Nachtschicht hat es eigentlich perfekt beschrieben, wir die Pro Realität aussieht. Nur wo er die vermeintliche Glorifizierung gelesenen haben will wird mir nicht ganz klar.
ich mein damit nicht hier im forum (kann ich in die eine oder andere richtung nicht beurteilen) sondern eher generell. mastering ist aus meiner sicht ein etwas überbewerteter schritt im arbeitsprozess. das ist son bisschen ein relikt aus den zeiten als (je nach epoche) jeder der lauteste, der hifi-iste, der bassreichste oder whatever sein wollte, und natürlich fördern prozesse wie "ui, mein mix wurde durch den megatollen compressor XY gejagt" eine gewisse romantisierung.
das ist in der heutigen zeit son bisschen vorbei aus meiner sicht. viele aktuelle produktionen (aktuell = schon einige jahre) scheren sich hörbar einen dreck um derlei parameter. in der heutigen überinflationierten welt gibts tontechnisch aus meiner sicht eigentlich nur noch ein höchstes gut, und das ist besonderheit, charakter im sound, wiedererkennungswert, und das gerne auch mal eine klangästhetik die nach "objektiven" kriterien suboptimal ist. da laufen die kauzigsten sachen durch die charts, und oftmals würde ich aus produzentensicht unterstellen, nicht obwohl sie kauzig sind, sondern ein bisschen auch gerade weil.
das nimmt dem (selbstverständlich sehr hohen) handwerk des masterings aus meiner sicht son bisschen die schwere und übermächtige bedeutung die es einstmals hatte. klar, es gibt gewisse spielregeln was den pegel angeht, es gibt auch immer noch lautheitskrieger obwohl das thema eigentlich inzwischen grösstenteils vom tisch ist weil die mehrheit aller abspielgeräte (von sämtlichen itunesgeräten bis hin zu den grossen windows playern wie WMP oder winamp) mit RMS tabs arbeitet, aber insgesamt ist das alles nicht mehr so wild wie es mal war. man merkt das auch an den labelkunden. was haben die A&Rs früher sich nicht in die hose gemacht bei der wahl des masterers, das waren früher richtig wilde diskussionen. heute ist das den meisten relativ wurscht. sollte bitte nicht allzuviel kosten, danke und tschüss, und dann hört sich der A&R das ganze nochmal auf seinem laptop oder seinen computerspeakern an, bestenfalls über kopfhörer (wo sowieso immer alles irgendwie ganz schön toll klingt), und fertig.
was natürlich irgendwo traurig, aber eben auch bezeichnend für den typischen modernen musikkonsum ist. das fetischhafte ist einfach raus aus dem thema, und da kann man auch durchaus argumentieren, dass das jetzt auch nicht sooo schlimm ist. gibt ja genügend dokumentierte masteringverbrechen die ganz klar auf überambition zurückzuführen sind, da tut eine globale entspannung bei dem thema auf jeden fall auch mal ganz gut.
muss nochmal klarstellen, ich will damit die kunst des masterings keinesfalls schmälern, es gibt da wirklich ne ganze menge sehr sehr feine kollegen. aber es ist halt alles wieder etwas mehr auf normalsterbliches mass gestutzt, und insgesamt fühlt es sich für mich so an, als ob der fokus insgesamt wieder etwas mehr auf den mix gerutscht ist, und vor allem auch bisschen weg von den sportlichen parametern lautheit, tiptop frequenzgang und, äh, "amtlichkeit", und eben mehr hin zu eigenständigkeit im klang, beinahe egal wie.
ich seh das auch an eigenen sachen, ich hab da zahllose dinge die super duper amtlich sind, in mix wie mastering. aber jetzt mit abstand auch irgendwie bisschen langweilig. ich mags jetzt gerne wieder etwas kauziger, und in dem moment, in dem kauzigkeit (TM) als stilmittel im mix anerkannt ist, ist auch die beschaffenheit des masterings insgesamt einfach, wie soll ich sagen, "freier".
das alles vorausgesetzt natürlich, dass schon son mindestlevel an fachlicher expertise vorhanden ist, also dass der mix dann in seiner kauzigkeit sauber auf andere anlagen "translated" und keine groben fehler vorhanden sind (a la soviel bass dass im auto die membranen anfangen zu pupsen oder die klassische kaputtkomprimierung) - aber da es alles etwas entspannter ist heutzutage ist das auf jeden fall auch ne gute zeit, um das auch selber zu lernen.
in jedem fall würde ich immer empfehlen, es jedes mal aufs neue zu versuchen. scheitern und den mix doch an einen externen masterer geben kann man ja trotzdem immer noch. und der entscheidenste faktor "satz neuer unvoreingenommener ohren und mixberatung", den kann man auch im austausch mit anderen musikern haben. das sind dann zwar fachlich etwas weniger fundierte kommentare die man da bekommt, aber sie sind ein guter konsumenten-kompass und oftmals ist es sogar sehr interessant und lehrreich, worauf solche leute achten während ein professioneller masterer gerne auch mal einen leicht fachidiotischen tunnelblick hat und vor lauter achten auf die "fachlichen" parameter vergisst dir zu sagen, dass der refrain einfach noch nicht genug schockt und doch gerne etwas unvernünftiger gemischt werden dürfte.
oder sich auch mal von nem gitarristen dazu bringen zu lassen, ein gitarrensolo bewusst "viel zu laut" zu machen. das viel zu laute gitarrensolo ist nämlich eigentlich ein ganz schön witziger archetyp der musikhistorie, und triggert oftmals mehr emotionen als ein "korrekt" gemischtes, sauber in den mix gebettetes solo. bei letzerem triggert man damit nämlich nur "aha, ein solo", bei ersterem aber potentiell ein "argh, das is aber frech gemischt, da hatten sie aber spässken, diese spinner". ich mag so zeugs
aber ich schweife jetzt auch ein BISSCHEN ab, sorry
also, mein rat aus ganz doll dufte profesionellem fachidiotenmund wäre: mindestens immer auch selber versuchen. das schlimmste was passieren kann ist dass man was dazulernt. und heutzutage wo selbst hobbyisten 5 verschiedene fairchild-algorithmen in der pluginliste haben ist das auch nicht mehr ganz so gefährlich. das war früher als digital klingende kratzkisten a la waves C1/L1 das mass der dinge waren ja auch mal anders