klingt das nach 60s und retro?

[mazze]

Ich experimentiere gerade etwas mit retromäßigen Arrangements und Sounds. Klingt das so etwas nach 60s und retro:



Und bei wem es nicht geht, bei mir geht es in Chrome immer wieder oder auch nicht, ein Link:
https://drive.google.com/open?id=0B0xyHHBQDm-HbjVhS3BVaDBZVFE

 

[muffy]

Es klingt Retro, aber eher nach 1979. Am Ende der Teil hat was von Turn Turn Turn oder Mr Tambourine Man, aber es müsste etwas naiver, verspielter sein und v.a. deutlich wärmer. Die Drums klingen leider auch etwas zu sehr nach General Midi.

Die Nummer ist aber irgendwie sehr flauschig anzuhören, sei sei noch gesagt.

 

[mazze]

Mist 14 Jahre voraus... Danke für deine Meinung.
Bei dem Drums ist meine größte Unsicherheit die Strophe und da das Hihat. Ich schwanke zwischen krumm gespielt oder besonders gespielt... oder besonders rhythmisch interessant oder komisch...

 

[muffy]

Ich bemühe immer meinen Lieblings YT Channel an der Stelle (naja einen meiner Faves)



Ich glaube für den 60s Style ist es entscheidend, leicht müllige Drums zu haben, einen pfuppigen Bass (Flatwounds, Daumen, Shortscale), und amtlich Effekte drauf, aber eben zeitgemässe. Macht kaum Sinn, zB nen Lexi 480 zu nehmen. Im Zweifel viel Plate, Spring-Reverb, simples Eq'ing. Und Mono (-ish). Dein Stereo-Image ist für Retro mM schon zu breit.

Ich glaube, was wirklich helfen kann ist das Waves Abbey Road (TM!) Bundle. Bin kein Waves Sales-Rep oder so, aber da kann man nette Sachen mit machen, ggf. auch mal Waves Vinyl anhören. Das Waves ADT trifft genau den Sound der Klassiker... ok Werbung zu Ende.

 

[mazze]

Hihi, das war auch ein Zweck des Manövers... Habe das ADT mir gestern geholt und teste es gerade, hier auf der linken Akkordgitte..dezent.
Nach ordentlicher Vermüllung des Sounds muss ich noch schauen grins.
Ja schwierig sich von den Stereobreiten zu lösen.
Danke

 

[David ben Jesse]

Höre mal folgenden Song von 1961, da hört man nur links, mitte, rechts. Auch die Bandbreite scheint eingeschränkt zu sein.

 

[Jeff]

Imho geht das Arrangement in die richtige Richtung - aber die Sounds und der Mix sind in der Tat zu sauber.
Wobei die Gitarren grundsätzlich schon am besten passen.
Insgesamt braucht alles mehr Raum. Echten Raum, nicht unbedigt Hall. In den 60ern wurde noch nicht viel mit close miking gemacht. Entsprechend viel Studio hat man eingefangen.
Bei den Drums dann den Raum komprimieren - kurzer Attack, lange Releasezeit (1-3 Sekunden) und recht "hart".
Der Bass klingt auch zu modern. Wie muffy schon schrieb, Flatwounds und Short Scale sorgen für den richtigen "Plop".
Die Gitarren können auch mehr Luft im Sinne von Raum vertragen. Nicht selten standen die Mikros 50cm und weiter vom Amp entfernt, um sie "nicht zu beschädigen".

Stereo wie wir es heute kennen kam erst Mitte/eher Ende der 60er so richtig auf. Mono ist eine Variante. Das sog. Beatles-Stereo wie bei o.g. Video war kein Effekt sondern notwendiges Übel. Die damaligen Konsolen hatten einfach keinen Pan-Regler sondern nur L-C-R-Scahlter. Bis dahin wurde ja fast nur Klassik aufgenommen - und damit man Breite bekam wurden zwei Mikros genutzt, die je hart links/rechts eingestellt wurden. Stützmikros kamen in die Mitte. Dazwischen wurde nichts benötigt. Und da die Konsolen nur 4 Rückwege vom Band hatten war Spur 1 links, Spur 2 rechts und der Rest in der Mitte. Da zu Beginn meist Drums und Bass auf getrennte Spuren aufgenommen wurden ergibt sich dieses Schräge Stereo-Bild, was eigentlich ein Abfallprodukt war. Aber der Markt wollte halt Stereo.
Kurz: Stilecht ist imho nur Mono

Die eingeschränkte Bandbreite hat wieder eher was mit der Mikrofonierung zu tun - da man weiter weg war, hat man nicht so viel Bass/Wumms eingefangen. Zudem wurde zumindest in England nicht so druckvoll gemastert wie in den USA - EMI war da extrem streng und rückständig - bis die Fab 4 und Konsorten den Laden aufgemischt haben

 

[Jeff]

Gerade entdeckt:
https://www.gearslutz.com/board/new...aw-drums-60s-ludwig-blue-sparkle-kontakt.html
$10 - da kann man glaube ich nicht viel falsch machen (wenn man Kontakt hat).
Auch die anderen Kits von denen klingen für den Kurs ok.

 

[muffy]

Du kannst ja mal das Bad als Echochamber nehmen, das klingt sicher 60erer als jedes VST.

 

[Kassette]

Ich finde die musikalische Substanz schon sehr gut als Startpunkt.
Das ist eine gute Ausgangsposition, um an den Sounds zu schrauben.
Momentan klingen sie halt sehr nach Konserve.
Die Kollegen haben oben ja schon viel Gutes geschrieben.
Wenn du auf den Spuren von retro Sounds bist, musst du dich vor allem mal gedanklich in die Zeit und die oft beschränkte Technik zurück versetzen.
Vieles, was wir heute als normal kennen, war aufgrund begrenzter Bandbreiten und Aufzeichnungsmöglichkeiten noch gar nicht möglich. Da musste viel getrickst werden.

Ein etwas anderer Gedanke dazu...
Ich finde es - neben dem Versuch "echte" Retro Sounds nachzubilden - auch sehr interessant, wenn man beide Welten, damals und heute, verschmelzt.
Machen auch viele Indiebands, nennt soch irgendwas mit modern vintage

Ein aktuelles Beispiel, wo jemand die alten Sounds aufgegriffen und in einem Album verwendet hat - meines Wissens aber auch mit viel alter Hardware, alte Mikros, Bandmaschine etc. - ist der holländische Kollege Jacco Gardner auf seinem Album "Cabinet of Curiosities" von 2014.
Mal reinhören, Anspieltipp "Clear the air" oder "The one eyed king".
Klingt alles sehr authentisch, achte mal auf Bass, Kick und Snare, Mellotron und wie dünn die Gitarren eigentlich sind. Und natürlich die allgegenwärtige Plate.
Da hörst du auch viel Verzerrung in den Einzelsignalen, so richtig clean ist da eigentlich gar nichts.
Nur am Mastering merkt man, dass es eben heutzutage gemacht wurde.

 

[mazze]

Danke für die ausführlichen Empfehlungen...ich werde eine "verschlechterte" Version fertigen...
Aber so an sich was das Arrangement betrifft passt die Richtung?

 

[Kassette]

Aber so an sich was das Arrangement betrifft passt die Richtung?

Ja. Bisweilen noch etwas "zaghaft". Ruhig noch etwas Abwechslung.
Wie gesagt, hör mal in das o.g. Album rein, viel Inspiration.

 

[Jeff]

Noch mal zum Thema Bandbreite - das hatte imho weniger mit der Technik zu tun als viel mehr mit dem Arrangement. Es gab eben nur Mono - heute können wir die Signale streuen und entsprechend auch frequenzmäßig mehr Platz beanspruchen. "Damals" musste alles in die Mitte passen. Mono zu mischen und zu arrangieren ist viel schwieriger als Stereo. Zwar haben wir heute auch viel mehr Spuren und Signale, aber achtet mal auf die 60er Arrangements - da wechseln sich die Instrumente viel mehr ab als heute.
Die Bandbreite war da. Gerade die ganzen Remixes und Remasters von den Beatles zeigen das ziemlich gut (Sgt. Pepper, Let it be ... naked). Es wurde früher einfach für andere Hörgewohnheiten und nach anderen "Regeln" gemischt/gemastert.

Ein aktuelles Beispiel, wo jemand die alten Sounds aufgegriffen und in einem Album verwendet hat - meines Wissens aber auch mit viel alter Hardware, alte Mikros, Bandmaschine etc. - ist der holländische Kollege Jacco Gardner auf seinem Album "Cabinet of Curiosities" von 2014.

Cool, kannte ich auch noch nicht. Mir fallen spontan die "Temples" oder "The Moons" ein, oder auch bedingt "Little Barrie".

 

[Kassette]

Temples

Auch klasse, prima Beispiel. Mag ich.
Oder die recht bekannten "Allah-Las"...gibt ja doch einige.

 

[LulleuNulle]

Arbeite mit Mono Hall und Delay und schau zu das die Räume den Instrumenten folgen, also pan links, Hall mit nach links. Dann den Instrumenten mehr Wet Anteile geben, da gilt es eine gute Balance zu finden das es auch nach einen Raum klingt.
Vocals könntest Du parallel Obenrum etwas Zerre dazugeben.
Bei der Drum etwas aufpassen das die nicht zu verhallt klingt.

Ich finde aber das schwierigste sich an dieses grausige L M R zu gewöhnen, da muss man sich wirklich beherrschen und nicht seinen Hörgewohnheiten nachgehen

 

[mazze]

Ich lege mir nen Beutel bereit...

 

[Jeff]

Ich finde aber das schwierigste sich an dieses grausige L M R zu gewöhnen, da muss man sich wirklich beherrschen und nicht seinen Hörgewohnheiten nachgehen

Ich finde es cool
Die Schwierigkeit ist, es richtig zu machen. Nicht wild die Instrumente verteilen, sondern sich zu überlegen, welche Instrumente unter Umständen schon zusammen aufgenommen oder aus Platzgründen auf eine Spur gebounct wurden. Oft wurde z.B. Die Rythmusgruppe zuerst aufgenommen, dann die Overdubs. Vocals und Solo-Instrumente kamen oft auf eine einzelne Spur und konnten daher in die Mitte.
Und da die Spuren 1 und 2 oft hart mit den "Stereo-Eingängen" der Konsolen verbunden waren, lag die Rythmusgruppe dann hart links/rechts.
Wie geschrieben war Stereo eher ein Abfallprodukt und aufgrund der o.g. Not eben nicht wirklich toll - das Augenmerk wurde auf einen vernünftigen Mono-Mix gelegt.

 

[muffy]

Der Spector hat ja Tracks mit großem Ensemble wie Be My Baby von den Ronettes tatsächlich "live" und alle zusammen aufgenommen. Da will man nicht der klei Scheisserle sei, weswegen alle nochmal von vorne müssen.

Was ich aber nicht weiss, ob sie es nicht abschnittsweise aufgenommen und dann zusammengeklebt haben, k.A. ob das schon ging, 1964. Auf Bitches Brew (1969/70) haben die ja schon ziemlich zünftig editiert mit Bouncen, Looping etc.

 

[Jeff]

Die haben schon heftig editiert. "Good vibrations" von 66 ist zusammengebastelt, "Strawberry fields" von 67 auch. Und es wurde sicher auch schon vorher gemacht.
Burt Bacharach hat mit Cilla Black "Alfie" aufgenommen - alles war perfekt, selbst George Martin war zufrieden. Am Ende waren es über 20 Takes, weil Bacharach die Stimmung nicht gefiel. Damals war Musik auch in anderer Hinsicht Kunst ...

Ich glaube von uns würden in der Zeit keine 10% stand halten - mich eingeschlossen ...

 

[muffy]

Ich glaube von uns würden in der Zeit keine 10% stand halten - mich eingeschlossen ...

Same here! Ich habe neulich für einen 4 Min. Song für den Bass ca. 40 Takes gebraucht - und ich habe von Anfang an abschnittsweise gearbeitet, also schon gar nicht mal versucht, komplett durchzukommen...