Was ist das Schlimme an der Chartsmusik?

[SilentWarrior]

mit ganz viel Hall auf der Stimme

Bitte nichts gegen viel Hall:

 

[Kosaken-Kaffee]

Die sollten mal im Musikantenstadl auftreten.

 

[Cruba]

Hm... Also ich wills mal nicht auf Pop eingrenzen, weil es in jeder Musikrichtung etwa gleich abgeht, wenn man von 1970 - 2018 schaut, also so in etwa. Für mich macht einen guten (Pop)song aus, dass ihn jemand geschrieben hat, der wirklich was zu erzählen hat. Das beste negative Beispiel ist dieser eine Song von Stefanie Heinzmann, einem "kleinen Mädchen", das davon singt, wie böse die Männer zu ihr waren. Also sowas kann ne Tina Turner singen, aber sorry, nich son Mädel. Das nimmt ihr doch keiner ab.

Ein guter Song ist ein Gesamtpaket. leider habe ich dieses geniale Zitat von Falco nicht greifbar, aber er sagte in einem Interview, dass einen guten Künstler ausmacht, zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Song zu machen... Irgendwie so.

Ein guter Künstler bricht auch aus, so dass man sagt: Waas, das hätt ich nicht gedacht! Komischerweise sind gute Popsongs eigentlich immer simpel gestrickt, dafür aber voll auf den Punkt. Es wird aber meißt sehr viel Liebe zum Detail erkennbar, was Sounds, Instrumente, den Sound an sich etc. angeht. oft wissen die Künstler schon: Das wird ein Hit. Hier mal eine kleine "collins- und genesislose" Liste...

Take on me war in aller Munde, das Video einfach der Hammer. Dann passierte eben das von mir beschriebene "verdamte Kakke, was iss das denn?". Dieses wuchtige, deepe aber harte Piano als Einstieg, och wird sicher ne Ballade... ohoh... dieser wunderschöne hohe gehaltene Ton und die Streicher... ich glaub' ne Ballade wird das nicht... Unheil zieht auf... BAM... Das iss also A-HA... Die können mehr als Take on me!



Our house... Auch son Song, mit dem keiner rechnet... Schon dieser unvergessliche Einstieg in den Song, den man nie vergisst, dieses coole Piano, dazu die sanften Streicher, die eher zur Westside Story gehören und natürlich der Superbass, das herrliche Solo und dann wird gerappt, und wie! Der Trick ist, den Song bringst du locker in einem Houseset unter und das Publikum wird dich knutschen.



Bohrt sich in den Kopf die Stimme und man merkt auch, dass der Song eben nur für diese Künstlerin geschrieben wurde. Das wird nämlich niemand anders singen können.



Jetzt stellt euch mal vor, Justin Bieber würde mit diesem Song ankommen... Ich hasse nicht Justin, sondern den Scheiss, den er macht! Mit sowas könnte er größer als Michael Jackson werden. Deswegen: Ein guter Sänger/Künstler wird mit einem schlechten Song nie landen, ein schlechter Sänger mit einem guten Song schon.



Ha! Napalm Death habbich ja völlig vergessen... Danke Silent!

 

[jet2]

musik mit trivialer botschaft, oberflächliche gefühle (keine tiefe), mangelnde authentizität, massenproduktion nach schema f,
kommerz als selbstzweck, volksverarschung, texte ohne eigenständigkeit, botschaften, die auf die werbeindustrie zugeschnitten sind, usw. und so fort...

 

[SoulFrontier]

100%ige Austauschbarkeit einiger Interpreten und Songs fühle ich auch! Du führt das auf Fremdautoren zurück?

Nein, das ist wahrscheinlich ein Grund, aber ich kenne doch die Hintergründe meist nicht.

oder Deezer eventuell Konsumenten- wie Autorenohren langsam taub für die feine Unterschiede machen? Falls ja -was kann man dagegen tun?

Das glaube ich nicht.

Worin besteht für dich die Begabung der erfolgreichen Produzenten?

Bei den international kommerziell erfolgreichsten Produzenten ist es das Talent als Komponist und auch die Fähigkeit die Komposition interessant zu verpacken. Avicii z.B. hat sich County Pop hergenommen und den dann gekonnt in EDM umgesetzt. Das war schon Klasse gemacht und ungewöhnlich.
Albert Hammond ist seit fünfzig Jahren international erfolgreich als Komponist und Texter. Das ist einfach ein genialer Songwriter. Hatte in jeder Dekade Welthits seit den sixties. Einmalig!
Es gibt einfach solche begnadeten Musiker, die haben einfach ein Händchen für großartige Songs mit Mass appeal. So what? Das ist doch supi.

Es kommt auf die Stimmung an....

...ja nee, wirklich? Boah eh, wat du alles weißt
Da haben wir ja einen Experten!
Wie viele Songs, die viele Menschen begeistern, hast Du denn schon vorzeigbar zur Hand? Bei Deinem Fachwissen müssen das viele sein. Dat interessiert mich dann natürlich.

@artname

Ich glaube der Versuch die Fragen allumfassend und allgemeingültig zu beantworten ist zwar interessant aber auch zum Scheitern verurteilt

U.a. weil es meist subjektive Antworten gibt. Hat alles auch viel mit Interesse und ganz persönlichem Geschmack zu tun.

 

[ElectricSheep]

Aber durchaus ein interessanter Querschnitt, wie jeder es für sich selbst empfindet oder deklariert

 

[Entone]

Gute Musik zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche, interessante Komposition, das passende Arrangement der Instrumente und des Gesangs und der gefühlvollen Interpretation aus. Im Idealfall wird so die entsprechende positive Emotion beim Hörer ausgelöst.

 

[Chronique]

Mal abgesehen, dass "Chartsmusik" kein wirklich definierter Begriff ist, ist daran grundsätzlich nichts schlimmes. Mir geht es so, dass viele Songs, die in den Charts ganz oben rangieren, für mich eher langweilig klingen. Man merkt dann eventuell doch oft, dass man durch den Verzicht auf Ecken und Kanten ein möglichst breites Publikum erreichen will. Die Melodien und Texte sind oft simpel gehalten, damit mit man mitsingen kann und sich der Song schnell ins Hirn brennt. Alles ok, ich mag's auch nicht, wenn Musik zu sehr "verkopft" ist, aber ich glaube, dass meine favorisierten Songs dann doch etwas zu schräg und oft auch zu lang für die Charts wären.

 

[Cruba]

Man merkt dann eventuell doch oft, dass man durch den Verzicht auf Ecken und Kanten ein möglichst breites Publikum erreichen will.

Da sage ich, dass es früher nicht so extrem war. Da herrschte sehr viel mehr Mut beim Interpreten aber auch dem Laben etc.

Alles ok, ich mag's auch nicht, wenn Musik zu sehr "verkopft" ist, aber ich glaube, dass meine favorisierten Songs dann doch etwas zu schräg und oft auch zu lang für die Charts wären.

Kommt drauf an...

 

[holgi]

Für mich gibt es jenseits der Charts ebenso schlimme/langweilige Musik, per se die Charts als Hort der Langeweile auszumachen könnte ich nicht.

Wollte ich definieren was in meinen Ohren einen langweiligen Song ausmacht ist es in erster Linie Vorhersehbarkeit. Wenn man weiss das gleich genau DAS passiert. Textlich sowie im Arrangement.

Der Rest des Empfindens ist bei mir vor allem subjektiv.

 

[oliveramberg]

pathetische Interpretation, Besonderheiten der eigenen Stimme wie Hicksen, Krächzen, Stöhnen, kindliche Aussprache o.ä. besonders hervorheben)

Das darf nur Nina Hagen

 

[Cruba]

Vorhersehbarkeit

Ist insgesamt schlimm... Als ich noch House aufgelegt habe, kamen gerade die ganzen Möchtegerns an die Macht, weil die ja soooo günstig waren. Irgendwann bin ich dann auch als Gast nicht mehr weggegangen. Ich konnte auf die Bar sagen, was der DJ als Nächstes macht und noch schlimmer, welchen Song er als Nächstes spielt. Hab' ich mir früher ein Set zusammengestellt, nutzten sie halt einfach immer das Gleiche. Natürlich hat der Veranstalter / Clubbesitzer dadurch ca. 50% weniger Umsatz gemacht, aber die Meißten sind so hohl, dass die sich nicht wundern, wenn keine 50 Leute vor dem WC stehen und auch nicht, wenn im Sommer Gäste Eiswürfel schmelzen.

 

[synthpark]

Das Problem an Chartmusik, zusammengefasst:

Zuviel Wert auf Coolness, zu wenig auf Intelligenz.
Spiegelt sich direkt in der Musik wieder.

 

[oliveramberg]

Es muss nicht alles schlecht sein, was in die Charts kommt. Und überhaupt welche Charts sind gemeint? Wenn ich mir die Billboard Album Charts anschaue entdecke ich vieles was ich als gute Musik empfinde. Viel schlimmer als Charts finde ich die Radiosender-Playlists. Da könnte ich stundenlang reihern....

 

[tomric]

Viel schlimmer als Charts finde ich die Radiosender-Playlists. Da könnte ich stundenlang reihern....

Bin da ganz bei Dir, vor Allem, wenn sich pro Sender die Playlist in der ein oder anderen Abwandlung (sei es nur die Reihenfolge oder ggf. mal andere Songs derselben Interpreten) täglich wiederholt...

 

[SoulFrontier]

Es muss nicht alles schlecht sein, was in die Charts kommt.

Sehe ich genauso. Apropos, ich habe überhaupt keine Ahnung von Charts. Warum sollte ich mich dafür interessieren? Ich urteile nur über die deutsche Musik, die ich jeden Tag im Radio höre.

Viel schlimmer als Charts finde ich die Radiosender-Playlists. Da könnte ich stundenlang reihern....

Dto.!

täglich wiederholt...

Jepp! Und täglich grüßt das Murmeltier.

Schlimm auch das Pushen der Acts, die für die jeweilige Sommer Open Air Fete der Sender verpflichtet wurden. Nervig!
Ich kotze gleich wieder

 

[Cruba]

Das Problem an Chartmusik, zusammengefasst:

Zuviel Wert auf Coolness, zu wenig auf Intelligenz.
Spiegelt sich direkt in der Musik wieder.

Ich denke mal, dass sich die Hörerschaft sich, künstlich erzeugt oder einem natürlichem Lauf der Dinge geschuldet, extrem verjüngt hat. Es ist vielleicht nur gefühlt, aber in den 80ger haben viele alte, erfahrene Musiker die Charts belegt, es war dadurch auch viel Rock dabei etc. In den 90ger wurde schleichend und Stück für Stück ersetzt und ausgetauscht. Wenn ich mir aktuelle Billboards anschaue, peil ich absolut nix mehr.

Man kann es auch irgendwie an den Videos festmachen. Genauso, wie die Musik einer Massenproduktion gleicht, werden die Videos aus dem Boden gestampft. Sicher mag es Ausnahmen geben, ich schilder nur, was mir bei unverändertem TV und "Zappverhalten" über den Weg läuft. Ich hoffe immer, dass ich beim nächsten Slowmotionvideo nicht ausflippe. Auch dieses schrekliche gegenseitige Featuren geht mir auf den Senkel. Ob jetzt Szipp Dipp mit Linga Minga irgendwas zusammenschustert, bring das Gesamtkunstwerk keinen cm. weiter.

Da ich aber ein voll krasser musikalischer Optimist im Herzen bin, hoffe ich insgeheim, dass irgendwann nochmal ein(e) Jackson, Collins, Madonna, Lauper bei rauskommt und sich die Musik dann auch mal wieder für eine Weile Flitschiflatschikuschelig anhört und nicht so steril durchgestyled. Die 80ger Happyness fehlt mir total, egal ob Sound, Video, Botschaft, bei all diesen halbsuzidialen Teenvideos von ach so schlimm gebeutelten Jungstars.

Viel schlimmer als Charts finde ich die Radiosender-Playlists. Da könnte ich stundenlang reihern....

Bin da ganz bei Dir, vor Allem, wenn sich pro Sender die Playlist in der ein oder anderen Abwandlung (sei es nur die Reihenfolge oder ggf. mal andere Songs derselben Interpreten) täglich wiederholt...

Sind ja eh' automatisch generiert. Da gibt's kein "was spiel ich heute mal".

 

[TonyPizza]

Es ging zwar immer schon um sex, aber dieser ganze bitch und Bad boy shit ist echt überstrapaziert

 

[diagnostix]

Hier im Forum wird kommerzielle Musik (also Musik, die mit der Erwartung produziert wird, Geld damit zu verdienen) ja ebenfalls oft mit Verachtung bedacht. Kann das verstehen - und auch wieder nicht.

Meine zwei wichtigsten Fragen sind schlicht:

1. Woran macht ihr diese schlecht beleumdete kommerzielle Musik fest: Text, Komposition, Sound , Interpretation?
2. Woran erkennt ihr im Gegensatz dazu gute Popmusik? Könnt ihr bitte Namen nennen?

Wenn ihr wollt, interessiert mich auch noch eine dritte Frage:

3. Wie schlägt sich der Wunsch, mit Euren Songs Geld zu verdienen, in Eurem eigenen Songwriting nieder?

als erstes: hier im forum wird "kommerzielle musik" eben nicht mit verachtung bedacht, so meine beobachtung.
man muss sich nur die monatscharts anhören und merken dass die songwriter hier zurecht mit der achtung belohnt werden.
so ist es eher das gegenteil: experimentelle sachen, so wie eine gewisse klangforschung, mikrotonalität, oder kreativer umgang mit der technik (sprich: studiotechnik als kreativer werkzeug) sind hier seit längerer zeit nicht erwünscht.

es wird hier koste was es wolle einen "industry standard" angestrebt, sei es von den songwritern genauso wie von den tonis.
wenn einer dann einen song hier vorstellt, und beim singen keine töne trifft oder vollverstimmte gitarre recordet, dann wird ihm auch das ans lätzchen geknallt - und das hat nix mit der "verachtung von komm. musik".

zu 1: ich persönlich "beleumde" diese medienkompatible deutschsprachige musik nicht. aber einen chart song zu mögen gelingt mir seit 10 jahren äusserst schwer.
warum?
weil das ganze emotionalität von mehrheitlichen songs aus der melodie des gesangs geholt wird. die sängerinnen singen, und dazu gibt es als zugabe ein technisch abgelecktes playback ohne muks, mut und expression.

zu 2: an einem ausgeklügelten arrangement, in dem gesang eingebetet klingt. so ein song hat ein eindeutiges instrumentales thema, wo die sängerinnen ihr maul halten und zuhören müssen, um dann wiederum den expressivität des orchesters in den gesang emotional zu übernehmen. die verzahnung der gesangsmelodie mit einer starken musikalischen thema dürfte das zauberwort heissen.
beispiele sind natürlich immer subjektiv, so darf sich einer ruhig aufregen, aber so siehts imho aus, historisch betrachtet:
sinatra.
beatles.
abba.
robbie williams (sinatra lässt grüssen).
dann made in germany:
nena (sprich uwe fahrenkrog-petersen).
fantas.
absolute beginner.
seeed.
alice merton.

die alle können komm-songs schreiben, wo die kapelle ohne gesang einen emotional trifft, sei es nur durch den überirdischen groove, oder einen intelligent-geilen arrangement, mit "haste-nicht-gehört" harmonien und änderungen, die genau dort stattfinden, wo das vorherige anfängt ausgelutscht zu werden.
jeder der z.b. abba-songs gespielt hat/spielen musste, weiss sicherlich wovon ich rede. die bassläufe können dort einen in die depression treiben, wenn man sie exakt und groovig nachspielen muss...

zu 3: der schlägt sich bei mir überhaupt nicht nieder. ich kann nicht mit jedem arbeiten, und mich können auch nicht alle vertragen. so habe ich absolut keine chance "kommerziell" zu werden (sprichwort: teamarbeit), ganz davon zu schweigen dass mir auch andere hard- und soft-skills dafür fehlen.

 

[Ethersis]

1. Woran macht ihr diese schlecht beleumdete kommerzielle Musik fest: Text, Komposition, Sound , Interpretation?

Ich unterscheide nur zwischen Musik die mir gefällt und die, die das nicht tut. Ob da jemand mit reich geworden ist interessiert mich nicht. (Wobei ich mich schon manchmal ärgere das der ein oder andere Song zu populär ist und mir durch seine ständige Präsenz auf die Nerven geht)

2. Woran erkennt ihr im Gegensatz dazu gute Popmusik? Könnt ihr bitte Namen nennen?

Das ist grundsätzlich Unterschiedlich. Ich muss sie mögen. Auch wenn der Song ein einfaches Arrangement und 08/15 Strukturen hat kann er mir trotzdem gefallen, wenn mich die Melodie einfängt. Der Song braucht einfach den "Moment" und dann die richtige Zeit. Meist höre ich aber auch gar keine Popmusik, heute morgen mal kurz das Radio eingeschaltet und dann auch direkt wieder ausgemacht. Nervte einfach nur.

3. Wie schlägt sich der Wunsch, mit Euren Songs Geld zu verdienen, in Eurem eigenen Songwriting nieder?

Ich mach Metal, noch fragen?
Generell versuche ich Musik zu machen, die in erster Linie mich zufrieden stellt.
Dabei Versuche ich eine Balance zwischen Eingängigkeit und Komplexität, Rhytmus und Melodie zu finden. Vermutlich das üblihe blabla,

Mal abgesehen, dass "Chartsmusik" kein wirklich definierter Begriff ist

Genau, streng genommen höre ich hin und wieder auch Chartmukke. Z. B. Machine Head, die waren erst letztens über mehrere Wochen relativ weit oben in den deutschen Albumcharts,