Mein lieber, lieber Butcher,
Deine ehrliche und bescheidene Neugier mochte ich vom ersten Tag an.
Ja, ich bin auch noch nicht ganz fertig mit dem, was ich sagen wollte. Eigentlich unterscheiden sich Amateure und Profis in zwei Punkten ganz sicher:
1. Profis müssen sich von ihrer Kunst ernähren.
2. Profis haben feste Termine.
Termine und Absatz: Gewaltige Angstauslöser. Die Folge, Profis beuten sich extrem aus. Sie müssen in vielen Genres arbeiten, um als Künstler überleben zu können.
Junge Künstler sind eher labil, schwärmerisch, eigentlich mit die faulsten Hunde ihrer Generation.
Auf dem Höhepunkt leben alle nur noch nach dem Terminkalender. Wenig Zeit zum diskutieren - machen! Keine Zeit für Feedbacks - machen! Wenn du mal nach Lösungen fragst, kommt gern die Antwort: wenn ich es wüsste, würde ich es selber machen. Der Amateur zaudert oder werkelt im Stillen - der Profi muss anbieten können, sobald er die Augen aufmacht. Der Amateur verhätschelt den ersten Versuch. Hingegen mein Freund, der Filmkomponist, bekommt einen Tag vorm definitiv letzten Termin Mails mit bis zu 100 Änderungswünschen. Also ab ins Studio und die Änderungen schrittweise abarbeiten, als wären es nur routinierte Schritte ins Bad.Pofis müssen nicht üben oder sich informieren, sondern sie brauchen Handwerk, um nicht bankrott zu gehen. Alter, unter diesen Umständen bringst du jedes Projekt zu Ende. egal, wie.
Und noch etwas Anderes findet wenig Beachtung: Profimusiker müssen im Laufe ihrer Karriere viele Vorurteile abbauen. Fast jeder ist im Schlager genau so zu Haus wie im Jazz. Im kreischenden Klub wie im sterilen TV-Studio. Und erst über diese Multifunktionalität ergibt sich etwas, was der Spartenamateur nicht kennt: Die überraschende Erkenntnis, dass in
jeglicher Kunstform das Gleiche wirkt: das unaufgeregte, unverwechselbare Ich des jeweiligen Künstlers. Ein kleines, einfaches Ich in einem hochkomplizierten Naturwunder.
Wenn ich mich heute mit meinen alten (noch erfolgreichen) Musikerkumpels treffe,dann sind wir uns immer! in einem einig: Kunst muss etwas sehr Einfaches sehr ruhig sagen können. Wir alle haben erlebt, dass Reduktion das Ergebnis auf rätselhafte Weise verbessert.
Fazit: Der Profi hat dem Amateur die Vielfalt der Genres voraus, in denen er arbeiten müsste...nein, durfte. Er hat fast alle Vorurteile aufgegeben und weiß, dass in der Ruhe und der Einfachheit die wahre Erfolgsbotschaft liegt. DAS beten ihm natürlich auch die Produzenten und andere Geldgeber vor. Aber er hat es nachts am Klavier, im Studio oder auf der Bühne gelernt: wahre Bescheidenheit liegt im Mut zur Reduktion.
Wenn dir das zusagt, dann investiere in eine Zukunft als Künstler
