Fragen zur Akustik einer Location

[micha]

hallo zusammen,

längerer text...
wir sind ein musik- und kulturverein und haben, nachdem uns vor längerer zeit unser refugium weggenommen wurde, endlich was neues gefunden.

unsere alte bude hatte etwas über 5 x 2,5m bühnenfläche und publikumsfläche davor war ca. 16qm... daneben war nochmal platz für 30 leute + 6 personal, wenns rappelvoll war also maximal 60 - 70 leute oben.
d.h. ne band hat selbst vor 20 leuten vor "fast vollem" haus gespielt.

so, nu haben wir was neues...ne nackte halle mit 104qm saalfläche. das ist mehr, als wir damals oben mit 75qm hatten. da war küche und eingang und nebenfläche und biergarten mit drin...
und so machen wir uns gedanken und da wir den fokus auf livebands und parties legen, möchte ich da gerne von anbeginn an akzeptablen sound haben. spass und akustikmassnahmen kosten und diese muss ich begründen, damit der vorstand und die aufbautruppe das billigt. ich bin aber kein akustik experte, also brauch ich rat, ni bisschen technischer art und n bisschen auch taktisch...

ergo ein paar fragen:
1. macht die blau eingefärbte mixing-booth akustisch sinn?? wände mit steinwolle befüllt, sollen als bassfalle dienen. bringt das was, wenn die nicht die gesamte wand bedecken, sondern die türen und die wände darüber freilassen werden?

2. macht die wand hinter der bühne akustisch sinn? 20cm oder mehr, ebenfalls mit steinwolle befüllt?
wir brauchen natürlich auch stauraum, der so hervorragend geschaffen werden kann und "akustisch" unwesentlcih mehr kostet... oder??

3. an den seitenwänden möchte ich breitbandabsorber anbringen, wie ichs im bild angedeutet habe. das gleiche im prinzip an der decke. da dann abgehangen, aber nicht durchgehend. bringt das was an der decke?? deckenhöhe ist ca. 3,5 -3,8m. mess ich erst morgen genau aus...

4. wären basstraps in den ecken hinter der bühne sinnvoll??, also im angedeuteten backstage, quasi?

5. so ziemlich jede band, aus der umgebung, ganz deutschland und international, die bei uns gespielt hat - idr. an nen off-day on tour ggn sprit, pennen, essen und frei trinken und immer ne dicke fette party, selbst wenn nur "personal" anwesend war - fragt bis heute immer wieder an und möchte unbedingt wiederkommen.
wie ich oben erwähnte, spielte die grösse unserer alten location da ne entscheidende rolle, denn ne grössere fläche hätten wir auch selten "voll" bekommen. wir hatten sänger, die bei 20 leuten im publikum das stage diven anfingen ... wie mach ich das nur jedem klar, daß die neue bude, ohne zusätzliche wände, niemals den alten charme entwickeln kann und sich deswegen die bands nicht wohl fühlen werden, weil sie immer in ner leeren halle zocken werden und dann nicht weiter anfragen werden... kurzum: wie argumentiere ich, daß drastischst raum reduziert werden muss??

das wären die ersten fragen...
DANKE an alle, die sich die zeit nehmen und gedanken machen!

hehe achso, bild vergessen... also alles "farbige" sind die vorschläge, die ich machen möchte.

gruss
micha

 

[Kassette]

Hallo Micha,

ein gut gemeinter Rat...beschäftige dich zunächst ein wenig mit den Grundlagen zur Raumakustik. Das ist weniger "kryptisch" als man befürchtet - wenn man sich mal drauf einlässt.
Ein Projekt der Größe (~100qm) und der angedachten Nutzung brauch einiges an Vorüberlegung, wenn du da nicht viel Zeit und Geld in Try and error versenken willst.
Jeder Raum ist anders, da nützen allgemeine Aussagen recht wenig.

Zu deinen Fragen:

Was soll genau in der Mixing Booth gemacht werden? Braucht man die zwingend bei einer Live-Location?
Wenn ja, macht sie zwar grundsätzlich Sinn, als Bassfalle taugt sie aber weniger. Grundsätzlich solltest du so viele Raumkanten mit Absorbern "verbinden" wie möglich - vom Boden bis zur Decke - heißt konkret, es wäre Verschwendung, wenn du die Ecken frei liesest.

Die Ecken links hinter der Booth scheinen mir akustisch eher sinnfrei zu sein, diese spitzen Winkel und diese Tunnelformen finde ich schwierig.

Wichtig ist bei so einer Raumgröße die Decke. Das macht sehr viel aus und bringt auch sehr viel. Da würde ich dir auch empfehlen, dich mal etwas einzulesen.
Verschiedene Konzepte sind hier ganz gut vorgestellt, speziell auch, was die Wirkung von unterschiedlichen Decken-Varianten auf die Übertragung und Hör- bzw. Ortbarkeit betrifft:

https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/ID41334438.html?ProvID=11000522

Überhaupt ein gutes Einstiegs-Kompendium in das gesamte Thema Raumakustik.

Wie kommst du auf die Anzahl und Größe an Absorbern?
Schau dir mal den amroc-Kalkulator an.
https://amcoustics.com/tools/amroc
Da kannst anhand deiner Raummaße die nötige/optimale Menge bzw. Fläche an Absorbern ermitteln, je nach vorgesehener Nutzung.

Prinzipiell würde ich die Raumreduzierung nicht davon abhängig machen, dass ich einfach Raum reduziere. Vielmehr würde ich schauen, was brauche ich an zusätzlichen abgetrennten Räumen.
Diese würde ich dann so gestalten, dass sie sich auch akustisch sinnvoll einfügen. Damit meine ich auch andere Geometrie, also nicht einfach nur eine gerade Wand einziehen, sondern in Richtung nicht parallele Wände schauen.
Bei einer leeren Halle hast du ja den Vorteil, dass du von Anfang an kreativ sein kannst.
Immer mit dem Hintergedanken, dass eine größere Raumgröße vorteilhaft für die Akustik ist (bei entsprechenden Nachhall-Verringerungen durch akustische Maßnahmen).

Ich würde mir die Frage stellen, warum nur eine 2,50m Bühne bei der Raumgröße? Warum nicht eine andere Geometrie der Bühne, also mehr rund/vieleckig bis trapezförmig weiter in den Raum hinein? Das war so mein spontaner Gedanke, als du von angenehmer Raumatmosphäre schriebst. Ich stelle mir bei einer solchen - eher intimen - Location so etwas wie Club - Atmosphäre vor. Eine Bühne, die man als Besucher von mehreren Seiten erleben kann. Entsprechend könnte auch die Bühnen-Rückwand akustisch sinnvoller angepasst werden, wieder mehr in Richtung nicht parallele Wände.

Viel Stoff zum Entwickeln einiger Visionen, da würde ich mir Zeit mit lassen.

Jedenfalls schon mal alles Gute für das Projekt.

 

[micha]

ahoy,

danke für dein feedback!

also akustikgrundlagen sind vorhanden und in ner "regie", weiss ich auch halbwegs, was wo/wie/wann sinn macht, aber das ist eben nicht 1:1 auf so ne "halle" zu übertragen, denk ich. da gehts ja um den "overall sound" nicht um den sweetspot.

also, in der mixingbude soll das pult stehen, von da aus will ich mischen. deswegen auch der durchbruch in der wand nach vorne. würd den raum gerne auch grösser machen, damit der auch als abstellraum genutzt werden kann. nur bisher ist der tenor: nimmt zuviel platz weg, zu aufwändig.
seh ich halt absolut nicht so, ich denke ne trockenbauwand ist schnell eingebaut und wenn wir das nicht von anfang an machen, machen wirs nie, wie die erfahrung gezeigt hat... also als bassfalle sinnlos, kann man sich dicke wände mit steinwolle sparen, entnehme ich daraus.

das "grüne" soll die theke sein, daher der "winkel" mit dem durchgang. man soll auch bei voller bude schnell zwischen küche (raum unten links auf dem bild) und thekenbereich durchkommen. die 2,5m bühnenlänge können auch 3m oder ganz anders werden.

ich hab die breitbandabsorber so reingezeichnet, weil natürlich nicht permanent musik läuft, sondern der ort auch für versammlungen und diskussionen und andere veranstaltungen genutzt werden wird. wieviele und wo die am ende hängen, hängt von der notwendigkeit (besteht mmn) und meiner überzeugungskraft ab.

es wird das argument kommen, daß auch "sessel und sofas drinstehen werden, die schlucken ja genug schall". was ja prinzipiell auch richtig ist, aber dennoch muss ich vernünftig argumentieren, damit akustikmassnahmen von anfang an eingeplant werden.

naja, mal sehen, wies am ende werden wird.


gruss

micha