Creative Commons und ContentId

[toba303]

Hi Folks,

ich würde mein nächstes Album gerne unter CC (CC-BY-SA) veröffentlichen und es gleichzeitig in alle Stores (iTunes, Amazon, Google) sowie Streamingdienste einstellen (Spotify&Co). Das ist technisch und rechtlich soweit kein Problem, ich möchte aber der CC-Philosophy treu bleiben und den Nutzern der Lizenz nicht via ContentId oder ähnlichen Systemen die Nutzung verhageln.

Bisher habe ich zwei mögliche Strategien:
1. Ich veröffentliche unter CC-BY-SA-NC und stelle damit von Anfang klar, dass eine kommerzielle Nutzung meiner Werke nicht problemlos möglich ist. Wäre CC-konform, aber nicht hilfreich, wenn quasi meine einzige Marketingsstrategie auf Verbreitung durch die CC-Community baut.
2. Ich suche mir einen Distributor, bei dem ich Youtubes ContentId explizit abwählen kann. Wäre mir gerade am liebsten, aber mein Eindruck ist, dass die Distributoren sich nicht so fein steuern lassen bzw. auch ungern auf Einnahmequellen verzichten. Zudem ist das Problem, dass es keine Gewähr gibt, dass eine derartige Steuerung für zukünftige Plattformen oder Technologien auch möglich sein wird, z.B. wenn Facebook etwas ähnliches einführt wie ContentId. Oder iTunes irgendwas beim Thema Podcasts macht. Usw.

Habt ihr vielleicht eine Idee oder sogar Erfahrungen?

Meine Erfahrung von meinem letzten Album war übrigens: Ich habe es unter CC-BY-SA veröffentlicht und dank Free Music Archive haben sich die einzelnen Tracks überraschend gut auf Youtube verbreitet. Dann habe ich es ein Jahr später zum Distributor gegeben, der auch ContentId abgefischt hat, woraufhin einige der Videoproduzenten etwas sauer wurden. Klingt nach einer schönen Abzocke, war von mir aber nicht beabsichtigt und ich möchte diesen Fehler jetzt vermeiden.

Gruß
Thomas

 

[MountainKing]

Kannst Du kurz erklären, was genau die ContentID bedeutet. Ich habe leider keine Luft, um dazu zu recherchieren.

 

[TheSnatcher]

ContentID bedeutet, dass dein Song/Album online als deiner erkannt wird. Habe zum Beispiel zu nem von mir über Feiyr veröffentlichten Song ein Lyric Video auf meinem YouTube Kanal veröffentlicht, daraufhin hab ich ne Copyright Warnung bekommen

Effekt ist halt, wenn zB jemand ein Video zu deinem Song produziert und hochlädt, kannst du das als Inhaber nachverfolgen und ggf Tantiemen sichern oder rechtliche Schritte einleiten, wenn du das willst.

ContentID lässt sich aber nutzerseitig umgehen, auch wenn ich selbst nicht weiss, wie das konkret geht.

Bezüglich der Frage des TE: Je nach Dienst, den du zur Veröffentlichung nutzt ist ContentID ne optionale Sache - bestimmt gibt es ggf auch nen Support, den du anfragen kannst, wie das zu beweerkstelligen ist.

Viel Erfolg!

 

[toba303]

Kannst Du kurz erklären, was genau die ContentID bedeutet. Ich habe leider keine Luft, um dazu zu recherchieren.

Wie das funktioniert, hat TheSnatcher ja erklärt (Danke!). Die Implikation für mich bzw. meinen Anwendungsfall ist, dass Menschen, die meine Musik in ihre Videos packen, ihre Werbeeinnahmen nicht behalten können. Die greift mein Distributor (in dem Fall Paradise) dank ContentId für mich ab. Ggf. wird vor werbefreie Videos genau deswegen auch erst Werbung geschaltet. (Kleiner Einschub: Soweit ich das verstehe, bekommt der Musiker in so einem Fall das volle Geld, auch wenn die Musik nur ein Teil des Werkes ausmacht, immerhin gibts ja in nem Video üblicherweise auch noch was fürs Auge. Es wird aber nicht aufgeteil zwischen Musik- und Videoproduzenten. Keine Ahnung, was bei mehreren Songs unterschiedlicher Komponisten passiert. So ganz ausgegoren ist das System imho nicht. Falls das einer besser weiß, bitte gerne korrigieren!)

Das ist für kommerzielle Musiker sicher wünschenswert, ich hätte aber gerne, dass meine Fans ungestört ihr Zeug machen können, deswegen gebe ich ja die kommerzielle Nutzung frei.

Bezüglich der Frage des TE: Je nach Dienst, den du zur Veröffentlichung nutzt ist ContentID ne optionale Sache - bestimmt gibt es ggf auch nen Support, den du anfragen kannst, wie das zu beweerkstelligen ist.

Je mehr ich da recherchiere, desto wahrscheinlicher wird, dass ich so ein Modell fahre. Dafür muss ich dann allerdings den Distributor wechseln, da mir Paradise die Freiheiten nicht gibt. Ich bin mir nur unsicher, ob sich die Distributoren nicht auch in ihren Bedingungen die Möglichkeit offen halten, zukünftig neue Dienste automatisch anzubinden, ohne Möglichkeit für mich, steuernd einzugreifen. Sprich: Wenn Facebook etwas wie ContentId einführt, steh ich dann wieder vor dem gleichen Problem?

Aber CC ist offenbar eher ein exotisches Vermarktungsmodell, da gibt es nicht so viele Erfahrungen zum Austauschen...

 

[MountainKing]

Wie das funktioniert, hat TheSnatcher ja erklärt (Danke!). Die Implikation für mich bzw. meinen Anwendungsfall ist, dass Menschen, die meine Musik in ihre Videos packen, ihre Werbeeinnahmen nicht behalten können. Die greift mein Distributor (in dem Fall Paradise) dank ContentId für mich ab.

Ah, OK. Danke!

Jetzt kann ich den Zusammenhang einordnen. Ja, macht dann Deine Anfrage.

 

[TheSnatcher]

Sprich: Wenn Facebook etwas wie ContentId einführt, steh ich dann wieder vor dem gleichen Problem?

Die Gefahr besteht natürlich immer. Besonders falls Facebook tatsächlich da jetzt mehr machen möchte. Ich denke das Beste wird sein, sich dann an den jeweiligen Support zu wenden.

Mein Eindruck war aber ohnehin, dass "kommerzieller Vertrieb" und CC sich irgendwo gegenseitig ausschließen. Denn ich kann nicht einerseits hingehen und sagen "Kauft meine Sachen!" andererseits aber auch sagen "Wenn ihr sie nur für eure Projekte wollt sind sie gratis!"
Bedenke, dass unter dem Aspekt jeder Privatkonsument sagen könnte "Ich will das ja für mein Erinnerungsvideo für die Hochzeit des Zimmergenossen meines Cousins dritten Grades aus fünfter Ehe meiner Ex-Schwiegermutter benutzen" - was unter die CC Lizenz fallen würde.

Aber ob das wirklich so ist, kann ich beim besten Willen nicht beantworten

 

[toba303]

Mein Eindruck war aber ohnehin, dass "kommerzieller Vertrieb" und CC sich irgendwo gegenseitig ausschließen. Denn ich kann nicht einerseits hingehen und sagen "Kauft meine Sachen!" andererseits aber auch sagen "Wenn ihr sie nur für eure Projekte wollt sind sie gratis!"

Geht gar nicht darum, dass ich sage: "Kauft meine Sachen!". Es ist ja eher so, dass ich niemanden mehr kenne, der sich MP3s runterlädt und sie auf sein Device spielt. Egal, ob sie für umme bei Bandcamp oder auf meinem eigenen Server liegen. Wenn ich also nicht im Streaming drin bin, existiere ich für diese Zielgruppe nicht. Also will ich da rein. Die Shops nehm ich dann gerne mit, um Mama zu beeindrucken. Der Rest soll möglichst unangetastet bleiben, damit alle anderen die Musik so einsetzen können, wie sie wollen. Das ist die Idee dahinter.

Um noch ein wenig weiter auszuholen: Ich habe ja nun schon ein Album mehr oder weniger auf die Art veröffentlicht und allein dadurch, dass Youtuber die Musik in ihren Videos drin haben, habe ich Einnahmen über Streamingdienste und Shops. Das war äußerst gering bisher - den Löwenanteil spielt die Werbung in Youtube ein - aber meine Marketingstrategie ist für einen Hobbyisten erstmal gar nicht so verkehrt. Vielleicht geht ja irgendwann mehr, wenn ich mal aus Versehen richtig gute Musik mache. Auf jedenfall ergeben sich ein paar nette Möglichkeiten und Kontakte: Ich hatte sogar eine Filmemacherin, die einen Track von mir anfragte, den ich ihr aber wegen der ContentId-Geschichte dann nicht geben konnte - weil sie ihre Doku sonst nie hätte auf Youtube veröffentlichen können. Einer der Gründe, warum ich das dieses Mal ein wenig bedachter angehen will.

 

[TheSnatcher]

Aaaaah! Jetzt verstehe ich wobei ich dann bei dem tipp bleibe, einfach den Support des Anbieters anzuschreiben. DistroKid zB ist halt alles auf Englisch, aber die haben mir zügig geantwortet.

Im Zweifelsfalle der Dame zB nen extra Export aus der DAW schicken, mit anderen MP3 Tags - das könnte das umgehen. Hat zumindest bei meinen anderen Videos geklappt.