Analytisches Hören

[digi]

Beim letzten Forum Treffen ist mir aufgefallen, dass die Profis Tracks von Anfang an sehr analytisch anhören. Auch in diversen Videos, die ich gesehen habe, wird immer wieder empfohlen andere Tracks gründlich zu analysieren, um die Tricks der persönlichen Vorbilder zu erkennen.

Obwohl ich verstehe, dass es ein guter Weg ist, sträubt sich in mir etwas gegen diesen Weg. Ich tanze für mein Leben gerne und bin wohl vor allem deswegen zur Musik gekommen. Zugegeben, seitdem ich selber Musik mache, haben sich meine Hörgewohnheiten verändert. Wenn ich heute shoppen gehe, stelle ich schon viel mehr Anforderungen an einen Track. Trotzdem mache ich mir etwas Sorgen, dass meine Tanzlaune verschwindet, wenn ich nur noch analytisch an einen Track heran gehe.

Wie macht Ihr das?

Was analysiert Ihr alles an einem Track und warum?

z.B.:

• Arrangement
• Instrumentierung
• Harmonien
• Tonhöhe
• Tondauer
• Takt
• Dynamik / Tempo
• Effekte

Auch wenn ich mir etwas Sorgen um die Laune meiner Tanzbeine mache, bleibt mir wohl nicht viel übrig, um mich weiter zu entwickeln. Wie ist das, kann man da später noch im Kopf einfach umschalten, wenn man nur mal einfach etwas Spass bei der Musik haben möchte?

Und zu guter letzt, wie war Eure Entwicklung? Was habt Ihr zuerst gründlicher analysiert und wie ging es weiter?

 

[TheSnatcher]

Moin! Wenn ich nen Track höre, geht es mir erstmal um das Gesamtbild. "Analysieren" mach ich meist beim zweiten oder dritten hören, wenn es mich interessiert. Also wenn ich zum Beispiel die Vocal Inszenierung gut finde, dann hör ich da nochmal genauer hin Vielleicht ist es mir auch einfach noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen, aber ich bin der Typ, der sich immer erstmal das große Ganze anhört

 

[Gast92251]

Kenne einen, der achtet zuerst mal NUR auf die Basedrum. Alles andere interessiert nicht.
Und kloppt die gut rein und drückt die gut untenrum herum, wackelt er dann mit dem Kopf, taktsynchron.
Das ist dann das Zeichen, dass der Track für ihn gut abgeht.

 

[synthpark]

Ich analysiere beim Musikhören je nach Material immer, ist sozusagen ein nicht abschaltbarer Hintergrundprozess für Harmonien, Melodien, bissel auch den Beat, der aber das Konsumieren nicht wirklich stört. Naja, und Lautstärkeverhältnisse, und auf Effekte achte ich auch. Vor allem, was fürn Hall wurde verwendet, wo ist Delay?

 

[Gast92251]

Also, Spass beiseite.
Ich höre zuerst mal auf das Arrange, allg. Songwriting, gerade Melodieführung ist mir sehr wichtig, usw. Text eher weniger.
Dann wie die allg. Mischung aka. die Verhältnisse, Levels der Sounds untereinander ist.
Aber! ich bin - glücklicherweise - wieder mehr weg vom Analysieren, und versuche wieder mehr Spass am Musikhören zu haben, indem ich mehr das Gesamtkonstrukt als solches entspannter beachte/höre. Ferner mache ich wieder mehr Musik mit meinen Kumpels, also per Klavier, Gitarre, bisschen Jammen/Improvisieren/Spass haben, mal die analytischen Ohren "gerade sein lassen", ganz ohne Computer, eingemessene Studioabhöre und/oder Strom. Das halft mir dann in der Tat wieder klar zu kommen...
Denn irgendwann kam ich fast nicht mehr aus der Nummer heraus, ich achtete nur noch auf Frequenzen, Lautstärkenverhältnisse & Co. Auf Dauer wird man zum krankhaften Analytiker, selbst im Auto wenn meine Freundin paar MP3s abspielte und ich sie extrem nervte mit meinen Frequenzschwadronierungen. Man vergisst schnell, wie schön es sein kann, klasse Songs einfach nur zu genießen... Halt so wie früher, als heranwachsender Mensch in jungen Jahren, wo man sich noch nicht um diese verfluchten nerdigen verbissenen Audiothemen kümmerte...

 

[Yacc]

diese leute haben recht, analytisches hören is immens wichtig!

ich tanze auch sehr gerne, aber ich höre auch sehr analytisch hin, auch im club, ich kann da aufjedenfall umschalten, und in der tanzinduzierten trance fällt manchmal das analytische sogar ganz weg. manchmal mache ich aber auch beides gleichzeitig, das macht mir sogar auch viel spaß.

aber ich kenne auch gegenbeispiele mein damaliger bassgitarrenlehrer meinte er kann nicht umschalten er hört bei jeder band genau hin, hört jeden spielfehler, hinterfragt die wahl der akkorde und der melodie usw. das hat ihn glaub ich schon etwas so den spaß am konsumieren genommen.
ich denke da ist jeder aber individuell. vielleicht musst du einfach nochmal etwas mehr in dich hineinhorchen um die antwort zu finden.


bei mir war das analytische hören eine ganz natürliche entwicklung ich hab damit schon angefangen bevor ich überhaupt wusste das es sowas gibt.
nach fast anderthalb jahrzehnten hab ich angefangen bewusst hinzuhören. habe mich gefragt wie macht man dieser oder das vom lied.
meine vorgehensweise war da jetzt nie eine sonderlich feste, jedes gute lied hat da so seine eigenheiten die man halt toll findet und genau auf die hab ich immer genau hingehört. mache ich auch heute noch, einfach was mir von selbst auffällt.

ansonsten halt hab ich auf das hingehört wo ich zu den jeweiligen zeitraum immer die schwächen bei mir selbst gesehen hab um bissel was abzugucken und besser zu werden.

 

[whitealbum]

Wenn man so die Top-Mischer anschaut (Brauer, Scheps und Co.) dann gehen viele erstmal über den Song, wie er für sie funktioniert.
Bei Brauer fand ich spannend, dass der beim ersten Mal einfach nur den Song hört, und damit meine ich bzw. er, was löst der Song in ihm aus, sprich er nimmt die Hörerperspektive ein.
Text, Rhythmus und Melodie. Was bewegt der Song in ihm?
Das ist natürlich sehr subjektiv, aber das ist auch der Witz, jeder Mixer hat seinen eigenen Stempel, und das geht nur mit Subjektivität.

Dann merkt man auch schnell was braucht eine Strophe, wie muss sich der Refrain davon absetzen, oder muss er überhaupt?!
Das finde ich eine sehr gute erste Herangehensweise, denn das gibt auch die Zielrichtung vor, in welche Richtung man mixt.

Danach ergeben sich die Details in der Regel von selbst.
Für mich ein Top Down Ansatz.

 

[FredTadge]

Ich hatte das eine zeitlang auch und finde schon, dass es den Hörgenuss stört. Eigentlich ist das eine typische Krankheit aller fachnaher Menschen. Als Musiker analysiert man natürlich zunächst einmal das eigene Instrument, was spielt der Gitarrist da, welche Harmonien, welche Pentatonik usw. Als ich dann angefangen habe mit dem Recording und Mixing habe ich natürlich auch irgendwann den Mix und das Sounddesign analysiert, was aber tatsächlich den Spaß an der Musik für mich wirklich kaputtgemacht hat. Ich habe dann beim Radiohören nur noch herumgemäkelt, warum denn dieses oder jenes Instrument so dumpf klingt, warum der Gesamtmix so wippt oder was das für ein Scheiß-Effekt auf der Stimme ist.

Irgendwie, ich weiß nicht mehr wie, hat sich das dann aber wieder eingestellt bzw. ist es selektiver geworden. Ich kann wieder Musik ganz einfach erleben und nur, wenn mir etwas beim zweiten, dritten oder auch hundertsten Mal als besonders gut oder besonders schlecht auffällt, fange ich an zu analysieren. Dann zerlege ich den Song im Kopf und versuche alles analytisch zu betrachten.

Ich vermute, dass das bei mir irgendwann wieder aufgehört hat, weil Musik eben nur noch Hobby ist und ich auch die eigenen Sachen nicht mehr so analytisch betrachte. Es ist vielleicht einfach der Zeitfaktor, wie lange man sich mit bestimmten Fragen auseinandersetzt und somit eine Art intuitives Lernen, Musik ausschließlich auf diese Art zu betrachten.

Ganz heraus bekomme ich es aber nicht. Hatte es gerade erst letztens, dass meine Frau mit so einem modernen Elektrotrack ankam und meinte, dass der Beat jawohl "voll in die Beine geht". Ich habe mir nur ein paar Sekunden angehört, weil mir von dem Kompressor auf der Summe echt schwindelig wurde.

 

[Astronautenkost]

Kenne einen, der achtet zuerst mal NUR auf die Basedrum.

Das glaube ich Dir nicht, denn eine Basedrum gibt es nicht. Er achtet bestimmt auf die Bassdrum!

 

[Cruba]

Also darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht, weiel: ich hör fremde Musik als Musik und auch meine eigene. Ich kann da problemlos zwischen Hörer/Konsument und Musiker umschalten. Ich nehm' eher die Musik ansich auseinander und frag' mich wieso mir nie ein so geniales Solo wie in The Lamia einfallen wird und warum ich zu doof bin Drums wie in Duchess zu programmieren.

Tanzen tu' ich nicht mehr tun seit ca. 10 Jahren...

 

[Turquoise]

Als ich angefangen habe, Gitarre zu lernen, war in der Gitarre & Bass gerade das Solo aus Purple Rain drin. Ich habe das dann gelernt und mir anschließend von meiner Schwester zum Geburtstag das Off the Record Buch zu Purple Rain schenken lassen. Seitdem - also von Anfang an - bin ich auf Partituren fixiert. Ich will bis heute immer wissen, was genau macht jeder an welcher Stelle. Und so höre ich Musik auch (oder versuche es): als Partitur. Trotzdem: sie muss natürlich faszinieren und das Gefühl erreichen.

 

[Kosaken-Kaffee]

Ich höre ausschliesslich analytisch, weil ich anders nicht hören könnte. Aber trotzdem kommt der Geschmack und das Subjektive nicht zu kurz. Den Spagat kriege ich für mein Empfinden gut hin.

 

[Gel Mitglieder 12893]

Elektronische Musik ist für mich zum reinen "Braindance" verkommen.

Feiern kann ich darauf nicht mehr, dafür gehe ich nach Wacken ...o.ä.

 

[g_wieland]

ich höre gern gezielt analytisch auf den monitoren, auf denen ich auch mixe.
also dann richtig konzentriert und mit der hoffnung, sachen, die mir gefallen auf eigene mixe übertragen zu können.
ansonsten bin ich großer fan von gut gemachten stereo-/panoramageschichten.
also immer schön im sweet spot oder eben mit kopfhörern.

 

[mfx]

Elektronische Musik ist für mich zum reinen "Braindance" verkommen.

Feiern kann ich darauf nicht mehr, dafür gehe ich nach Wacken ...o.ä.

Hehe, das kommt mir bekannt vor... nur dasses halt nicht Wacken ist...

Die meist gehörte und glorifizierte Musik meiner Jugend ist so fast die einzige, die ich einigermaßen unbefangen hören kann.

 

[TonyPizza]

Ich hatte eine Phase da konnte ich überhaupt keine Musik mehr hören weil ich nur analysiert habe. Dann aber alles, Mix, Arrangement, Master... Hat lange gedauert da wieder raus zu kommen, kann mich aber heute tatsächlich einfach wieder über einen guten Song freuen.

Was imho gar nicht funktioniert ist einen Song/Mix 1:1 zu kopieren. Das ist total frustrierend, weil man einem Phantom hinterher jagt.

Also dieses analysieren ist mit Vorsicht zu genießen. Ich höre während eines Mixes oder einer Produktion in andere Songs um die Ohren neutral zu bekommen. Einen Mix oder ein Element (kickdrum) eines Songs 100% nachzubauen hab ich aufgegeben und ist auch nicht möglich imho.

Gibt einfach viel zu viele Faktoren die das verhindern

 

[Kollege]

ich hab ein leben lang zwangsanalysiert. ging garnicht anders. bis mich musik angekotzt hat. seitdem höre ich selbst so gut wie keine musik mehr. aber dadurch bin ich offener für verschiedene stile geworden und konnte irgendwann musik einfach 'normal' genießen. es läuft zwar immer noch das analyse tool im hintergrund, aber es drängt sich nicht mehr so vor, außer ich will.

was mir nach wie vor tierisch auf den sack geht, ist dauergedudel im auto oder leute, die meinen, man könnte viel besser mit musik arbeiten. wo bei denen 20% konzentration abgesaugt wird, sinds bei mir gefühlt 40-50%.

 

[Gast92251]

Kenne einen, der achtet zuerst mal NUR auf die Basedrum.

Das glaube ich Dir nicht, denn eine Basedrum gibt es nicht. Er achtet bestimmt auf die Bassdrum!

NEIN!
Im Dance ist diese Betitelung durchaus gebräuchlich und auch hier im Forum vertreten. ^^


(dachte es wäre klar, als ich, rein der Ironie wegen, genau dieses Wort kursiv setzte, Astronaut...)

 

[Astronautenkost]

Dass die Basedrum im Forum bei Einigen gebräuchlich ist, heißt nicht, dass sie richtig ist. Auch das Oxford Dictionary kennt die Basedrum nicht. Das Oxford Dictionary ist sehr schnell, was Gebrauchssprache betrifft. Es kennt nur die korrekte englische Schreibweise bass drum. Es werden einfach die ähnlich klingenden Worte Base und Bass verwechselt.

 

[synthpark]

NEIN!
Im Dance ist diese Betitelung durchaus gebräuchlich und auch hier im Forum vertreten. ^^

http://www.basedrum.net/