Manchmal, nicht immer

[artname]

Hallo @Teestunde,

nun sind also christliche Feier-Tage gemeint. Für mich als Agnostiker haben liturgische Gesänge kaum praktischer Bedeutung. Wie wohl für alle anderen Kritiker in diesem Faden auch.

Nochmals verweise ich darauf, dass dein Hang zum Detail die Interpretationsspielräume einengt. Bezogen auf Sprachbilder: Details einer Metapher sind etwas Anderes als Details einer fotografischen Beschreibung. Details des Glaubens etwas Anderes als Details des Glaubenden.

Als Chorendesänger bin ich mit dem Gesangsbuch großgeworden. Viele Choräle packen Glaubensbekenntnisse in eine Metapher ( wie z.B. "Ein feste Burg ist unser Gott", "Es kommt ein Schiff, geladen" O Haupt voll Blut und Wunden", Stilles Nacht" uuu. ). Da geht es mMn um Bilder des Glaubens, der Standhaftigkeit und Treue. Um den festen Glauben, den auch ein Atheist u.U. für sich als lebensnotwendig beansprucht.

Du hingegen betextest sehr oft nur die religiösen Rituale der Christen. Bevorzugt Details zum Weihnachtsfest. Das wird mir meistens viel zu einseitig.

Dabei nutzen sehr viele Poeten alttestamentarische Geschichten für wunderbare, zeitgenössische Texte. Texte, die Christ wie Atheist bejahen können. Geschichten um Kain und Abel, Noah, Abraham, Saulus und Paulus, David und Goliath usw.... oder eben wie unlängst hier auch um Bileam.

Es ist mMn immer schwierig, völlig lineare Alltagsgeschichten interessant zu erzählen. Die Gefahr, in der Banalität hängen zu bleiben ist groß. Ich prüfe bei fast jeder Zeile, ob mich als Autor hinter meiner konkreten Formulierung neben den banalen Infos noch etwas mystisches, mythisches, philosophisches, rätselhaftes mitbewegen könnte. Hab gerade zu wenig Zeit, das näher auszuführen. Nehme an, wer mich verstehen will, versteht das auch irgendwie.

Kurz: Ich hab kein Interesse an liturgischen Lieder. Sehr wohl aber an Liedern über einen festen Glauben.

 

[Teestunde]

@artname Danke, ich glaube schon, dass ich dich verstanden habe, nur - kann ich es auch umsetzen? Mal ausprobieren.

 

[artname]

Wenn ich deine zahlreichen religiösen Texte sehe, stelle ich mir Fragen. Soweit ich das verstehe, willst du deine Texte nicht als liturgisch (an den Gottesdienst gebunden) verstanden wissen.
Oder schreibst deine Texte über Glaubende bewußt auch, um eventuell in Kirchenveranstaltungen gesungen zu werden? Symbolisierst du mit dem Glauben an ein Wunder einen geliebten Menschen, der unerreichbar ist?

Du mußt mir nicht antworten, wenn dir diese Fragen zu weit gehen. Das würde ich stillschweigend akzeptieren!

 

[jet2]

Genau das war mein Gedanke. Einfach nur "Manchmal, nicht immer" wiederholend verwenden, so ähnlich wie bei "Über sieben Brücken" oder "Manchmal, aber nur manchmal" (Ärzte) oder "Nicht immer, aber immer öfter" (Clausthaler). Mein Gefühl sagt mir, dass da Schlichtheit, Wiederholung und Interpretierbarkeit mehr ist als detaillierte Erklärung.

sieben stühle, eine meinung...
hatte auch die ärzte und clausthaler im hinterkopf...

 

[Turquoise]

kann ich es auch umsetzen? Mal ausprobieren.

Du tust es doch schon!
Dein Lieder sind doch keine "liturgischen" Lieder. Liturgie bedeutet, an den festen Ablauf im Gottesdienst gebunden. Das sind doch Deine Lieder nicht. Du betexest auch keine Rituale, weil Du das Ritual stets mit dem profanen Erlebnis verknüpfst. Ich sehe Deine religiösen Texte eher in Richtung eines Gerhard Schöne. Lass Dich nicht irre machen.

 

[Teestunde]

Du mußt mir nicht antworten, wenn dir diese Fragen zu weit gehen. Das würde ich stillschweigend akzeptieren!

Ich bin durch ein konkretes Ereignis zum Glauben gekommen. Allerdings kommt meine atheistische Erziehung immer wieder durch. Um so mehr freue ich mich über diese Momente, die ich hier im Text beschreibe. Dass sie mir zuteil werden. Ich will niemanden bekehren oder so, nur teilhaben lassen. Und ich bin auch nicht böse, wenn das auf keine Gegenliebe stößt. Jeder kann nach seiner Facon selig werden.

 

[Teestunde]

Oder schreibst deine Texte über Glaubende bewußt auch, um eventuell in Kirchenveranstaltungen gesungen zu werden?

Kommt drauf an, wenn Locis mich beispielsweise nach einem Text fragt, den er für seinen Chor braucht, dann schreibe ich schon, um auf Kirchenveranstaltungen gesungen zu werden. Kommt aber sehr selten vor. Meistens schreibe ich für mich, auch, um mich zu sortieren.

 

[rho]

Es ist ein sehr schöner Text über Kontemplation. Zumindest kann man ihn ebenso allgemein verstehen, wie man ihn auch liturgisch verwenden könnte. Das halte ich für die größte Stärke dieses Textes. Das Wort Kalender weist mMn nicht notwendig auf religiöse Feiertage hin. Es können auch ganz persönliche Tage der Er-Innerung und der Einkehr sein. In diesem Zusammenhang hat mir das Bild von der Straße und der Tür in der ersten Fassung gerade in seiner Bestimmtheit ("Dies ist die Straße und das ist die Tür") besonders gut gefallen. Das Nebel-Bild kommt mir da deutlich schwächer vor, weil darin das aktiv komtemplative Element schwächer ist oder sogar ganz fehlt.

 

[Teestunde]

Ich lasse Locis das letzte Wort. Falls er den Text will. Im Moment bin ich zu keiner weiteren Ver(schlimm)besserung fähig.

 

[artname]

Mit liturgisch meine ich, du schreibst mMn über den Gottesdienst deiner LIs. Das berührt mich schon, denn jeden Sonntagmorgen mußte ich als Kind auf der Empore stehen. Heute aber nicht mehr. Nun, als Agnostiker erwächst mir aus der Anerkennung eines Schöpfers weder automatisch eine Verpflichtung noch ein Heilsversprechen. Aber die Bibelgleichnisse interessieren mich noch immer.

Mir geht z.B. seit meiner Kindheit eine Zeile durch den Kopf "... wie Jonas im Bauch eines Wals". Ich weiß nicht, ob sich ein, mein kindliches Drama in dieser Zeile verbirgt. Ich fühle in dieser Zeile meine Angst, dass mich der Wal auf dem Strand eines fremden Planeten ausspucken könnte - die Lösung der biblischen Geschichte für mich also keine Erlösung wäre. Solcher Art ist mein erwachsenes Interesse an biblischen Geschichten. Es sind die biblischen Metaphern, die mich als Deutungen modernen Lebens interessieren

Ich nehme Religion zudem als eine Möglichkeit wahr, Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Die Unterordnung unter die Dogmen religiöser Machthaber fördert aus meiner Sicht die Versklavung des Geistes. Mich tröstet nur die Borniertheit der Religionsvertreter, an der sie regelmäßig scheitern werden. Weil sie ihre Macht seit Menschengedenken überschätzen. Das ist das Moderne und Altmodische an meinem Glauben.

Sorry, aus derartigen Gedanken heraus schrieb ich bisher über Religion. Ein, zwei Zeilen in einem Song... und ab und zu mal eine moderne Adaption einer biblische Geschichte.

 

[Teestunde]

Ich gebe zu, dass ich das AT nie wirklich gründlich gelesen habe. Ich kenne nur das NT und die Bhagavad Gita. Und einige Bücher über den Glauben, z. B. "Glauben durch Erkenntnis" von Elaine Pagels. Außerdem lese ich gerne Kirchenliedertexte.

 

[SoulFrontier]

Im Englischen gibt's den Begriff Worship music, im Deutschen Lobpreisungsmusik.

Lobet den Herrn, Halleluja!

Dies hier ist wieder so ein Text für diese Schublade.

Mit Weihnachten kann ich den Text absolut nicht zusammen bringen und wenn ich die Kommentare so lese niemand hier.

Als christliches Lied für eine Bibel Band oder eben einen Kirchen Chor ist das eine schöne Vorlage.
D.h. Ich finde an sich dies ist ein gelungener TextEntwurf für einen worship Song! Mir gefällt der Text sehr, auch wenn ich überhaupt nicht alles verstehe oder mitgehen kann.

Aber davon ab scheint mir Du verbrauchst Dich am Thema Weihnachten? Warum denn das? Ist da jemand, der ein Weihnachtslied will?
Im Mai, endlich wird alles grün und es wird warm. Wer hat da Lust auf Brezeln und Schnee und Weihnachtsbaum.
Es ist mir ein Rätsel, kann an sich nur kommerzielle Gründe haben.

 

[rho]

Für mich ist das ein Text aus der Richtung eines Meister Eckhart: "Lasse dich selbst", ganz ohne äußerliches Halleluja und sonstiges Frömmigkeitsgedöns.

 

[Teestunde]

Es ist mir ein Rätsel, kann an sich nur kommerzielle Gründe haben.

Stimmt nicht, denn kommerzielle Sachen dürfte ich vorab nicht hier veröffentlichen. Aber ich werde euch ab jetzt damit in Ruhe lassen. Bevor noch Protestschreiben beim Webmaster eingereicht werden.

 

[SoulFrontier]

Stimmt nicht, denn kommerzielle Sachen dürfte ich vorab nicht hier veröffentlichen.

Ach so? Warum denn dieses?

Aber ich werde euch ab jetzt damit in Ruhe lassen. Bevor noch Protestschreiben beim Webmaster eingereicht werden.

Ach was, ist nur etwas merkwürdig im Frühling. Passt aber wenn Du auf eine Produktion hin arbeitest. Dann kann man ja nicht früh genug starten. Drum meine Frage.

 

[Teestunde]

Ach so? Warum denn dieses?

Ich meine, das bei recording gelesen zu haben.

 

[SoulFrontier]

Du meinst recording.de würde das verbieten?

Also das glaube ich nicht! Wie könnten sie denn und weshalb sollten sie?

Was Du hier oder anderswo postest bleibt allein Dein Eigentum. Niemand kann und darf darüber verfügen, nur Du allein.
Also kannst Du auch einen Text, den Du hier vorstellst später verkaufen oder anderweitig verwerten.

Ich seh da kein Problem, jedenfalls nicht von Seiten des Forum Betreibers.

 

[SoulFrontier]

Gleiches gilt imo natürlich für Musik.

Es will nur niemand GEMA registrierte Musik auf seinen Seiten haben, weil dann logischerweise GEMA Gebühren dafür anfallen würden. Deshalb muss man bevor man hier einen Song ins Songvoting stellt u.a. versichern dass dieser Song nicht GEMA gelistet ist.

 

[Burkie]

Hallo,

ich würde aus beiden Fassungen diese bauen:

Manchmal gelingt es, ' Wunder zu fühlen,
und es gelingt, voller Andacht zu sein,
ohne dabei eine Rolle zu spielen,
ohne die übliche, heimliche Pein.

Manchmal, nicht immer genau zu den Zeiten,
die der Kalender bereithält dafür,
will man am liebsten der ganzen Welt sagen:
Dies ist die Straße und da ist die Tür.

Manchmal, am Rande des hektischen Treibens,
unverhofft, seitlich vom großen Geschehn,
schafft man es, ganz bei sich selber zu bleiben,
schafft man’s, bei sich die Verheißung zu sehn.

Manchmal, nicht immer genau zu den Zeiten,
die der Kalender bereithält dafür,
will man am liebsten der ganzen Welt sagen:
Dies ist die Straße und da ist die Tür.

Manchmal, da fühlt man sich herzlich umfangen
man hat seine Freunde, man ist nicht allein
Und trotz der Jahre ist Zeit nie vergangen,
hier ist das Leben, gehe hinein

Manchmal, nicht immer genau zu den Zeiten,
die der Kalender bereithält dafür,
will man am liebsten der ganzen Welt sagen:
Dies ist die Straße und da ist die Tür.


Mit christlichen oder religiösen Menschen haben ich immer so ein Problem: Man darf sie nicht wirklich auf ihren Glauben ansprechen, oder gar über ihren Glauben diskutieren, weil: Dann würde man ihren zarten zerbrechlichen Glauben irgendwie unfair leichtfertig erschüttern.

Man muss sie mit Samthandschuhen anfassen, besonders wenn es um den Glauben geht, weil der Glaube ja so schwach ist, dass er durch richtige lebensnahe Argumente zerschmettert würde. Also muss man immer darauf Rücksicht nehmen.

Das würde ja auf einen sehr schwachen Glauben hindeuten, der nur in einem kritikfreiem Schutzraum gedeihen kann, aber nicht in der wirklichen Welt bestehen kann.

Warum lässt ein "lieber Gott" soviel Leid auf der Welt zu? Wieso lässt ER soviele Gebete ungehört?

Im Prediger Salomo irgendwo steht die Frage, weshalb die Ungerechten all die guten Dinge der Welt geniessen, Vieh, Frauen, Besitz und Knechte.
Und weshalb die Gerechten eher die Knechte sind, oder kein Glück im Leben haben. Obwohl sie stets beten, SEINE Gebote befolgen und nie einen falschen Gedanken hegen.
Die Antwort dort war, "damit die Menschen sehen, dass sie wie das Vieh sind."
Das Vieh, das Nutztier, das brave den Ackerpflug zieht, kann brav seine Arbeit tun, aber es ist doch der Willkür des Bauern ausgeliefert, und am Ende wird es doch geschlachtet.
Und so geht es auch dem Menschen.

Eigentlich ein schöner Gedanke: Als Mensch kann man sich sein Glück im Leben, seinen Wohlstand im Leben nicht durch "gute Taten" oder "gottgefälliges" Leben erkaufen. Auch die übelsten Schurken haben ein schönes angenehmes Leben, und Gott tut nichts dagegen! Und selbst die gottgefälligsten Menschen leben teils in schrecklicher Armut und Elend.

Warum also gottgefällig leben, wenn es offensichtlich doch nichts nützt? Warum also ethisch leben, warum also ehrlich sein, wenn es doch nichts nützt?

Eben, weil es nichts nützt! Man befolgt ethische Regeln nicht aus Eigennutz. Das sagt ja Prediger Salomo: Auch die Gerechten leben im Elend. Es nützt also nix im Leben.

Und, so sage ich, es nützt auch nix nach dem Leben. Da ist man tot.

Es geht darum, Trost im Trostlosen zu finden.

Gruss

 

[Turquoise]

Man darf sie nicht wirklich auf ihren Glauben ansprechen, oder gar über ihren Glauben diskutieren

Dann bin ich auf Deine Meinung hierzu gespannt.
https://recording.de/threads/beute.217399/page-3#post-2585807

Warum lässt ein "lieber Gott" soviel Leid auf der Welt zu? Wieso lässt ER soviele Gebete ungehört?

Im Prediger Salomo irgendwo steht die Frage, weshalb die Ungerechten all die guten Dinge der Welt geniessen, Vieh, Frauen, Besitz und Knechte.
Und weshalb die Gerechten eher die Knechte sind, oder kein Glück im Leben haben. Obwohl sie stets beten, SEINE Gebote befolgen und nie einen falschen Gedanken hegen.
(...)
Warum also gottgefällig leben, wenn es offensichtlich doch nichts nützt? Warum also ethisch leben, warum also ehrlich sein, wenn es doch nichts nützt?

Das ist ja nur ein Teil des ganzen Bildes. Es fehlen die Ausschnitte, die von der Zeit nach dem irdischen Leben sprechen. Da wird durchweg das Bild vermittelt, dass die Reichen ihren Lohn eben jetzt schon erhalten haben, nachher jedoch für ihre Hartherzigkeit bestraft werden, während die Armen und Gepeinigten später getröstet und belohnt werden.
Von daher könnte man sowohl Reichtum als auch Armut als Prüfung verstehen, die der Mensch bestehen muss. Was wiederum die Frage beantworten würde, weshalb Gott so viel Leid und Ungerechtigkeit zulässt...