Ich weiß

[Teestunde]

Ich weiß

Was schenkt man einer lieben, alten Frau,
die immer sagt, dass sie nichts haben will?
Sie hat in ihrem Leben
gegeben und gegeben.
Wenn ich's ermesse, werde ich ganz still.

Was schenkt man einer lieben, alten Frau,
die immer schimpft, wenn man auch sie bedenkt.
Kauf ich ihr was zum Naschen?
Ich will sie überraschen,
nicht einfach schenken, was man halt so schenkt.

Wenn ich sie unbemerkt betrachte,
weiß ich vor Liebe nicht, wohin.
Die Art und Weise, wie sie lachte,
die Handbewegung, die sie machte,
das bleibt ab jetzt im Herzen drin.

Was schenkt man einer lieben, alten Frau,
die immer sehr bescheiden von sich spricht?
Ich weiß, ihr reicht ein Küsschen
und dass man ihr ein bisschen
zur Hand geht, wenn’s im Rücken wieder sticht.

 

[Klauski]

Dein Gedicht ist sicher das schönste Geschenk das sie bekommen wird!

Was schenkt man einer lieben, alten Frau,
die immer sehr bescheiden von sich spricht?

die immer nur bescheiden von sich spricht - fände ich passender

 

[Teestunde]

Mir kam es auf dieses "sehr bescheiden" an. Nicht nur "bescheiden", verstehst du?

 

[artname]

die immer sagt, dass sie nichts haben will?

"immer" macht einen Text schnell tot. Ich fände "lieber" lebendiger. Im Grunde verliert man im Alter mehr und mehr Interessen. Das ist weniger bescheiden als traurig. Vermutlich weiß das auch diese Frau...

.... aber wer will schon ernsthaft übers Absterben reden. Wenn man einen alten Menschen allerdings genau beobachtet, seinen schlichten Tagesablauf, findet man sicher kleine Anlässe für kleine Geschenke. Oder? Meine alte Schwiegerfreundin guckt immer diesen Werbekanal für alte Schlager. Zuhause schreib ich mir ihre Favoriten auf. Hat wohl was mit ihrer Jugendzeit zu tun. Und deshalb freut sie sich immer, wenn sie dann entsprechende CDs oder Konzertkarten geschenkt bekommt.

 

[Teestunde]

Dann muss ich das in allen drei Strophen ändern. Mal sehen, ob das geht.

Hm. Weißt du, das ist vielleicht ein bisschen viel "lieb/er". In der Anfangszeile steht ja schon "Was schenkt man einer lieben, alten Frau?"

Es kam mir auf die Textwiederholung an. Meinst du, dass das "immer" so gar nicht geht?

Vielleicht geht noch "die dann schnell sagt..." Mal probieren. - Nee, geht nicht.

 

[artname]

Mußt du nicht. Wenn es anfangs "lieber" heißt, finde ich beim 2. Mal "immer" vielleicht interessanter. Kannst du das nachvollziehen?

 

[Teestunde]

Ja, kann ich. Ich bin nur noch nicht so weit, dass ich mich von meiner Variante lösen kann. Meine Oma war so, wie ich es im Text beschreibe. Sie sagte das, was da steht, wirklich IMMER. Jedes Mal.

 

[artname]

Ich weiß. Kenn das ja selber. Aber die Stimme der Oma muß ja nicht zwingend die Erzählerstimmer sein. -Is andrerseits aber auch nicht so wichtig.

 

[Klauski]

verstehst du?

yes,
mit dem immer hätte ich kein Probleme, vielleicht im ersten Vers "einfach" nehmen.

die immer schimpft, wenn man auch sie bedenkt.

beim zweiten drüberlesen bin ich an dem Wort "bedenken" hängen geblieben, warum schreibst du nicht "wenn man auch an sie denkt"

 

[Teestunde]

Ich verstehe dein "lieber". Das war aber eben nicht die Art meiner Oma, für sie gab es kein Entweder - Oder. Es war ihr ernst mit dem, was sie sagte, ohne Hintergedanken.

 

[Teestunde]

"wenn man auch an sie denkt"

Weil sich dann die Betonung verlagert.

 

[artname]

Wir verstehen uns beide garantiert in dieser Frage. Ich sehe da kein Problem.

Ich wollte dich eher generell daran erinnern, dass es einen Unterschied zwischen neutraler Erzählerstimme und einer Figurennstimme gibt. oder geben kann. Das erscheint Manchem vielleicht haarspalterisch. Aber mein Vorschlag "lieber" macht aus einer bescheiden klingenden Antwort eher eine vorsichtige oder gar traurige Antwort.

 

[Teestunde]

Aber die Erzählerstimme kann ganz andere Interessen verfolgen, als die Figurenstimme.

Hui! So weit bin ich noch nicht. Aber danke für den interessanten Einwand.

 

[artname]

Gern zu Diensten.

 

[Teestunde]

Aber mein Vorschlag "lieber" macht aus einer bescheiden klingenden Antwort eher eine vorsichtige oder gar traurige Antwort.

Traurig ist "meine" alte Frau nicht. Ich will hier nichts aufarbeiten. Sie ist so bescheiden, dass es MIR wehtut. IHR tut es nicht weh, dazu hat sie im Leben zu viel durch. Im nächsten Text!

 

[SoulFrontier]

Mir gefällt der Text! Meine Frau ist auch so, ihre Oma war genauso ein selbstloser Mensch.
Herzensgut.

Nöö, schöner Text.

 

[Teestunde]

Nöö, schöner Text.

Lieb von dir. Aber der Text als solcher wurde ja nicht in Frage gestellt. Nur eine bestimmte Formulierung. Damit kann ich leben.

 

[Teestunde]

Ach so, falls jemand den Text vertonen will, er ist noch frei. Aber bis Weihnachten sind es nur noch sechs Wochen.

 

[Teestunde]

Meine Güte, die Zeit vergeht. Schade, dass der Text bisher niemanden zum Vertonen gefunden hat. Nun ja...
Leider kann ich den Titel nicht mehr ändern. Er lautet jetzt:
Einer lieben alten Frau

 

[mWermut]

..ist nicht ganz trivial, aber ich bin dran..