Bei der Strassenmusik steht für mich in erster Linie der Aspekt eines freiheitlichen Lebensgefühls im Vordergrund. Es passiert immer was. Man lernt Leute kennen, wird irgendwohin eingeladen, man geht mit irgendjemanden einen trinken... und das alles dadurch, dass man Leuten Songs die man gerne hat singt. Ich finde das sehr basisnah.
Das zweite was ich mache ist durchaus eher der Standardweg: Mucke schreiben, aufnehmen, Presse bemustern, mit der Band proben, mich mit der technischen und finanziellen Seite auseinandersetzen. Der ganze Kram halt. Ich mache das weil ich auf Metal stehe und halt einfach weiss, dass gewisse Dinge erforderlich sind um die Band voranzubringen.
Der Punkt ist aber, dass ich immer das tue was ich liebe und die Genre-Anpassung so gering als möglich halte. Ich selbst trage als Dark Metal Fronter auch mal Baggy Pants und Käppi und ich schreibe niemanden in der Band vor ein gewisses Bild nach aussen zu tragen. Mir ist wichtig, dass jeder seine Persönlichkeit so entfaltet wie er denkt, dass es angemessen ist.
Ich hab absolut nichts dagegen, wenn ich irgendwann mal Geld für das was ich tue sehe und natürlich arbeite ich darauf hin einen grösstmöglichen Hörerkreis zu erschliessen, aber einen Kompromiss aus finanziellen Aspekten schliesse ich grundsätzlich aus.
Lass diese Herangehensweise zum scheitern verurteilt sind, aber ich werd mich ein ganzes Leben lang ohne schlechtes Gefühl im Spegel anschauen können. Mir ist einfach wichtig absolute Integrität als Musiker zu bewahren. Ich bin mit Musikern gross geworden die an das geglaubt haben was sie tun, die emotional angetrieben Musik gemacht haben. Das sind meine Vorbilder, diese Leute nehm ich ernst und ein ähnliches Selbstbild habe ich von mir.
Es ist auch absoluter Quatsch, wenn von einem Kapitalismus Gegner allerletzte Konsequenz verlangt wird. Ich lebe als ganz normaler Mensch einen deutschen Alltag und habe Wünsche und Ziele wie sie einem Kind dieser Gesellschaft entsprechen.
Allerdings geht meine Konsequenz dennoch so weit, dass ich mich im Zweifelsfall immer für die Durchsetzung meiner Ideale entscheide, das bedeutet meist gegen eine geschäftsmännische Herangehensweise. Viele fragen sich wo bei mir der Haken ist. Es ist für manche scheinbar komplett unglaublich, dass einer der denkt wie ich nichts im Schilde führt. Und das finde ich gerade so traurig. Kaufmännisches Denken wird von den meisten als logisch bezeichnet, idealistisches Denken als dumm oder zweifelhaft. Das schlägt einem manchmal schon auf den Magen. Und trotzdem werde ich nicht reaktionär handeln und sagen "oooch ihr habt mich alle so enttäuscht...jetzt mach ichs genauso wie ihr und sichere mir überall meine Vorteile". Im Gegenteil festigt das meine Bereitschaft mein Ding durchzuziehen. Aber manchmal komme ich mir auf verlorenem Posten vor und reagiere regelrecht bösartig auf Kapitalisten. Damit schliesst sich der Kreis bis zu dem Punkt an dem du mich "kennengelernt" hast.
P.S. Ich war selbst übrigens mal der Meinung ich müsse jetzt ein smarter Bastard sein nd professionell agieren, was ich gleichgesetzt habe mit einem konsequenten spielen nach Regeln. Aber ich hab schnell festgestellt, dass das nix für mich ist. Irgendwann kam ich mir so falsch und verlogen vor, dass ich regelrecht Schmerzen im Magen bekam. Also die ganzen Bücher, Songideen, Workshops, in dieser Zeit geknüpfte Kontakte und das Gift im Kopf entsorgt und eine zeitlang Abstand zur Musik genommen, bis die Lust von selbst wieder kam.
Ich schäme mich nicht dafür es probiert zu haben. Siddharta ist auch nicht nur einem Pfad zur Weisheit gefolgt. Einmal war er Asket, dann der wohlgenährte Geniesser bei der Hure um am Ende wieder Glück durch in den einfachen Dingen zu finden. Ziemlich vorbildhaft wie ich finde
Wenn auch etwas romantisierend. Ich habe nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen und bin auch nicht in jeder Situation das Megavorbild. Wenn ich meiner Freundin erkläre, warum ein Gitarrist ein Halfstack spielen muss, merk ich halt auch, dass ich nicht gefeit bin vor der Anzugskraft materieller Annehmlichkeiten.
Wenn ich nach so einem Mammuttext abschliessend etwas pathetisch werden darf und um den Faden zum Ausgangsthema zurückzuspinnen: Ich denke ich lebe von der Musik. Alles andere das mir Lebensinhalt gegeben hat oder gibt ist flüchtig.