Hall ist kreatives Gestaltungsmittel; eines von vielen, bei vielen das Lieblingsmittel....ist aber auch schön...damit singen Sänger doppelt so gut und Gitarristen spielen doppelt so schnell...
Doppelt so schnell spielst du als gitarrist mit delay. hall bewirkt da recht wenig.
aber das nur am Rande.
Hall kann als kreatives Gestaltungsmittel eingesetzt werden. Dort sinds dann meistens eher Plates oder gar Spring Reverbs.
Bewegst du dich im Room Reverb, dann bewegst du dich schon recht stark aus der kreativen Gestaltungsmittelecke raus. Hier gehts dann weniger darum, den Sound deines instruments zu shapen, als vielmehr darum ein instrument in einem virtuell erschaffenem Raum zu platzieren.
Das funktioniert allerdings nur gut, wenn man genau weiß wie das funktioniert und wenn die aufnahmen nicht schon natürlichen raumhall vom aufnahmeraum haben.
Room Reverbs sind eigentlich ein klassisches Mixingtool und weniger ein kreatives Soundgestaltungsmittel.
Hier ist allerdings auch wichtig, in welcher Musikrichtung du dich bewegst.
Im elektronischen Bereich, oder nennen wir es eher Dance/Club Bereich wird inzwischen weitesgehend komplett auf Hall verzichtet und für die breiten staffelung eher Delay oder gar stereomodulationseffekte genutzt. Das bringt den vorteil, dass man nicht so stark probleme mit dem Mixdown bekommt. Eine örtliche Positionierung in einem virtuellen Raum bietet sich ja auch bei weitem nicht so sehr an, da die sounds meist nicht klar instrumenten zuweisbar sind.
Es gibt natürlich wie so oft ausnahmen. Im triphop Bereich möchtest du dann natürlich wieder einen virtuellen Raum haben. Damit der hörer sich in etwa vorstellen kann, dass der elektronische Drummer rechts sitzt, der natürliche drummer z.b. links, der gitarrist vielleicht außen links, etc...
Bei korrekter einstellung von stereo room reverbs und der richtigen hallgerät/plugin-Qualität kannst du dann komplett auf den Panorama Regler verzichten und die örtliche verschiebung zur seite hin mit den predelay werten bewirken. Außerdem hast du Decay verhalten, das bestimmt wie schnell der Hall zerfällt. Und das ist bei besonders dynamischer Musik extrem wichtig. Jenach schwäche der gespielten Töne hat der hall unterschiedliche Decayverhalten. Während ein Instrument mit schönem Releaseverhalten leise von sich aus ausklingt, erreichst du ab einem bestimmten Lautstärke level einen Punkt an dem der Schall nicht die nötige Energie hat, um nach der Wandreflektion noch beim Hörer anzukommen. Hier bräuchtest du einen anderen Decay Wert als bei beispielsweise lautem Spiel des gleichen Instruments.
Dazu ist in perfekter durchsetzung gutes gehör und auch ein wenig mathematik gefragt. Die predelay werte dienen ja dazu, zu bestimmen, wie lange der schall braucht, bis er von der rechten und linken wand reflektiert wird. steht der gitarrist rechts, dann reflektiert die wand je nach virtueller raumgröße dann natürlich nach vielleicht 6ms, während der schall vielleicht 15ms zur linken wand.
Dieser Zeitversatz erzeugt im menschlichen gehirn die auswertung, dass das gehörte sich rechts befinden muss.
Die Filtermöglichkeiten an den Roomreverbs dienen dazu, dem hall ein korrektes verhalten zu geben. Die Reflektion der wände versacht ja eine filterung des sounds. Je nach wellenlänge der jeweiligen frequenz verhält sich schall anders. Ist die wellenlänge kleiner als hindernisse die im weg sind, dann wird der Hall reflektiert. Ist die wellenlänge der jeweiligen frequenz größer, dann beugt sich der hall um hindernisse.
Das bedeutet, dass zum beispiel bass sich um hindernisse herum beugt und weiter ausbreitet, während höhere frequenzen (beispiel gitarrensolo) von größeren hindernissen zurück reflektiert werden.
Da Bässe generell ein gutes Beugungsverhalten haben und größtenteils mittig plaziert werden, ist dort eine Roomreverb belegung meist überflüssig. Vor allem ist es gefährlich dort mit Reverb zu arbeiten, da es gerne und schnell probleme mit den Phasen gibt.
Bässe mit Room zu belegen und dem Room die tiefen Frequenzen zu nehmen via EQ oder Hallinterner Filtermöglichkeiten ist eher ein gestalterisches Mittel. Im Mixing macht es nur bedingt oder extrem wenig Sinn, denn du bewirkst damit ein falschen physikalisches Phänomen. Dieser Irrtum klingt aber nicht unbedingt schlecht, aber ich würde es dann eher als Soundshaping bezeichnen. Du gibst dem Bass damit in höheren Frequenzen ein wenig Definition. Ähnlich wie man einen Springreverb gut auf Basslines einsetzen kann, um in den höheren Frequenzen eine schöne Färbung dazuzuaddieren.
Aber auch hier kann ich das triphop genre bringen, die ja gerne mit zwei drumsets arbeiten. Und dort hast du wirklich eine links und rechts platzierung von unterschiedlich klingenden Kicks.
Dort arbeitet man mit einem symmetrischen Mixing Muster, bei dem die Bass Frequenzen oft links und rechts platziert werden. In Phasen in denen eines der beiden Drumsets aussetzt arbeitest du dann im asymmetrischen Mixingmuster und erschaffst das runde gesamtbild gerne mit der Bassgitarre/Synthesizer der dann die Bassfreie Seite belegt.
Richtiges Einstetzen von Roomreverbs ist eine Wissenschaft für sich, die oft durch mangelndes Fachwissen falsch gemacht wird, und besonders gerne als Fehler in EDM Hobbyproduktionen gemacht wird. Außerdem ist die Klasse der Reverbplugins oder Geräte ebenfalls ein Problemfaktor. Die richtig guten Reverbgeräte kosten halt auch 2-4k Euro, aber mit denen kannst du dann auch auf den Punkt sauber arbeiten, während bei billigeren Varianten oft nur noch Matsche ankommt.
