Hallo,
man soll sich zwar nicht selbst loben... aber ich bin mit diesem Mix erst mal zu ungefähr 80-90% zufrieden. (Bis ein anderer sowas ähnliches macht, aber in gewissen Details noch sorgfältiger war...)
Es sollte ein lauter, brachialer Böller-Sound sein mit gewissem "Spaß-Faktor", wobei aber trotzdem nicht alles komplett im Matsch-Sound untergehen sollte. Man soll schon noch Instrumente unterscheiden können, und den Rytmus deutlich hören können.
Bei diesem Mix habe ich einiges gelernt und neu ausprobiert, und frühere Erkenntnisse haben sich bestätigt.
Zuerst habe ich die Stereo-Spuren der Keyboards auf Mono zusammengefasst. Stereo-Keyboards kommen irgendwie von überall her. Auf Mono zusammengefasst, kommen sie aus genau einem Punkt, der ihnen über das Pan-Pot zugewiesen wird.
Als nächstes habe ich die Spuren jeweils auf 0dBFS normiert (ausser, sie wurden dabei leiser), um ein solides Signal am Fader zu haben. Bei einigen Keyboard-Spuren habe ich sie erst zerschnitten nach Parts (Intro, Strofe, Chorus, o.ä), und diese einzelnen Teile getrennt normalisiert. Ist hier kein Problem, weil dazwischen immer Pausen waren.
Es ist sinnvoll, erstmal alles in Mono zu mischen. In Stereo hilft die Position im Panorama, die Instrumente zu unterscheiden, in Mono nicht. Da geht es nur über Klang und Anschlagsdynamik. Und genau das will ich auf dieser Stufe erreichen.
In Mono werden also die Regler hochgezogen, es geht beim Böller-Sound darum, jedes einzelne Instrument stets als lautestes zu mischen. Damit es böllert, werden die Spuren-Fader soweit hochgezogen, bis der Mix-Bus recht weit übersteuert wird.
Dabei wird die "Digitale Wärme", basierend auf digitaler Übersteuerung, als klangformendes Element kreativ ausgenutzt. Der Master-Fader des Mix-Bus legt dann weniger die Lautstärke, sondern in weiten Bereichen nur den Grad der "Digitalen Wärme" fest.
Damit das dabei kein großer Klang-Matsch wird, müssen die Spuren vorher per EQ gesäubert und aufgeräumt werden. Dazu werden die Spuren solo abgehört und per EQ die charakteristischen Tonhöhen reingedreht und angehoben, die eher unwichtigen Tonhöhen per EQ abgesenkt. Etwa bei den verzerrten Gitarren der Bassbereich abgesenkt, der Präsenzbereich um die 2kHz oder so angehoben. (Dieser Tipp, die Spuren solo zu EQ'en, unterscheidet sich von anderen Tipps, die Spuren nur im Mix-Kontext, also nicht solo, zu EQ'en. Dazu später mehr.)
Das geht so bei allen Spuren, auch bei den Keyboards und dem Gesang.
Damit sich die Drums noch durchsetzen, müssen sie (Kick und Snare) noch richtig EQ't und komprimiert werden. Bei der Snare hat man nicht viel Auswahl, man kann nur ihre charakteristischen Töne reindrehen, den Rest rausdrehen. Evtl., falls etwas Brillanz auf dem Snare-Track ist, diese auch reindrehen...
Bei der Kick dreht man den Grundton oder "Bauch" rein, aber auch den "Klick" oder "Klatsch", wenn der Schlegel das Fell anschlägt. Das letztere macht die Durchsetzugnsfähigkeit der Kick im Mix.
Die nichtbenötigten Frequenzen absenken.
Bei der Komprimierung geht es darum, die beiden (Kick und Snare) nach Möglichkeit agressiver und brachialer zu machen. Dazu werden sie spurweise komprimiert mit relativ langem Attack und recht kurzem Release, und auch mit großem Kompressionsverhältnis und mitunter niedriger Einsatzschwelle. Einstellungen durchvariieren, bis der gewünschte Effekt herauskommt.
Um den Einzelnoten-Bass (wie er hier als Midi vorlag), besser knackiger zu bekommen, kann man ihn komprimieren (Transienten durchlassen, also langes Attack), dann Noise-Gaten, sodass das Noise-Gate immer etwas an den Noten "anknabbert", insbesondere beim Noten-Ausklang abknabbert. Die Bass-Noten kommen vieleicht einen Ticken verzögert, aber dann, wenn das Noise-Gate aufmacht, mit großem Kontrast zur Stille vorher, also "volles Rohr" an. Und stoppen rechtzeitig wieder ab, wenn das Noise-Gate zumacht. Solo abgehört, knackt das vieleicht zu sehr, im Mix-Kontext passt das aber sehr gut.
Der Bass macht nicht nur untenrum "Mumpf", also "Bauch", sondern auch in den Mitten oder Höhen Anschlags-Transienten, die beim EQ'en betont werden sollten, wegen Durchsetzung und Definition der Noten-Anfänge/Anschläge.
Den durchgehenden Bass von Georgyj kann man mit Noise-Gates so nicht behandeln...
Wir sind immer noch beim Mono-Mix. Um den Chorus-Gesang mächtiger zu bekommen, diese Spur zweimal kopieren, und zeitlich ein paar Millisekunden vor bzw. hinter die Originalspur schieben. Auch etwas anders EQ'en und komprimieren. Es klingt dann nach mehr, ohne dass man im Pegel zusehr die Instrumente überdecken müsste.
Die gedoppelten verzerrten E-Gitarren spielen lang und breit verzerrt alle etwas ähnliches und in ähnlichen Lagen, mit recht gleichem Sound. Es wäre sinnlos, zu versuchen, diese Gitarren unterscheidbar im Mono-Mix zu mischen, also gar nicht erst versuchen. Sondern diese Gitarren als das, was sie sind, nämlich eine verschmolzene Gitarren-Wans im Mix plazieren.
Und dann werden fröhlich die Fader der Spuren hochgeschoben, um einen spaßigen Böller-Sound zu machen. Dabei soll der Mix-Bus wegen der "Digitalen Wärme" übersteuert sein, aber trotzdem die Instrumente hörbar sein, also kein reiner Sound-Matsch entstehen.
Wenn es matscht, muss man Kompressor-Einstellungen oder EQ-Settings jetzt im Kontext des Mixes überprüfen und optimieren. (Jetzt kommt der Tipp ins Spiel, die Spuren im Mix-Kontext zu EQ'en....) Wichtig war mir bei dieser Mono-Mixerei, dass die Instrumente voneinander unterscheidbar hörbar sind (z.B. Bass soll von der Gitarrenwand unterscheidbar sein), und auch, dass der Gesang noch textverständlich hörbar sein soll. Ebenso soll die Kick hörbar kicken und auch etwas Bauch haben, und die Snare zumindest hörbar sein, im Idealfall hörbar reinknallen.
Dieser Mono-Mix wird dann als Mono abgespeichert und gleich wieder als neue Spur ins Projekt reingeladen.
Jetzt geht es um den Stereo-Mix.
Auf allen Fadern haben wir jetzt in die Mitte gepannte Spuren, die schon mal so sich recht deutlich im Mix gegeneinander absetzen. Jetzt beginnt die Stereo-Pannerei.
Die zwei Keyboards werden hart recht und links gepannt. Die Crash-Becken ebenso. Die kopierten Chorus-Spuren ebenso nach rechts und links. Die Gitarren-Wand wird breit von links bis rechts aufgezogen. Der Mono-Mix wird in der Mitte soweit zugemischt, bis er die Mitte schön ausfüllt und dicht macht.
Idealerweise hätten wir jetzt schon einen fertigen Steromix. In der Praxis muss man nochmal alle Fader, EQs und so weiter, nachschauen und optimieren.
Damit sich die Snare besser durchsetzt, wird sie ähnlich wie der Chorus-Gesang über kopierte und um wenige Millisekunden verzögerte Spuren stereo-mässig breit gemischt: Sie kommt nicht nur aus der Mitte, sondern auch verzögert und leiser von aussen.
Ich habe bei diesem Mix gelernt, die "Digitale Wärme" durch digitale Übersteuerung als klangbildendes Merkmal kreativ zu nutzen. Um einen Böller-Sound zu machen.
Ich habe auch gelernt, relativ respektlos gegenüber dem zu mixenden Material zu sein. Um den besten Sound (hier: Im Sinne eines knalligen Böller-Sounds) zu machen.
Ich habe bei diesem Mix auch noch Reste vom Midi-Bass hier und dort reingemischt. Bei dem ich ja auch die Noten um zwei Oktaven erniedrigt als zweite Spur hinzugemischt habe.
Ich habe einfach die Stereo-Spuren der Keyboards oder Synthesizer einfach auf Mono zusammenzufassen und so als Mono im Stereo-Mix zu pannen.
Und genau dazu gegengesetzt habe ich den Chorus-Gesang auf weitere zwei Spuren per Delay "fetter" gemacht.
Mich hat es bei dieser Arbeitsweise, praktisch alles zu übersteuern, sehr erstaunt, wie wenig "kaputt" dieser Mix klingt. Der Text ist recht klar verständlich, man kann sogar die Instrumente einigermassen unterscheiden und heraushören. Und Verzerrungs-Artefakte sind kaum störbar hörbar, womöglich, weil sie durch entweder als Synthesizer-Effekte hörbar sind oder durch den Sound der Musik verdeckt werden...
Mich würde mal sehr interessieren, wie jemand diese Spuren als audiophilen Track mit höchster Dynamik ohne jedwelche Übersteuerung mischen würde....
Gruß