fragen zum eigenen label

  • Ersteller collazo
  • Erstellt am
Gahan schrieb:
Was macht man also nun, wenn man seine erste Scheibe "fertig" hat, welche dann ja günstiger Weise noch mal ein professionelles Mastering Studio sehen soll? Da bleibt doch nur der Weg zu einem etablierten Label, denn alleine, mit einem neu gegründeten Label, kann man das Mastering Studio wohl nicht bezahlen und eine eigene Marketingabteilung hat man wohl auch nicht, so dass man auf seiner Scheibe sitzen bleibt. Dann dürfte doch wohl eher die Kunst darin bestehen, zu einem größeren Label zu gehen und aufpassen, dass man nicht über den Tisch gezogen wird, oder? Weil aber die meisten unbedingt was heraus bringen wollen, stecken sie in ihren Forderungen (sofern sie welche machen können) zurück und die Folgen kennt man dann ja...

Hallo,

also ich sehe das ein wenig anders. Erstens wird der Sound im Mix gemacht. Teures Mastering lohnt nur eventuell, wenn der Mix schon sehr gut ist. Dann musst Du dich fragen, ob es wirklich der Sound ist, der den Erfolg macht. In den meisten Fällen trifft das imo nicht zu, Schnappi ist nur ein Beispiel, es gibt aber auch einen haufen erfolgreiche Rockplatten, die trotz sauteurer Produktion dafür eigentlich zu schlecht klingen, aber gut verkauft werden.

Das system der meisten Plattenfirmen funktioniert so, dass viele kleine abgezockt werden. So wie die meisten arbeiten, geht das gar nicht anders. Es müssen ja auch die teueren Flops a la Mariah Carey und die Topstars wie U2 oder REM, die richtig Asche machen, bezahlt werden. Deshalb wird die Plattenfirma immer versuchen, möglichst viel von dir zu bekommen und möglichst wenig zu geben. Also von dir wollen sie Verlagsrechte, Exclusivität, Optionen auf weitere Platten, Verzicht auf Nebenprojekte usw usw. Die Produktionskosten für Aufnahme und Video wollen sie dann aber trotzdem von deinem Umsatzanteil abziehen. Und wenn Du McDoof Chartshow oder The Dome spielen sollst dann machst du das halt - playback natürlich. So oder ähnlich mies ist eben die Ausgangssituation, und die anderen haben das Geld und sitzen am längeren Hebel. Kann man wirklich einen fairen Deal mit dem Teufel machen? Wenn, dann ist das wohl eher selten ;)

Du kannst als Newcomer kaum große Forderungen stellen. Höchstens wenn sie dich unbedingt wollen. Und: Je mehr du investierst, desto besser ist Deine Verhandlungsgrundlage. Hats Du die Platte bereits fertig produziert, kannst du ganz anders auftreten. Verlagsrechte würde ich z. B. nie abgeben, das ist Geld, das du abgibst, du weisst aber nicht, was du dafür wirklich bekommst. Damit machst du dich auch noch abhängiger. Farin Urlaub hat es mal als seinen größten Fehler bezeichnet, dass er am Beginn der Pause der Ärzte die Verlagsrechte an den alten Songs verkauft hat. Heute hat afaik jeder "Arzt" seinen eigenen Verlag und die Ärzte auch eine eigene Plattenfirma.

Eigene Plattenfirma bedeutet nicht, dass du alles selbst machen musst. Es bedeutet, dass du mehr investierst, u. U. mehr vom Risiko trägst und aber pro Platte im Normalfall auch deutlich mehr verdienst. Und es bedeutet ein Stück mehr Unabhängigkeit - ohne eigenen Vertrieb, den die wenigsten kleinen PLattenfirmen haben, bist du aber oft abhängig vom Vertrieb. Ich kenne einen Fall, bei dem ein Indielabel die halbe Produktion umschmeissen musste, weil der Vertrieb die Platte sonst nicht übernommen hätte. Independent zu sein hat also auch so seine Grenzen. Auch kannst Du bei den Indies genauso abgezockt werden wie bei den Majors.

Also ich bin chon sehr für selber machen, eigenes Risiko, aber VIEL mehr Kontrolle. Marketing ist das größte Problem, wenn man selbstveröffentlicht, allerdings relativiert sich das, falls man einen Vertrieb findet. Touren das wichtigste für den Newcomer, um Platten zu verkaufen - neben dem Pflegen diverser Connections und dem Einschleimen bei den Musikjournalisten natürlich ;)
 
Hallo floppy8,

dann habe ich das also richtig verstanden, dass es das naheliegendste wäre, wenn man doch einen eigenen Label gründet, sobald man genug Audiomaterial zusammen hat, welches eine gewisse Qualität erreicht hat, Kontakte knüpft wegen Auftritten und dann noch das Glück haben muss, einen passenden Verleger zu finden? Ich denke, dass Gründen eines eigenen kleinen Labels ist dabei noch das einfachste.... ;)

Viele Grüße.
Gahan
 
Gahan schrieb:
Hallo floppy8,

dann habe ich das also richtig verstanden, dass es das naheliegendste wäre, wenn man doch einen eigenen Label gründet, sobald man genug Audiomaterial zusammen hat, welches eine gewisse Qualität erreicht hat, Kontakte knüpft wegen Auftritten und dann noch das Glück haben muss, einen passenden Verleger zu finden? Ich denke, dass Gründen eines eigenen kleinen Labels ist dabei noch das einfachste.... ;)

Hallo Gahan,

ist gibt da sicher keine pauschalen eindeutigen Antworten. Ich bin gerade auf dem Weg, dass mit dem eigenen Label mit nem Kumpel zusammen zu machen, und hoffe natürlich, dass es klappt. Bin auch mittlerweile so alt, dass ich die Geduld habe, und ich nicht mehr so geil auf eine VÖ bin, dass ich mich dafür abzocken lassen würde. WENN der Erfolg kommt, kann man aber sicher auch mit einem relativ normalen "Abzockvertrag" bei einem großen Label zufrieden sein.

Aus der Buchverlagsbranche weiss ich ganz praktisch, wie nachteilig sich die "Veröffentlichungsgeilheit" für Autoren auswirken kann. Aus der Musikbranche kenne ich auch einige Leute persönlich, die mit großen Hoffnungen gestartet und ziemlich eingegangen sind. Bei dem o. a. Fall "Indie vs. Vertrieb" kenne ich einen Teil der beteiligten auch persönlich.

Die Platte zu machen und das eigene Label zu gründen sind eigentlich nicht so das Problem, da stimme ich dir zu. Es geht dann darum einen Vertrieb oder alternative Vertriebsmöglichkeiten z. B. über das Internet oder Mailorder zu finden. Wenn du die Platte erstmal selbst rausbringst, kannst du eben auch verschiedene nicht-exklusive Vertriebsmöglichkeiten parallel testen. Live-Auftritte sind natürlich wichtig als direkte Vertriebsmöglichkeit und zur Promo für [g=420]CD[/g]-Verkäufe in den Läden.

Natürlich musst Du eben einen Haufen Geld investieren, dass dir normalerweise die Plattenfirma geben würde. Nur behältst du dafür eben mehr Kontrolle. Und du kannst als kleine Firma normalerweise auch an kleinen Auflagen Gewinn machen, weil du weniger Unkosten hast - wenn du deine eigene Arbeitszeit als Künstler nicht mit 30 Euro /Stunde ansetzt ;)

Vertrieb und Verleger/Verlag sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Der Vertrieb kauft dir quasi die fertige Platte ab und stellt die von deiner Plattenfirma gepressten CDs in die Läden. Du verdienst in erster linie an der Differenz zwischen deinen Produktionskosten und dem, was du vom Vertrieb für die [g=420]CD[/g] bekommst. Als Songwriter verdienst du natürlich noch über die [g=119]Gema[/g].

Und da kommt der Verlag ins spiel. Der zockt 40 % der [g=119]Gema[/g]-Gebühren ab, die bekommt der direkt von der [g=119]Gema[/g]. Dafür soll der Verlag (der oftmals zur Plattenfirma gehört) eben auch Werbung für deine Songs machen und mehr Einnahmen generieren. Da weiss man natürlich nicht, ob die Rechnung aufgeht. Die [g=119]Gema[/g] fließt eben auch merh oder minder unabhängig von der Plattenfirma über Airplay, Auftritte etc. Ach wenn die Plattenfirma keine neue PLatte mit dir machen will, verdienen die also über den Verlag eventuell weiter an deinen alten Liedern mit. Sind die Titel nicht verlegt bzw. im Eigenverlag, gehen eben die kompletten [g=119]Gema[/g]-Einnahmen an Komponisten und Texter.

Letztenendes ist es ein ganz einfaches wirtschaftliches Prinzip: Je mehr Kapital du selbst investierst, desto mehr kannst du thereoretisch rausholen. Natülrlich kannst du es beim Mißerfolg auch verliereren. Allerdings sind auch schon Musiker aus MajorPLattenverträgen mit Schulden rausgegangen. Solche Verträge würde ich nie unterschreiben, weil es eigentlich total logisch ist, dass der Investor das HauptRisiko tragen muss. In anderen Branchen wird das jedenfallls als logisch angesehen ... ;)

Ach so, wenn du englisch kannst, zieh dir das mal rein, wenn du es noch nicht kennst:
Steve Albini - The Problem With Music
 
Hallo floppy8,

danke Dir für die ausführliche Info! Ist übrigens ein netter Text, den Du da verlinkt hast. ;)

Viele Grüße.
Gahan
 

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