Mikrofone "richtig" testen

[cRUSh]

Hi!

Ich will gerne meine Aufnahmekette verbessern und hatte den Gedanken, dass ich bei meinem Mikrofon, ein Studio Projects B1, damit beginne. Da ich aus beruflichen Gründen quasi nie Gelegenheit habe für einen ausgiebigen Test in den Musikfachhandel zu fahren, zumal alleine die Fahrt von hier aus schon > 1h beträgt, habe ich mir Soundbeispiele angehört, Tests gelesen/geschaut und hier im Forum gestöbert. Letzten Endes blieben für mich zwei Mikrofone übrig die ich bestellt habe und heute endlich im Flur standen. Ich überlege nun, wie ich diese mit möglichst wenig "Umstöpselei" und möglichst aussagekräftig testen kann.

Ich benötige das Mikrofon für Vocals, akustische Gitarre und Trompete. Vom Grundsatz her würde ich mein altes Mikrofon gerne auch in den Vergleich aufnehmen. Denn wer weiß, vielleicht lohnt sich ein höherpreisiges Mikro am Ende für mich gar nicht? Oder aber es gibt halt diesen so wundervollen AHA-Effekt.

Testset wäre somit ein Neumann 102, ein Neumann 107 und das B1, jeweils mit jeder der genannten Schallquellen.

Mein erster Gedanke war, alle Mikrofone nebeneinander aufstellen und gleichzeitig über die drei Eingänge auf drei Audiospuren in Cubase aufnehmen und dann hinterher vergleichen. Aber wie würde ich die jeweils positionieren um möglichst identische Aufnahmebedingungen für jedes Mikro zu schaffen?

Oder besser hintereinander erst alle Schallquellen auf Mic 1, dann alle auf Mic 2... Was irgendwie auch Mist ist, denn wenn ich erst Singe dann die Trompete einspiele und beim nächsten Mic wieder singe, klinge ich ohnehin anders.

Und wenn ich erst alle drei Mics "besinge" und dann alle drei "bepuste" usw. muss ich ja dauernd schauen dass ich die Mikros möglichst exakt positioniere.

Somit scheint für mich persönlich nur das Synchrone aufnehmen in Frage zu kommen, wobei wir dann wieder bei der Positionierung wären. Einfach in die Mitte, alle möglichst nah beieinander? Hat jemand noch einen Tipp bzw. Lust mit zu überlegen?

Grüße
cRUSh

 

[Astronautenkost]

Wie verstärkst Du vor und womit hörst Du ab?

 

[cRUSh]

Gute Frage.

Ich würde die Mikros einfach in mein Interface stecken (FastTrack Ultra 8R) aufnehmen und hier in erster Linie über Kopfhörer abhören wollen (Beyerdynamic DT 990 Pro) um den Lupeneffekt zu nutzen. Parallel dazu aber auch über meine Monitore (Prodipe). Wobei ich diese nur selten nutze und somit meine Ohren fast gar nicht an sie gewöhnt sind. Aber ob es besser oder schlechter klingt müsste ja dennoch deutlich werden.

Damit wäre ich dann wahrscheinlich zufrieden. Wenn das Ergebnis mich jedoch erstaunen sollte, aus welchem Grund auch immer, kann ich fast davon ausgehen dass ich die Aufnahmen dann auch noch im Auto abhöre, im Wohnzimmer auf der Hifi-Anlage, in der Küche, auf dem Handy beim ....

 

[acblitzdc]

Hi crush,

Die Frage und die Art wie Du sie stellst macht es nicht so einfach zu antworten. Ich versuch mal zwischen den Zeilen zu lesen...

Erstmal ist das "RICHTIGE" testen von Mis's gegeneinander ist 'ne richtige Wissenschaft, aber ich entnehme mal Deinen Zeilen, dass Du's nicht übertreiben willst (die Zeit, und der "Einsatz" den Du erwähnt hast). Daher kurz & knapp und pauschalisiert:

1. Feststellen was der Raum hergibt (ändert unter Umständen die Mic- Auswahl)
- Großmembraner nehmen viel Raum auf
- klingen Deine Instrumente wenn Mic nah dran ist gut, aber wenn weiter weg ist (z.B. 1m) doof?
- probier mal gerade bei kurzen Impulsen, ob's passt !!!...

1.a Wenn ja, ist das Geld für ein "besseres" Mic, (von den genannten) nicht gut angelegt!


1.b Wenn der Sound auch weiter weg OK (Raum schick), dann 2.

2. Stell alle 3 so dicht wie möglich zusammen (gleiche Höhe; etc) und NICHT zu dicht an das Instrument (1m ???). Nimm alle 3 gleichzeitig auf. (gleiche Preamps hast Du ja)
- Takes der Instrumente nach dem Aufnehmen so gut wie möglich "gleich laut" machen (nach Gehör; nicht Pegelanzeige!

Alle Takes rausbouncen aus der DAW und blind hören....

Zu 2. gibt's eigentlich noch 1000 Sachen zu sagen, aber das sprengt hier den Rahmen.

3. Die Mikrofone NACHEINANDER nah ran ans Instrument, Zollstock (Höhe; Entfernung vom Instrument; links/rechts- Pos. ; Neigung... dokumentieren; z..B auf Aufnahme sprechen)
- so pingelig wie möglich !
- Bei akust. Gitarre auch mal heftiger mit dem Plektrum (Impuls/Transienten- Ansprache; Härte in den Mitten/Höhen)

Dann wie bei 2 leveln -> raus bouncen -> blind hören.

Versuch bei 3. die Pos. der Mic's so exakt wie möglich zu klonen. 1cm links/rechts; Neigung der Kapsel wenn nah dran ändert bei Nah dran alles!

Denk dran, dass bei ak. Git. die Töne von verschiedenen Stellen kommen !
- je nach gespieltem Ton strahlt ein anderer Teil der Gitarre mal mehr mal weniger ab...
(wichtig für Mic- Pos.)

Soweit mein Tip in Kürze..


Gruß

 

[Burkie]

Hallo,

Mikrofone kann man nicht vergleichen, wenn man verschiedene Aufnahmen damit gemacht hat.

Wenn du also die Mikros vergleichend testen willst, musst du sie gleichzeitig am gleichen Ort aufbauen, jedes einzeln für sich richtig einpegeln, und gleichzeitig das gleiche Musik- oder Klangbeispiel damit aufnehmen.

Dann kannst du die Aufnahmen, die ja alle das gleiche Schallereignis wiederspiegeln, vergleichend abhören, etwa hinsichtlich Rauschteppich oder Klang. Oder auch hinsichtlich Richtverhalten, indem du die Mikros von vorne richtig einpegelst, von vorne einen Testton auf alle dreie gleichzeitig aufnimmst (der sollte dann auf allen drei Spuren gleich laut sein), und dann die Mikros bei laufender Aufnahme von der Seite oder von hinten "bespielst".



Profis hingegen lassen Mikros nacheinander von Sängern oder Musikern mit dem gleichen Musikstück bespielen oder besingen, und vergleichen dann die feinen Details der jeweiligen Aufnahmen und Darbietungen miteinander. Die feinen Unterschiede der Darbietung werden also den Mikros zugeschlagen.



Zum richtigen Aufbau: Mikros möglichst nahe zusammen aufbauen, etwa nebeneinander oder in Form eines Sterns.

Dann ist der Abstand der Mikrofonmembranen zueinander wenige Zentimeter. Der Abstand zur Schallquelle soll ein mehrfaches dieses Abstands sein.



Gruß

 

[cRUSh]

Super! Schon mal vielen Dank für die Denkanstöße. Leider fehlt in der Sendung eine mitbestellte Spinne, so dass ich die drei aktuell nicht nebeneinander stellen kann. Ich hoffe die liefern das kurzfristig nach...

 

[Astronautenkost]

OK. Das Interface holt nicht alles aus den Mikros heraus. Du solltest alle drei Mikros in T-Form oder Y-Form aufstellen, so dass Du die Kapseln nahe zusammen hast und in einem Take auf drei Spuren aufnehmen kannst. Zu Hause hast du kaum die Bedingungen, die Aufnahmen nacheinander zu machen. Das können nur wenige Künstler, gleich performen. Und Du musst voll reproduzierbare Bedingungen haben. Du solltest die Spuren alle gleich auspegeln, ansonsten später auf jeden Fall anpassen. Und nicht nur mit Kopfhörer, sondern auf jeden Fall mit den Monitoren abhören.

 

[whitealbum]

Die Kollegen haben ja schon eine wichtige Möglichkeit genannt.

Ich möchte aber noch auf folgendes hinweisen:
Wichtig ist, sich bei der ganzen Testerei Zeit zu lassen.
Sprich: Singe auch unbedingt in jedes Mikro einzeln rein, auch an unterschiedlichen Tagen.
Mache Dich frei, und konzentriere Dich auf die Performance.
WIe klingt es bei Gesang unter dem Kopfhörer, welches Mikro unterstützt Dich bei der Performance mehr? Ein Aspekt der nicht unwesentlich ist.

Dann kommt der Punkt wie klingt das Ganze im Mix.
Da erlebt man erstaunliches, manches Mikro unterm Kopfhörer eingesungen klingt auf einmal im Mix unterbelichtet.
Das muss man abwägen können, und dann entscheiden.

Ein weiterer Punkt wäre, einen erfahrenen "Mikrokenner" oder Tonschaffenden hinzu zuziehen.
Damit man eine zweite Meinung hört.

 

[Synophon]

Dann kommt der Punkt wie klingt das Ganze im Mix.

Meiner Meinung nach der wichtigste Punkt! Irgendeinen bereits fertigen Song nehmen, ein Instrument mit den beiden Neumännern recorden und abwechselnd in den Song mischen. Außerdem würde ich, wenn ich mit den drei Mikros das gleiche Schallereignis aufgenommen hätte, extreme EQ Einstellungen an den Signalen austesten; so zum Thema "Lupeneffekt".

Viel Spaß mit den tollen Mics!

 

[cRUSh]

Das mit dem Klang im Mix habe ich inzwischen verinnerlicht. Am Sonntagabend wird es so weit sein. Bin schon ein bisschen vorfreudig, zumal ich normaler Weise nichts bestelltes länger als 10 Minuten im Karton lassen kann.

 

[Entone]

Schreibe dann doch bitte Deine Ergebnisse/Eindrücke. Mich interessiert auch das TLM 107. Damit liebäugele ich auch ein wenig.

 

[whitealbum]

@Crush
Was war denn Dein erster Eindruck vom TLM102 und TLM107?

 

[AndiPaulo]

Kleiner Trick noch:
Bei Mikro-Tests nehm ich immer gleichfarbige Mikrokabel und steck die ins Interface ohne drauf zu achten welches Mikro an welchem Input hängt. So weiss ich nicht welches Mikro ich beim Abhören gerade höre. Erstz wenn ich mir ein Urteil gebildet habe schaue ich nach welches Mikro auf welcher Spur gelandet ist.

 

[cRUSh]

Hi,

gleichfarbige Kabel habe ich nun letztendlich nicht verwendet und ich habe eigentlich auch mal sämtliche Varianten ausprobiert. Einfach auch, weil ich möglichst viele Aspekte beleuchten wollte um hierdurch zumindest ein Stück weit die nicht optimale Raumakustik auszugrenzen.

Und ich bin tatsächlich recht erstaunt wie groß die klanglichen Unterschiede sind. Bin dann im Endeffekt beim 107er geblieben und das 102er geht wieder Retoure. Alleine schon weil es doch eine Ecke flexibler klingt und ich die Färbung und Anhebung bei meinen Vokals recht passend finde. Auch Trompete und Gitarre war für meinen Geschmack beim 107er besser abgebildet.

cu
cRUSh