Keine Ideen und keinen Plan

Moin,
Frage für einen Freund:
Er versucht seit 25 Jahren ein Lied zu schreiben.
In dieser Zeit hat er 0 Songs geschafft.

Er scheitert daran dass er wochenlang an einer Chordprogression feilt und dann wieder verwirft.
Oder dass er wochenlang einen Chorus sucht.
Oder wochenlang nach dem Gitarren/Synthie/Drums-Sound den er will.

Ihm gefällt einfach überhaupt nichts was er macht.

Zum Schluss hat er nix geschafft (nicht mal das Intro des Songs)

Anmerkung:
Er ist kein Spinner oder Newbie, sondern hat 300 Liveauftritte mit seinen Bands hinter sich.
Kennt Quintenzirkel, kuckt tausende YT-Videos bzgl. Musikproduktion.

Soll er sein ganzes Zeug verschenken ?
Allerdings ist ihm Musik exxxxtrem wichtig und er ist völlig verzweifelt weil er gar nichts schafft.
Wenn du ein Freund wärst, würdest du dich mit ihm auf ein paar Bier treffen, ihm paar Welthits vorspielen und ihm sagen, dass sich nur so gute Songs anhören. Und wenn er das nicht hinbekommt, dass du ihm die Freundschaft kündigst, weil du dich nicht mit Losern abgeben willst.
 
Als ernsthafterer Tip:
Alles erstmal aufnehmen, ohne sich auch nur ansatzweise um Sounddetails zu kümmern.
Und dann horizontal arbeiten statt vertikal. Sprich: Erst einmal eine gescheite Songlänge (inkl. grober Struktur) fertigbekommen, bevor man sich dem Auffüllen oder der Suche nach Sounds widmet.

Und ja, ich kann das auch nicht. Um jeglichem "dann lass doch mal hören" vorzubeugen. Aber ich weiß, dass fast alle Songschreiber eher so arbeiten und dass es auch zumindest ansatzweise hinhaut, wenn ich das selber auch mal mache.
Aber hey, dafür habe ich 71683 ausgefuchste, 57-spurige Acht-Takte-Schnipsel. Ist doch auch was.
 
weils gerade so sinnhaft wird, siehe Sascha über mir, hier mein ernst gemeinter Beitrag:

es gibt keinen Bedarf an Hits, es gibt Bedarf an Kunst die aus dem Künstler heraus will, weil der Künstler nun mal so muss

man macht Kunst weil man nicht anders kann, wenn man nur raushaut was nem Hit ähnelt, ob wirklich oder nur eingebildet ist egal, unterdrückt man seine Kunst, dann quält man sich und schafft lediglich neues Leid und legt es zu jenem, welches ohnehin schon quält

kurzum: machen, raushauen, freuen/ärgern/lernen/ignorieren...

eine Quelle aus der man nicht schöpft versumpft, das Wasser wird eckelig und man selber mag nimmer dran riechen
 
Bei mir helfen neue Mikrofone oder Gitarren eigentlich immer! :cool:
Neue Gitarren helfen sowieso in jeder Lebenslage. Ansonsten mache ich das meist auch so wie @FredTadge beschrieben hat. In 80% der Fälle steht zuerst ein Gitarrenriff. Daraus wird dann meist entweder eine Strophe oder ein Refrain. Dann folgt der Rest. Manchmal ist es eine Idee auf dem Keyboard, manchmal eine Melodie, die im Kopf herumschwirrt oder ein Textfragment. Wichtig ist fertig zu werden. Und zu versuchen mit dem ersten Song einen Welthit zu schreiben ist sowieso Unsinn. Da muss man unbedingt den Kopf frei bekommen.
 
Seine „Songs“ bestehen aus:
(...)
Die Gesangsspuren (Lead und mehrstimmiger Chorus) hat er mit Piano eingespielt

Ich hatte es ja bereits geschrieben, aber Du hast nicht darauf reagiert. Noch mal ein Versuch:

Es heißt "Song", weil darin gesungen wird.

Und gesungen werden . . . :

Worte.

Wenn Dein Freund keine Texte hat, die er in einen Song verwandeln kann, wird aus seinen Skizzen alles, nur keine Songs.

So ist das einfach, da beißt die Maus keinen Faden ab.


Intelligent wäre jetzt die Rückfrage, WARUM das so sein soll. Dann könnte ich Dir viel dazu sagen, dass Worte Bedeutungen haben und Bedeutungen verschiedene Gefühle, Leidenschaften, Bilder und weiteres transportieren, das dazu anregt, bestimmte melodiöse, klangliche, rhythmische oder dynamische Umsetzungen zu erreichen. Sie erzwingen das geradezu.
Aber Dein Freund ist nicht der Einzige der meint, man könne einen "Song" auch aus einer Ansammlung verschiedener Klangskizzen erstellen.

Beispiel:

viele Musiker haben einen Hang zur Melancholie. Weil sie sehr sensibel sind.

Nimm also ein oder zwei musikalische Skizzen - und versuche sie organisch zu verbinden. Es fällt Dir schwer bis unmöglich.

Nimm die selben zwei musikalischen Skizzen - und versuche sie unter Zuhilfenahme der (irgendwie dazu gesungenen) Worte "die Nacht / the night" zu verbinden.

Und schon geht die Sonne auf . . . ;-)

Jetzt nimmst du die Nacht / the night (oder etwas anderes, das Dich bzw. deinen Freund gerade beschäftigt). . . hörst genau hin, was aus der Verschmelzung von Wort und Klang entsteht . . . und womit die Lücken von Dir (textlich / gesanglich) aufgefüllt werden wollen. Und dann machst Du so weiter.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Christian 0815 Schlag deinem Freund mal fawm.org vor. Hat mir vor 3 Jahren geholfen, aus meinem Perfektionismus-Gefängnis auszubrechen. Internationale Songwriting-Community. Voll mit Leuten, die exakt dieselben Probleme haben: tausend Ideen, aber "nix gut genug". Trifft sich zweimal im Jahr, einmal im Februar ("FAWM"), einmal über den Sommer ("50/90"). Idee ist, in der Zeit möglichst viele Songs zu schreiben, um den inneren Schweinepriester-Kritiker mit "Masse statt Klasse" zu überlisten. Die Community ist mit Absicht übertrieben positiv, um sich gegenseitig anzuspornen. Es gibt diverse Herausforderungen, z. B. bei einem "Skirmish" innerhalb von einer Stunde einen Song zu einem Prompt zu schreiben. Dazwischen ergeben sich tausende von spontanen Zusammenarbeiten, weil Leute unfertige Teile mit anderen gemeinsam fortsetzen. Alles unverbindlich, die Songs bleiben bei den Autoren, die Website wird im Anschluss leergeräumt, damit einen "peinliche Experimente" nicht verfolgen.
 

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