Morgen

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Hallo zusammen,

ich kam bisher nie auf den Gedanken, einen Text zu posten.

Was mich hier ins Forum gebracht hat, waren immer nur technische Fragen. So Sachen wie, warum irgendwas so oder so klingt bzw. noch viel häufiger, warum es nicht so oder so klingt.

Jetzt hab ich aber einfach mal ein bisschen hier gestöbert und war überrascht über die Inhalte und fand es schön, wie sich unterschiedliche Leute darüber austauschen.

Und irgendwann zwischendurch kam mir ein ganz alter Text von mir in den Sinn und ich hatte auf einmal total Lust, den hier reinzustellen, ihn quasi öffentlich zu machen. Und dann mach ich das halt auch mal.

Einigermaßen kurz zur Vorgeschichte:
Ich hab mich als Schüler eine Zeitlang an so karnevalsartigen Witzgedichten versucht und damit meine Mitmenschen mehr oder weniger erfreut. Und irgendwann hatte ich einen Tag, an dem ich das Gefühl hatte, ich sollte stattdessen einfach mal genau das niederschreiben, was mich wirklich beschäftigt. Und dann hatte ich so einen Moment, wo man nicht groß nachdenkt, es quasi von allein aus einem heraussprudelt und plötzlich liegt da ein Text vor einem und man wundert sich selber darüber.

Das war vor 22 Jahren. Von daher ist der Text für mich ein bisschen Gedicht, ein bisschen Zeitdokument. Als Liedtext hab ich ihn nie in Erwägung gezogen.

So denn, hier also das Werk, das auf den schlichten Titel "Morgen" hört:


-- Morgen --

Ich konnte nie richtig glücklich sein
gemerkt hat das keiner, nur ich allein
und dass ich allein war, mein Dasein voll Pein war
das war gut verborgen, verschoben auf morgen
und galt doch für heute

Die Zeit blieb nicht stehn, sie ging nur vorbei
die Lösung kommt morgen, wie immer sie sei
Doch morgen blieb morgen, nicht greifbar, nur Flucht
die Flucht vor dem Heute, den Versuch nicht gesucht
dem Risiko entgangen, die Furcht angenommen
im Kopf ein Verlangen, mehr klar als verschwommen
doch Handeln, Probieren schließt ein das Verlieren
und das liegt im Heute

So blieb es ein Traum, im Heute zu leben
das Morgen war wichtig, um Leben zu geben
ein Leben, das greifbar und doch so entfernt
ein Morgen vom Heute und doch fast verlernt
Die Zeit hatte Krücken, das Morgen war Stütze
die Stütze zu haben, hieß nicht, sie zu nützen
es hieß nur noch weiter im Heute zu kriechen
zu leben im Morgen, die Zeit zu versiechen
die Zeit zu zerstören, das Leben mit hin
denn dies war im Heute, im Heute ohne Sinn

Meine Angst vor Zerstörung, sie hat mich zerstört
verfolgt, stets im Rücken, hab ich sie gehört
gehört nur, vermutet, doch niemals gesehn
die Flucht Richtung Morgen ließ mich niemals stehn
Ich rannte, verbrannte und rannte doch weiter
ich kannte nur weiter und tat es auch leider
ich rannte bis gestern, bis heute, bis jetzt
und bin doch vom Gestern noch heute verletzt.

Es geht nicht mehr weiter, kein Morgen als Ziel
mein Gestern voll Grauen, was bleibt mir? Wohin?
Es bleibt mir ein Jetzt, ein Jetzt zum beginnen
ein Jetzt, zum sich setzen, zum denken, besinnen
zum handeln, zum kämpfen, zum Leben, zum Tod
ein Jetzt, das die Chance zum Wandeln mir bot
Es ist eine Chance, vielleicht gar zum Leben
sie kann alles ändern, kann nehmen und geben
kann bauen, zerstören, verlieren, gewinnen
und kommt nur Zerstörung, dann will ich beginnen
Ich will mich zerstören, wenn mir sonst nichts bleibt
will alles versuchen zu dem Ziel, das mich treibt
will leiden wie gestern, doch wissen um heute
will wissen, wofür, ich nun immer noch leide
will kämpfen um mich, will die Suche nach Glück
und stolz sein, beim Blick auf das Gestern zurück
 
@Andaraginga

Dein Text berührt mich. Er ist ehrlich, klar und auch in einer Art poetisch, die mir gut gefällt.
Und so weit ich das beurteilen kann, auch rhytmisch und mit Flow. Würde ich sehr gerne vertont hören, stelle mir da spontan einen melodischen langsamen Rap zu vor. Ich glaube, du hast da etwas vertextet, was viele Menschen heute kennen. Mir fielen spontan die Zeilen von H.R.K. ein :

Man kann doch zu sich stehen wie man will
die meisten stehen lebenslaenglich still
der Wind blaest ihnen staendig ins Gesicht
doch aufzufliegen trauen sie sich nicht

Es ist übrigens nie zu spät um aufzufliegen...

Ach so, den Titel würde ich vielleicht noch etwas ändern. Irgendwie versuchen, eine Andeutung einer Pointe, eines Inhaltes reinzubringen. Mal so ne gaaanz schnelle Idee: "Morgenflucht"
Verstehst, wie isch mein? :)
 
@Andaraginga
Leider bleibt der Text bis zum Ende im Unbestimmten, dadurch ist mein Interesse daran immens geschwunden, es wäre schön, im Text zu erfahren, warum Du so unglücklich bist, warst.
Ohne diese Infos dazu kann ich dem Text leider nicht allzu viel abgewinnen.
Vielleicht solltest Du in Zukunft inhaltlich eindeutiger werden in Bezug auf den Text. Aber das ist nur meine bescheidene persönliche Meinung, ok?
 
Danke für die Rückmeldung.
Wie gesagt ist das gar kein Text, der ursprünglich für Publikum geschrieben wurde, von daher hab ich auch gar nicht versucht, ihn zu verbessern oder perfekt zu machen, zumindest nicht in dieser ersten Version. Wenn da irgendwann noch was draus werden sollte, würde es aber wohl tatsächlich Sinn machen, klar!

@MamaFettig: Tatsächlich würde ich den auch gerne vertont hören. Allerdings nicht von mir. Ich bin musikalisch eher orientiert an klassichen Rock/Pop-Liedstrukturen mit Strophe, Refrain, etc. und das hat der Text ja gar nicht.

@Haha: Deine Meinung in Bezug auf Eindeutigkeit ist komplett okay und voll akzeptiert, in dem konkreten Fall möchte ich da aber nicht eindeutiger werden. Was ich in dem Text sehe, ist der Versuch zu schildern, dass man wegen einem oder mehrerer Probleme irgendwie das Gefühl hat, dass alles keinen Sinn macht und man entsprechend frustriert ist. Ob das im konkreten Fall, was körperliches, psychisches, zwischenmenschliches oder ähnliches ist, hab ich für das "Funktionieren" des Textes gar nicht für so wichtig gehalten.

Das ist aber ein interessanter Punkt:
Wie eindeutig muss ein Text sein? Du würdest dir hier mehr davon wünschen. Ich war bisher eher der Meinung, dass ein Text ruhig ein bisschen vage bleiben darf und dass das sogar hilft, dass der Zuhörer das mit eigenen Gedanken füllen kann. Wahrscheinlich kann beides richtig sein und bei dem Text ist es mir einfach nicht gelungen, dass er für dich so funktioniert.
 
Wie eindeutig muss ein Text sein?
ich finds ok so der text wird eindeutig
wenn man ihm ein oder mehrer bilder
zuordnen kann.
grad im zusammenhang mit nem vid bringt dieser vage
text sogar mehr szenen als wenn es nur
primaer herzschmerz focusiert.
der vorteil ist da traegt jeder in "der szene"
dann sein paeckchen mit.
somit erhoeht es die zuschauerbandbreite !

als songtext ist aber konkret herzschmerz blues gefragt wenn
kein vid dabei ist.

gib dir nochn tip es fehlt ne hook.(das wiederholende einpraegsame)
dass ist gut in deinem fall kannst du die situation damit konkretisiern.

mit zB
"kaum jemand "gibt,"
unsere liebe ist wie ein Dieb !
verloren ist mein schlaf,
weil Angst unser versprechen brach !"

statt angst geht auch nen frauenname oder DU etc.
mit meiner hook wuerd ichs dir mal verbildern.
wenn du magst.

LG
 
@Andaraginga
Es stimmt, daß nicht alles in einem Song offengelegt werden sollte, wie bliebe da das Kopfkino, was ja erst dann einsetzt, wenn der Leser/Hörer sich seine eigenen Gedanken dazu macht.

Aber damit das mit dem Kopfkino funktioniert, müßte zumindest ein Anhaltspunkt angeboten werden, nur das "irgendwie" Gefühl anzubieten macht es mir schwer, mein Kopfkino in Gang zu bringen. Du mußt ja nicht gleich alles verraten, aber etwas mehr Inhalt täte dem Text mMn gut.

Das könnte z.b. einfach eine einzige Zeile zu Beginn sein, wo Du kurz etwas Athmospärisches reinbringst, z.b. einfach der Ort und die Uhrzeit, wo Du das schreibst. Vllt reicht das dann schon.
 
@Frank6502:
dann sind wir jetzt also dabei den Text zu kommerzialisieren ;-)

Jetzt aber ganz doof nachgefragt:
Was meinst du mit "verbildern"? Irgendwie ist der Begriff mir nicht eindeutig genug;-)

@Frank6502 + Haha:
Bitte nicht in den falschen Hals kriegen. Ich freu mich über Rückmeldung. Und irgendwelche Gedanken und Aspekte aufgezeigt kriegen, die man selber überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, ist interessant und auch lehrreich. Danke dafür.
 

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