Stooooooooooop!!!!!
Blinder Aktivismus in allen Ehren, aber jetzt wird's mal Zeit ein bisschen Luft zu holen.
Ich sag's nochmal: leg das blöde Messgerät weg, hol tief Luft und werde dir darüber klar, dass dein Raum Scheiße ist und NIEMALS irgendwelche Studio-tauglichen akustischen Werte aufweisen wird.
Das bedeutet aber nicht, dass man ihn nicht so weit in Ordnung bringen kann um zumindest gefahrlos Homerecording betreiben zu können.
Hier mal eine kleine Arbeitsanweisung für hoffnungsvolle Amateur-Akustiker auf Sonntag-Mittag Niveau:
1.) Dein Raum ist zu klein, zu quadratisch, zu niedrig und zu parallel um akustisch top aufbereitet werden zu können. Daher wird dich dein Messgerät auch dann noch deprimieren, wenn er gefühlt angenehm klingt und arbeitsfähig ist. Also weg mit dem Scheiß!!!!
2.) Such dir einen schönen Platz, wo das rumhocken angenehm ist und wo du dir ein praktisches Drumherum basteln kann. Tipp: die Nische ist das akustische Pendant zum Leistenbruch. Nicht tödlich aber lästig, schmerzhaft und nichts, was man stolz 'rumzeigt. Am besten von einem Maurer in Ordnung bringen lassen oder eine Couch reinstellen.
3.) Bassprobleme hat jeder Raum. Je besser die Geometrie, um so weniger Maßnahmen braucht man. Dein Raum befindet sich am falschen Ende der Futterkette, was in der Praxis bedeutet, dass du aufgrund der unglücklichen Seitenverhältnisse abartige Mengen an absorbierendem Material brauchst, um die Energie zu vernichten, die sich durch die tragischen Maße addiert bzw. subtrahiert. Da kommst du nicht drumherum, es sein denn, du veränderst den Raum.
Jetzt kommen die ersten wirklich wichtigen Statements: bitte zweimal lesen!
4.) In die Formel für Absorption geht außer Materialkonstanten u. a. auch ganz simpel die Oberfläche ein!!!!
5.) Wenn du in eine Ecke so genannte "Superchunks" baust - das sind in Dreiecke geschnittene Platten aus absorbierendem Material – ist das nicht deutlich effektiver, als wenn du eine Platte vor die Ecke stellst, die dasselbe Volumen einschließt!
6.) Absorbierende Maßnahmen in den Raumecken sind zunächst mal am effektivsten. Wenn das – wie in deinem Fall wahrscheinlich – nicht ausreicht: Die Übergänge zwischen Wand/Decke und Fußboden/Wand sind auch Ecken!
7.) Wenn das immer noch nicht reicht: eine absorbierende Hanfplatte z.B. kann man in der Einsatzfrequenz tiefer zwingen, wenn man sie nicht direkt vor die Wand sondern mit Abstand kleiner/gleich Dicke der Platte befestigt.
8.) Dem absorbierenden Material, das du in deinem Zimmer aufstellt, ist es egal, was es absorbiert. Dir werden bei der für die Bässe benötigten Oberfläche also viel zu viele Höhen flöten gehen. Aus ein paar strategisch wichtigen Absorbern solltest du also Plattenschwinger machen: fang mit denen in der Ecke an! Das bringt nicht nur die Höhen zurück sondern reflektiert die auch schöner als die parallelen Wände UND erhöht die Effektivität der [g=118]Bass[/g]-Traps – ohne dich zu sehr auf einen zu kleinen Frequenzbereich (Wir wollen immer noch Breitband-Absorption!) festzunageln.
Der Raum ist jetzt schon genießbar und wird mit ein paar Diffusoren lebendiger gemacht:
http://www.pmerecords.com/Diffusor.cfm
Hier gleich noch mal der Link zu DIY Absorbern:
http://www.johnlsayers.com/HR/index1.htm
Wenn all das passiert ist, die Boxen gut stehen und du das Gefühl hast es klingt angenehm, nicht zu tot, wummert nicht bzw. kaum noch, dann darfst du dein Messgerät wieder aus dem Schrank holen.
Die eine bzw. höchstens zwei wirklich ausbrechenden Frequenzen im Bassbereich beseitigt man mit Helmholtz-Resonatoren. VORSICHT: das Biest muss wirklich die störende [g=349]Frequenz[/g] treffen. Hier ist nicht der Ort für dilletantisch ausgeführte Laubsägearbeiten und grob geschätzte Abmessungen!
Das Messgerät für die Ästhetik des Raums sollte auch in jedem Haushalt vorhanden sein: Wenn es tief Luft holt, um das sowieso schon knappe T-Shirt noch enger erscheinen zu lassen, hast du einen sehr kuscheligen Hobby-Raum gebastelt. Wenn es tief Luft holt um zu schimpfen gehst du am besten los und packst die Absorption in schicke Stoffe ein!
Viel Spaß,
Frank