Hallo Teestunde ,
Ändern ist sehr schwierig. Ich schreibe sehr oft einen neuen Text (auf Musik), wenn es zum Beispiel gegen die Reimwörter geht. Das ist wie beim Mikadospiel. Berührst du ein Stäbchen, wackelt der ganze Stapel. -
Fast unmöglich ist das Ändrn bei Geschichten, die nur einen kleinen Moment einfangen. Wie bei Deiner. Also zweifle nicht an Deinem Können. Lass sie, wie sie ist. Vielleicht findet der Text noch eine Vertonung. Und mit Musik hast du dann eventuell noch ein paar neue Einfälle.
Ich schreib seit Jahren keine kompletten Texte mehr, die nur einen Augenblick beschreiben. Weil ich weiß, dass diese sich nachträglich eigentlich nicht ändern lassen.
Die Lösung ist für mich eine Andere. Ich komprimiere das Schönste einer schönen Augenblick-Geschichte.... und mache daraus (zunächst schweren Herzens) lediglich eine Anfangsstrophe . Dann hat man plötzlich Luft, die Geschichte weiter zu erzählen. Ich spinne mal: in einer zweiten Strophe summt ein elegant gekleideter ätererer Mann in einer vollen U-Bahn mit geschlossenen Augen. In einer dritten Strophe erzählt dir deine Mutter zum 100sten Male alte Filme und du verstehst: ... Refrain...Erinnerungen sind: die Würze einsamer Tages, der Soundtrack langer Nächte.
Wenn ich soweit gekommen bin, überlege ich oft, ob ich die Geschichten Fremder (von mir aus wegen der Glaubwürdigkeit) zu meinen eigenen machen sollte. Also ich tanze plötzlich im Bad, Summe in der Bahn, setze mich an den Parkteich und zeichne auf die Rückseite der letzten Vorlesung einen Reiher...
Das nenne ich: sich im Fremden wieder erkennen.
Das ist das Schönste an der Kreativität: Nimm einen einzigartigen Momement und "degradiere" ihn zu "Ableger" und eine neue Blume der Phantasie beginnt daraus zu wachsen. Diesen Trick probiere ich jedes Mal, wenn mein Faden reißt. Ehrlich
Ich kam darauf, als ich das Buch eines Lyrikers über seinen Schreibprozess las. Der Mann ändert Gedichten oft über Monate. "Armer Hund", dachte ich im ersten Moment. Bis ich erkannte, dass man ja so mehrere Texte entwickeln kann. Man muss ja nicht verbissen EINEN Text am Tag schreiben. man kann ja auch täglich 5 Textentwürfe schreiben und sie mit der Zeit hegen und pflegen....
Lg