Tiefgründige Musik vs. Partymusik?

[Midistudio]

Ich hoffe ich habe das richtige Unterforum erwischt, wenn nicht Entschuldigung ich lerne noch.
Habt ihr Lust mal mit mir über das Thema "persönliche Musik" vs. "Unterhaltungsmusik" zu reden?
Mit "persönlicher Musik", meine ich Musik aus der Seele, um eigene Gefühle, Gedanken, Sehnsüchte und ähnliches auszudrücken. Sich der Welt mitteilen, das Innerste preisgeben, ihr wisst was ich meine?
Vielleicht kann man auch sagen "Musik mit Tiefgang"?

Dagegen steht Musik die lediglich zum tanzen animieren soll, mit der man Geld verdienen will, vielleicht alles nach Schema F, Kommerz eben. Musik für den Ballermann, Electronic Dance Music, Musik ohne jeglichen Anspruch auf Tiefgang. Habe ich das richtig formuliert?

Wie steht ihr zu dem Thema, was für Musik macht ihr und wieso gerade diese?
Ist es euch wichtig, dass eure Musik eure Seele repräsentiert? Und wenn ja, wie erreicht ihr das?

 

[Moiterei]

Es soll auch Seelen ohne jeglichen Tiefgang geben und sogar sehr persönliche Unterhaltungsmusik mit Tiefgang, die der Welt in der Tat das Innerste des (kommerziellen) Unterhaltungsmusikers preisgibt. Die Übergänge sind eben fließend und auch hier gibt es neben Schwarz und weiß vor allem jede Menge Grau.

 

[Neobiont]

Hallo @Midistudio

Mit "persönlicher Musik", meine ich Musik aus der Seele, um eigene Gefühle, Gedanken, Sehnsüchte und ähnliches auszudrücken.

Bin mir nicht so sicher ob man meine "Musik" überhaupt so nennen mag / darf, denke jedoch das ich genau das mache,
bzw. versuche zu machen. Hoer schon mein Leben lang eher Randmusik, wo es halt viel um z.Bsp. Themen geht wie
innere Zerissenheit, Aufarbeitung, Konfrontation, (auch Suizid und psychische Thematiken) usw.

Anfang der 90er musste ich arbeitskrankheits bedingt meinen Job im Industrie Maschinen Bau aufgeben,
(im nachhinein das beste was mir passieren konnte), bin ich in den sozialen Bereich gewechselt. Dort hab
ich haeufig mit Themen zu tuen die einen nicht immer "einfach so" loslassen, bzw. halt auch mit nach Hause gehen.

Wenn ich dann Zeit hab, oftmals halt nur am Wochenende, bastel / schraub ich an meinen zugegeben oftmals
kranken Sound, z.Bsp. ich sample fast alles selbst, lauf durch die Gegend und lass meinen kleinen Recorder
heisslaufen, benutz auch hin und wieder Samples aus Dokumentationen, die sich mitunter mit den Themen
beschaeftigen wo ich im Job auch mal dran zu "knabbern" hab.

Das versuch ich dann irgendwie umzusetzen, Stichwort -Kompensationstherapie- ohne dabei
reisserisch irgendwas rauszuhauen um Lorbeeren oder gegenteilige Kritik zu sammeln,
Erfolg spielt da keine Rolle, dafür mach ichs nicht, und bin da wahrscheinlich eh zu schlecht für.
(Und Genre typisch ist da eh nicht viel mit Erfolg)

Ist es euch wichtig, dass eure Musik eure Seele repräsentiert?

Repraenstiert in dem Zusammenhang ist ja schon bissl nakkisch machen
Aber ja, denke, kann ich jetzt natürlich nur für mich sagen, glaube aber vielen (den meisten) geht es aehnlich,
wo halt nur jeder für sich ehrlich beantworten kann -wieviel- davon repraesentativ ist / sein kann.

Und wenn ja, wie erreicht ihr das?

Hm..., gute Frage wo es naturbedingt keine form von -gültiger- Antwort geben kann, denke, das Gefühl
das man einfangen / darstellen moechte / will ist nicht einfach nach aussen zu stellen, da es ja
erstmal aus einem selbst heraus reflektiert werden will.

Moecht jetzt keinen Streit vom Zaun brechen, auch keinem auf die Füsse treten, sind nur Gedanken.
kann mir aber gut vorstellen das ein "froehlicher Gemütsmenschmusiker" wesentlich einfacher zum
Ziel findet, meine braucht nicht viel nachdenken über den -Transport- zum Hoerer.

 

[DHG]

Ich kann nicht behaupten das ich schon großartig Musikstücke fertiggestellt habe aber ich würde sagen mein Ziel ist es "persönliche Musik" zu machen. Das liegt zum einen daran das ich selbst bevorzugt Musik mit Inhalte höre und zum anderen daran, das ich sehr nachdenklich bin. Außerdem ist es mir wichtig das Musik was persönliches, etwas eigenes hat. Im Idealfall ist das dann eine unverkennbare Handschrift die jedem Kenner sofort auffällt.

Wie ich das versuche zu realisieren?
Ich schreibe über persönliches, über Dinge die mich interessieren und mich beschäftigen. Ich denke aber auch das die Art wie man Texte formuliert oder diese zum Ausdruck bringt, viel Persönlichkeit transportieren kann (und gerade da muss ich noch viel dazu lernen).

 

[der-eine-sprach]

kurz und knapp: persönliche musik. warum sollte ich über dinge schreiben, die andere genauso wiedergeben?trotz meiner liebe zu star wars filmen, möchte ich kein klonkrieger sein.

 

[Yacc]

persönliche musik all the way!

kann party/tanzmusik nicht auch mit seele sein? wenn ich partylieder (innerhalb meines genres) mache dann spüre ich da was, ich spüre selber beim hören/schreiben meiner lieder die gefühle die ich gerne transportieren will. (spaß, energie)

denke auch nicht das es unbedingt ne frage von entweder oder ist, denn genauso habe ich auch lieder die eher ernsthaft, zum teil atmosphärisch oder gar provokant an themen rangehen.

 

[Altered States]

Musik mit Tiefgang habe ich noch nie gemacht, ist alles mehr so Soundzeug (Mag sein das andere dahingehend etwas mit Tiefgang produzieren können, aber ich kann das nicht.). Und wenn ich etwas von anderen an Musik höre, dann entscheide ich eher aus dem Bauch heraus ob mir das zusagt oder nicht und achte da auch nicht auf Tiefgang. Ich höre aber auch nicht mehr soviel Musik wie früher.

 

[LulleuNulle]

Kommerzielles hat sehr wohl Seelischen Tiefgang und wenn die Umsetzung noch stimmt, identifiziert man sich sehr gerne mit dem was man hört.

Wie man da ran geht, tja.
Man muss sich erstmal klar machen in welchem Genre man sich bewegen will, es soll ja auch angenehm sein bis Spaß machen sich damit auseinander zu setzen wenn man etwas angeht.
Wenn ich mich da gezwungen fühlen muss um zb jedem gefallen zu wollen, wird es eh nichts.
Lass es laufen wenn es Dich erfüllt hast Du schon was erreicht, wenn es andere mitnimmt noch mehr.

Lass nur keine Zwänge zu sonst fühlst Du falsch.

 

[Midistudio]

Ich habe unter anderem schwere Depressionen. Nun würde ich meinen, dass dann Party Musik machen genau das richtige wäre, anstatt ich nenne es mal depressive Musik. Das Problem daran ist aber, dass ich das nicht kann und auch nicht will. Ich finde sogar, dass mich fröhliche Musik noch depressiver macht. Es fühlt sich fremd und falsch an und macht mir dann auch keinen Spaß. Wenn ich düstere Musik mache, düstere Klänge höre und nehme, fühle ich mich wohler. Das finde ich merkwürdig.

 

[muffy]

Habt ihr Lust mal mit mir über das Thema "persönliche Musik" vs. "Unterhaltungsmusik" zu reden?

Ich bin leider nicht so der Songwriter aber ich höre "privat" ausschließlich sogenannte persönliche Musik. Damit ist keine Wertung verbunden, ich kann über Songs wie "Jan Pillemann Otze Arsch" gut ablachen, aber wenn es mich wirklich packen soll, dann ist dunkle / melancholische Musik unterschiedlichster Ausprägung mein Ding (Ulver, Nerosis, GY!BE, Dälek, Coil, und generell Doom Death Black Metal, Ambient, Drone).

 

[der-eine-sprach]

@Midistudio ich finde das nicht merkwürdig. du verarbeitest dann so besser deine stimmung. wenn ich down bin hilft es mir auch nicht teletubbiemusik zu hören oder zu machen. musik, die genau das widergibt, was man empfindet ist befreiend.

 

[Moogman]

Vielleicht kann man auch sagen "Musik mit Tiefgang"?

Das ist bei Instrumentalmusik nicht immer so einfach, mit Texten kann man da leichter etwas rüberbringen.
Ich mache das aber trotzdem und versuche das dann über die Sounds umzusetzen.
Man kann die Stücke auch mit kurzen Pausen spielen und da helfen zum Verständnis vorher auch ein paar Worte zu dem jeweiligen Track.

Dagegen steht Musik die lediglich zum tanzen animieren soll, mit der man Geld verdienen will, vielleicht alles nach Schema F, Kommerz eben. Musik für den Ballermann, Electronic Dance Music, Musik ohne jeglichen Anspruch auf Tiefgang.

Mit welcher Musikrichtung man mehr Geld verdienen kann, weiß ich nicht.
Bei Tanzmusik, insbesondere bei Techno, ist jedenfalls etwas die Luft raus, da es mittlerweile sogar DJs gibt, die für das Auflegen sogar noch Geld bezahlen.
Als Livemusiker, der auch noch sein ganzes Hardwaregerödel mitscheppen und aufbauen muss, hat man da schlechte Karten.
Aber ich habe beides gerne gemacht.

Wie steht ihr zu dem Thema, was für Musik macht ihr und wieso gerade diese?
Ist es euch wichtig, dass eure Musik eure Seele repräsentiert? Und wenn ja, wie erreicht ihr das?

Aktuell mache ich mehr in Richtung Ambient, Chillout Berlin School und Klangkunst.
Mein Bedürfnis in verqualmten Clubs die Nächte auf der Bühne zu verbringen, ist bei mir nach den vielen Jahren gedeckt.
Da muss die Gage schon sehr verlockend sein, kommt daher nur noch 1-2 mal im Jahr vor.
Meine Ambient-Projekte finden oft auf Kunstausstellungen, in Kirchen usw. statt, da spiele ich auch mal Nachmittags oder zu "normalen" Zeiten und spätestens um Mitternacht habe ich mein Gerödel wieder zusammengepackt.
Solche Konzerte sind auch für mich relaxed und entspannt und mir dröhnt danach nicht die Birne, weil sich das auf einem anderen Lautstärkepegel bewegt.
Diese Musikprojekte widmen sich unterschiedlichen Themen (Krieg, Umwelt, sozialpolitisch ...) und haben einen ernsten Hintergrund.

 

[muffy]

Das ist bei Instrumentalmusik nicht immer so einfach, mit Texten kann man da leichter etwas rüberbringen.

Hm, man kann auch schnell eine gute Komposition mit einem flachen Text versauen und auf der anderen Seite helfen auch "deepe Lyrics" nichts, wenn man so klingt, wie die frühen Lacrimosa oder Goethes Erben (no offense, habe ich trotzdem gemocht!).

 

[Moogman]

kann party/tanzmusik nicht auch mit seele sein?

Ich weiß nicht, ob die tanzenden Leute das überhaupt wahrnehmen.

Ein Paradebeispiel wäre da vielleicht "Vamos a la Playa", wo alle fröhlich lachend in der Disko herumhüpfen.
Der Text handelt von einer explodiereten Atombombe, radioaktiver Strahlung und toten Fischen.

 

[muffy]

Ein Paradebeispiel wäre da vielleicht "Vamos a la Playa", wo alle fröhlich lachend in der Disko herumhüpfen.
Der Text handelt von einer explodiereten Atombombe, radioaktiver Strahlung und toten Fischen.

Wow, darauf wäre ich nie gekommen. Das wäre doch mal einen extra Fred wert - Titel, die komplett mißverstanden worden sind.

 

[mwa]

@Midistudio #9
Ich finde das gar nicht so merkwürdig, sondern würde das eher als eine Art von Gesundheit deuten: Du versucht nicht jemand anderes zu sein, sondern suchst klanglich und musikalisch nach Entsprechungen die Deiner Stimmung entsprechen. Da ist dann Übereinstimmung.

Meine Musik gerät auch eher düster und melancholisch. Ich merke das selber manchmal gar nicht so, bekomme dann aber das Feedback.

Persönliche Musik kann m.E. kommerziell sein oder auch nicht. Auf die persönliche Übereinstimmung kommt es an.

Ich mache das so, daß ich nicht nach außen gucke bei der Komposition, sondern nur nach innen: wie soll es weiter gehen? Das kann manchmal ganz schön lange dauern.
Beim Arrangieren hab ich dann Spaß daran, Ideen anderer aufzugreifen und meinen Sachen einzuverleiben

 

[Midistudio]

Ich bin oft wütend. Wütend auf mich selbst. Wütend, dass ich erkrankt bin, dass ich keinen Job habe, kein Geld, keine Familie, wenig Freunde. Diese Wut staut sich in mir und will heraus. Ich könnte nun in einen Boxclub gehen, aber ich denke, dass man das auch mit Musik verarbeiten kann. Auch das meine ich mit Tiefgang und persönlicher Musik. Ich stecke in einer Phase der Selbstfindung, der Selbstverwirklichung. Ich denke viel über mich und Musik nach. Ich stelle mir so Fragen wie "Was willst du?".
Nein für mich ist die Welt nicht in Ordnung, wie es mir die Psychologin einreden will und all das will ich mit Musik verarbeiten.
Vielleicht bin ich auch einfach nur nicht der Typ für Party Musik.

 

[LulleuNulle]

Ich habe unter anderem schwere Depressionen. Nun würde ich meinen, dass dann Party Musik machen genau das richtige wäre, anstatt ich nenne es mal depressive Musik. Das Problem daran ist aber, dass ich das nicht kann und auch nicht will. Ich finde sogar, dass mich fröhliche Musik noch depressiver macht. Es fühlt sich fremd und falsch an und macht mir dann auch keinen Spaß. Wenn ich düstere Musik mache, düstere Klänge höre und nehme, fühle ich mich wohler. Das finde ich merkwürdig.

Das wird Dich da nicht raus führen.

Bau Dein Soziales Umfeld aus, es könnte sein das Du Dich auch mal zwingen musst aber es wird Dir mehr bringen als Dich in Dein Kämmerlein zurück zuziehen.
Vielleicht wäre ein Klinikaufenthalt auch mal etwas für Dich, da siehst Du eventuell Leute denen es noch mieser geht und denkst über Deine Situation ganz anders (positiver).
Zumindest stößt Du da auf Gleichgesinnte.
Vielleicht wäre das eine gute Sache um mal aus Deinem Trott raus zukommen überhaupt sich mal von allem Zuhause zu lösen.
Mit Menschen zusammen etwas unternehmen die das gleiche durchmachen, mit Leuten zusammen am Tisch sitzen, essen quatschen, spielen oder spazieren gehen Sport.
Kein Internet, kein Musikrechner.
Vielleicht sind es genau diese Dinge die Dir fehlen und weißt es nicht mal?

Du suchst an falscher Stelle nach Hilfe wie es mir scheint, die Musik wird Dich da nicht retten können, egal welches Genre.

 

[Dabey]

Bei mir ist das wie folgt: zu Beginn wusste ich zwar das ich Musik machen will, aber weder wusste ich womit noch in welchem Genre. Habe dann einfach angefangen mit einfachen 4-to-the-Floor Geschichten und schnell gemerkt dass mich das nicht befriedigt. Ich wollte einfach meine Stimmung & die Emotionen in Klänge verwandeln, sozusagen ein Abbild von mir vertonen. Das gelingt mir in letzter Zeit schon sehr gut, soll heißen ich bin zufrieden mit den Ergebnissen - nicht mit den Verkaufszahlen Da kann man in meinem Bereich eh nicht viel erwarten, das ist eher was für Liebhaber. Habe mich auch lange sehr schwer getan mich selbst in das richtige Genre einzuordnen und hatte immer wieder damit zu kämpfen das manche Sachen die ich so gestalte eben als genre-untypisch empfunden werden. Mich stört das jetzt weniger, da ich niemandem gefallen muss. Ich würde mich am ehesten im Bereich Downbeat/Ambient verorten.

Es ist also voll und ganz persönliche Musik. Das ist auch der Grund, weshalb ich bisher noch nicht live gespielt habe. Sehe das ganze Live-Ding nebenbei auch ähnlich wie der "Mann vom Moog" - das muss nicht sein, wenn es sich nicht lohnt.

 

[der-eine-sprach]

@Midistudio . da ich in einer psychiatrie arbeite, mit menschen denen es teilweise ähnlich geht, kann ich deine situation ein stück weit nachvollziehen. aber genau daraus musst du das schöpferische ziehen. ein "here in heaven" von eric clapton bereitet mir gänsehaut, weil es genau aus solch einer beschissenen situation entstand. man kann sowas nicht schauspielern.