Text zu Musik: Weil wir Männer sind ...

Dodo_I

Dodo_I

Registriert
09.11.10
Beiträge
7.099
Reaktionen
7.421
Punkte
30.142
Den folgenden Text habe ich vor ca. einem Jahr geschrieben und würde ihn gerne vertonen in dem Sinne, dass ich ihn über Musik sprechen lasse.
Ich bagger hier immer noch an einem Schauspiel-Kollegen, dass er ihn spricht - und ich glaube, ich werde Erfolg haben ;-) :-D

Allerdings wollte ich ihn hier erst nochmal reinstellen, vielleicht fällt Euch noch etwas auf oder ein, was man verbessern, kürzen, streichen, hinzufügen oder sonstwas kann -
oder ob man das vielleicht doch lieber sein lässt.

Insgesamt ist er auch etwas zu lang, doch ich bin zu sehr involviert als dass ich sagen kann, wo man da was streichen könnte.

Vielleicht könnt Ihr mir ja helfen - wenn Ihr wollt..

Danke,
Dodo



Wir, wir sind die erste Generation, die ohne Mangel aufgewachsen ist.
Wir sind die erste Generation, die alle Informationen zur Verfügung hat.
Was machen wir damit? Nichts!
Noch immer gibt es Krieg, Unterdrückung, Armut.
Noch immer bestimmt Gier das Handeln der Handelnden.
Noch immer ist uns das Hemd näher,
weil wir uns unserer Nacktheit schämen, schämen sollen.
Weil uns gesagt wird, dass Haut hässlicher ist als Stoff.
Dass Haut keinen Anstand hat.
Anstand, der so wichtig ist, damit wir zusammen leben können.
Weil sonst jeder über den Anderen herfallen würde.

Weil wir Männer sind.

Wir denken rückwärts, weil wir die Freiheit nicht ertragen.
Nicht unsere Freiheit, die Freiheit des Anderen ertragen wir nicht.
Daher muss an unserem Wesen die Welt genesen.
Nie wurde soviel diskutiert - nie so wenig bewegt.
Weil wir nicht mehr miteinander denken. Weil wir immer noch nicht miteinander denken.
Sondern weil wir immer noch denken, für die anderen mitdenken zu müssen.

Weil wir Männer sind !

Und gleichzeitig haben wir Angst vor dem Denken.
Weil es weh tut, sobald man über den Horizont hinaus denkt.
Über die eigene Meinung, das eigene Bild.
Daher betäuben wir uns. Mit Alkohol, mit Fernsehen, Sport - mit Informationen.
Glauben wir. Dass das Informationen sind.
Dabei lenken sie uns nur vom Wesentlichen ab.
Wie Statistiken vom Problem ablenken. Sie geben Sicherheit.
Sicherheit, die wir brauchen.

Weil wir Männer sind!

Wir wollen haben. Haben, weil er es hat.
Haben, weil sie es hat, weil alle es haben.
WIr wollen haben, damit wir glücklich sind, vollkommen, großartig, toll.
Weil wir es brauchen. Brauchen, um zum Leben,
um das Sterben von uns weg halten zu können.
Weil doch alle sagen, dass man es braucht.
Weil wir dabei sein wollen, nicht davor.
Weil wir nicht dahinter stehen wollen. Weil wir dabei sein wollen,
bei allen anderen sein wollen.

Und doch so allein dabei sind.
Weil das Haben zwischen uns ist.

Weil wir Männer sind.

Wir ändern nichts, indem wir denen etwas neiden,
auf was wir gar nicht neidisch sein müssen. Wozu auch?
Wir ändern nichts, indem wir wütend auf die zeigen,
die vermeintlich unserem Glück im Wege stehen. Was immer das sein soll.
Wir ändern nichts, indem wir besser sind. Wie könnten wir?
Wir ändern nichts, weil wir besser sind. Wie könnten wir?
Wir ändern nichts mit Wut, mit Reden,
mit Argumenten, mit Diskussion, mit Rationalität.
Es gibt immer mehr Ansichten als die unsere.
So abstrus sie uns auch scheinen mag. Dein Gegenüber glaubt daran.

Weil er ein Mann ist.

Glaube ist nicht das Übel. Glaube ist das, was uns zum Mensch macht.
Sonst wären wir eine Maschine.
Liebe ist das, was uns zum Mensch macht.
Sonst wären wir eine Maschine.
Fühlen, Tasten, Sehen, schmecken, Riechen ist das, was uns zum Mensch macht.
Sonst wären wir eine Maschine.
Macht, Eitelkeit, Gier ist das, was uns zum Mensch macht.
Sonst wären wir ein Teil der Natur.
Natur die wir doch selbst sind. Doch wir sind nicht mehr die Natur.

Weil wir Männer sind.

Doch liebe Frauen. Ihr ändert es nicht.
Wir ändern es nicht.

Wir ändern nichts, indem wir mit dem Finger irgendwohin deuten und sagen: "Da muss sich was ändern!" Es sind wir, nicht die Anderen.
Immer. Wir stehen uns selbst im Weg, nicht die Anderen sind schon dort um uns den Weg zu versperren.

Denn es geht nicht darum, ob wir Männer sind.
Oder darum, ob wir Frauen sind.
Es geht darum, dass wir Menschen sind.
Dass wir wieder menschlich werden.
Dass wir wieder wissen, spüren, leben, dass wir hier sind.
Und wenn wir alle wieder Menschen sind,
dann ist es auch nicht mehr egal, ob Du ein Mann bist.
Dann ist es nicht egal, ob Du eine Frau bist.

Dann ist es gut, dass Du ein Mann bist, dass Du eine Frau bist.
Dann ist es gut, dass Du weiß bist, oder schwarz bist.
Dann ist es gut, dass Du ein Jude bist, ein Moslem, Christ oder Buddhist.

Weil Du immer noch ein Mensch bist. Denn ein Mensch sein, menschlich sein ...
... das kann niemand allein ..!
 
Hallo Dodo,

Du benutzt Langzeilen.

Die längsten MIR geläufigen Langzeilen sind Hexameter. Diese benutzten natürlich die alten Griechen, aber auch das klassische deutsche Theater: Sechs Hebungen (Betonungen) pro Zeile. Reimlos.

Also statt;
Wir sind die erste Generation, die ohne Mangel aufgewachsen ist.? (9 Hebungen)
Was machen wir damit? Nichts!? (3 Hebungen)

beispielsweise (aus der Hüfte):
„Wir wuchsen wohl als erste Generation / auf ohne Mangel (6 Hebungen)
Und was brachte uns dieser Frieden? / Er brachte uns nichts! (5 Hebungen)

Merkmale der antiken Langzeilen:

1. Sie bauen auf Daktylen auf : /- - /- - usw.
2. Sie enthalten in jeder Zeile noch Zäsuren (/): Selbständige Sinneinheiten, nach denen Atempausen möglich sind.

Diese Langzeilen-Metrik, deren Gesetze ich nur angedeutet habe, hat EIN Ziel: Dem begrenzten Kurzzeitgedächtnis (7+-2 Silben) ein Chance zu geben, sich das Gehörte über die Versfüße zu strukturieren, zu merken. Die inneren Zäsuren sollen ein Leiern der Zeilen verhindern.

Dein Text enthält (nach einer ersten Analyse) keine einprägsame metrische Struktur. DAS wird es sowohl dem Sprecher, als auch dem Publikum sehr erschweren, Deinem Text wirksam zu strukturieren. Wenn Du mehr darüber erfahren willst, lies mal nach unter den Stichworten „Hexameter“ und „Distichon“.

Als Musiker oder Musiktexter braucht man Gedichtformen wie "Hexameter " normaler Weise nicht. Für das Theater allerdings sollte man sich diesem Thema nähern, oder eben einen professionellen Dichter beauftragen.

Ich habe vor einigen Wochen ebenfalls (erfolgreich) ein Intro für einen Schauspieler getextet. Dabei habe ich vor allem mit Zäsuren gespielt.

So, nun hast Du sicher weitere Fragen. Ich bin gespannt ;-)

Lg
 
Danke artname.

Nun, dieser Text soll wie eine freie Rede gesprochen werden, nicht wie eine Deklamation am Theater.

Nichtsdestotrotz sind Deine Einlassungen natürlich richtig und gehen auch in die richtige Richtung einer Antwort auf meine Fragestellung.

Vielen Dank erstmal hier in Kürze, demnächst werde ich vielleicht auch die Zeit haben, Deine Vorschläge einzuarbeiten. :)
(im Moment geht hier alles drunter und drüber - und wenn ich denke, jetzt ist aber genug, kommt noch der nächste Hammer ...) :)

LG, Dodo
 
Hallo Dodo,

ich vermute, Du hast mich richtig verstanden. Freie Rede bedeutet ja nicht, alle Gesetze der Metrik und Rhetorik außer Kraft setzen zu wollen.

Besonders beim Theater gilt natürlich: alles ist möglich. Also: vielleicht hört man sich noch demnächst in diesem Theater ;-)

Lg
 

Ähnliche Themen

P
Antworten
13
Aufrufe
425
Phase1
P
U
Antworten
7
Aufrufe
239
Wirrr
W
moonbooter
    • Danke
  • Artikel
Antworten
9
Aufrufe
1K
stromzoo
stromzoo

Oft gelesene Themen

Zurück
Oben