photona schrieb:
Ich denke, das ist einfach eine Kulturfrage und damit eine Frage der musikalischen Prägung des Gehörs.
Kulturfrage deshalb, weil unsere Gesellschaftsform, der Kapitalismus, dem Ideal verhaftet ist, alles sei ein einziger großer Marktplatz. Dem ist zwar nicht so, deshalb müssen, der Ideologie folgend, immer mehr Dinge in die Marktlogik überführt werden. Also auch das Private, das Menschliche, die Muse, Kunst und Kultur. Und, wer erhält die meiste Aufmerksamkeit auf einem Marktplatz und damit den größten potentiellen Käuferkreis? Richtig, der lauteste Marktschreier.
Musik ist in seiner Warenform zu einem kurzlebigen Wegwerfprodukt geworden, die Zeitspanne in der es seinen profitbringenden Zweck (sei es als Werbeträger oder als Verkaufsprodukt) erfüllt, ist sehr kurz. Hier hat nur eine Chance, wer mindestens genauso laut um Aufmerksamkeit buhlt wie all die anderen.
So schaukelt sich die Lautheit hoch, die zunehmende Masse an angebotener Musik braucht neue Märkte, auf denen sie konsumiert werden kann. Musik im Auto, vom Handy, auf dem Klo... Und zu Hause läuft ohnehin der Fernseher. Bewußt und genußvoll musikhören? Fehlanzeige.
[g=4]Dynamik[/g] in der Musik vermissen wir nicht, weil wir in unserer lauten und uniformierten Konsumwelt immer weniger Gelegenheit haben, ihren Feinheiten, ihrem Zauber zu erliegen. Unser Gehör hat "verlernt", auf Nuancen zu achten. Daß damit auch ein wichtiger Wesenszug von "Musik" und damit ein Stück Genuß verloren geht, fällt nicht weiter ins Gewicht und paßt auch prächtig in die kapitalistische Ideologie: Denn wenn uns Soundmatsch A überdrüssig ist, warten bereits Soundmatsch B bis Z darauf, konsumiert zu werden. Je schneller um so besser.
p.