Hier mal meine Interpretation, was ich dem Text entnehme.
Ich – auf den Knien vor einem Kind, -> Ergriffenheit
ein Umstand, kaum zu schildern! -> es fehlen dafür sogar die Worte
Als wir dann heim gewandert sind, -> das LI hatte ursprünglich gar nicht vor, vielen davon zu erzählen, die Welt ist noch in Ordnung, man geht einfach an seinen Platz zurück
da machte sich ein jäher Wind -> der Wind als überraschend zuschlagender Räuber, aktiv handelnd, denn es scheint ein gezielter Angriff
fort mit den Wunderbildern. -> also allen Bilden, nichts, was zurückbleibt
Kein Engel kam mir hinterdrein, -> schutzloses Ausgeliefertsein -> der, von dem das Wunder ausging, scheint gleichgültig zu sein und nicht dafür zu sorgen, dass das Wunder im LI erhalten bleibt
die Botschaft zu beleben. -> die Botschaft war im LI bereits erstorben, also "tot", weil vom Wind fortgeraubt
Ich musste selber Künstler sein
und trotz der tief gefühlten Pein
der Auskunft Farbe geben. -> das Erlebnis kann nur noch mittelbar durch die Kunst (also auch "verkünstlicht") vergegenwärtigt und weiter gegeben werden, weil das LI zur echten authentischen Erfahrung keinen Zugang mehr findet
Wie mir der Wind mit seinem Lied -> erinnert an Erkönig
die Wärme aus den Knochen zieht! -> Wärme = Leben / Kälte = Tod . . . der Wind als Todbringer
Er prüft mich nicht. Ihm ist es gleich. -> der Wind als Gleichgültiger, als nicht gezielt aktiv Handelnder -> Widerspruch zur ersten Strophe
Und eben war ich noch so reich. -> Bewusstsein, etwas großes verloren zu haben -> dadurch Gefühl der inneren Leere
So teilte ich denn Hoffnung aus,
obwohl mich Zweifel quälte. -> Hoffnung kann eigentlich nur austeilen, wer selbst Hoffnung hat bzw. noch hofft . . . Aussage steht im Widerspruch zur oben angedeuteten inneren Leere und der Begegnung mit dem Tod . . . wer Hoffnung austeilt, ohne selbst zu hoffen, heuchelt anderen u.U. etwas vor
Dann rannte ich aufs Feld hinaus; -> der Weg ist jetzt einanderer, weg von zu Hause, das Herumirren beginnt
die Sterne sahen blasser aus,
weil nun der Engel fehlte. -> wieder die Suche, der Blick Richtung Himmel, wo das LI jedoch nichts findet, wieder das Zurückgelassensein und die Leere
Ob es den Brüdern wohl gelang, -> "gelang" -> also muss es auch für sie schwierig gewesen sein
den Glauben zu behalten, -> das LI hofft, dass andere das noch haben, was ihm selbst geraubt wurde
als Eiseskälte uns durchdrang? -> der selbe Wind auch bei ihnen?
Mir ist vor dieser Frage bang -> also Getrenntsein von den Brüdern, da das LI nicht weiß, wie es ihnen ergangen ist -> wieder der Hinweis auf das einsame Herumirren
wie vor dem Wind, dem kalten. -> der Wind / Tod abschließend noch einmal als der zentrale Feind
Die Aussage des Textes lautet für mich:
das LI ist nach einer wundersamen Erfahrung, für die ihm die Worte fehlen, völlig schutzlos einem sofort stattfindenden "Gegenangriff" ausgesetzt, welcher in ihm große innere Leere zurück lässt. Das Ausgangserlebnis kann nicht mehr unmittelbar nachempfunden werden. Das LI erhofft sich, dieses jedoch noch bei "den Brüdern" zu finden.
Von daher wirkt es nicht sehr nachvollziehbar, dass das LI trotz aller Verzweiflung meint, selbst Hoffnung verbreiten zu können. Das wäre mMn ungefähr so, wie wenn eine Frau nach einer Vergewaltigung meint, die Idee der ganz großen Liebe verbreiten zu müssen.
Im Mittelpunkt steht nicht das Wunder, sondern der Wind. Dieser kann in einigen Stellen als aktiv handelnde böse Kraft, in anderen als eher zufällig-passiver Tod, der eben allen menschen begegnet, verstanden werden. Er ist unsichtbar, nicht greifbar, nicht bezifferbar in seinen Ausmaßen und in Bewegung - ein mysteriöses Etwas, das dem LI überlegen ist und von diesem nicht wirklich erkannt / durchschaut wird
Die Herausforderung des LI ist es nun, mit dieser schlimmen Begegnung fertig zu werden.