Kleine Steine

[Teestunde]

Meine Bemerkungen hast du wohl nicht gelesen? #19

 

[SoulFrontier]

Was für Steine? Dass sie klein sind, sollte schon mit genannt werden, damit man das Bild besser vor Augen hat.

Der Kardinalfehler. Du musst und imo darfst
überhaupt nichts erklären und genauestens beschreiben für ein Publikum.
Im Gegenteil!

Du bist doch kein Erklärbär!

Dein Denkfehler hier und überhaupt.

 

[SoulFrontier]

Meine Bemerkungen hast du wohl nicht gelesen? #19

Doch ganz sicherlich

 

[Teestunde]

Nun, ein paar Farben braucht das Bild schon. So minimalistisch wie du bin ich eben nicht. Dein Fehler ist, dass du den Lesern/Hörern zuviel Initiative unterstellst, wenn es darum geht, die Bilder aus Eigenem zu vervollständigen.

Uah! Ich gehe jetzt in die Heia. Noch ein bisschen lesen und dann ab ins Reich der Träume! Ciao!

 

[artname]

Liebe Teestunde, Ich habe habe im Prinzip die gleichen Bedenken wie @Turquoise. Du solltest bei deinen Lieblingssongs mal sehr genau untersuchen, mit welchen Mitteln diese dich trösten, aufbauen, vorwärts schieben.

Autoren müssen kein echter Optimisten, Draufgänger oder Lebenskünstler sein. Dann hätten sie wohl kaum noch Grund und Zeit, sich die selten profitable Arbeit des Textens aufzubürden. Aber sie sollten eine skeptisches Einstellung zur Verzagtheit haben. Wenn die Stürme des Lebens drohen, einen umzuhauen, dann sollten sich Autoren von der Kraft der Stürme und nicht von der Schwäche der Gestürmten anstecken lassen.

Um es klar zu sagen: Je stärker Autoren die wütenden Kraft der Angst fühlen (und ich kann mir da viele Varianten vorstellen) umso mehr sollten sie diese Kräfte und Gegenkräfte erspüren ... und sich nicht an deren Trümmern erbauen. Ein Autor muss wissen, warum beim Happyend gewöhnlich abgeblendet wird. Ich kenne keinen beliebten Autor, dessen Helden keine Helden sind. Selbst als Antihelden kämpfen sie heldisch.... lass dir das mal auf der Zunge zergehen...

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Ich könnte auch bei Turquoise eine Strichliste irgendwie identischer LIs anfertigen. Seine Figuren entladen sich ja gern mal gewaltsam... Bei Lichte besehn für viele Menschen auch keine sonderlich aufbauende Lösung. Auch meine Figuren empfinde ich beim Schreiben meist stärker als beim anschließen Hören oder Lesen. Meistens, weil ich die echt krassesten Bewährungssituationen vermeide, die mir während des Schreibens durch den Kopf gehen...

Somit kein Grund, deinerseits den Kopf hängen zu lassen.

 

[Teestunde]

@artname Mein Sohn sagt mir oft, ich schaute jetzt ziemlich düster drein. Dabei ist mir das gar nicht bewusst. Innen fühle ich mich nicht düster, wenn ich so schaue. Seltsam. So ist das offenbar auch beim Schreiben, es kommt viel düsterer rüber, als ich es meine. Da ihr nun schon lange entsprechende Bemerkungen macht, Turquoise und du, sollte ich wirklich an mir arbeiten. Versprochen hab ich das ja schon oft, aber geschehen ist es bisher noch nicht. Oder nicht konsequent genug. Ich versuche, mich zu bessern.

 

[artname]

Ich versuche, mich zu bessern.

Keiner kann und muss sich ändern! Ändere in deinen Stoffe! Gib deinen Helden mehr Kraft. Verwandle ihren Kleinmut in Großmut! Wenn Düsternis dich anzieht, dann bleib dabei. Aber zeig das ÜBERLEBEN in der Düsternis. Zeige das Düsternis ihre eigenen Lichter und Schatten besitzt. Zeige, welche wunderbaren Angebote ihre Bewohner der gemäßigten Zone zu bieten haben. - Und welche Drohungen von ihnen ausgehen....

 

[Turquoise]

Aber zeig das ÜBERLEBEN in der Düsternis. Zeige das Düsternis ihre eigenen Lichter und Schatten besitzt. Zeige, welche wunderbaren Angebote ihre Bewohner der gemäßigten Zone zu bieten haben. - Und welche Drohungen von ihnen ausgehen....

Es genügt ja, auch erst mal nur den Kampf bzw. das Ringen etwas menschlicher darzustellen. Man kann verlieren - passiert allen ständig. Aber dann ist die Gefühlspalette viel breiter als "klammheimlich", "würde", "wie gerne", "wahrscheinlich", "vielleicht", "beklommen", "nicht kränken", ach und oooh und weh...
Teestundes Texte sind seit Jahr und Tag voller dieser schwächelnden Attribute. Das LI erinnert ständig an das kleine Entchen aus dem Märchen, das bei jeder neuen Entdeckungsreise der anderen Entchen weinend oder mit aufgerissenen Augen daneben steht und ruft "und was ist mit mir"?

Seine Figuren entladen sich ja gern mal gewaltsam... Bei Lichte besehn für viele Menschen auch keine sonderlich aufbauende Lösung.

Wenn dem so wäre, dann wäre ich der Quentin Tarantino der Lyrics. Aber es ist ja nicht so. Gewalt steht schon oftmals irgendwie latent angedeutet im Raum. Aber "entladen" tut sie sich eigentlich nie. Gut, in "Beute" wird ein Hirsch von einem Jäger geschossen. Und in "Gorilla" spielt der Herr mit seinen Muskeln.
Die eigentliche Gewalt in meinen Texten ist aber die Situation, in die die Figuren oft hineingezwungen sind und der sie nicht entkommen können. Sie versuchen dann halt das aus ihrer Sicht und ihren Möglichkeiten entsprechend Beste daraus zu machen.

 

[artname]

Die eigentliche Gewalt in meinen Texten ist aber die Situation, in die die Figuren oft hineingezwungen sind

... bzw. sich hinein gezwungen fühlen. Nicht etwa durch dargestellte MOMENTE, sondern durch eine vom Autor aufgelistete Biografie. Das ginge auch anders. Aber bitte lassen wir es HIER dabei. Wenn du willst (Hinweis im PF reicht) und ich schreib weiter im betreffenden Faden.

Wenn dem so wäre, dann wäre ich der Quentin Tarantino der Lyrics.

Wenigstens bis du für mich der Tarantino des Texterforums... Ich will hier nicht Offtopic schreiben. Natürlich deutest du in manchen deiner Text eruptive Entladungen an, die mich letztlich stärker ansprechen, als Teestundes stilles Ringen mit ihren scheinbar kleinen Hoffnungen und Ängsten.

Im Gegensatz zu Deinen Texten spitzen sich bei ihr fast nie die Situationen zu. Dabei ist die empfundene Einsamkeit ihrer Figuren eventuell nicht kleiner als die eines ... sagen wir mal .... gescheiterten Attentäters. Und hier stimmen Du und ich absolut überein: Sie lässt ihr Figuren in harmlosen Situation sinnieren, statt sie dramaturgisch in äußere Situationen zu zwingen, die dem innerlichen Drama entsprechen. Was du vermeidest: Bei dir, Turquoise, treffen sich Protagonist und Antagonistin beispielsweise bewaffnet auf engstem Raum nachts in einem einsamen Hochstand.... Spannung pur!

Bei dir, Teestunde, treffen sich beide oft nur im Kopf. Selbst das ist falsch. Du lädst den Antagonist in den Kopf des Protagonisten ein. Aber er kommt nicht. Du hälst Ansprachen an ein LD, welches vielleicht gerade am anderen Ende der Welt ist. Oder gar am Ende des Weltalls..... Betulichkeit macht sich beim Lesen breit.

Nochmals, So ließen sich auch meine Texte analysieren und vermutlich würden sich auch dort Schwächen offenbaren... Textdramaturgie ist für mich das schwierigste Gestaltungselement.

 

[SoulFrontier]

Generell würde diesem Text die Beobachter Perspektive wohl besser stehen.
Jemand, der auf einer Bank sitzend die zwei Jugendlichen beobachtet.
Die Ich Perspektive ist hier imo unglücklich, schon aus der Überlegung heraus dass es jemand als Interpret singen soll.

Davon abgesehen ist die verbesserte Variante sicher übersehen worden. Besser im ersten Post einfügen.

Es ist auf jeden Fall so, dass Pop Texte nicht gut ankommen, die ein "Looser" LI haben.

Im Schlager sowie ein Sakrileg. Von daher imo völlig richtig die Kritik der beiden Kollegen hier. Volle Zustimmung.

 

[artname]

Es ist auf jeden Fall so, dass Pop Texte nicht gut ankommen, die ein "Looser" LI haben.

Diese Aussage ist mir zu verwaschen. Auf jeden Fall haben gute Tränerziehertexte immer Konjunktur. Google doch einfach mal "traurige Hits" und du findest eine schier endlose Liste von ewigen Tränenziehern. Und in deren Mittelpunkt steht immer ein Looser.

Das Problem sind nicht die Tränen! Sondern der glaubwürdige Anlass. Die Art, wie der Verlust erzählt wird. Der Song muss konsequent enden. Und wenn er mit dem Tod endet.

Beides Hitarten, der traurige und der fröhliche Song müssen auf eine glaubwürdige Story aufbauen und spannend erzählt werden. "Kreuzberger Nächte" haben einen Loser im Zentrum, den nur noch Selbstironie retten kann. Nimm Udo Jürgens. "Griechischen Wein", " Aber bitte mit Sahne" oder "Ich war noch niemals in New York". Die traurigen Helden sind einfach nur gut. also glaubwürdig erzählt.

Teestunde, du (wie alle Texter) solltest dich mehr mit Storytelling beschäftigen. Du solltest mehr erzählen und weniger moralisieren.

 

[artname]

Und nun zum aktuellen Text. Ansätze für Storytelling.

Das lyrische Du ist -ich sag einfach mal- 25 Jahre jünger. Es gab eine kurze erotische Begegnung. Dann zog sich jüngere Partner zurück. der vermutliche Hauptgrund drängen sich auf. Den kann man im Raum stehen lassen. Es gibt nur einen Loser: das LI. Es gibt keinen billigen Trost. Vielleicht war es das letzte schöne Liebesabenteuer. Vielleicht blieb eine Requisite übrig, die das LI im Bett an sich drückt. Ein Schal vielleicht.

1. Und jetzt beginnt die Variantensuche. Vielleicht erkennt das LI. dass die Zeit des Selbtbetruges endet. Es wird niemals mehr Frühling. Aber auch der herzzerreißende Abschied von Frühling, Sommer und Herbst entfällt. Der Song könnte nach der Schönheit des Lebens im ewigen Eis suchen. Irgendwo wäre da vielleicht auch noch Platz für einen Abschiedgruss: Ich wünsche dir alles Gute. Wir sehen uns wieder im ewigen Eis!

2. Oder das LI gibt das LD folgendermassen frei: Sicher werden wir uns wieder sehen. Vielleicht hast du eine junge Freundin an der Hand. Verleugne mich ruhig! Sie glaubt, wie ich, dein Ein und Alles zu sein. die Menschen brauchen Illusionen. Das Leben ist so hart. Ich lebe schon im Winter. Mein Herz ist erfroren. Wenn du das verstehen wirst, ist es auch für dich zu spät...

Das hab ich mir jetzt in wenigen Sekunden zusammengesponnen. Aber ich bin überzeugt, beide Varianten sind gut textbar. Du darfst nicht daran zweifeln, bis du am Ende angelangt bist. Nach einigen Tagen wird sich zeigen, ob du noch etwas fühlst bei dem neuen Text.

Ich bin mir sicher, DIR fallen weitere Varianten ein. Wichtig ist nur, dass du einen Film vor Augen hast. Und es sollte NICHT um Verzeihung gehen, sondern um die Wut, Verzweiflung und Sinnsuche des enttäuschten LIs. Beim Storytelling ist es wichtig, einen Abstand zwischen Li und AutorIn zu suchen. Irgend ein Detail sollte beide extrem unterscheiden. So kann man härter schreiben. Das Detail kann ja später wieder gestrichen werden.

Liebe Teestunde, ich würde auch andere eingefleischte Autoren so radikal kritisieren. Aber ich finde hier niemanden mehr, der derart intensiv mit dem Texten beschäftigt ist Du ( und ich).

herzliche Grüße

 

[Turquoise]

Nicht etwa durch dargestellte MOMENTE, sondern durch eine vom Autor aufgelistete Biografie.

Die Biografie ist bei mir häufig die Grundbedingung für die Versuchsanordnung oder die Handlung.

Wenigstens bis du für mich der Tarantino des Texterforums...

Dann bist Du für mich sehr oft Nouvelle Vague.

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Aber noch mal zu Teestundes LI...

Es könnte auch sein, dass ihr LI so dermaßen für die romantisch-weibliche Perspektive steht, dass es uns vom entgegengetzt-dominanten Geschlechtshormon schwer fällt, sich dahinein zu versetzen.

Bei dir, Teestunde, treffen sich beide oft nur im Kopf. (...) Du lädst den Antagonist in den Kopf des Protagonisten ein. Aber er kommt nicht. Du hälst Ansprachen an ein LD, welches vielleicht gerade am anderen Ende der Welt ist. Oder gar am Ende des Weltalls..... Betulichkeit macht sich beim Lesen breit.

Ja, so sehe ich das auch. Aber wie gesagt - vielleicht ist das "weiblich". Trotzdem: selbst wenn es so wäre: ein Künstler muss das hinter sich lassen und darüber hinaus gehen können. Exemplarisch werden können. Das Allgemeine aus dem Speziellen herausarbeiten können.

 

[Teestunde]

Ich hab mir eure Gedanken, Hinweise und Vermutungen zu Gemüte geführt.
Also: Der Text ist für eine sehr junge Interpretin gedacht. Kein Altersunterschied! - Liest sich der Text jetzt anders? Ich hoffe.

Den "Rest" eurer Bemerkungen muss ich noch mal in Ruhe lesen. Wenn sich meine Wuseligkeit etwas gelegt hat. Ich stehe kurz davor, eine Ausbildung zum ambulanten Hospizhelfer zu machen. Neuer Lebensabschnitt! Ich freu mich drauf. Hab vorhin die Schulungstermine bekommen. Sorry für OT.

 

[Teestunde]

Es könnte auch sein, dass ihr LI so dermaßen für die romantisch-weibliche Perspektive steht, dass es uns vom entgegengetzt-dominanten Geschlechtshormon schwer fällt, sich dahinein zu versetzen.

Jaaa!

 

[Turquoise]

Jaaa!

Und nun? Was machen wir jetzt damit...?

Vielleicht mal ein Versuch: Jane Austen hat auch die weiblich-romantische Perspektive dargestellt. Allerdings gelang es ihr mMn darüber hinaus zu gehen und zugleich Grundlegend-Menschliches einerseits und Gesellschaftlich-Soziales andererseits so zu beschreiben, dass wir heute wissen, wie die englische Gesellschaft des puritanischen Zeitalters aus Frauensicht gewesen ist.

Es wäre doch eine schöne Herausforderung, wenn Deine Figuren ihr "betuliches" Hinterhersinnen in kleinste Details ansich harmloser Situationen hinter sich lassen und für etwas Umfassenderes stehen könnten. Dann würden sich mMn sicher mehr Leser mit den LIs Deiner Texte identifizieren können.

Der Kuss, den jemand nicht gekriegt hat - Gottchen, das ist jedem irgendwo mal passiert. Wenn Du das ausweiden willst, müsstest Du auch darstellen, warum das in dem Moment so existenziell ist. Weil Liebe etwas mit Mut zu tun hat? Weil jeder seinen Mut erst selbst finden muss? Weil man seinen Mut oft dann nicht hat, wenn man ihn gebraucht hätte? Weil man erst merkt , was man gehabt hätte, wenn es unwiederholbar vorbei ist? Usw.
Aber kein "betuliches", schöngeistiges Reime bauen, sondern Sätze finden, die wie heiße Pfeile mitten ins Herz schießen.

 

[Teestunde]

Und nun? Was machen wir jetzt damit...?

Ich kann im Moment gar nichts tun. Sonst wird es Murks. Vielleicht frage ich mal die junge Interpretin. Eventuell kommen brauchbare Hinweise. Falls sie Zeit hat.

 

[artname]

Wenn die Interpretin NICHT über einen Altersunterschied singt, dann würde ich die hervorgehobene Zeile streichen.

Es ist nicht deine Absicht, mich zu kränken.
Das fühle ich trotz der Beklommenheit.
Du bist zu jung, um Küsse zu verschenken.
Mein Wunsch an dich ließ dir zu wenig Ze

 

[Teestunde]

Aber kein "betuliches", schöngeistiges Reime bauen, sondern Sätze finden, die wie heiße Pfeile mitten ins Herz schießen.

Ja. Eventuell werde ich durch den Perspektiv-Wechsel in Zukunft sowieso ungeduldiger mir selbst gegenüber. (siehe #34, dann muss ich nicht noch mal erklären.) Ein Perspektiv-Wechsel, zu dem du mich übrigens dringend ermuntert hast. Ist schon ne Weile her, vielleicht erinnerst du dich noch.

 

[Teestunde]

@artname

Es ist nicht deine Absicht, mich zu kränken.
Das fühle ich trotz der Beklommenheit.
Du bist zu jung, um Küsse zu verschenken.
Mein Wunsch an dich ließ dir zu wenig Zeit

Hast Recht. Nur hab ich im Moment ein Brett vorm Kopf.