Taktgefühl lernbar?

[Mike3000]

Wie es nun mit dem gegebenen Talent und dem Erlerneten auch sei... auf das genannte Problem wäre eine andere Lösung, dass deine Freundin dir NUR die Texte gibt, und du sie vertonst. Dann kannst du 8tel, 16tel Pausen, Synkopen usw., ja, vielleicht sogar mal ein oder zwei Takte extra einbauen, sodass der Text in einen "gewollten" Rhythmus passt.

 

[savameta]

Wie es nun mit dem gegebenen Talent und dem Erlerneten auch sei... auf das genannte Problem wäre eine andere Lösung, dass deine Freundin dir NUR die Texte gibt, und du sie vertonst. Dann kannst du 8tel, 16tel Pausen, Synkopen usw., ja, vielleicht sogar mal ein oder zwei Takte extra einbauen, sodass der Text in einen "gewollten" Rhythmus passt.

Genauso läuft das ja im Prinzip auch. Nur das ich halt noch ihre Gesangsmelodie mit berücksichtigen muss oder eher möchte. Wir müssen da einfach einen Kompromiss finden zwischen dem was sie sich eigentlich vorgestellt hat, und dem was taktmäßig zusammenpasst.
Aber eigentlich geht es ja auch genau darum wenn man gemeinsam etwas komponiert.

Mit dem Ergebnis sind wir jedenfalls immer sehr zufrieden. Auch wenn der Weg dahin manchmal steinig ist. Ich suche halt nach Möglichkeiten ihr zu helfen diese Versmaß Dinge verständlicher zu machen.

Ist ja inzwischen eine schöne Diskussion hier entstanden, danke für alle Beiträge an dieser Stelle mal.

Grundsätzlich bin ich der Meinung das ein gewisses Talent immer vorhanden sein müsste. Durch gezieltes Üben kann man sicherlich seine Schwächen etwas verringern.
Aber das wichtigste ist das man Spaß an der Sache hat und für sich selber zufrieden ist mit dem was am Ende dabei heraus kommt. Wir sind ja keine Profis und müssen nichts verkaufen.

 

[Rektum]

Wenn ein Text nicht in die Melodie passt, muss man entweder die Melodie ändern oder den Text. Für diese Erkenntnis reicht übrigens eine durchschnittliche Intelligenz aus.

 

[cherry50]

@savameta schreibt

Grundsätzlich bin ich der Meinung das ein gewisses Talent immer vorhanden sein müsste. Durch gezieltes Üben kann man sicherlich seine Schwächen etwas verringern.

Das weiß eigentlich jeder, nur mag man auch gerne diese Tatsachen umgehen.

Versuche doch mal ein anspruchsvolles Gemälde zu malen, so ganz ohne Talent.
Das wird wohl nichts werden.

Warum sollte es in der Musik anders sein ?

LG Cherry50

 

[m_tree]

Ggf. auch einfach mal Worte in Silben zerlegen und damit bei langsamer Geschwindigkeit auf Grundlage des Taktes experimentieren.

Jo - Worte in Silben zerlegen kann auch Wunder wirken.

Was hilft ist üben, mit Metronom und "mitmachen". Ein 4/4 Takt ist kein Kunstwerk.
Die 1 sollte am Anfang immer "hart" betont werden, damit sich die 1, und wann diese kommt, richtig ins Hirn einbrennt. Also lieber zu einem Metronom greifen, das die 1 deutlich betonen kann.

Wenn sie erstmal merkt und selbst weiß, wo die 1 ist, sollte die Sache erledigt sein.

Man könnte es auch theoretisch angehen und ihr sagen, dass sie immer versuchen soll ihre Worte, oder eben auch die Silben der Worte, in ein 4er Schema zu pressen. Betonungen und Abfolgen müssen also entsprechend gesetzt werden, dass der Text am Ende in eine Taktabfolge von x Takten im 4/4 Schema passt.
Das Problem sehe ich nur darin, dass Silben logischerweise auch auf 8tel und 16tel kommen sollten, damit es nicht stupidester Quatsch mit Soße wird.

Es ist aber auch leider so, dass sich bei sowas eben die Spreu vom Weizen trennt. Erfolg in einer Coverband bescheinigt ihr weder ein Rhythmusgefühl noch die Fähigkeit, neue Songs ohne einen "Aufpasser" zu schreiben.

 

[Rektum]

So mancher Geschäftsmann ist von Natur aus ein Schwein, während andere Geschäftsmänner zu viel Gefühl haben und nur mit viel Energie ein Schwein sein können.

 

[SNAFU]

Sind die Texte gut? Wenn JA --> dann ist es letztlich Wurscht, oder?
Denn:
- sie steht seit 20 Jahren auf der Bühne
- Cover-Songs singt sie scheinbar fehlerlos (selbst dafür brauchst du ein Minimum an Taktgefühl - mir gefällt übrigens der Ausdruck Rhythmusgefühl besser...)

Ich denke, sie hat beim Schreiben keine bestimmte Melodie/Rhythmik im Kopf - was keine Schande ist.
Ich habe jedenfalls noch nie einen Song begonnen, in dem ich mir vorgenommen habe: "So, und heute mal einen Text der in einem fünfhebigen Jambus geschrieben ist und in der Bridge in einen Trochäus übergeht!"

Nutz' den Umstand als kreatives Element - scheinbar trägt eure Zusammenarbeit doch Früchte, oder? Sach' doch mal einfach gar nix und lass sie ihre schrägen Textzeilen (schräg im Sinne von ohne erkennbare Rhythmik) singen - entweder sie merkt es von selbst und korrigiert selbst oder sie entwickelt so ein Hammerfeeling, dass die Nummer einen komplett eigenständigen Touch hat.

 

[Nachtschicht]

wenns mehr um eine schwäche beim songwriting (und da ganz speziell beim texten) geht, dann versuch es doch mal über einen ganz anderen winkel, nämlich dass sie ihre texte wie gedichte betrachten muss. wenn es einem schon musikalisch nicht einleuchtet, reines versmass bei gedichten ist selbst für unrhythmische menschen gedanklich erfass- und nachvollziehbar.

marke: finde den unterschied zwischen

wer reitet so schnell durch nacht und wind
es ist der vater, mit seinem kind

und

wer reitet so schnell durch nacht und wind
es ist der vater, der auf einem pferd sitzt, mit seinem kind

vielleicht leuchtet ihr das so abgetrennt von musikalischen überlegungen mehr ein, und dann kann sie ihre texte ja erstmal im "gedicht-denkmodus" auf versmass bringen und dann in gesang umsetzen.

mal so ins blaue gesponnen jetzt...keine ahnung ob das was bringt.

 

[georgyj]

Ja, ich denke der Tip von Nachtschicht ist der bisher beste. Ich besitze auch das Rythmusgefühl einer Kettensäge, aber ich kann sehr gut Worte in ein vorgegebenes Raster einpassen, da ich (relativ) sprachbegabt bin. Wahrscheinlich hat da die Freundin eine Schwäche ähnlich der Legastenie - das kann man verbessern, aber so richtig weg geht's nie. Ich finde, du hast aus der Not heraus bereits den momentan besten Weg eingeschlagen. Viel einfacher wird's aber auch mit viel Training eher nicht mehr werden.
http://wortwuchs.net/versmass/

 

[savameta]

Ja der Tipp von Nachtschicht scheint mir echt gut zu sein, denke das werde ich mal versuchen ihr so zu erklären.

Aber auch die Idee von SNAFU, sie einfach erstmal machen zu lassen, erscheint mir einen Versuch wert. Auch wenn sich das für mein Empfinden erstmal als völlig krumm darstellt, vielleicht haut es ja trotzdem hin.

Danke an alle für die Ideen!

 

[Fastel]

Kann man sowas lernen? Ich habe schon versucht ihr zu helfen indem wir eine Metronom App auf ihr Handy geladen haben. Da kann sie das Tempo einstellen und ihre Zeilen zum Takt singen. Aber selbst da merkt sie nicht so richtig wann ein Takt zu Ende ist und der nächste beginnt.

Ich bin echt kein großer Musik-Theoretiker, aber ich hatte Glück und habe ein recht gutes Taktgefühl mitbekommen. Aber erklären kann ich es ihr nicht richtig.

Ich weiß nicht was die andern schon geschrieben haben, wahrscheinlich sind wir wieder in Grundsatzdiskussionen gelandet (was auch sehr viel bringen kann). Zu deiner Frage:
Die Sache ist ganz einfach und hat NICHTS mit dem Metronom zu tun. Das Metronom macht die Timingarbeit. Takte beschreiben die Betonungsschwerpunkte.
Ein "typischer" 3/4 Takt hat ne fette 1 und ne hörbare 3, aber fast keine 2.
Was sie lernen muss ist simpel: zählen. Laut mitzählen wenn Songs laufen und noch besser: laut mitzählen wenn sie selbst irgendwas spielt. Der Fuß muss mitgehen und man muss im Raum die 1 von ihr gesagt bekommen. Nicht nuscheln oder "im Kopf" zählen sondern laut und hörbar. So wird die 1 spührbar und kann auch noch rational eine Kontrollinstanz sein, denn man hört dann ja wenn man auf der 1 ist.
Das kann auf einfache Schlager geübt werden, dann kann man mal im Rock vorbei gucken, da wirds manchmal schon interessant. Oder in den Swing gehen mit den Synkopen, die einen Schnell verwirren. Später dann auf rythmisch komplexe Jazzstandards zählen üben.

 

[Klavio]

Meistens gehen Textzeilen von Songtexten über zwei Takte, wobei das letzte Wort, also das Ende des Spannungsbogens, in der Mitte des zweiten Takts liegt.

Es könnte jetzt durchaus sein, daß nicht das Rhytmusgefühl ansich das Problem ist, sondern die Pause bis zur nächsten Eins.

Das Problem haben oft auch Musiker, die mit dem Improvisieren beginnen. Man hängt eine Phrase hinter die Andere, und irgendwann weiß man nicht mehr, wo man ist.

Deine Sängerin merkt sich wahrscheinlich die Pausen zwischen den Textzeilen ihrer Coversongs als fixe Zeitwerte, und das ist in dieser Situation, die mehr mit Improvisation als mit reproduzierendem Singen zu tun hat, natürlich kontraproduktiv.

Ich denke auch, daß die Lösung des Problems wahrscheinlich in der Beschäftigung mit der Metrik liegt. Konkret , zu lernen jede zweite Eins zu spüren.

Leider ist das ein recht mühsames und langwieriges Unterfangen, aber es zahlt sich aus.

 

[savameta]

Klavio schrieb in #32:

Deine Sängerin merkt sich wahrscheinlich die Pausen zwischen den Textzeilen ihrer Coversongs als fixe Zeitwerte, und das ist in dieser Situation, die mehr mit Improvisation als mit reproduzierendem Singen zu tun hat, natürlich kontraproduktiv.

Leider ist das ein recht mühsames und langwieriges Unterfangen, aber es zahlt sich aus.

Genau so ist es. Sie zählt die Pausen durch.
Wenn der Song erstmal steht, kommt sie damit auch gut durch. Aber in der Kompositionsphase ist das teilweise schwierig.

Wenn ich für mich alleine einen Song schreibe weis ich halt was ich will und wie ich es erreiche. Sie hat aber eine Idee im Kopf die sie alleine nicht verwirklichen kann. Da wird es dann halt schonmal komplizierter diese Idee zu vermitteln. Sie fängt auch im Prinzip gerade erst an eigene Ideen zu entwickeln, da braucht es auch einfach Übung und Erfahrung.

Also kurz gesagt, es geht hier tatsächlich nicht um ein Taktgefühl wie in meinem Betreff, sondern eher um Versmaß. Das hätte ich anders formulieren sollen denke ich.

Aber ich bin optimistisch das wir das durch Übung und mehr Erfahrung und auch einiger guter Tips hier im Thread auch bei ihr verbessern können!

 

[Fastel]

Ihr könntet super Tool-artige Musik machen

 

[SNAFU]

Was mich bei vielen Beiträgen zu diesem Thread etwas irritiert, ist das Primat des Zählens, das allenthalben propagiert wird. So viele Vollblutmusiker...habt ihr alle echt übers Zählen Rhythmik gelernt, echt?

Zahlen sagen dir über Rhythmik rein gar nichts - war wir alle meinen, ist die Sprachrhythmik, die Art, die uns 1-2-3-4 so zählen lässt, dass die einzelnen Zahlen in wohldefinierten Abständen (dem Metrum) genannt werden.
Rhythmik entsteht über Sprache in einer wohlfeilen Metrik!

Ich arbeite seit fast zehn Jahren mit Menschen mit geistiger Behinderung und mache da vorwiegend Musik. In all den Jahren, habe ich noch NIE einen Song über das Zählen erarbeitet! Was uns Menschen hingegen von Natur her liegt, ist eine Rhythmisierung der Sprache (Syllabierung), d.h. das Zerlegen bekannter Wörter in ihre Silben.
I.d.R. entwickeln viele Menschen ein Rhythmusgefühl, wenn sie mit binären Rhythmen beginnen (das kennen wir nämlich alle: vom Herzschlag der Mutter im Uterus- da musste jeder Mal durch ).

Das Zählen kommt erst, wenn man Rhythmik verstanden hat

 

[Mike3000]

Genau so ist es. Sie zählt die Pausen durch.

Vielleicht schafft sie es ja, in den Liedern so etwas wie eine Spannung zu empfinden, die sich in den Pausen aufbaut, und die sie durch ihren Einsatz wieder auflöst.

So ungefähr gehe ich das an - ich zähle so gut wie nie mit.

 

[savameta]

SNAFU schrieb in #35:
Was mich bei vielen Beiträgen zu diesem Thread etwas irritiert, ist das Primat des Zählens, das allenthalben propagiert wird. So viele Vollblutmusiker...habt ihr alle echt übers Zählen Rhythmik gelernt, echt?

Zahlen sagen dir über Rhythmik rein gar nichts - war wir alle meinen, ist die Sprachrhythmik, die Art, die uns 1-2-3-4 so zählen lässt, dass die einzelnen Zahlen in wohldefinierten Abständen (dem Metrum) genannt werden.
Rhythmik entsteht über Sprache in einer wohlfeilen Metrik!

Wir hatten das Thema Metrik, Versmaß ja hier schon besprochen.

Es gibt halt Musiker die mit zählen durch die Songs kommen, und damit auch gut klar kommen. Es ist halt ein Unterschied ob man ein vorhandenes Lied immer wieder übt und sich so merkt wie was passt, oder ober man einen Text schreibt und den dann vertonen möchte. Auch das braucht Übung.

Ich selber habe noch nie zählen müssen. Hab da wohl einfach Glück gehabt ein Gefühl dafür geerbt zu haben.

 

[savameta]

Fastel schrieb in #34:
Ihr könntet super Tool-artige Musik machen

Cool, das Resultat klingt manchmal tatsächlich nach Tool. Wobei meine Sängerin noch nie etwas von Tool gehört hat....
Wenn ich ihr sage das wir nach Tool klingen, fragt sie ob nach Hammer oder nach Säge...

 

[Cell_o_Chromos]

"It's not a bug! It's a feature!"

 

[FredTadge]

Was mich bei vielen Beiträgen zu diesem Thread etwas irritiert, ist das Primat des Zählens, das allenthalben propagiert wird. So viele Vollblutmusiker...habt ihr alle echt übers Zählen Rhythmik gelernt, echt?

Ja, eindeutig. Ich zähle teilweise noch heute mit, wenn ich einen Nicht-4/4-Takt höre und da nicht reinkomme. Normalerweise hat man sowas zwar lange nicht mehr nötig aber in meinen ersten Gitarrenstunden ging nix ohne 1-2-3-4