Atme weiter, atme tief

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Teestunde

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Atme weiter, atme tief

Man schmeißt nicht gleich sein Leben weg.
Okay, dein Herz, es hat ein Leck;
es brannte nur für Juliette
und sie kroch in ein fremdes Bett.

Du sagst, es war nur ein Versehn,
du wolltest einfach schlafen gehn.
Die Schlaftabletten standen dort.
Mag sein. – Ich glaube dir kein Wort.

Atme weiter, atme tief!
Kämpfe dich zurück ans Licht.
Und zerreiße ihren Brief.
Du zählst jetzt zur Unterschicht.
Atme weiter – aus und ein!
Ist das Märchen auch vorbei.
Lass dies nicht dein Ende sein.
Geh nicht heimlich, sondern schrei!

Dein Hund hat laut gebellt. Zum Glück.
Der Notarzt holte dich zurück.
Total in Tränen aufgelöst,
hab ich dir Kaffee eingeflößt.

Ich wisch es auf, kotz dich ruhig aus.
Willst du nicht doch ins Krankenhaus?
Weil ich jetzt in die Frühschicht muss.
Mach bitte nicht gleich wieder Schluss!

Atme weiter, atme tief!
Kämpfe dich zurück ans Licht.
Und zerreiße ihren Brief.
Du zählst jetzt zur Unterschicht.
Atme weiter – aus und ein!
Ist das Märchen auch vorbei.
Lass dies nicht dein Ende sein.
Geh nicht heimlich, sondern schrei!

Du wärst jetzt seit vier Stunden kalt.
Die Nummer hast du schon. Bis bald!

Atme weiter, atme tief!
Kämpfe dich zurück ans Licht.
Und zerreiße ihren Brief.
Du zählst jetzt zur Unterschicht.
Atme weiter – aus und ein!
Ist das Märchen auch vorbei.
Lass dies nicht dein Ende sein.
Geh nicht heimlich, sondern schrei!
--------------------------------------------------------

Refrainzeile 4 hat sich geändert:

Und zerreiße ihren Brief,
statt, dass er dein Herz zerbricht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Unterschicht bedeutet, seine Geliebte hat sich für einen reicheren Mann entschieden.
Die Nummer hast du schon - gemeint ist die Telefonnummer.
Falls das wirklich nicht rüberkommt, muss ich noch mal ran. ;)
 
Telefonnummer hatte ich mir irgendwie gedacht, aber ich verstehe nicht, wessen und warum. Unterschicht wird für mich nicht klar genug...
 
Unterschicht bedeutet, seine Geliebte hat sich für einen reicheren Mann entschieden.
Die Nummer hast du schon - gemeint ist die Telefonnummer.
Falls das wirklich nicht rüberkommt, muss ich noch mal ran. ;)

Ich verstehs auch und immer noch nicht.
Welche Nummer ist gemeint, die vom LI, die vom Krankenhaus oder gar die vom Jenseits?

Das mit der Unterschicht könnte man vielleicht so klarer machen:
"Für sie bist du jetzt Unterschicht..." oder
"Sie gehört jetzt zu/macht's jetzt mit der Oberschicht..."
 
Mich stört an dem Text, dass aus der Rolle des unbekannten Sprechers in der vierten Strophe überraschend ein reales LI wird, dass mit "ich" und eigenen Handlungen in die Erzählung drängt.

Damit konkurriert es urplötzlich mit der eigentlichen Hauptfigur des Textes. Am Ende weiß man nicht mehr, um wen es hier geht - um den verlassenen Lebensmüden, oder um die nette Krankenschwester, die sich vielleicht selbst schon länger Hoffnungen macht (oder auch nicht? Die vielleicht einfach nur platonisch-altruistsch handelte? Auch dafür sind der Andeutungen zu wenige)...
 
Mich stört an dem Text, dass aus der Rolle des unbekannten Sprechers in der vierten Strophe überraschend ein reales LI wird, dass mit "ich" und eigenen Handlungen in die Erzählung drängt.
Fand ich nicht überraschend. Vorher wird halt eher beschrieben, aber schon aus einer bestimmten Perspektive, die ich sehr nachvollziehbar finde, für das LI, dass sich dann manifestiert. Und das kann nicht eine Krankenschwester sein, sondern eine nahestehende Person. FÜr mich plausibel....
 
@Andaraginga
Danke für deine Tipps mit der "Oberschicht". So rum ist es wirklich besser gesagt.
Mit dem Rest hadere ich noch. ;)
 
Mich stört an dem Text, dass aus der Rolle des unbekannten Sprechers in der vierten Strophe überraschend ein reales LI wird, dass mit "ich" und eigenen Handlungen in die Erzählung drängt.
Das kann sein. Mal etwas Zeit vergehen lassen und Abstand gewinnen. Sie hat als Nachbarin den Schlüssel, weil er als Musiker ständig unterwegs ist. Total vergessen, das einzubauen. Es ist in meinem Kopf, aber nicht im Text.
 
Mir gefällt der Text.

Ich glaub wenn man den jetz noch groß überarbeitet und interpretatorisch eindeutig gestaltet geht die Magie verloren. Ist doch nichts dabei wenn es nicht jeder gleich und richtig, wie von dir gedacht, interpretiert.

Ich musste beim erstmaligen Lesen. beim Wort "Unterschicht" z.Bsp. an einen Film mit Iris Berben denken, bei der sie als betrogene Ehefrau, die um ihren Sozialstatus bangt zum Ehemann den Satz sagt: " Du hast uns in die Armut gebumst".

Deine Nachbarin/Krankenschwester war in meinem Kopf die Mutter. Ich wollte schon das RTL2-Fernsehteam zu der Familie senden. Geile Familie mit Unterhaltungswert.
Weil ich jetzt in die Frühschicht muss.
Mach bitte nicht gleich wieder Schluss!
Realismus mit Humor gepaart. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Teestunde, mich spricht dein Text auch an.

Über die Zeile mit der "Unterschicht" bin ich auch gestolpert, mMn ändert sich der soziale Status nicht durch einen Suizid-Versuch und es wäre auch nicht bedeutsam für den Text wenn die Zeile fehlt. Insofern würde ich die Zeile austauschen, z.B. in
„Abhau’n, nein, so feige bist Du nicht!“
Das drückt auch die Hoffnung aus, die in dem der „Helfer“ steckt.

Ich kann mir nicht vorstellen, das der Einsatz eines Notarztes damit endet, dass der Patient dann wieder sich selbst überlassen bleibt, der muss dann ziemlich sicher zur Beobachtung ins Krankenhaus - Psychologe etc.

Das Problem, einen Suizid-Überlebenden allein zu lassen, um der alltäglichen Pflicht nachzukommen hast du ganz nett angedeutet, aber welche Zerrissenheit in einem solchen Moment in einem steckt kann man nicht beschreiben. Ich habe das zwei mal erlebt. Und beide Male ging es schief. Bei der zweiten Person haben wir sogar auf Empfehlung eines Psychologen gegen unser Gewissen gehandelt und sie allein gelassen, das war besonders tragisch.

Sicher hast Du so eine Situation noch nicht erlebt, weshalb der Text auch äußerst emotionslos aber für unsere Gesellschaft ja nicht untypisch verläuft.

PS: ich finde den Satz
„Du wärst jetzt schon vier Stunden kalt.“
voll daneben.
Aber er ist sicher „cool“.
 
@Teestunde, das ist ein sehr dichter Songfilm. Mir ist er fast schon zu konkret, andererseits braucht es das Konkrete geradezu. Aber leider
stolpere ich gerade deshalb über die Zeile "Du zählst jetzt zur Unterschicht". Was du damit meinst, wird mMn nicht aus dem Text heraus klar. Selbst deine Erklärung überzeugt mich nicht, weil der Begriff "Unterschicht" zu stark besetzt ist. Er führt assoziativ von "Beziehung und Liebe" weg zu "Erwerbsarbeit, Arbeitslosigkeit, Abstiegsangst". "Unterschicht" ist hier eine Art "sozialpolitisches Irrlicht".

Es grüßt der rho, mach weiter so :)
 
Zuletzt bearbeitet:
"Unterschicht" ist hier eine Art "sozialpolitisches Irrlicht".
Das ist toll formuliert, obwohl ich mich eigentlich verteidigen müsste. :) Bringt mich zum Nachdenken.
 
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Sicher hast Du so eine Situation noch nicht erlebt, weshalb der Text auch äußerst emotionslos aber für unsere Gesellschaft ja nicht untypisch verläuft.
"Emotionslos" trifft mich jetzt echt. Ich bin nicht so unbedarft, wie du denkst. Aber wenn es so rüberkommt, sollte ich es ernst nehmen, denn gerade bei diesem Thema will ich ja nun alles andere sein als das. Nur so viel: Ein Reichsbahn-Kollege ist sogar unmittelbar nach seinem Suizidversuch wieder zur Arbeit erschienen. Es kam erst viel später raus. Und das ist nicht meine einzige Erfahrung damit. Zu DDR-Zeiten war das mit der psychologischen Betreuung auch nicht so wie heute. Einfach, weil es zu wenige Psychologen gab. Und auch, weil dieses Verhalten einer sozialistischen Persönlichkeit nicht "würdig" war. Aber klar, das ist lange her. Und woher soll der Leser/Hörer wissen, in welcher Zeit das Lied spielt.
Danke erst mal. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht ganz einfach so:

Atme weiter, atme tief!
Kämpfe dich zurück ans Licht.
Und zerreiße ihren Brief,
statt, dass er dein Herz zerbricht.
Atme weiter – aus und ein!
Ist das Märchen auch vorbei.
Lass dies nicht dein Ende sein.
Geh nicht heimlich, sondern schrei!
 
schöne Fortführung: reißen, brechen.
Das könnte man ja noch weiter treiben:

"Ist das Märchen auch vorbei.
Lass dies nicht dein Ende sein.
Hau das Herrchen nun zu Brei"

;)
 
Nee, meinste? ;)
Passt vom Stil her nicht richtig rein. Und privat gesagt: Um eine, die mit mir Schluss gemacht hat, würde ich als LD nicht mehr kämpfen.
 
@Teestunde, ich weiß, sowas kennt man bei dir in der Gegend nicht, aber das war ein sogenannter "Scherz".
 
Ich weiß. Tut mir leid, dass ich so ernst rübergekommen bin. ;)
 
  • Danke
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