Es gibt verschiedene Unterschiede zwischen analogen Emulationen (AE) und rein digitalen Plugins, die leicht zu messen und je nach dem auch zu hören sind.
Einer ist, daß weder AE EQs, noch Kompressoren
genau das machen, was sie anzeigen, ein zweiter, daß sie das auch noch anders machen, ein weiterer, der inzwischen allen klar sein dürfte, ist das Hinzufügen von Obertönen.
AE EQs haben oft einen Flankenverlauf, den Du mit rein digitalen nur schwer, oder garnicht nachbauen kannst. Und das betrifft Cuts, Shelves und Bells, also Pass- , Kuhschwanz- und Glockenfilter.
Natürlich kann man sich fragen, ob es nötig ist, die exakt nachzubauen, aber wenn einem so ein Klang gefällt, geht das mit AE EQs schneller und einfacher.
Außerdem weichen die in der exakten Frequenz, dem Q und der Verstärkung/Absenkung ab.
Ich habe es schon erlebt, daß ein AE EQ bei eingestellten +3dB, nur 2dB verstärkt hat und ein anderer +4dB. Das
sollte man beim Mischen eigentlich intuitiv ausgleichen, führt aber häufig zu echten Andekdoten:
Liegt ein AE EQ darunter heißt es in Reviews oft, "Oh, den kann man sooo weit aufdrehen und trotzdem klingt es nie künstlich übertrieben".
Liegt er aber darüber liest man häufig, "Der reagiert ja sooo sensibel auf das Material, da kannst Du schon kleinste Veränderungen wahrnehmen".
Bei
AE Kompressoren ist der Unterschied noch gravierender.
Attack- und Releasezeiten sind da mehr als grobe Vorgabe zu betrachten (
mach ma irgendwas mit schnellem Attack), Abweichung um +50 - 100% sind durchaus üblich. Mein persönlicher Highscore nach Umschalten der Kompressorcharakteristik war eine Abweichung der Releasezeit um den
Faktor 30!
Die Ratien 2:1 und 4:1 können
signifikant dichter zusammen-, oder weiter auseinanderliegen als 4:1 und 8:1 und was das Knie macht wird oftmals garnicht erst erwähnt. Vielen dürfte z. B. bekannt sein, daß der SSL Buskompressor beim Umschalten der Ratio den Threshold ändert ohne, daß das angezeigt wird. Das gilt für HW und SW.
Es dürfte z. B. auch schwierig sein, das Releaseverhaten von LA2As mit einem rein digitalen Kompressor nachzubauen. Wobei ich hier auch zugeben muß, daß noch kein Plugin, das ich je getestet habe, das frequenzabhängige Kompressionsverhalten eines HW LA2As korrekt nachgebaut hat - das scheint wohl ziemlich schwierig zu programmieren zu sein.
Desweiteren weichen natürlich auch hier die Slopes, also die Kurvenverläufe mit denen die Kompression ein- und ausgeblendet wird, individuell von einander ab und lassen sich z. T. überhaupt nicht rein digital nachstellen.
Als letzten Punkt möchte ich hier die generierten Obertöne der AE Kompressoren aufführen und spätestens da ist mit Nachbauen Schluß. Die Zusammensetzung aus geraden und ungeraden Harmonischen, deren Anzahl, Pegelverlauf, d. h. wie schnell die wieder im Pegel abfallen
und deren Frequenzabhängigkeit erzeugen einen Klang, den man mit rein digitalen Kompressoren einfach nicht hinbekommt. Das kann man getrost als ausgeschlossen betrachten und dieser Unterschied ist
klar zu hören.
Ich persönlich benutze
fast nur AE Kompressoren, eben wegen deren Charakteristik und rein digitale EQs, wegen deren überlegenen Präzision und Möglichkeiten (L/R, M/S, statisch/dynamisch, Phase). Und wenn ich grob entzerren will, kann ich das ja trotzdem machen.
