Meine Top-5 der "Texte, die ich so *nicht* schreiben wollen würde"

[Entone]

Okay, was ist jetzt Euer Punkt?

Keine Ahnung. Ist das wichtig?

 

[Turquoise]

Keine Ahnung. Ist das wichtig?

Du meinst:

Sag mir, ist es wichtig?
So richtig wichtig isses nich...

 

[moon-dog]

Okay, was ist jetzt Euer Punkt?

Jeder Song, der es ins kollektive Bewusstsein hinein schafft, hat idR auch einen Text mit Aussagen, die zu geflügelten Worten werden.

Na ja, würdest du die genannten Beispiele als Texte mit Aussagen bezeichen? Oder ´brennt´ sich da nicht eher etwas in Gedächtnis ein ähnlich wie "Dann geh´doch zu N.... " ...

 

[Turquoise]

Na ja, würdest du die genannten Beispiele als Texte mit Aussagen bezeichen?

Bist Du denn der Meinung, Cheri,Cheri Lady und Bad sind vom Titel her so präsent verankert wie wie z.B. Yesterday oder Highway to Hell?

 

[moon-dog]

Bist Du denn der Meinung, Cheri,Cheri Lady und Bad sind vom Titel her so präsent verankert wie wie z.B. Yesterday oder Highway to Hell?

Das weiß ich nicht. Das kommt wohl auch immer darauf an, wen man fragt und wo dieser Mensch lebt. Zumindest habe ich bei allen genannten Titeln sofort genau diese Passage des Gesangs im Ohr.

Bei z.B. "Smells Like Teen Spirit" klappt das z.B. nicht, weil er das ja nicht singt als Worte... und "Highway to Hell" kennt doch keiner....

 

[Entone]

Bist Du denn der Meinung, Cheri,Cheri Lady und Bad sind vom Titel her so präsent verankert wie wie z.B. Yesterday oder Highway to Hell?

definitiv ja.

 

[Turquoise]

Na gut...

 

[streamingtheatre]

"Freedom is just another word for nothing left to lose" stammt nicht von Shakespeare, John Milton oder Thomas Jefferson, sondern von Janis Joplin.

Kleine Anmerkung: Tatsächlich stammt der Song von Kris Kristofferson.

 

[Andaraginga]

Wenn AutorInnen tatsächlich ein Geheimnis wahren wollen , dann ist dieses doch kein „scheinbares“ mehr. Wenn sie es hingegen auflösen würden, wäre es doch dann kein Geheimnis mehr.

Warum soll man nicht über Dingen schreiben wollen, die kein Mensch je sehen wird: beispielsweise die Seele, das Geheimnisvolle des Herzens , Gott, legendäre Schätze, ein Proton, das Vertrauen und und und. Meines Erachtens bezeichnen unendlich viele Worte abstrakte oder geheimnisvolle Phänomene, die lediglich durch ihre ewige, klischierte Wiederholung als „Lösung“, als Fakt akzeptiert werden.

Welches Medium ist geeigneter als die Kunst, über ungelöste oder angebliche Geheimnisse zu spekulieren?

Ohne konkrete Negativ Beispiele bleibt das alles nebulös.
Beim Lesen der Beschreibungen finde ich kein momentan keine entsprechenden Texte. Die gibt's gewiss.

Meinst du nicht es wäre erfüllender wenn man auch Botschaften mit seiner Kunst vermittelt? Musik kann viel bewirken.

Meine Botschaft ist musikalisch. Meine Texte bedeuten mir nicht viel. Das liegt auch daran, dass ich es nicht wirklich kann und dies eingesehen habe. Ich bin kein Lyriker. Sinnhaftigkeit mit wenigen Worten und künstlerischem Anspruch auf die Musik so zu schreiben, dass die Botschaft klar aber ansprechend ist, kann ich nicht. Ich bin eher der Elton John und hab keinen Bernie Taupin (ohne mich jetzt mit seiner Klasse oder seinem Erfolg vergleichen zu wollen). Aber ich glaube, Du weißt, was ich meine. Man kann halt nicht alles gleich gut. Und weil ich es nicht wirklich gut kann, verstecke ich mich in Texten hinter Flokeln. Texte sind für meine Musik lästiges Beiwerk. Ich bin dann auch immer froh, wenn der Text steht und der für mich lästige Teil des Songwritings erledigt ist.

Noch ein paar Bemerkungen zu...

1) Text, der auf Spannung ausgerichtet ist durch kryptische Formulierungen oder ein scheinbares Geheimnis, dieses aber nie auflöst oder sonstwie befriedigend zum Abschluss bringt, sondern sich irgendwann verliert oder "einfach so" endet.

Ich bin *nicht* der Meinung, dass Texte grundsätzlich alles erklären und immer eine eindeutige Aussage haben müssen und dass ein Text ohne klare Aussage eine Art vertane Chance und weniger wert ist.
Unzählige Lieder haben Texte, wo niemand so recht weiß, was die eigentlich genau sagen und trotzdem oder gerade deswegen geht von denen eine überdauernde Faszination aus. Bohemian Rhapsody, Stairway to Heaven oder Hotel California wären die offensichtlichsten Beispiele.

Was ich glaube, ist nur, dass ein Text eine innere Logik haben muss und unterschiedliche Teile zueinander passen und einem gemeinsamen Ziel dienen müssen.

Was für mich nicht aufgeht, ist, wenn der eine Teil das eine und ein anderer was anderes macht. *


Jetzt doch mal ein konkretes Beispiel:

Ich hatte mal eine Textidee, ein paar Zeilen, die mir spontan in den Sinn kamen, ohne dass ich dazu bereits eine passende Geschichte gehabt hätte.


"Irgendwo im Niemandsland
50 Grad und Wüstensand
Die Tropfen der Maschine
Verdampfen auf Metall
Die Atemluft so flirrend heiß
Und alles längst egal"


Die Zeilen gefallen mir und ich könnte sie mir gut vorstellen als Einstieg in einen Text. Die Idee dahinter wäre, direkt mit dieser Szene zu beginnen, diese erst mal nur zu beschreiben ohne Erklärungen und daraus dann eine Geschichte zu entwickeln.

In diesem Fall, bei diesem Einstieg hätte ich das Gefühl, dass die folgende Geschichte bestimmte Antworten liefern muss. Grund dafür sind jene Formulierungen, die nicht als selbsterklärender, typischer Bestandteil der beschriebenen Szenerie durchgehen.
"Niemandsland", "Wüste", "Sand" und "Hitze" sind es nicht. Diese Begriffe fügen sich im Kopf automatisch zu einem stimmigen Bild zusammen. Anders sieht es dagegen aus mit "Maschine" und "längst egal".

Eine "Maschine" (was auch immer das konkret sein soll) ist nicht typisches Inventar hinter jeder Wüstenecke. "Längst egal" ist eine Wertung, die nur Sinn macht, wenn hinter der Szenerie eine Geschichte mit Menschen steht, ein bestimmter Plan, ein Ziel, etwas, was so und so verläuft, Probleme bereitet, eine Neuorientierung notwendig macht.

Kurz gesagt:
"Maschine" und "längst egal" wären einfache Beispiele für das was ich mit "kryptische Formulierung" oder "scheinbares Geheimnis" meine und diese 6 Zeilen wären ein Beispiel für einen Text der nach Antworten dafür verlangt. Falls diese im weiteren Verlauf nicht kommen, fühlt es sich für mich nicht richtig an.


Ein anderes Beispiel (das wirklich anders ist):

"Hundert Mann und ein Befehl" von Freddy Quinn:


Eine sehr ähnliche Szenerie, die Schlüsselwörter sind "fremdes Land", "Stein und Sand".
Aber, was hier anders ist, es gibt diesmal nicht diese Begriffe, die wie Stolpersteine wirken. Stattdessen bewegt sich alles in einem zwar exotischen, teilweise verstörenden, aber auch in einem sich selbsterklärenden Szenario.
Es gibt Zweifel, Ängste, Sehnsüchte, Entbehrungen und demgegenüber einen Befehl, der Schicksal ist.

Ich glaube, die meisten Hörer bauen sich im Kopf intuitiv die Geschichte einer Kriegsmission zusammen und vermissen nichts. Wie genau der Befehl lautet, wie das fremde Land heißt, welches Jahr wir haben, ist nicht wichtig, um mitfühlen zu können. Im Gegenteil, zu viel Info könnte die Geschichte weniger universell machen, Längen oder Widersprüche erzeugen.


Und was heißt das jetzt für Beispiel 1 und überhaupt?

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* Es sei denn, die innere Logik bestünde genau darin, in die Irre zu führen, eine angedeutete innere Logik zu brechen und damit zu überraschen.
Das wäre dann aber auch wieder eine Art von Konzept, das nicht einfach "so" funktioniert, sondern ebenfalls ausgestaltet werden muss, beispielsweise durch Übertreibung und maximales Nicht-Zueinander-Passend machen, um den damit anvisierten (Comic-)Effekt zu erreichen.

 

[mWermut]

"Irgendwo im Niemandsland
50 Grad und Wüstensand
Die Tropfen der Maschine
Verdampfen auf Metall
Die Atemluft so flirrend heiß
Und alles längst egal"

Die Zeilen gefallen mir und ich könnte sie mir gut vorstellen als Einstieg in einen Text. Die Idee dahinter wäre, direkt mit dieser Szene zu beginnen, diese erst mal nur zu beschreiben ohne Erklärungen und daraus dann eine Geschichte zu entwickeln.

..gutes Beispiel..so ähnlich könnte ein eine ‚first note‘ bei mir auch aussehen..beim Versuch einen Sprachrhythmus oder gar schon eine Melodie zu finden, merk ich, es gibt kein LI, das etwas wahrnimmt..ups es gibt ja kaum Verben..

..die verdampfenden Tropfen könnte man sehen, riechen, schmecken oder brennend auf der Haut spüren..(nur als Beispiel)

..wenn du deine erste Zeile mit der bei Freddy vergleichst, hat sein ‚irgendwo‘ (im fremden Land) schon eine Aussage, während ‚Irgendwo im Niemandsland‘ doppelt gemoppelt klingt..man könnte stattdessen etwas wie gestrandet, verloren, aufgeschlagen, verirrt oder erschöpft, ziellos, hoffnungslos… schreiben..

..bei Freddy wird in der letzten Zeile ‚und ich bin dabei‘ ein Identifikationspunkt angeboten, nach dem Motto ‚ich auch‘, ‚ich zum Glück nicht‘ oder ähnliches..das ließe sich bei dir einfach mit einem vorgestellten ‚mir ist‘ (alles egal) umsetzen..

..kann natürlich sein, dass der Ausschnitt für andere auch ‚as is‘ funktioniert..wenn nicht, find ich, es ist ein guter Weg zu schauen, wo man was abgucken kann..

Viele Grüße, m.

 

[Percy_Pösch]

"Irgendwo im Niemandsland
50 Grad und Wüstensand
Die Tropfen der Maschine
Verdampfen auf Metall
Die Atemluft so flirrend heiß
Und alles längst egal"

Ohne mir das Beispiel von Freddy Quinn angehört zu haben, wären das auch meine ersten Gedankengänge gewesen. Maschine in der Wüste würde ich als erstes mit Kriegsgerät verbinden. Wo und wann es stattfindet wäre erstmal nicht wichtig. Maschine und warum es egal ist, müsste man erklären. Falls es wirklich Kriegsgerät ist, wird die Geschichte ziemlich vorhersehbar. Überraschender wäre es, wenn es eine Zeitmaschine wäre. Dazu müsste man sich schon etwas mehr einfallen lassen, damit es nicht zu albern wird.

Oder es wäre eine verloren scheinende Wüstenrally. Da könnte man noch eine Nebengeschichte dazu stricken. Wie es dazu kam, was während der Reise passiert ist z.B.

Dass "Irgendwo im Niemandsland" doppelt gemoppelt wäre, würde mich nicht stören, gefällt mir sogar. Ich finde es unterstreicht es noch einmal.

 

[Andaraginga]

..kann natürlich sein, dass der Ausschnitt für andere auch ‚as is‘ funktioniert..wenn nicht, find ich, es ist ein guter Weg zu schauen, wo man was abgucken kann..

Das was du schreibst, sind interessante Punkte, die ich gar nicht auf dem Schirm hatte.
Ich denke, Einstieg gefällt mir, aber wie soll es weitergehen?
Du denkst, wie kann ich bereits die paar Zeilen besser machen?

Ohne mir das Beispiel von Freddy Quinn angehört zu haben, wären das auch meine ersten Gedankengänge gewesen. Maschine in der Wüste würde ich als erstes mit Kriegsgerät verbinden. Wo und wann es stattfindet wäre erstmal nicht wichtig. Maschine und warum es egal ist, müsste man erklären. Falls es wirklich Kriegsgerät ist, wird die Geschichte ziemlich vorhersehbar. Überraschender wäre es, wenn es eine Zeitmaschine wäre. Dazu müsste man sich schon etwas mehr einfallen lassen, damit es nicht zu albern wird.

Oder es wäre eine verloren scheinende Wüstenrally. Da könnte man noch eine Nebengeschichte dazu stricken. Wie es dazu kam, was während der Reise passiert ist z.B.

Dass "Irgendwo im Niemandsland" doppelt gemoppelt wäre, würde mich nicht stören, gefällt mir sogar. Ich finde es unterstreicht es noch einmal.

Cool, das ist doch schon echt kreativ:
Kriegsgerät (das am wenigsten), Zeitmaschine, Rally.

Klar, bevor es jemand anderer sagt, wir reden über Texte, die brauchen eine gewisse Kürze und können nicht Riesengeschichten erzählen.

Außerdem finde ich, erzählt der Text eine Geschichte mit "richtiger" Handlung sollte er zusätzlich trotzdem auch eine andere Ebene haben, die zeitlos und gefühlsmäßig übertragbar ist.

"Space Oddity" beispielsweise schildert zwar auch einen Raumflug, was aber eigentlich rüberkommt ist, abstrakt gesprochen, Spannung, Vertrauen müssen, kleines Rädchen- und Ausgeliefertsein, ...

Was aber für das vorliehende Ding schon funktionieren könnte, wäre so eine NDW-mäßige (bisschen verrückte) Geschichte zwischen Goldener Reiter, Fred vom Jupiter und Codo.

Die fliegende Zeitmaschine mit den letzten Menschen ist in einer fremden Welt abgestürzt.

Jetzt werkeln sie verzweifelt, um das Ding wieder zum Laufen zu kriegen und singen im Refrain:

"Wir sind so weit gekommen
Hier endet unsere Reise
Um es ganz kurz zu sagen:
Wir sitzen in der Scheiße"

Das ist absolut zeitlos!

 

[Percy_Pösch]

Hab dann mal was weiter gesponnen. Weiß nicht, ob das in dein Reimschema passen würde.


Irgendwo im Niemandsland
50 Grad und Wüstensand
Die Tropfen der Maschine
Verdampfen auf Metall
Die Atemluft so flirrend heiß
Und alles längst egal

Wir sind so weit gekommen
Hier endet unsere Reise
Um es ganz kurz zu sagen:
Wir sitzen in der Scheiße

Unser Plan war gut durchdacht
hoffnungsvoll uns aufgemacht
Die neue Welt entdecken
Dem Problem davongerannt
Das Versagen umzukehren
was uns übermannt

 

[mWermut]

Ich denke, Einstieg gefällt mir, aber wie soll es weitergehen?

OK, anders gefragt, 'wo soll es hinführen?'

Vielleicht hat dein LI Angst vor der Nacht, weil es dabei ist den Verstand zu verlieren, die Wüste summt seltsam, die Hitze schlägt in bittere Kälte um, es fühlt sich von hunderttausend Augen beobachtet, klar, die Sterne, aber da es in der südlichen Hemisphäre befindet zeigt keiner den Weg..es ist sogar so, dass in dieser Situation die meisten gelernten Regeln nicht mehr funktionieren..es ist auf die Gnade des Glücks angewiesen..es malt sich aus, dass die Nomaden, falls denn welche vorbeikommen, seinen Finger abschneiden könnten um an den goldenen Ring zu kommen..brrrr..

..am Rande der Zivilisation und der eigenen Kräfte angekommen, das Ende vor Augen, versucht das LI zu entscheiden, ob es kämpfen will, oder das Schicksal über sich ergehen lassen will..

..und das lässt sich auf manches übertragen..

Viele Grüße, m.