Da geht gut Zeit bei drauf, aber dann klingt das auch geil.

 

[Signalschwarz]

Die channelstrips und generell gut durchdachte Mixer und Plugins haben nicht ohne Grund einen phaseflip button

Die korrekte Bezeichnung lautet übrigens Polaritätsumkehr/polarity reverse. Und es bringt nicht wirklich etwas die Polarität umzukehren bzw. "die Phasenlage um 180 Grad zu ändern", wenn diese in der Aufnahme um weniger/mehr als 180 Grad zueinander verschoben sind. Man hat diese Funktion gerne genutzt, um bei aktiver Polaritätsumkehr beide Mikrophone bspw. an einer Bassdrum so zueinander zu positionieren, dass bei Summierung das Signal möglichst schwach war und dann die Polaritätsumkehr wieder rausgenommen.