Hab vor langer Zeit beschlossen, die Vergleicherei zwischen "virtuell" und "real" bleiben zu lassen, und bin seitdem glücklich damit.

Solange man ein virtuelles Instrument als "ahmt etwas Reales nach" wahrnimmt, wird man nie zufrieden damit sein - es gibt immer irgendwas, was anders ist - egal ob besser oder schlechter. So what.

Wenn's passt, super. Wenn nicht, nimmt man halt ein anderes Instrument, egal ob im Computer oder außerhalb. Genau so wie man Gitarren oder Drums austauscht, die nicht passen.
Im Post oben lese ich deswegen auch vor allem raus, dass das Orchester nicht gut genug war. Nicht genug Emotion, oder Detail, oder wer weiß was sonst, wir erfahren nichts Genaues. Hätte genausogut mit einer echten Aufnahme passieren können. Auch die großen Orchester vermurksen Aufnahmen, haben nicht die richtige Zusammenstellung, der Dirigent lahmt oder die Solisten performen suboptimal. Was Joni Mitchell da vorlegt, kann man sicher auch nicht mit jedem Wald-und-Wiesen-Orchester einspielen. Umgekehrt sehe ich aber auch nicht, warum es mit einem virtuellen Orchester nicht klappen sollte. Wenn nicht, vielleicht am ehesten, weil es für die Cluster-artigen unaufgelösten Harmonien keine bequem nutzbaren Artikulationen gibt.
Was mir immer wieder auffällt, ist, dass der Knackpunkt bei virtuellen Instrumenten immer mehr der Mensch wird, der sie programmiert, weniger das Instrument an sich. Wie lange setzt sich ein Arrangeur an den Rechner und programmiert sein Orchester für ein Stück? Einen Monat? Zwei? Das ist in Summe nur ein winziger Bruchteil von dem, was ein reales Orchester für Ausbildung, Arrangement, Üben, Proben und Aufzeichnung zeitmäßig investiert. Im Endeffekt vergleichen wir den Output eines Einzelnen mit dem einer großen Gruppen - liegt glaube ich auf der Hand, wer müheloser mehr Detailreichtum liefern kann, oder?
Schaut man sich an, wie gut wir unsere virtuellen Instrumente beherrschen, im Vergleich zu unseren realen, sind wir bei den meisten - Hand aufs Herz - auch eher auf Amateur-Level unterwegs, oder? Kaum einer, der sich die Anleitung durchliest und alle Möglichkeiten kennt, geschweige denn ausschöpft. Oder übt jemand seine neue virtuelle Gitarre monatelang, bevor er sie zum ersten Mal benutzt? Ist mir jedenfalls extrem aufgefallen, als ich modellierte Instrumente dazu genommen hab und mir vorkam, wie ein blutiger Anfänger, weil man da deutlich mehr arbeiten muss als bei Samples, um den Sound zu formen.
Insgesamt gibt's von mir für den Thread hier ein Schulterzucken. Bin Hobby-Musiker und werde einem Mixing-Profi sicher nicht ins Geschäft reinreden. Genauso wie der sich umgekehrt hoffentlich aus meinem Programmiereralltag raushält.

Kann jedenfalls nachvollziehen, dass
@ideeundklang sicht selbst als Marke positioniert und seinen Namen nur dann hergibt, wenn er an das Produkt glaubt. Wer 10k EUR für den Mix ausgibt, hat sicher auch das Geld für eine Orchesteraufnahme - oder spart am falschen Ende.
Die Diskussion real-vs-virtuell ist mir zu retro - die Sache ist für mich längst gegessen. Schaue ich in meinen Bekanntenkreis, so erkennen Normalverbraucher schon seit Jahren keinen Unterschied mehr. Spätestens seitdem Epicore rauf und runter läuft. ("Ach, das ist gar kein echtes Orchester?!") Wer langfristig an virtuell zweifelt, wird sich vermutlich in den nächsten Jahren die Ohren reiben, wenn künstliche Intelligenz anfängt, die ganzen Dynamikparameter auszukosten, die wir aus Faulheit und Zeitmangel ungenutzt links liegen lassen.
