Da Koolkolle den Refrain erwähnte:
Neben denTricks, sich möglichst viele Reimangebote zu schaffen (Umstellungen, mehrere Zeilenvarianten), achte ich sehr stark auf einen zweiten Aspekt: Originelle Reime.
Mal negativ ausgerückt: Wer kauft schon ohne Not Obertrikotagen vom Wühltisch? Wer läuft schon gern rum als wandelndes Billigangebot?
"Sorgen" und "Morgen" sind so ein Billigangebot. Der Grund: es gibt echt nur 2 Reime auf Morgen: "Sorgen" und "borgen". Das macht die zweite Zeile vorhersehbar. Und das Vorhersehbare ist Wühltisch. Bei oft benutzten Worten mit wenig Reimvarianten sind über die Jahrhunderte fast alle Aussagen durchgekaut. In Deinem Falle: "was du heute kannst besorgen/ das verschiebe nicht auf morgen". -
Wir wollen von Reimen und Inhalten überrascht und verzaubert werden. Und nicht dauernd stöhnen: na DAS kann ich auch.
Lösungen (die Betonung liegt auf der Form) :
Umstellungen - heute muss ich Freiheit schnüffeln / die Wahrheit kann ich
morgen büffeln
Synonyme: ich nehm mir frei mit einem Schlag / Und klotz dann ran am
nächsten Tag
Umschreibung: ich hab
keinen Bock auf Pauken / Leute ich bin Pianist
Überhaupt: ich lege mir vor jedem neuen Text eine Liste von Synonymen und Reimen an. Manchmal nehme ich mir mehrere Stunden dafür Zeit.
Hier zeigt sich wahrscheinlich das Talent: ich lese Wortlisten und sehe in Bruchteil von Sekunden ganze Zeilen. Die schreib ich zunächst wahllos auf. Also zum Beispiel: lernen--> pauken--> Pianist--> obige Zeile. Meistens hab ich nach einiger Zeit zig bunte Zeilen mit den unmöglichsten Querverbindungen. Da wo andere verzweifelt nach eine Twist suchen, finde ich vor lauter Plots und Twists keine Geschichte
- Positiver Effekt: ich habe immer plötzlich mehrerer Geschichten zur Auswahl.
Wortschatz kommt vom Umgang mit Wörtern. Wörterbücher sind dafür nützlicher als man denkt. Wichtig ist nur, dass man beim Lesen und Aufschreiben den kleinsten Sprung beachtet, denn der Hirncomputer dabei macht. Je verrückter die Querverbindung, umso verrückter (geiler) die mögliche Zeile.