Darum geht es doch überhaupt nicht in Andaragingas erstem Punkt. Natürlich kann man über Geheimnisse und Geheimnisvolles schreiben.
So wie ich Andaraginga verstanden habe will er nicht geheimnisvoll tun, um damit den Eindruck zu erwecken, es ginge um etwas ganz ganz Besonderes - obwohl der Text das Versprechen dann nie einlöst.
Ja, so war es gemeint.
Hey, eine Mischung aus 1 und 3 bin ich. Mir fällt oft nichts ein, für mich steht die Musik im Vordergrund. Und dann suche ich mir ein nebulöses Thema (irgendeine Emotion oder Szene, die ein außenstehender ohne Erläuterung nicht versteht) und schmücke sie dann noch nebulöser aus. Das hat den Vorteil, dass man keine klare Kante zu irgendeiner Position oder Frage beziehen muss, wenn man das nicht will oder einem eben "die plausible Geschichte, die einem so nie widerfahren ist" nicht einfallen will. Da ist dann der Text nur loses Beiwerk. Ist aber auch nicht schlimm. Wenn ich mir den ganzen Schlagerkäse so anschaue, fabuliere ich lieber nebulösen Nonsens, als einen - zwar verstehbaren, aber - peinlich kitschigen Scheiß zum Fremdschämen loszulassen.
Da fällt mir die Folge einer RTL-Soap ein.
Eine Schülerin ist der Außenseiter der Klasse und wird von den anderen immer gemobbt, am schlimmsten von der oberflächlichen Klassen-Bitch, der Optik über alles geht.
Die Geschichte entwickelt sich, eskaliert und kommt zum Höhepunkt:
Die Gemobbte stellt sich tränenreich vor die Klasse. "Okay, ihr habt gewonnen, mit all euren Streichen und dem fiesen Video, das ihr über mich gemacht und auf den Schulserver hochgeladen habt, habt ihr mich lächerlich gemacht. Ich gebe auf und verlasse die Schule, werdet glücklich und sucht euch in Zukunft ein neues Opfer."
Da kippt die Stimmung und es fällt den anderen wie Schuppen von den Augen. Sie sitzen alle im selben Boot, keiner ist perfekt, nur gemeinsam kann das Leben gelingen.
Der erste steht auf. "Ich hab das fiese Video gelöscht. Und nicht nur das, ich hab ein eigenes peinliches von mir hochgeladen, wie ich in der Nase bohre!"
So geht es der Reihe nach. Einer nach dem anderen solidarisiert sich mit der Außenseiterin und gesteht seine eigenen Schwächen und Fehler ein. Ganz zum Schluss ist die Klassen-Bitch an der Reihe.
Was wird sie jetzt machen? Alles wieder umwerfen und dem Bösen zum Sieg verhelfen?
Nein, auch sie ist geläutert, entblößt sich noch mehr als alle anderen und gesteht Peinlichkeiten ein, die alles zuvor Gesagte toppen.
In Wirklichkeit ist ihre scheinbar perfekte Hülle Zeichen ihrer eigenen tiefen Verunsicherung. Sie berichtet, wie viel Zeit, Aufwand und Selbstverleugnung es benötigt, um die eigenen Unzulänglichkeiten zu verstecken.
Ganz zum Schluss, als Höhepunkt, greift sie sich ins Dekolleté, zieht ihre falschen Gummibrüste heraus, zeigt sie herum und sagt: "Und ja, ich verbringe heimlich Zeit auf recording.de und ich schreibe Texte, die eine Mischung aus Typ 1, 3 und 5 sind!"
In diesem Sinne, danke für deinen Mut!
